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Ein Märchen über eine Prinzessin, die mit ihren Tränen einen Prinzen retten soll: Prinzessin Liebseelchen ist immer traurig und wird deshalb auch Trübseelchen genannt. Als ihr Vater es schafft, sie auf Kosten der Hexe zum Lachen zu bringen, spricht diese einen Fluch über Liebseelchen aus. Sie könne nur einen einzigen Mann haben, doch den müsse sie erst mit ihren Tränen aus dem Grab, in dem er im Todesschlaf liege, retten. Liebseelchen macht sich gleich auf den Weg, doch bis sie Königin wird, muss sie noch einige Hürden überwinden... Clemens Brentano (1778-1842) war ein deutscher Schriftsteller, der neben Achim von Arnim als Repräsentant der Heidelberger Romantik gilt. Nach einem abgebrochenen Medizinstudium lernte er in Jena die Vertreter der Weimarer Klassik sowie der Frühromantik kennen und wurde von ihnen in seinen ersten Schriften inspiriert. Seine bekanntesten Werke sind "Des Knaben Wunderhorn", das er zusammen mit Achim von Arnim herausgab, und "Godwi".
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Seitenzahl: 29
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Clemens Brentano
Saga
Das Märchen von den Märchen oder LiebseelchenCoverbild/Illustration: Shutterstock Copyright © 1847, 2020 Clemens Brentano und SAGA Egmont All rights reserved ISBN: 9788726762594
1. Ebook-Auflage, 2020
Format: EPUB 3.0
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Es war einmal ein König von Schattentalien, der hatte eine einzige Tochter, die er sehr liebte und darum Liebseelchen nannte. Aber leider war sie unter einem traurigen Stern geboren und stets so still und traurig und nie zum Lachen zu bringen, dass alle, die sie kannten, sie statt Liebseelchen Trübseelchen nannten, weil sie immer so trübselig aussah. Hierüber war nun ihr königlicher Herr Vater, der lieber gewollt hätte, sie möge sich bucklicht lachen, sehr unwillig und wendete alles an, um sie aufzuheitern. Bald liess er die Hoftrompeter auf Sechspfennigstrompeten zur Tafel blasen, aber sie lachte nicht und fand die Musik sehr ernsthaft; bald liess er allen Gänsen, die der Hirt zum Tor hinaustrieb, papierne Haarbeutel anhängen, aber sie lachte nicht und fand den Zug sehr anständig; bald liess er eine Menge Hunde wie die bekanntesten Hofherrn ankleiden, und sie mussten ihm durch die Beine tanzen, wozu er auf der Geige spielte, ohne dass er es konnte, aber sie lachte nicht und meinte, der Hofball wäre recht angenehm, weil man sie nicht auffordere — und noch tausend andere solche Spässchen hatte er umsonst versucht. Sie blieb immer, ohne eine Miene zu verziehen, so ernsthaft wie ein Arzneiglas, und der König hatte schon alle Hoffnung aufgegeben, sie jemals lachen zu sehen, als ihm noch ein Gedanke einfiel, der ihm selbst so possierlich vorkam, dass er laut an zu lachen fing. „Wohlan“, sagte er, „will Liebseelchen nicht drüber lachen, so will ich mir doch einmal eine lustige Stunde geben; denn ich armer König bin vor lauter vergeblichem Spassmachen selbst ganz betrübt geworden.“
Der Platz vor dem Schloss war von spiegelglatt geschliffenem Marmor. In die Mitte dieses Platzes liess er einen Springbrunnen von Öl machen, der sich über den Platz ergoss und denselben noch schlupfriger machte, so dass es nicht leicht möglich war, über den Platz zu gehen, ohne zu fallen. Es war am Neujahrstag, als er diesen Spass anstellen wollte, weil er wusste, dass dann auf diesem Platze eine ausserordentliche Menge geputzter und gezierter Leute in allerlei närrischen neuen Modekleidern herumzuspazieren pflegten, um sich einander das neue Jahr abzugewinnen. Er versprach sich tausend Spass, wenn er dachte, wie die Putznarrren und -närrinnen gleich Grillen und Heuschrekken auf dem Platze herumspringen würden, um sich keine Ölflecken in ihre Neujahrsröcke zu machen, und wie sie endlich doch zur Strafe ihrer Eitelkeit an die Erde fallen müssten.