Das Recht auf Faulheit - Paul Lafargue - E-Book

Das Recht auf Faulheit E-Book

Paul Lafargue

0,0

Beschreibung

Paul Lafargues 'Das Recht auf Faulheit' ist ein bahnbrechendes Werk, das die Gesellschaft dazu herausfordert, die Idee der Arbeit neu zu überdenken. In seinem Essay argumentiert Lafargue leidenschaftlich dafür, dass Arbeit nicht das einzige Maß für den Wert eines Menschen sein sollte und dass Faulheit ein legitimes Recht ist. Der Autor präsentiert seine Gedanken in einem klaren und überzeugenden Stil, der den Leser zum Nachdenken anregt und den literarischen Kontext des Sozialismus und der Arbeitsbewegung des 19. Jahrhunderts widerspiegelt. Lafargues Werk eröffnet neue Perspektiven auf die Bedeutung von Arbeit und Freizeit im modernen Leben. Paul Lafargue, ein marxistischer Theoretiker und Schwiegersohn von Karl Marx, hat sein umfangreiches Wissen und seine sozialistische Überzeugung in dieses Werk einfließen lassen. Seine fundierte Analyse der Arbeiterklasse und des Kapitalismus macht dieses Buch zu einem wichtigen Beitrag zur soziopolitischen Debatte seiner Zeit. 'Das Recht auf Faulheit' ist ein inspirierendes Werk, das den Leser dazu ermutigt, die traditionellen Vorstellungen von Arbeit und Freizeit zu überdenken und sich für eine gerechtere Gesellschaft einzusetzen.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 60

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Paul Lafargue

Das Recht auf Faulheit

Ein verderbliches Dogma + Der Segen der Arbeit + Was aus der Überproduktion folgt + Ein neues Lied, ein besseres Lied (Widerlegung des "Rechts auf Arbeit" von 1848)

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-7583-892-6

Inhaltsverzeichnis

Vorwort
I. Ein verderbliches Dogma
II. Der Segen der Arbeit
III. Was aus der Überproduktion folgt
IV. Ein neues Lied, ein besseres Lied
Anhang

Vorwort

Inhaltsverzeichnis

Im Jahre 1849 sagte Herr Thiers als Mitglied der Kommission für den Elementarschulunterricht: "Ich will den Einfluß des Klerus zu einem allgemeinen machen, weil ich auf ihn rechne in der Verbreitung jener gesunden Philosophie, die den Menschen lehrt, daß er hier ist, um zu leiden, und nicht jener anderen Philosophie, die im Gegenteil zum Menschen sagt: Genieße!" Herr Thiers formulierte damit die Moral der Bourgeoisie, deren brutaler Egoismus und deren engherzige Denkart sich in ihm verkörperte.

Als das Bürgertum noch gegen den von der Geistlichkeit unterstützten Adel ankämpfte, pflanzte es das Banner der freien Forschung und des Atheismus auf; kaum aber hatte es sein Ziel erreicht, so änderte es Ton und Haltung; und heute sehen wir es bemüht, seine ökonomische und politische Herrschaft auf die Religion zu stützen. Im 15. und 16. Jahrhundert hatte es fröhlich die Überlieferungen des Heidentums aufgegriffen und das Fleisch und dessen Leidenschaften, diesen "Greuel" in den Augen der christlichen Moral, verherrlicht; heute dagegen, wo es in Reichtum und Genüssen aller Art fast erstickt, will es von den Lehren seiner Denker, der Rabelais und Diderot, nichts wissen und predigt den Lohnarbeitern Enthaltsamkeit. Die kapitalistische Moral, eine jämmerliche Kopie der christlichen Moral, belegt das Fleisch des Arbeiters mit einem Bannfluch: Ihr Ideal besteht darin, die Bedürfnisse des Produzenten auf das Minimum zu reduzieren, seine Genüsse und seine Leidenschaften zu ersticken und ihn zur Rolle einer Maschine zu verurteilen, aus der nun ohne Rast und ohne Dank Arbeit nach Belieben herausschindet.

Die revolutionären Sozialisten sind somit vor die Aufgabe gestellt, den Kampf, den einst die Philosophen und Satiriker des Bürgertums gekämpft, wieder aufzunehmen: sie haben wider die Moral und die Soziallehren des Kapitalismus Sturm zu laufen und in den Köpfen der zur Aktion berufenen Klasse die Vorurteile auszurotten, welche die herrschende Klasse gesät hat; sie haben allen Moralitätsheuchlern gegenüber zu verkünden, daß die Erde aufhören wird, das Tal der Tränen für die Arbeiter zu sein, daß in der kommunistischen Gesellschaft, die wir errichten werden - "wenn es geht, friedlich, wenn nicht, mit Gewalt" -, die menschlichen Leidenschaften freien Spielraum haben werden, da alle "von Natur aus gut sind, wir nur ihren falschen und übermäßigen Gebrauch zu vermeiden haben".[1] Und das wird nur durch das freie Gegenspiel der Leidenschaften und die harmonische Entwicklung des menschlichen Organismus erreicht, "denn", sagt Dr. Beddoe, "erst wenn eine Rasse das Maximum ihrer physischen Entwicklung erreicht, erreicht sie auch den höchsten Grad von moralischer Kraft und Energie". Das war auch die Meinung des großen Naturforschers Charles Darwin.[2]

Die Widerlegung des Rechts auf Arbeit, die ich mit einigen zusätzlichen Anmerkungen neu herausgebe, erschien in der Zeitschrift L'Egalité von 1880.

Gefängnis Sainte-Pélagie, 1883.

Paul Lafargue

I Ein verderbliches Dogma

Inhaltsverzeichnis

Laßt um faul in allen Sachen, Nur nicht faul zu Lieb' und Wein, Nur nicht faul zur Faulheit sein. Lessing

Eine seltsame Sucht beherrscht die Arbeiterklasse aller Länder, in denen die kapitalistische Zivilisation herrscht. Diese Sucht, die Einzel- und Massenelend zur Folge hat, quält die traurige Menschheit seit zwei Jahrhunderten. Diese Sucht ist die Liebe zur Arbeit, die rasende, bis zur Erschöpfung der Individuen und ihrer Nachkommenschaft gehende Arbeitssucht. Statt gegen diese geistige Verirrung anzukämpfen, haben die Priester, die Ökonomen und die Moralisten die Arbeit heiliggesprochen. Blinde und beschränkte Menschen, haben sie weiser sein wollen als ihr Gott; schwache und unwürdige Geschöpfe, haben sie das, was ihr Gott verflucht hat, wiederum zu Ehren zu bringen gesucht. Ich, der ich weder Christ noch Ökonom, noch Moralist zu sein behaupte, ich appelliere von ihrem Spruch an den ihres Gottes, von den Vorschriften ihrer religiösen, ökonomischen oder freidenkerischen Moral an die schauerlichen Konsequenzen der Arbeit in der kapitalistischen Gesellschaft.

In der kapitalistischen Gesellschaft ist die Arbeit die Ursache des geistigen Verkommens und körperlicher Verunstaltung. Man vergleiche die von einer ganzen Schar zweihändiger Knechte bedienten Vollblutpferde in den Ställen eines Rothschild mit den schwerfälligen normannischen Gäulen, welche das Land beackern, den Mistwagen ziehen und die Ernte einfahren müssen. Man betrachte den stolzen Wilden, wenn ihn die Missionare des Handels und die Handlungsreisenden in Glaubensartikeln noch nicht durch Christentum, Syphilis und das Dogma von der Arbeit korrumpiert haben, und dann vergleiche man mit ihnen unsere abgerackerten Maschinensklaven.[3]

Will man in unserem zivilisierten Europa noch eine Spur der ursprünglichen Schönheit des Menschen finden, so muß man zu den Nationen gehen, bei denen das ökonomische Vorurteil den Haß wider die Arbeit noch nicht ausgerottet hat. Spanien, das jetzt allerdings auch aus der Art schlägt, darf sich noch rühmen, weniger Fabriken zu besitzen als wir Gefängnisse und Kasernen; aber des Künstlers Auge weilt bewundernd auf dem kühnen, kastanienbraunen, gleich Stahl elastischen Andalusier; und unser Herz schlägt höher, wenn wir den in seiner durchlöcherten Capa majestätisch drapierten Bettler einen Herzog von Ossuna mit amigo traktieren hören. Für den Spanier, in dem das ursprüngliche Tier noch nicht ertötet ist, ist die Arbeit die schlimmste Sklaverei.[4] Auch die Griechen hatten in der Zeit ihrer höchsten Blüte nur Verachtung für die Arbeit; den Sklaven allein war es gestattet zu arbeiten, der freie Mann kannte nur körperliche Übungen und Spiele des Geistes. Das war die Zeit eines Aristoteles, eines Phidias, eines Aristophanes, die Zeit, da eine Handvoll Tapferer bei Marathon die Horden Asiens vernichtete, welches Alexander bald darauf eroberte. Die Philosophen des Altertums lehrten die Verachtung der Arbeit, diese Herabwürdigung des freien Mannes; die Dichter besangen die Faulheit, dieses Geschenk der Götter:

O Melibae, Deus nobis haec otia fecit.[5]

Christus lehrt in der Bergpredigt die Faulheit: "Sehet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht, und doch sage ich Euch, daß Salomo in all seiner Pracht nicht herrlicher gekleidet war."[6]

Jehovah, der bärtige und sauertöpfische Gott, gibt seinen Verehrern das erhabenste Beispiel idealer Faulheit: nach sechs Tagen Arbeit ruht er auf alle Ewigkeit aus.

Welches sind dagegen die Rassen, denen die Arbeit ein organisches Bedürfnis ist? Die Auvergnaten; die Schotten, diese Auvergnaten der Britischen Inseln; die Galizier, diese Auvergnaten Spaniens; die Pommern, diese Auvergnaten Deutschlands; die Chinesen, diese Auvergnaten Asiens. Welches sind in unserer Gesellschaft die Klassen, welche die Arbeit um der Arbeit willen lieben? Die Kleinbauern und Kleinbürger, welche, die einen auf ihren Acker gebückt, die andern in ihren Butiken vergraben, dem Maulwurf gleichen, der in seiner Höhle herumwühlt, und sich nie aufrichten, um mit Muße die Natur zu betrachten.

II