Das Parfum von Patrick Süskind - Textanalyse und Interpretation - Patrick Süskind - E-Book

Das Parfum von Patrick Süskind - Textanalyse und Interpretation E-Book

Patrick Süskind

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Beschreibung

Spare Zeit und verzichte auf lästige Recherche! In diesem Band findest du alles, was du zur Vorbereitung auf Referat, Klausur, Abitur oder Matura benötigst – ohne das Werk komplett gelesen zu haben. Alle wichtigen Infos zur Interpretation sowohl kurz (Kapitelzusammenfassungen) als auch ausführlich und klar strukturiert. Inhalt: - Schnellübersicht - Autor: Leben und Werk - ausführliche Inhaltsangabe - Aufbau - Personenkonstellationen - Sachliche und sprachliche Erläuterungen - Stil und Sprache - Interpretationsansätze - 6 Abituraufgaben mit Musterlösungen NEU: exemplarische Schlüsselszenenanalysen NEU: Lernskizzen zur schnellen Wiederholung Layout: - Randspalten mit Schlüsselbegriffen - übersichtliche Schaubilder NEU: vierfarbiges Layout Jean-Baptiste Grenouille versucht in Süskinds Roman, das perfekte Parfum herzustellen. Um sein Ziel zu erreichen, benötigt er den Duft einer Vielzahl von Jungfrauen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 174

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KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN

Band 386

Textanalyse und Interpretation zu

Patrick Süskind

Das Parfum

Bernd Matzkowski

Alle erforderlichen Infos zur Analyse und Interpretation plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen

Zitierte Ausgabe: Patrick Süskind: Das Parfum. Die Geschichte eines Mörders. Zürich: Diogenes, 1994.

Über den Autor dieser Erläuterung: Bernd Matzkowski ist 1952 geboren. Er ist verheiratet, hat vier Kinder und war Lehrer am Heisenberg-Gymnasium Gladbeck. Fächer: Deutsch, Sozialwissenschaften, Politik, Literatur/Theater Ausbildungskoordinator

Hinweis: Die Rechtschreibung wurde der amtlichen Neuregelung angepasst. Zitate Süskinds müssen aufgrund eines Einspruches in der alten Rechtschreibung beibehalten werden.

1. Auflage 2022

978-3-8044-7083-5

© 2022 by Bange Verlag GmbH, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Grenouille (Ben Whishaw) folgt heimlich dem Mirabellenmädchen (Karoline Herfurth) in der Romanverfilmung von 2006 © picture alliance / United Archives | United Archives / kpa Publicity Alle Schlüsselstellenanalysen wurden erstellt von Constanze Mack, alle Lernskizzen von Arnd Nadolny.

Hinweise zur Bedienung

Inhaltsverzeichnis Das Inhaltsverzeichnis ist vollständig mit dem Inhalt dieses Buches verknüpft. Tippen Sie auf einen Eintrag und Sie gelangen zum entsprechenden Inhalt.

 

Fußnoten Fußnoten sind im Text in eckigen Klammern mit fortlaufender Nummerierung angegeben. Tippen Sie auf eine Fußnote und Sie gelangen zum entsprechenden Fußnotentext. Tippen Sie im aufgerufenen Fußnotentext auf die Ziffer zu Beginn der Zeile, und Sie gelangen wieder zum Ursprung. Sie können auch die Rücksprungfunktion Ihres ePub-Readers verwenden (sofern verfügbar).

 

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Verknüpfungen zu Inhalten aus dem Internet Verknüpfungen zu Inhalten aus dem Internet werden durch eine Webadresse gekennzeichnet, z.B. www.wikipedia.de. Tippen Sie auf die Webadresse und Sie werden direkt zu der Internetseite geführt. Dazu wird in den Web-Browser Ihres ePub-Readers gewechselt – sofern Ihr ePub-Reader eine Verbindung zum Internet unterstützt und über einen Web-Browser verfügt.  Hinweis: Bitte beachten Sie, dass Webadressen nach Erscheinen dieses ePubs gegebenenfalls nicht mehr aufrufbar sind!

Inhaltsverzeichnis

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

2. Patrick Süskind: Leben und Werk

2.1 Biografie

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

3. Textanalyse und -Interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

3.2 Inhaltsangabe

3.3 Aufbau

Kompositionsstruktur und Erzählweise

Das Moment des Aufbruchs

Das Moment des Paradoxen

Das Moment des Zufalls

Das Moment des Scheiterns und der Anonymität

3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken

Grenouille: Die Entwicklungsphasen der Hauptfigur

Der erste Mord

Lehrlings- und Gesellenzeit

Der Einsiedler

Rückkehr in die Welt; der omnipotente Gott des Duftes

Das Meisterstück

Verklärung

Grenouille – das Monster

Grenouille – der Teufel und Dämon

Grenouille – der Zeck

Grenouille – der Mörder und Künstler

Baldini, Taillade-Espinasse und Richis: ihre Beziehung zu Grenouille und ihre Haltung gegenüber den Ideen des Zeitalters der Aufklärung

Baldini

Marquis de la Taillade-Espinasse

Richis

Die gescheiterte Aufklärung

Grenouilles Mutter, die Ammen, Jeanne Bussie, Pater Terrier, Madame Gaillard, Grimal, Madame Arnulfi, DruotSiehe zu einigen der hier behandelten Figuren auch 3.3 (Das Moment des Scheiterns und der Anonymität)

3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen

Erläuterung fachsprachlicher Ausdrücke

3.6 Stil und Sprache

3.7 Interpretationsansätze

Der Titel des Romans als mehrdimensionales Schlüsselwort

Das Parfum – der historisch-kulturelle Kontext

Parfum als Duft – der Kontext im Roman

Das Parfum – der politische Kontext

Die Deutungsoffenheit des Romans

3.8 Schlüsselstellenanalysen

4. Rezeptionsgeschichte

5. Materialien

Religiöse Aspekte des Romans

Das Parfum – ein Schlüsselwerk der Postmoderne

Zum Verhältnis von Masse und Individuum

6. Prüfungsaufgaben mit Musterlösungen

Aufgabe 1 *

Aufgabe 2 *

Aufgabe 3 ***

Aufgabe 4 ***

Aufgabe 5 ***

Aufgabe 6 *

Lernskizzen und Schaubilder

Literatur

Zitierte Ausgabe

Rezensionen

Sonstige Literatur

Verfilmung

1. Das Wichtigste auf einen Blick – Schnellübersicht

Damit sich alle Leser:innen in diesem Band schnell zurechtfinden und das für sie Interessante gleich entdecken, hier eine Übersicht:

 

Im 2. Kapitel beschreiben wir SüskindsLeben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:

Patrick Süskind wurde am 26. 3. 1949 in Ambach geboren; er lebt in München, Paris und Südfrankreich; über sein Privatleben ist kaum etwas bekannt, vom Literatur- und Medienbetrieb (Talkshows etc.) hält er sich fern.

Das Parfum kann als Schlüsselwerk der Postmoderne gelten.

Süskind arbeitete für das Fernsehen; als Autor gehört er zu den erfolgreichsten Vertretern der deutschsprachigen Literatur; seine Figuren sind häufig Einzelgänger – wie ihr Autor selbst.

Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.

Entstehung und Quellen:

Süskind greift im Parfum auf zahlreiche literarische Genres zurück (Künstlerroman, Krimi, Reiseroman, Bildungsroman etc.). Sein Roman ist voller Anspielungen und Hinweise auf andere literarische Werke, die parodiert, paraphrasiert oder als Andeutung und Anspielung in den Roman einmontiert werden. Als eine kultur- und sozialgeschichtliche Quelle des Romans kann Alain Corbins Werk Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs gelten.

Inhalt:

Der Roman erzählt vom Leben Jean-Baptiste Grenouilles, der zum Mörder junger Frauen wird, um sein Ziel, größter Parfumeur aller Zeiten zu werden und die Menschen zu beherrschen, zu erreichen. Grenouille besitzt die überragende Fähigkeit, Gerüche zu erfassen, zu analysieren, zu speichern und sie zu neuen Duftkompositionen zu verarbeiten; allerdings fehlt ihm der menschliche Eigengeruch. Der Roman präsentiert Grenouilles Werdegang und die Stationen seiner Entwicklung von der Geburt (17. 7. 1738) bis zu seinem Tod 29 Jahre später.

Aufbau:

Der Roman schildert, von geringen Ausnahmen abgesehen, die 29 Lebensjahre Grenouilles in linear-sukzessiver Abfolge mit größeren und kleineren Zeitsprüngen (Zeitraffung). Die 51 Kapitel des Romans können in vier Gruppen zusammengefasst werden, die jeweils größere Abschnitte im Leben Grenouilles und seiner Entwicklung darbieten. Die Kapitel sind um eine Mittelachse gruppiert (Kap. 24–29), die einen Höhe- und Wendepunkt markiert. Ausgangs- und Endpunkt des Romans ist Paris.

Personen:

Die Hauptpersonen sind:

Jean-Baptiste Grenouille

ist die Zentralfigur des Romans, um die alle anderen Figuren gruppiert sind

hat keinen Eigengeruch, aber die Fähigkeit, Gerüche zu analysieren, zu speichern und neu zu kombinieren

wird zum Mörder an jungen Frauen, um aus deren Duft das absolute Parfum zu erschaffen

erkennt, dass die Menschen nur seine künstlich erschaffene Duftaura lieben, aber nicht ihn selbst

übergießt sich am Ende seines Lebens mit seinem Parfum und wird in einem kannibalischen Mahl verzehrt

Baldini

stellt Grenouille als Lehrling an und wird durch ihn zum reichsten Parfumeur von Paris

bringt Grenouille Grundlagen des Parfumeurhandwerks bei

stürzt mit seinem Haus nach dem Weggang Grenouilles in die Seine

Taillade-Espinasse

der Adelige lehrt Grenouille, sich nach den Konventionen der Gesellschaft zu verhalten

sieht in ihm eine Bestätigung für seine Fluidum-letale-Theorie

löst sich nach dem Weggang Grenouilles in Luft auf

Richis

ist ein angesehenes Mitglied der bürgerlichen Gesellschaft und Vater des letzten Opfers von Grenouille

kommt Grenouille auf die Spur, kann aber die Ermordung seiner Tochter nicht verhindern

möchte den Mörder seiner Tochter als Sohn adoptieren

Wir stellen diese Hauptpersonen ausführlich vor und geben auch Erläuterungen zu anderen Personen.

Stil und Sprache:

Die Sprache des Romans ist flüssig, anschaulich, bildreich und eingängig; Düfte und Duftnuancen werden ebenso akribisch beschrieben wie der Ablauf von physikalischen und chemischen Prozessen im Zusammenhang mit der Parfumherstellung.

 

Häufige Stilmittel sind Vergleiche, Kontrastbildungen, Wiederholungen und Reihungen.

Auf folgende Interpretationsansätze gehen wir näher ein:

Der Titel als mehrdimensionales Schlüsselwort

Das Parfum – der historisch-kulturelle Kontext

Parfum als Duft – der Kontext im Roman

Das Parfum – der politische Kontext

Die Deutungsoffenheit des Romans

2. Patrick Süskind: Leben und Werk

2.1 Biografie

Jahr

Ort

Ereignis

Alter

26. 3. 1949

Ambach (Starnberger See)

Patrick Süskind wird als zweiter Sohn des Publizisten und Redakteurs Wilhelm Emanuel Süskind in Ambach am Starnberger See geboren.

 

ab 1955

 

Besuch der Volksschule von Holzhausen und des Gymnasiums, Abitur und Wehrersatzdienst

6

ab 1968

München

Studium der Geschichte in München, Studienaufenthalt in Aix-en-Provence

19

1974

 

Magisterarbeit, Süskind entschließt sich, „freier Schriftsteller“ zu werden.

24

1981

München

Der Kontrabaß, Uraufführung in München, Arbeit an Drehbüchern, u. a. zu den Fernsehserien Monaco Franze, Der ewigeStenz und Kir Royal. Aus dem Leben eines Klatschreporters

32

1985

 

Das Parfum

36

1987

 

Die Taube

38

1991

 

Die Geschichte von Herrn Sommer

42

1995

 

Drei Geschichten

46

1996/97

 

Drehbuch zu Rossini oder Die mörderische Frage, wer mit wem schlief. Süskind lebt in München, Paris und Montolieu/Südfrankreich. Die Annahme mehrerer ihm zuerkannter Literaturpreise hat Süskind abgelehnt.

47

2005

 

Drehbuch: Vom Suchen und Finden der Liebe

56

2006

 

Verfilmung desParfums (Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders. Regie: Tom Tykwer, Drehbuch: Andrew Birkin, Bernd Eichinger, Tom Tykwer. Frankreich/Spanien/Deutschland 2006) (Essay)

57

 

Über Liebe und Tod

57

2019

 

Ein Kampf

70

2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund

Zusammenfassung

Süskinds Roman ist der postmodernen Literatur der 80erJahre des 20. Jahrhunderts zuzurechnen.

Diese Strömung der Literatur wendet sich von der Moderne ab und greift zu eher traditionellen Erzählmustern, setzt häufig auf historische Stoffe und Themen und zeichnet sich durch Intertextualität aus, das Spiel mit überlieferten Texten der Literatur (sog. Prätexte).

Der (übrigens nicht unumstrittene) Begriff „Postmoderne“ beschreibt literarische Strömungen und Tendenzen in der Literatur, die ab den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts eine Abkehr von der „Moderne“, also der Literatur des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, signalisieren. Die Literatur der Moderne, wie sie etwa in den Strömungen des Expressionismus und Dadaismus zum Ausdruck kommt, war durch eine große Experimentierfreude und die Suche nach neuen ästhetischen Ausdrucksmöglichkeiten gekennzeichnet. Durch die Entwicklungen in Naturwissenschaft und Technik vorangetrieben, brachen die alten (einheitlichen) Weltbilder auf und wurden durch Offenheit ersetzt; an die Stelle geschlossener Werte- und Moralsysteme traten Uneindeutigkeiten und Pluralismus. Auf die Auflösung der alten ideologischen Muster reagierte die Literatur mit der Zertrümmerung überkommener ästhetischer Kategorien und (in der Epik) narrativer Strategien. Als Beispiel eines Romans der „Moderne“, an dem die neue Art des Erzählens deutlich wird, kann in der deutschsprachigen Literatur etwa Alfred Döblins Roman Berlin Alexanderplatz gelten. Eine Handlung im klassischen Sinne gibt es nicht, ebenso keinen Spannungsbogen, der auf einen Höhepunkt zuläuft. Reflexion tritt an die Stelle von Handlung, das Erzählen konstituiert sich aus Montage, Collage, Perspektivwechseln, Wechsel der Erzählsituationen und Redeformen. Im Mittelpunkt steht letztlich nicht der Protagonist Franz Biberkopf, sondern die Stadt Berlin, der er sich gegenübersieht.

Postmoderne Autoren, zu denen auch Süskind zu rechnen ist, setzen sich in ihrer Erzählweise deutlich von der Moderne ab, ohne jedoch dabei ein „vor-modernes“ geschlossenes Weltbild oder eine Moral anzubieten. Süskind erzählt im Parfum eine spannende Geschichte mit einem Protagonisten im Mittelpunkt, nimmt als Erzähler – hier ganz traditionell – die Leser:innen an die Hand und führt sie durch die Welt seines Romans. Zugleich, auch das ein Kennzeichen der Postmoderne, ist die Romanwelt eine Welt der Vergangenheit, in die die Leser:innen eintauchen können, ohne sofort und auf den ersten Blick eine Beziehung zu seiner Gegenwart herstellen zu können (oder zu sollen). Von den gängigen Mustern des Trivialen setzt sich der Roman aber durch die für postmoderne Literatur kennzeichnende Intertextualität ab, das als Zitat, Parodie oder als Collage daherkommende spielerische, ironische und zugleich höchst kunstvolle Einmontieren von Versatzstücken aus dem Fundus der Hoch- und Trivialliteratur. Dies kann in Form der Andeutung, des Verweises, des Zitats oder der Paraphrase geschehen. Durch diese Technik der Doppel- oder Mehrfachkodierung des Textes wird aber nicht nur ein Dialog mit der (traditionellen) Literatur begonnen, derer sich Süskinds Roman auf der Ebene der Textentlehnung und Parodie bedient, sondern auch ein Dialog mit den Rezipienten, deren Lesevergnügen steigt, je mehr sie das Zitierte und Einmontierte als Zitat und Montage erkennen.[1]

2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken

Zusammenfassung

Süskind vollzieht keine Trennung zwischen sogenannter ‚ernster‘ Literatur und Unterhaltungsliteratur. Er hat, neben dem Welterfolg Das Parfum, Drehbücher für Fernsehserien und Kinofilme entwickelt, für das Theater gearbeitet (Der Kontrabaß) und Erzählungen (Die Taube) verfasst. Süskinds Figuren sind zumeist (wie auch ihr Autor) Einzelgänger und Sonderlinge, die mehr oder weniger entfernt von der Gesellschaft leben.

1981 wird Süskinds Einpersonenstück Der Kontrabaß in München aufgeführt, mit dem Süskind schlagartig zum Erfolgsautor wird. Die monomanische Suada des Kontrabass-Spielers, der in einem schallisolierten Raum lebt, wird mit über 500 Aufführungen und über zwanzig Inszenierungen zum meistgespielten Theaterstück der Saison 1984/85 im deutschsprachigen Raum und zugleich zum ersten internationalen Erfolg Süskinds, denn sein Stück wird in zahlreiche Sprachen übersetzt und u. a. in London und New York auf die Bühne gebracht. Die „brillant-verräterische Selbstdarstellung eines Orchestermusikers aus dem zweiten Glied“[2]  zeigt einen Mann, der an der eigenen „Unauffälligkeit und Bedeutungslosigkeit“ leidet und zwischen „verinnerlichter Subordination“ und „nörgelndem Fatalismus (…) changiert“[3].

Dass er ein Grenzgänger zwischen literarischem Anspruch und Massenunterhaltung ist, dokumentiert Patrick Süskind in den 80er-Jahren durch die Mitarbeit an den Drehbüchern für zwei erfolgreiche Fernsehserien, nämlich Monaco Franze. Der ewige Stenz und Kir Royal. Aus dem Leben eines Klatschreporters. Vor allem die zweite Serie, die im Pressemilieu angesiedelt ist und mit Franz-Xaver Kroetz einen Schriftstellerkollegen Süskinds in einer Hauptrolle präsentiert und mit dem Kabarettisten Dieter Hildebrandt und der Schauspielerin Senta Berger in weiteren Hauptrollen prominent besetzt ist, kommt nicht nur beim Publikum an, sondern wird auch in zahlreichen Fernsehkritiken gelobt.

Die Lobeshymnen der Kritiker überschlagen sich beim Erscheinen von Süskinds Roman Das Parfum (1985). Süskinds Geschichte eines Mörders wird zu einem Sensationserfolg. Und Marcel Reich-Ranicki feiert Süskind mit den Worten: „Also das gibt es immer noch oder schon wieder: einen deutschen Schriftsteller, der des Deutschen mächtig ist; einen zeitgenössischen Erzähler, der dennoch erzählen kann; einen Romancier, der uns nicht mit dem Spiegelbild seines Bauchnabels belästigt; einen jungen Autor, der trotzdem kein Langeweiler ist.“[4]

1987 wird Süskinds Erzählung Die Taube veröffentlicht, deren Hauptfigur der Bankwachmann Jonathan Noel ist. Durch eine vor seiner Mansardentür sitzende Taube wird Noel aus der überraschungslosen Alltäglichkeit seines monotonen Lebens geworfen und stürzt in einen Zustand orientierungsloser Hilflosigkeit. Der Lebensvermeider Noel lebt, wie der Kontrabass-Spieler, isoliert und einsam ein minutiös geplantes Leben, das aber durch das Auftauchen der Taube in einer Katastrophe zu enden droht.

Die Geschichte von Herrn Sommer, im Jahre 1991 erschienen, handelt weniger von der Titelfigur, sondern vielmehr von der Kindheit des Ich-Erzählers. Die Geschichte der Kindheit, die hier erzählt wird, weist einige Parallelen zur Kindheit des Autors auf. Wie Süskind wächst der Ich-Erzähler an einem See auf. Der Vater des Jungen ist sprachwissenschaftlich versiert und Liebhaber des Pferdesports (beide Details weisen auf Süskinds Vater hin). Am Ende der Geschichte geht der seltsame Wanderer Sommer, der raschen Schrittes täglich Dutzende von Kilometern durch die Landschaft eilt und dessen Lebensinhalt einzig in dieser ewigen Wanderschaft zu bestehen scheint, in den (Starnberger) See, nur von dem Ich-Erzähler beobachtet. Von Herrn Sommer bleibt nichts – außer der Erinnerung des Knaben an diesen einen Satz: „Ja so laßt mich doch endlich in Frieden!“

Dem „Spiegel“ ist wohl zuzustimmen, wenn er in der Geschichte des menschenflüchtigen Sonderlings Sommer „mehr die Geschichte von Herrn Süskind selbst“ sieht, der hinter dem Ich-Erzähler und seinem Wiedergänger Sommer gleichermaßen aufleuchtet und seinen Anspruch auf Frieden (Ruhe vor der Öffentlichkeit) erhebt.[5]

Süskinds Einzelgängerwesen leben alle in eigentümlichen Räumlichkeiten, der Kontrabass-Spieler in einem schallisolierten Raum (einer Zelle?), der Wachmann Noel in einer winzigen Mansarde. Grenouille lebt sieben Jahre in einer Höhle unter der Erde, in der er nicht einmal ausgestreckt liegen kann. Der Ich-Erzähler aus der Geschichte von Herrn Sommer verbringt einen großen Teil seines Lebens auf Bäumen, abgehoben von den anderen Menschen. Und Sommer ist auf seinen Wanderschaften überall anzutreffen, doch nirgendwo verweilt er. Er hat zwar ein Heim, aber kein Zuhause.

Menschenscheu sind sie alle – die Figuren Süskinds, auf sich selbst und ihre Welt reduziert. Für alle gilt wohl, was Süskind anlässlich des Stückes Der Kontrabaß geäußert hat: Er habe insofern auf eigene Erfahrungen zurückgreifen können, als auch er den größten Teil seines Lebens in immer kleiner werdenden Zimmern verbringe, die zu verlassen ihm immer schwerer falle. Dem fügt Süskind hinzu: „Ich hoffe aber, eines Tages ein Zimmer zu finden, das so klein ist und mich so eng umschließt, daß es sich beim Verlassen von selbst mitnimmt“[6].

3. Textanalyse und -interpretation

3.1 Entstehung und Quellen

Zusammenfassung

Süskinds Roman geht eine intensive Beschäftigung mit der (Kultur-)Geschichte des Parfums und der Hygiene sowie mit den Traditionen des Parfumeurshandwerks voraus:

Süskind studierte das Parfumhandwerk durch einen Aufenthalt in Grasse bei der Parfummanufaktur Fragonard.

Als eine Hauptquelle kann Alain Corbins Werk Pesthauch und Blütenduft gelten.

Im Roman gibt es zahlreiche Andeutungen und Anspielungen auf Prätexte, die teilweise (auch in parodistischer Absicht) auf der Ebene von Paraphrasen oder Zitaten in den Roman geholt werden (Intertextualität).

Süskinds Werk ist ein historischer Roman, der Details der Handwerkstechnik der Gerber und Parfumeure ebenso vor uns ausbreitet, wie er uns, wenn auch mit unübersehbaren parodistischen Elementen, das Zeitalter der Aufklärung vor Augen führt. Und der Autor gewährt uns einen Einblick in die hygienischen Verhältnisse des 18. Jahrhunderts. Patrick Süskind hat sich ausführlich mit der Sozialgeschichte der Hygiene, der Herstellung von Parfums mittels traditioneller Verfahren, den Grundstoffen von Parfums sowie der Veränderung der Duftvorlieben in den vergangenen Jahrhunderten beschäftigt. Alain Corbins Pesthauch und Blütenduft. Eine Geschichte des Geruchs und Eugene Rimmels Das Buch des Parfums können als zwei Quellen für seine Forschungen angenommen werden. Zudem hat Süskind in der Grasser Parfummanufaktur Fragonard praktische Einsichten in die Herstellung von Parfums gewonnen.[7]

Süskinds monströser Mörder hat etliche literarische Vorbilder, um nicht zu sagen Vorväter. Hugos Quasimodo, der Glöckner von Notre-Dame, ist zu nennen, mit dem Grenouille das hässliche Äußere teilt. Chamissos Peter Schlemihl hat keinen Schatten, Süskinds Grenouille keinen Eigengeruch. E. T. A. Hoffmanns Goldschmied Cardillac (Das Fräulein von Scuderi) sieht in der Dunkelheit, Grenouille riecht sich durch die Dunkelheit. Mit Camus’ Meursault (L’Étranger) teilt Grenouille in gewisser Weise den Prozess der Bewusstwerdung; wie dieser sich seiner „Fremdheit“ bewusst wird, muss Grenouille gleichermaßen seine Genialität und seinen fehlenden Körpergeruch entdecken. Grass’ Oskar Matzerath (Die Blechtrommel) lässt Glas durch seinen Gesang zerspringen, Grenouilles besondere Fähigkeit liegt im „Erriechen“ der Welt. Huysmans Des Esseintes (A Rebours) schließlich gibt die Vorlage für Süskinds „Supernase“ ab. Und der Froschkönig (frz. ‚grenouille‘ = der Frosch) lässt sich ebenso als Ahn erkennen wie der gute alte Zwerg Nase.

Der Autor spielt virtuos mit literarischen Motiven. Die Schöne (Laure Richis) und das Biest (Grenouille) begegnen sich – allerdings ohne Happyend; das Motiv vom Kindesmord wird gleich zu Beginn des Romans variiert; es gibt religiöse (das Motiv des Schöpfungsaktes) und philosophische Bezüge (Grenouilles Aufenthalt in der Höhle, vgl. Nietzsches Zarathustra).[8]

Der Vielzahl der Motive entspricht die Vielzahl der Genres, an die Süskind anknüpft. Das Parfum ist ein Reiseroman und führt uns von Frankreichs Hauptstadt ins Zentralmassiv, nach Montpellier und nach Grasse, in die Stadt der Düfte und Parfumeure, und schließlich nach Paris zurück.

Süskinds Werk weist aber auch Elemente des Entwicklungsromans auf, denn wir verfolgen den inneren und äußeren Werdegang Grenouilles von der Geburt bis zum Tod. Die Liebhaber des fantastischen Romans und des Horrorgenres werden ebenfalls bedient, stattet der Autor seinen „Helden“ doch mit Fähigkeiten, Eigenschaften und Verhaltensweisen aus, die gleichermaßen bizarr und befremdend wie angsteinflößend sind.

Der Untertitel des Romans (Geschichte eines Mörders) deutet schon auf das Genre des Kriminalromans hin; und immerhin bringt es Grenouille auf die stattliche Anzahl von 26 Morden, sodass Rudolf Krämer-Badoni nicht ganz grundlos die Frage aufgeworfen hat, ob mit Süskinds Grenouille ein neuer „Vampir für den Film“ geschaffen worden sei?[9]  Und geschickt versteht es der Erzähler, die diesbezüglichen Erwartungen der Leser:innen zu wecken, wenn es gleich zu Beginn über die Hauptfigur heißt, sie gehöre „zu den genialsten und abscheulichsten Gestalten dieser an genialen und abscheulichen Gestalten nicht armen Epoche“ (S. 5).[10]

Nicht zuletzt werden auch die Freunde erotischer Literatur auf ihre Kosten kommen, denn bei den Opfern Grenouilles handelt es sich immer um ausgesucht schöne Mädchen [„(…) hatte ein so entzückendes Gesicht, daß Besucher jeden Alters und Geschlechts augenblicks erstarrten und den Blick nicht mehr von ihr nehmen konnten (…)“, heißt es über Laure Richis, Grenouilles 26. Opfer; S. 254 f.]. Das Umschlagmotiv der Diogenes-Ausgaben, entnommen Antoine Watteaus Gemälde „Nymphe et Satyre ou Jupiter et Antiope“, sendet eindeutige optische Signale aus, die ebenfalls auf die erotischen Elemente des Romans verweisen.

Als Genre, auf das sich Süskind bezieht, muss auch der Künstlerroman genannt werden. Der Künstlerroman entwickelt sich zunächst im Sturm und Drang; dem Künstler ist das Geniehafte zugewiesen, das Besondere, das ihn von der Masse abhebt. Das Genie schafft in rauschhafter Freiheit, jenseits der tradierten Normen und Werte und durchaus im Gegensatz zur Gesellschaft. In dem Künstlerroman der Romantik steht der Künstler zumeist im Gegensatz zum Bürger; zugleich ist, wie etwa bei E. T. A. Hoffmann (Das Fräulein von Scuderi), das Künstlertum mit einer inneren Zerrissenheit verbunden. Unschwer wird man die genannten Aspekte – rauschhaftes genialisches Schaffen einerseits, innere Zerrissenheit andererseits – in der Grenouille-Figur entdecken können.

3.2 Inhaltsangabe

Zusammenfassung