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Das Wintermärchen ist ein Theaterstück von William Shakespeare. Es handelt von den Folgen der Eifersucht des Königs Leontes gegenüber seiner Ehefrau Hermione, umfasst eine Erzählzeit von ca. 16 Jahren und spielt in Sizilien und in einer pastoral wirkenden Phantasiewelt, die in dem Stück Böhmen genannt wird.
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Seitenzahl: 127
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William Shakespeare
Das Wintermärchen
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Das Wintermärchen
Erster Aufzug
Zweiter Aufzug
Dritter Aufzug
Vierter Aufzug
Fünfter Aufzug
Impressum neobooks
Sizilien. Ein Zimmer in Leontes' Palast.
Camillo und Archidamus treten auf.
ARCHIDAMUS. Wenn es sich einmal treffen sollte, Camillo, daß Ihr Böhmen besuchtet, bei einer ähnlichen Veranlassung, als mich jetzt in meinem Dienst hieher geführt, so werdet Ihr, wie ich schon gesagt habe, einen großen Unterschied zwischen unserm Böhmen und Euerm Sizilien finden.
CAMILLO. Ich glaube, den nächsten Sommer gedenkt der König von Sizilien dem König von Böhmen den Besuch zu erwidern, den er ihm schuldig ist.
ARCHIDAMUS. Worin unsre Bewirtung uns beschämen sollte, das wird unsre Liebe entschuldigen; denn, in der Tat –
CAMILLO. Ich bitte Euch –
ARCHIDAMUS. In der Tat, ich spreche aus der Vollmacht meiner Überzeugung: wir können nicht mit dieser Pracht – in so ausgesuchter –, ich weiß nicht, was ich sagen soll. – Wir werden euch einen Schlaftrunk geben, damit eure Sinne, unsre Unzulänglichkeit nicht empfindend, uns, wenn sie uns auch nicht loben können, doch ebenso wenig anklagen mögen.
CAMILLO. Ihr bezahlt viel zu teuer, was gern gegeben wird.
ARCHIDAMUS. Glaubt mir, ich sage, was meine Einsicht mich lehrt und meine Redlichkeit mich nötigt auszusprechen.
CAMILLO. Sizilien kann Böhmen nie zu viel Huld erweisen. Sie wurden in der Kindheit mit einander auferzogen, und da wurzelte eine solche Liebe zwischen ihnen, daß sie jetzt wohl Zweige treiben muß. Seit ihre reifere Würde und ihre königlichen Pflichten ihr Beisammensein trennten, waren ihre Begegnungen, obwohl nicht persönlich, doch königlich bevollmachtet, und tauschten Gaben, Briefe, liebevolle Botschaften, so daß sie, obwohl getrennt, doch vereint schienen, wie über einen Abgrund einander die Hände reichten, und sich gleichsam von den Enden entgegengesetzter Winde umarmten. Der Himmel erhalte ihre Freundschaft!
ARCHIDAMUS. Ich glaube, es gibt in der Welt keine Bosheit oder Veranlassung, die sie erschüttern könnte. Ihr habt einen unaussprechlichen Trost an Euerm jungen Prinzen Mamillius: er ist ein Wesen, das die größten Erwartungen erregt; ich sah nie seines Gleichen.
CAMILLO. Gern stimme ich Euch in den Hoffnungen auf ihn bei: er ist ein herrliches Kind, und wahrlich, ein Heilmittel für den Untertan, und eine Erfrischung alter Herzen; die, welche auf Krücken gingen, ehe er geboren ward, wünschen noch zu leben, um ihn als Mann zu sehn.
ARCHIDAMUS. Würden sie denn sonst gern sterben?
CAMILLO. Ja, wenn sie keinen andern Vorwand hätten, sich ein längeres Leben zu wünschen.
ARCHIDAMUS. Wenn der König keinen Sohn hätte, so würden sie wünschen auf Krücken zu gehen, bis er einen bekäme.
Es treten auf Leontes, Polyxenes, Hermione, Mamillius und Gefolge.
POLYXENES.
Schon neunmal gab des feuchten Sternes Wechsel
Dem Schäfer Kunde, seit der Bürd' entledigt
Wir ließen unsern Thron; so viele Monde
Sollt' unser Dank, geliebter Bruder, füllen;
Und dennoch gingen wir für ew'ge Zeit
Als Euer Schuldner fort; drum, gleich der Null
An reichen Platz gestellt, laßt mich dies eine
»Wir danken Euch« zu tausenden vermehren,
Die ihm vorangehn.
LEONTES.
Spart noch Euern Dank,
Und zahlt ihn, wenn Ihr reist!
POLYXENES.
Herr, das ist morgen.
Mich mahnt die Furcht, was wohl geschehn sein mag,
Was unser Fernsein zeugte; bläst nur nicht
Ein scharfer Wind daheim und macht uns sagen,
»Zu sehr nur traf es ein!« Auch weilt' ich schon
Euch zur Beschwer.
LEONTES.
Wir sind zu zäh', mein Bruder,
Damit setzt Ihr's nicht durch.
POLYXENES.
Ich kann nicht bleiben.
LEONTES.
Nur eine Woche noch.
POLYXENES.
Nein, wahrlich, morgen.
LEONTES.
So laß die Zeit uns teilen, und dann will ich
Nicht widersprechen.
POLYXENES.
Bitt' Euch, drängt mich nicht;
Kein Mund, nein, keiner in der Welt, gewinnt mich
So leicht als Eurer; und er würd' es jetzt,
Trieb' Zwang Euch zum Gesuch, wenn auch mich Zwang
Zum Weigern nötigte. Des Staats Geschäfte
Ziehn mich gewaltsam heimwärts; Eure Liebe,
Dies hindernd, würde Geißel mir; mein Bleiben
Euch Last und Unruh'; beides zu vermeiden,
Lebt wohl, mein Bruder!
LEONTES.
Ist unsre Königin verstummt? Sprich du!
HERMIONE.
Ich dachte, Herr, zu schweigen, bis Ihr Eide
Ihm abgezwungen, nicht zu bleiben. Kalt nur
Bestürmt Ihr ihn; sagt ihm. Ihr wißt, es stehe
In Böhmen alles gut; die frohe Botschaft
Sei gestern angekommen; sagt ihm dies,
So schlagt Ihr ihn aus seiner besten Schanze.
LEONTES.
Recht so, Hermione.
HERMIONE.
Sagt er, er sehnt sich nach dem Sohn, das gilt;
Doch laßt's ihn sagen, und dann laßt ihn gehn;
Laßt's ihn beschwören, und er soll nicht bleiben,
Wir treiben ihn mit unsern Spindeln fort.
Doch wag' ich's, Eurer hohen Gegenwart
'ne Woche abzuborgen. Wenn in Böhmen
Euch mein Gemahl besucht, geb' ich ihm Vollmacht
Für einen Monat länger, als die Zeit
Bestimmt zur Reis': und doch fürwahr, Leontes,
Kein Haar breit wen'ger lieb' ich dich, als je
Ein Weib den Mann geliebt. – Ihr bleibt?
POLYXENES.
Nein, Fürstin.
HERMIONE.
O ja. Ihr tut's.
POLYXENES.
Ich kann nicht, wahrlich!
HERMIONE.
Wahrlich!
Ihr weist mich ab mit leichtem Schwur; doch ich,
Wollt Ihr die Stern' auch aus den Sphären schwören,
Ich sagte doch: Herr, nichts von Reisen! Wahrlich,
Ihr bleibt; das »Wahrlich« einer Frau ist gültig,
Wie immer das des Manns. Wollt Ihr noch fort?
Ihr zwingt mich, als Gefangnen Euch zu halten,
Und nicht als Gast; dann zahlt Ihr, wenn Ihr scheidet,
Für Eure Kost, und spart den Dank. Was sagt Ihr?
Gefangner oder Gast? Bei jenem »Wahrlich«:
Eins müßt Ihr sein.
POLYXENES.
Eu'r Gast denn, Königin;
Gefangner setzt Beleidigung voraus,
Die zu begehn mir schwerer fallen würde,
Als Euch zu strafen.
HERMIONE.
Dann nicht Kerkermeister,
Nein, liebevolle Wirtin. Kommt, erzählt mir
Von meines Herrn und Euren Knabenstreichen;
Ihr wart wohl muntre Herrchen?
POLYXENES.
Schöne Fürstin,
Zwei Buben, die nicht weiter vorwärts dachten,
Als, solch ein Tag wie heut sei morgen auch,
Und daß wir ewig Knaben bleiben würden.
HERMIONE.
War nicht mein Herr der ärgste Schalk von beiden?
POLYXENES.
Wir waren Zwillingslämmern gleich, die blökend
Im Sonnenscheine mit einander spielten;
Nur Unschuld tauschten wir für Unschuld; kannten
Des Unrechts Lehre nicht, noch träumten wir,
Man täte Böses; lebten wir so weiter,
Und stieg nie höher unser schwacher Geist
Durch heißres Blut, wir könnten kühn dem Himmel
Einst sagen: Frei von Schuld, – die abgerechnet,
Die unser Erbteil.
HERMIONE.
Daraus muß man schließen,
Ihr straucheltet seitdem.
POLYXENES.
O heil'ge Fürstin,
Versuchung ward seitdem uns; denn in jenen
Unflüggen Tagen war mein Weib ein Kind;
Und Eure Schönheit war noch nicht dem Blick
Des Spielgenoß begegnet.
HERMIONE.
Gnad' uns Gott!
Zieht daraus keinen Schluß, sonst nennt Ihr mich
Und Eure Kön'gin Teufel; doch fahrt fort,
Was Ihr durch uns gefehlt, vertreten wir:
Wenn Ihr mit uns zuerst gesündigt habt
Und nur mit uns die Sünde fortgesetzt
Und nie mit andern als mit uns gestrauchelt.
LEONTES.
Gewannst du ihn?
HERMIONE.
Er bleibt.
LEONTES.
Und wollt' es nicht auf meine Bitte.
Hermione, Geliebte, niemals sprachst du
So gut zum Zweck.
HERMIONE.
Niemals?
LEONTES.
Niemals, nur einmal noch.
HERMIONE.
Wie? sprach ich zweimal gut? Wann war es früher?
Ich bitte, sag es mir; füttr' uns mit Lob,
Wie zahme Vögelchen!
Die gute Tat, die ungepriesen stirbt,
Würgt tausend andre, die sie zeugen könnte.
Eu'r Lob ist unser Lohn; eh' treibt Ihr uns
Mit einem sanften Kusse tausend Meilen,
Als mit dem Sporn zehn Schritt nur. Doch zum Ziel:
Die letzte gute Tat war, ihn erbitten;
Was war die erste? wenn ich recht verstand,
Hat sie 'ne ältre Schwester: Oh, sei Gnad' ihr Name!
Zum Zweck sprach ich schon einmal. Wann? Oh, laßt
Mich hören, mich verlangt's.
LEONTES.
Nun, das war damals:
Drei bittre Monde starben langsam hin,
Eh' ich's erlangt, daß du die weiße Hand
Mir als Geliebte reichtest, und da sprachst du:
»Ich bin auf ewig dein.«
HERMIONE.
Ja, das war Gnade.
Ei seht, so sprach ich zweimal denn zum Zweck:
Eins warb auf immer mir den edlen Gatten,
Das andre mir den Freund auf wen'ge Tage.
Sie reicht Polyxenes die Hand.
LEONTES für sich.
Zu heiß, zu heiß!
So heftig Freundschaft einen, eint das Blut.
Die Brust ist mir beklemmt, es tanzt mein Herz,
Doch nicht aus Freude, Freude nicht. – Solch traulich Wesen
Nimmt heitern Schein, erklärt die Freiheit nur
Für Freundschaft, Herzlichkeit und Seelengüte,
Und zierlich mag's dem Spieler stehn, es mag;
Doch mit den Händen tätscheln, Finger drücken,
Wie jetzt sie tun, dabei bedeutend lächeln,
Wie in den Spiegel, seufzen dann, so tief,
Wie ein verendend Wild, – solch traulich Wesen
Gefällt nicht meinem Herzen, nicht der Stirn. –
Mamillius,
Bist du mein Jung'?
MAMILLIUS.
Ja, Väterchen
LEONTES.
Mein' Seel'?
Ja, bist mein Bengel. Wie, die Nase schmutzig? –
Sie sagen, daß sie meiner gleicht. Komm, Kerl,
Wir müssen schmuck sein; schmuck nicht, sondern rein;
Denn geht nicht Stier und Kalb und Kuh, ein jedes
Im Schmuck des Haupts einher? Noch immer spielend
Auf seiner Hand? Wie geht's, mein muntres Kalb?
Bist du mein Kalb?
MAMILLIUS.
Ja, Vater, wie du willst.
LEONTES.
Dir fehlt ein rauher Kopf und meine Sprossen,
Um ganz mir gleich zu sein; – doch, sagt man, gleichen
Wir uns wie Wassertropfen; Weiber sagen's,
Die sagen alles: doch wären sie so falsch
Wie aufgefärbtes Schwarz, wie Wind und Wasser;
Falsch, wie sich der die Würfel wünscht, der Mein
Und Dein nicht trennen will; doch ist es Wahrheit,
Zu sagen, daß dies Kind mir gleicht. – Komm, Page,
Blick' mit dem Himmelsaug' mich an, du Schelm!
Mein Herz! mein Schatz! – Kann deine Mutter? – kann sie? –
Affekt! dein Ahnen bohrt zum Mittelpunkt;
Das machst du möglich, was unmöglich schien,
Verkehrst mit Träumen? – (Wie kann dies geschehn?) –
Mit Schatten, du einbildungsfäh'ge Kunst,
Und bist dem Nichts verbrüdert; nun, wie glaublich,
Daß du auch Wesen dich gesellst; so ist's
(Und das jenseit des Wahnes, und ich fühl' es);
Und das bis zur Vergiftung meines Hirns
Und meiner Stirn Verhärtung.
POLYXENES.
Was ist dem König?
HERMIONE.
Es scheint, als quäl' ihn was.
POLYXENES.
Wie steht's, mein Fürst?
LEONTES.
Was gibt's? wie geht es Euch, mein bester Bruder?
HERMIONE.
Ihr habt ein Ansehn,
Als wär' die Stirn Euch von Gedanken schwer.
Herr, fehlt Euch etwas?
LEONTES.
Nein, in vollem Ernst. –
Wie oft verrät Natur die eigne Torheit
Und Zärtlichkeit, und macht sich zum Gespött
Für härtre Seelen! Hier, des Knaben Antlitz
Betrachtend, war es mir, als ging' ich rückwärts
Um dreiundzwanzig Jahr; so sah ich mich
Im grünen Kinderröckchen, in der Scheide
Fest meinen Dolch, daß er den Herrn nicht stoße,
Und so, wie Putzwerk oft, gefährlich werde.
Wie ähnlich, dünkt mich, war ich da der Knospe,
Dem Sproß da, diesem Herrchen; – starker Mann,
Nimmst du statt Silberstüber Nasenstüber?
MAMILLIUS.
O nein, ich schlage los.
LEONTES.
So? wer's trifft, hat den Preis! – Mein teurer Bruder,
Seid Ihr in Euern Prinzen so verliebt,
Wie wir in unsern sind?
POLYXENES.
Bin ich daheim,
Ist er mein Ziel für Scherz und Ernst, mein Spielwerk,
Jetzt mein geschworner Freund, und dann mein Feind,
Mein Höfling, mein Minister, mein Soldat:
Er kürzt mir Juli zu Dezembertagen,
Und heilt durch tausend Kinderei'n Gedanken,
Die sonst mein Blut verdickten.
LEONTES.
Ganz das Amt
Hat dieser Herr bei mir; ich geh' mit ihm,
Ihr geht wohl ernstern Weg. – Hermione,
Wie du mich liebst, zeig' unsers Gasts Bewirtung;
Was kostbar in Sizilien, werde wohlfeil;
Mit dir und meinem kleinen Schelm ist er
Der Nächste meinem Herzen.
HERMIONE.
Sucht Ihr uns,
So trefft Ihr uns im Garten; kommt Ihr bald?
LEONTES.
Geht Eurer Neigung nach, ich find' Euch schon,
Bleibt Ihr am Tageslicht; –
beiseit
ich angle jetzt,
Wenn Ihr auch nicht die Schnur mich werfen seht.
Schon gut, schon gut!
Er beobachtet Polyxenes und Hermione.
Wie sie nach ihm den Mund, den Schnabel reckt!
Und sich mit eines Weibes Frechheit rüstet,
Des Mannes Schwachsinn trauend! Ha, schon fort!
Polyxenes und Hermione gehn mit Gefolge ab.
Zolldick, knietief, über Kopf und Ohr gehörnt! –
Geh, spiel', Kind, deine Mutter spielt, auch ich;
Doch meine Roll' ist schmachvoll, und der Schluß
Wird in mein Grab mich zischen; Hohngeschrei
Mir Sterbeglocke sein. – Geh, Kind, und spiel'! –
Auch sonst gab's, irr' ich nicht, betrogne Männer;
Und manchen gibt's noch jetzt im Augenblick,
Der, grad' indem ich sprech', umarmt sein Weib; –
Er träumt nicht, daß sie ihm ward abgeleitet,
Sein Teich vom nächsten Nachbar ausgefischt,
Ja, vom Herrn Nachbar Lächler: das ist Trost;
Auch andre haben Tor', und offne Tore,
Wie ich, sehr wider Willen. Soll verzweifeln,
Wem sich sein Weib empört, so hängte sich
Der Menschheit Zehntel. Dafür hilft kein Arzt.
Es ist ein kupplerisch Gestirn, das trifft,
Wo es regiert, und mächtig muß es sein
In Ost, West, Nord und Süd; drum steht es fest,
Für eine Frau ist keine Grenzensperre;
O glaubt's! Sie läßt den Feind herein, hinaus,
Mit Sack und Pack. Viel tausend unter uns,
Die diese Krankheit haben, fühlen's nicht. –
Nun, Knabe?
MAMILLIUS.
Man sagt, ich gleich' Euch.
LEONTES.
Ja, das ist noch Trost.
Wie, ist Camillo hier?
CAMILLO.
Ja, teurer Herr.
LEONTES.
Geh spielen, Kind; du bist ein ehrlich Blut. –
Mamillius geht ab.
Der große König bleibt noch hier, Camillo.
CAMILLO.
Viel Mühe macht's Euch, eh' sein Anker hielt:
So oft Ihr auswarft, wich er.
LEONTES.
Merktest du's?
CAMILLO.
Auf Eure Bitten blieb er nicht; ihm schien
Zu wichtig sein Geschäft.
LEONTES.
Hast du's beachtet?
Sie passen mir schon auf; sie flüstern, murmeln:
Sizilien ist ein solcher: das geht weit,
Fällt mir's zuletzt ins Aug'. – Wie kam's, Camillo,
Daß er noch bleibt?
CAMILLO.
Die gute Kön'gin bat ihn.
LEONTES.
Die Kön'gin, ja; »gut« wäre angemessen;
Doch so ist's, daß es nicht so ist. Griff dies
Nur ein so kluger Kopf wie deiner auf?
Denn dein Verstand saugt ein, nimmt in sich auf
Mehr als gemeiner Dummkopf; – dies ward nur
Von schärferm Sinn beachtet? und von wen'gen,
Durchdringend im Verstand? Die gröbre Masse
Ist wohl stockblind für diesen Handel? Sprich!
CAMILLO.
Für diesen Handel? Jeder, denk' ich, sieht,
Daß Böhmen länger bleibt.
LEONTES.
Wie?
CAMILLO.
Länger bleibt.
LEONTES.
Ja, doch weshalb?
CAMILLO.
Um Eurer Hoheit Bitte zu befried'gen,
Und unsrer gnäd'gen Fürstin.
LEONTES.
Zu befried'gen?
Die Bitten Eurer Fürstin zu befried'gen? –
Das ist genug. Camillo, dir vertraut' ich,
Was mir zunächst am Herzen lag, wie auch
Mein Staatsgeheimnis; priesterlich entludest
Du mir die Brust; und stets gebessert schied ich
Von dir, wie von dem Beicht'ger; doch wir wurden
Getäuscht in deiner Redlichkeit, getäuscht
In dem, was so uns schien.
CAMILLO.
Verhüt' es Gott!
LEONTES.
So starr zu sein! – Du bist nicht ehrlich, oder
Willst du es sein, bist du 'ne Memme doch,
Die Ehrlichkeit von rückwärts lähmt und hemmt
Im festen Lauf; oder du bist ein Diener,
Zum edelsten Vertrauen eingeweiht,
Und hierin lässig; oder sonst ein Tor,
Der falsches Spiel, den Satz verloren sieht,
Und alles nimmt für Scherz.
CAMILLO.
Mein gnäd'ger Herr,
Wohl mag ich lässig, töricht, furchtsam sein;
Kein Mensch ist frei von allen diesen Fehlern,
Daß seine Torheit, Lässigkeit und Furcht
Nicht in des Lebens mannigfachem Treiben
Sich öfter zeigt. In Euren Sachen, Herr,
Wenn jemals ich mit Willen lässig war,
So war es Torheit; wenn ich wissentlich
Den Toren spielte, war es Lässigkeit,
Die nicht das End' erwog; und war ich furchtsam,
Zu handeln, wo der Ausgang mißlich schien
Und der Erfolg nachher wohl schelten durfte
Die Unterlassung, – war es eine Furcht nur,
An der auch oft der Weise krankt; dies, König,
Sind so bekannte Fehl', daß Ehrlichkeit
Stets daran leidet. Doch, mein hoher König,
Sprecht frei heraus, und zeigt mir mein Vergehn
Mit eignem Antlitz; wenn ich dann es leugne,