Das Meer und Sardinien - D.H. Lawrence - E-Book

Das Meer und Sardinien E-Book

D H Lawrence

3,9

Beschreibung

Ob vom „Baedeker“ oder im „Lonely Planet“ – wer Literatur zu Sardinien sucht, wird noch heute, fast 100 Jahre nach seinem Erscheinen, auf „Das Meer und Sardinien“ von D.H. Lawrence verwiesen. Zu recht. Denn dem englischen Literaten, der die Insel im Januar 1921 mit seiner Frau Frieda von Richthofen bereiste, gelingt es, in poetischer Sprache das Flair Sardiniens einzufangen – stimmungsvolle Natureindrücke wechseln sich ab mit humorvollen Betrachtungen von Land und Leuten. Der Leser erlebt eine Zeitreise in das Sardinien nach dem Ersten Weltkrieg – und einen Ausflug in die Natur Sardiniens, wie sie vielerorts noch heute zu betrachten ist.Robert Lucas, österreichischer Journalist und Schriftsteller, hat in seiner Biografie von Lawrence’ Frau Frieda von Richthofen – im Buch „die Bienenkönigin“ genannt – in wenigen Sätzen die wohl treffendste Rezension zu „Das Meer und Sardinien“ verfasst: „Die Frucht eines zehn Tage dauernden Abstechers nach Sardinien ist ein Meisterwerk. Sea and Sardinia ist, um den modernen Jargon zu gebrauchen, eine ‚Reisereportage‘ – aber eine Reportage geschrieben von einem Dichter in einer vor Vitalität leuchtenden, verzaubernden und beglückenden Sprache. Eine Handvoll Worte beschwört das wie von Cézanne gemalte Bild der Hafenstadt Cagliari herauf oder das Erlebnis einer Bahnfahrt ins Landesinnere, mit dem Abteil voller Kumpel und Landarbeiter, oder einen frostig klaren Morgen nach einer Nacht in einer unvorstellbar schmutzigen Herberge, oder die bunten Schatten von Männern in engen Kniehosen, die in einer dunklen Schenke zu den Tönen eines Akkordeons tanzen, bis sie, vom Rotwein erhitzt, in wildem Handgemenge übereinander herfallen.“ (zitiert nach: Robert Lucas: Frieda von Richthofen – Ihr Leben mit D.H. Lawrence, dem Dichter der „Lady Chatterley“, München 1972, S. 220)

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Es überkommt einen man muss reisen. Mehr noch, man muss in eine bestimmte Richtung reisen. Man unterliegt also einem doppelten Zwang: sich aufzumachen, und zu wissen wohin.

Warum kann man nicht stillsitzen! Es ist so schön hier in Sizilien: das sonnige, Ionische Meer; das glitzernde Juwel Kalabrien, als werde ein Feueropal im Licht gewendet; Italien, und der Blick auf weihnachtliches Gewölk; die Nacht mit dem Hundsstern, der einen langen, leuchtenden Lichtstreif auf die See zaubert, als lauere er auf uns; hoch oben zieht der Orion. Wie der Hundsstern Sirius einen anstarrt, wie er einen anstarrt! Er ist der Himmelshund, grün, flackernd und wild! Und weiter, o königlicher Abendstern. Weit drüben im Westen leuchtet er über Sizilien, das aus schroffen, dunklen Tiefen aufragt. Dann erst der Ätna, die schlimme Hexe, tief verschneit hebt er sich gegen den Himmel, und langsam, langsam wälzt er seinen orangefarbenen Rauch abwärts. Die Griechen einst nannten ihn die Himmelssäule. Das scheint falsch zuerst! , denn er hebt sich in einer weiten, zaubrischen, geschwungenen Linie aus den Schrunden bis zu seinem stumpfen Kegelkopf und wirkt nicht hoch. Eher wirkt er geduckt unterm Himmel. Doch kennt man ihn dann besser, Schrecken und Zauber! Versetzt unter dem Himmel, einsam; nahebei, und doch niemals bei uns. Die Maler wollen ihn malen, die Fotografen wollen ihn fotografieren, vergeblich. Vergeblich warum? Weil die nahen Hänge mit ihren Oliven und weißen Häusern bei uns sind. Weil das Strombett, weil Naxos unter seinen Zitronenhainen das griechische Naxos, tief geborgen in seinen dunkellaubigen, vielfrüchtigen Zitronenhainen , weil die Hänge des Ätna mit ihren Feldern noch zu unserer Welt gehören, zu unserer eigenen Welt. Ja, auch die hochliegenden Dörfer auf dem Ätna noch, zwischen den Eichen. Aber der Ätna des Schnees und der geheimnisvoll umschlagenden Winde, der Ätna selber birgt sich hinter Wänden aus Kristall. Sehe ich zu ihm hin, wie er daliegt, geduckt, weiß, hexenartig, dicht unterm Himmel, wie er seinen orangenen Rauch hinabwälzt und manchmal eine rosenrote Flamme herausfaucht, dann muss ich von der Erde fortblicken, in den Äther blicken, den niedrigen Feuerhimmel. Und dort, in jener entrückten Zone, ist der Ätna allein. Wer ihn sehen will, der muss behutsam seine Augen von unserer Welt abheben und sich als nackter Seher dem fremden Raum des Feuerhimmels stellen. Standsäule des Himmels! Die Griechen hatten einen Sinn für die magische Wahrheit der Dinge. Gottlob wissen wir von ihnen noch genug, um die eigene Kindheit wiederzufinden. Es gibt so viele Fotografien, und es gibt so unendlich viele Aquarelle und Ölgemälde, die den Ätna wiedergeben wollen. Aber die Himmelssäule! Da heißt es, die unsichtbare Grenze zu überschreiten. Zwischen dem Vordergrund, der uns gehört, und dem Ätna, dem Drehpunkt der Winde im tieferen Himmel, ist eine Grenzlinie. Man braucht ein verändertes Bewusstsein, eine seelische Verwandlung. Man darf nicht glauben, man könne den Ätna und seinen Vordergrund zugleich sehen und erfassen. Niemals. Nur das eine oder das andere: den Vordergrund und einen Ätna jenseits; oder den Ätna, die Himmelssäule.

Warum also muss man immer fort? Warum kann man nicht verweilen? Wie einen dieser Ätna beherrscht! mit diesen befremdlichen Winden, die ihn umschleichen wie die Panther der Circe, einige schwarze, einige weiße. Mit seinen befremdlichen, entrückten Beziehungen und seinem furchtbar dynamischen Atem. Er macht die Menschen verrückt. Er breitet ein tödliches Netz aus, gewirkt durch sein schreckliches Beben, durch seine hexenhafte, herrliche Elektrizität! Nein, manchmal, wahrhaftig, da fühlt man einen neuen Stromstoß seines dämonischen Magnetismus, der einen in jeder lebendigen Faser erbeben lässt und das friedliche Leben aller Körperzellen rebelliert. Wie ein Sturm fährt er in das lebendige Plasma und gibt allem einen neuen Sinn. Und das ist manchmal wie ein Wahnsinn.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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