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Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: 1,3, Universität Koblenz-Landau (Institut für Germanistik), Veranstaltung: Sprachvarietäten, Sprache: Deutsch, Abstract: Spätestens seit den Ethno-Comedianten Erkan & Steffan, Kaya Yanar oder Buddy Ögün ist der stilisierte Türkenslang in den deutschen Medien, vornehmlich in der Comedy-Szene, äußerst beliebt. In den Jahren 2013 und 2014 wurden darüber hinaus mit „Babo“ und „Hayvan“ sogar zweimal in Folge Token aus dem Türkischen auf den 1. und 3. Platz der Abstimmung zum Jugendwort des Jahres gewählt. Diese öffentlichkeitswirksamen Erfolge erwecken für viele Bürger den Eindruck, die Zuwanderung nach Deutschland würde einen üblen Einfluss auf die deutsche Sprache nehmen. Mehrheitlich teilt die deutsche Bevölkerung noch die Auffassung, dass in einem Land auch nur eine Sprache gesprochen werden sollte. Zuletzt angefacht wurde die mediale Diskussion zum Thema des vermeintlichen Sprachverfalls und - wandels wohl durch den deutschsprachigen Film „Fack ju Göhte“, welcher die neue Jugendsprache äußerst anschaulich illustriert. Bereits der Name des Films lässt durch seine phonographische Schreibung darauf schließen, dass den Rezipienten etwas Unkonventionelles erwartet. Insgesamt war dies der Auslöser einiger hitziger Debatten um Veränderungen der deutschen Sprache und den vermeintlichen Gründen dafür. Hinsichtlich der eigenen Muttersprache ist die Toleranz der meisten deutschen Bürger nicht besonders ausgeprägt. Die Sprachforscherin Wiese beschreibt ihre Beobachtungen diesbezüglich wie folgt: „Sprache ist wohl einer der wenigen Bereiche, in dem man noch offen rassistisch sein kann.“ Aber nicht nur die Bürger, sondern auch Politiker und Wissenschaftler können solche Auslöser als Nährboden für ihre eigene Position nutzen und die Thematik instrumentalisieren und künstlich polemisieren. Nicht selten hat dies die Stigmatisierung von Immigranten zur Folge, denen ein negativer Einfluss auf die deutsche Sprache nachgesagt wird. Allerdings gibt es auch einige renommierte Sprachwissenschaftler, die ein Plädoyer für diese neuerliche Ausprägung der Jugendsprache halten und ihr darüber hinaus sogar ein Reichtum an Innovation und Pragmatik zusprechen, welche in ihrer Konsequenz zu einer Bereicherung der deutschen Sprache führen soll.
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Inhalt
1. Einleitung
1.1 Fragestellung und Bearbeitungsgegenstand
2. Forschungsgegenstand und begriffliche Abgrenzungen
2.1 Jugendsprache — Das Fundament
2.2 Begrifflicher Wandel — Gastarbeiterdeutsch, Kanak-Sprak & Kiezdeutsch
2.3 Strukturmerkmale und grammatikalische Charakteristika des Kiezdeutsch
3. Argumentationsmuster im Vergleich
3.1 Darstellung der Thematik „Kiezdeutsch“ in der Linguistik
3.2 Darstellung der Thematik „Kiezdeutsch“ in den deutschen Printmedien
3.3 Auswirkungen gesellschaftlicher Ereignisse auf das Publikationsverhalten
3.4 Fazit und Ausblick
4. Anhang
Spätestens seit den Ethno-ComediantenErkan & Steffan, Kaya Yanar oder Buddy Ögün ist der stilisierte Türkenslang in den deutschen Medien, vornehmlich in der Comedy-Szene, äußerst beliebt (Canoglu, 2013:46). In den Jahren 2013 und 2014 wurden darüber hinaus mit „Babo“ und „Hayvan“[1]sogar zweimal in Folge Token aus dem Türkischen auf den 1. und 3. Platz der Abstimmung zum Jugendwort des Jahres gewählt. Diese öffentlichkeitswirksamen Erfolge erwecken für viele Bürger den Eindruck, die Zuwanderung nach Deutschland würde einen üblen Einfluss auf die deutsche Sprache nehmen. Mehrheitlich teilt die deutsche Bevölkerung noch die Auffassung, dass in einem Land auch nur eine Sprache gesprochen werden sollte.[2]
Zuletzt angefacht wurde die mediale Diskussion zum Thema des vermeintlichen Sprachverfalls und - wandels wohl durch den deutschsprachigen Film „Fack ju Göhte“, welcher die neue Jugendsprache äußerst anschaulich illustriert. Bereits der Name des Films lässt durch seine phonographische Schreibung darauf schließen, dass den Rezipienten etwas Unkonventionelles erwartet. Insgesamt war dies der Auslöser einiger hitziger Debatten um Veränderungen der deutschen Sprache und den vermeintlichen Gründen dafür. Hinsichtlich der eigenen Muttersprache ist die Toleranz der meisten deutschen Bürger nicht besonders ausgeprägt. Die Sprachforscherin Wiese beschreibt ihre Beobachtungen diesbezüglich wie folgt: „Sprache ist wohl einer der wenigen Bereiche, in dem man noch offen rassistisch sein kann.“ Aber nicht nur die Bürger, sondern auch Politiker und Wissenschaftler können solche Auslöser als Nährboden für ihre eigene Position nutzen und die Thematik instrumentalisieren und künstlich polemisieren.[3]Nicht selten hat dies die Stigmatisierung von Immigranten zur Folge, denen ein negativer Einfluss auf die deutsche Sprache nachgesagt wird. Allerdings gibt es auch einige renommierte Sprachwissenschaftler, die ein Plädoyer für diese neuerliche Ausprägung der Jugendsprache halten und ihr darüber hinaus sogar ein Reichtum an Innovation und Pragmatik zusprechen, welche in ihrer Konsequenz zu einer Bereicherung der deutschen Sprache führen soll.
Die vorliegende Hausarbeit versucht die mediale Darstellung des Phänomens und die wissenschaftlichen Diskurse kontrastiv zu vergleichen und zu analysieren. Dies wird anhand
einer Analyse der Argumentationsmuster geschehen. Dabei muss sich zunächst die Frage gestellt werden, ob das Phänomen des Kiezdeutschen auch hinreichend und wissenschaftlich fundiert referiert wird oder bloß kommerziell und populistisch dargestellt wurde. Zunächst bedarf es jedoch einer Schilderung des Phänomens in seinen Grundzügen und einer Darstellung der typischen Charakteristika, bevor anschließend die Argumentationsmuster verglichen werden können. Zwecks dessen wurden 40 Artikel deutscher Printmedien evaluiert, welche nach den Parametern: zitierte Personen, Positionierunggegenüber der Thematik, Sachlichkeitund Art und Weise der Darstellungausgewertet wurden. Letzteres beschreibt, ob eine populistisch- kommerzielle oder eine neutral-wissenschaftliche Darstellung stattgefunden hat. Zudem soll, sofern dies möglich ist, untersucht werden, ob eine Korrelation zwischen tagesaktuellen Ereignissen und der Häufigkeit der erschienenen Artikel besteht. Oftmals reagiert die Medienlandschaft sehr schnell auf gesellschaftliche Geschehnisse und Bedürfnisse, welche sich auch im Gebiet der Sprache manifestieren können. Als Ausgangspunkt sollen drei Thesen aufgestellt werden, die im Anschluss an die Analyse verifiziert oder falsifiziert werden:
1. These: Die mediale Darstellung des linguistischen Phänomens „Kiezdeutsch“ in den deutschen Printmedien hat sich seit dem Erscheinen des Buches von Heike Wiese sowohl quantitativ als auch qualitativ verändert.
2. These: Die Zeitungsartikel, welche sich negativ und ablehnend gegenüber der Thematik Kiezdeutsch positioniert haben, sind kaum fundiert und bedienen häufiger Klischees und Mythen. Zudem werden kaum wissenschaftliche Referenzen genutzt.
3. These: Die Zeitungsartikel mit positiver, affirmativer Meinung hinsichtlich der Thematik Kiezdeutsch sind in den meisten Fällen sorgfältig recherchiert und weisen renommierte Referenzen auf.
Das gesamtgesellschaftliche Interesse an Jugendlichen, deren Verhalten und auch deren Sprache erlebt seit den 1980er Jahren einen enormen Zuwachs an Popularität, der seinen Zenit noch nicht erreicht hat. Als logische Konsequenz des gesellschaftlichen Bedürfnisses, die Jugend genauer zu Verstehen, haben sich einige neue Teildisziplinen und Forschungsfelder ergeben. Entsprungen ist die Forschung, welche sich mit Jugendlichen beschäftigt, in der Soziologie, wobei mittlerweile in diversen anderen Forschungsfeldern und Fachbereichen reges Interesse herrscht.
Das primäre Interesse der Sprachwissenschaft am jugendlichen Sprachgebrauch besteht indes darin zu verstehen, „was die Jugendlichen mit ihrer für die Allgemeinheit verschlüsselten geheimen Sprache aussagen wollen“(Chun, 2007:3). Als Konsequenz dieser Abgrenzung ist es nicht wirklich verwunderlich, dass Erwachsene den Wunsch hegen, die Jugendsprache zu dekodieren. Häufig werden deshalb Glossare in den Printmedien abgedruckt, welche meinen die Jugendsprache erfolgreich entschlüsselt zu haben. Allerdings ergibt sich aus der Fülle der Forschungsfelder und Untersuchungsgegenstände die Problematik, dass kein allgemeiner Konsens hinsichtlich der begrifflichen Abgrenzungen besteht und einige Fachtermini äußerst unpräzise und inflationär unterschiedlich verwendet werden. So bleibt es bislang ungeklärt, ob