Der Bestrafer - Robin D. Jensen - E-Book
SONDERANGEBOT

Der Bestrafer E-Book

Robin D. Jensen

0,0
3,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kommissar Rainer und sein Kollege Steiner bekommen es mit einem merkwürdigen Fall von Seriendelikten zu tun, bei denen junge Männer hilflos und verängstigt aufgefunden werden. Alle Opfer haben eines gemeinsam: Ihnen wurde gewaltsam ein großes Z in die Stirn oder Brust geritzt. Zudem werden sie verdächtigt, eine Sexualstraftat begangen zu haben. Als dann jedoch eine Leiche auftaucht und auch diese eine eingeritzte Initiale aufweist, müssen die Kommissare schnell handeln, denn der Täter kennt anscheinend keine Grenzen mehr. Ein düsteres Katz-und-Maus-Spiel voller moralischer Abgründe beginnt.

Jeder Krimi ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen gelesen werden. Hierbei handelt es sich um eine Neuauflage von „Brutale Verzweiflung“.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Einige Bemerkungen zu diesem Buch
Weitere Veröffentlichungen

Robin D. Jensen

Der Bestrafer

Über den Autor:

 

 

 

Robin D. Jensen wurde 1959 in Nordenham geboren, studierte BWL und arbeitete über 35 Jahre in Hamburg als IT-Berater in größeren Unternehmen. 2016 begann er zu schreiben und bezeichnet sich selbst als »Zufallsautor«, denn von ihm stammt unter anderem die Krimireihe mit dem Hamburger Kommissar Rainer Zufall. Der sympathische, etwas schüchterne Protagonist seiner Krimis löst gemeinsam mit seinem Team die kniffligsten Fälle, aber auch sein Privatleben nimmt in den Büchern einen größeren Raum ein.

 

 

Buchbeschreibung:

 

Belästigte Frauen. Ein mysteriöser Rächer, der Jagd auf die Schuldigen macht.

 

Eine Serie brutaler Übergriffe sorgt für Aufregung. Der Täter, ein selbst ernannter Rächer, hat es auf Männer abgesehen, die Frauen belästigt haben sollen. Sein Markenzeichen: ein »Z«, das er seinen Opfern in die Haut ritzt.

 

Während die Kommissare Rainer Zufall und Karl Steiner die Ermittlungen aufnehmen, werden sie mit persönlichen Herausforderungen konfrontiert: Rainers geheimer Liebe zur Hauptverdächtigen, Karls gesundheitlichen Problemen und nicht zuletzt mit ihren moralischen Vorstellungen. Die Ermittlungen nehmen eine düstere Wendung, als der mysteriöse Rächer ein unschuldiges Opfer tötet und die Grenze zwischen Gerechtigkeit und Rache zunehmend verschwimmt. In einem Wettlauf gegen die Zeit müssen die Kommissare den Täter stoppen, bevor er erneut zuschlägt und weitere Unschuldige in seinen immer brutaler werdenden Rachefeldzug verwickelt.

 

»Der Bestrafer« ist der zweite spannende Fall für den sympathischen Hamburger Hauptkommissar Rainer Zufall. Ein düsteres Katz-und-Maus-Spiel voller moralischer Abgründe.

 

Jeder Krimi ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig von den anderen gelesen werden. Es handelt sich um eine Neuauflage von »Brutale Verzweiflung«.

 

 

Robin D. Jensen

Der Bestrafer

 

Mörderisches Hamburg 2

 

 

 

Kriminalroman

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind

im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

© Juli 2023 Empire-Verlag

Empire-Verlag OG, Lofer 416, 5090 Lofer

 

Lektorat: Petra Bülow

Korrektorat: Jasmin Schulte – http://www.zeilenstark.de/

 

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise –

nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

 

Cover: Chris Gilcher

http://buchcoverdesign.de/

Illustrationen: Adobe Stock ID 361114058, Adobe Stock ID 246952824

 

 

Du möchtest keine Veröffentlichung aus dem Hause Empire-Verlag verpassen? Dann melde dich gleich zum Newsletter an: https://www.empire-verlag.at/newsletter/

Prolog

Der Mann im dunklen Anzug blickte von seiner Zeitung auf und sah zu den Halbstarken hinüber, die andere Fahrgäste in der Bahn belästigten. Dieses Mal war es ein junges Mädchen, auf das es die beiden Rüpel abgesehen hatten.

»Nun hab dich doch nicht so, du willst es doch auch«, hörte er den einen der beiden sagen. Der junge Mann war höchstens zwanzig Jahre alt und hatte einen fast kahl rasierten Schädel. Er war zwar muskulös, aber nicht gerade ein Kraftprotz. Doch zusammen mit seinem etwa gleichaltrigen Freund fühlte er sich anscheinend stark.

Der Freund, der ebenfalls nicht besonders kräftig wirkte und im Gegensatz zu seinem Kumpel lange Haare trug, griff zwar nicht selbst ein, aber ermunterte den anderen, das Mädchen zu küssen, und feuerte ihn an, als dieser die junge Frau weiter bedrängte.

Das Mädchen versuchte vergeblich, sich zu wehren, doch der mit den kurzen Haaren küsste die junge Frau und griff ihr in den Ausschnitt.

Der Mann im dunklen Anzug blickte sich um. Alle anderen Fahrgäste schauten betreten weg. Von denen war offenbar kein Eingreifen zu erwarten. Er überlegte, ob er selbst tätig werden sollte, fühlte sich den beiden aber körperlich unterlegen und ließ es lieber bleiben. Doch er spürte, wie sein Jagdfieber erwachte.

Als die Bahn an der nächsten Station, Lattenkamp, anhielt und die beiden Halbstarken ausstiegen, knüllte der Mann seine Zeitung zusammen und ging ebenfalls auf den Ausgang zu. Die junge Frau saß weinend auf ihrem Sitz und blickte den beiden jungen Männern voller Verzweiflung nach. Enttäuscht blickte sie zu den anderen Fahrgästen. Keiner war ihr zur Hilfe gekommen.

Sie war ein hübsches Mädchen mit langen blonden Haaren und einem sinnlichen Mund. Die junge Frau trug einen sehr knappen Rock, den diese Kerle anscheinend als Einladung zur sexuellen Belästigung interpretiert hatten. So gut es trotz der abgerissenen Knöpfe ging, knöpfte sie ihre Bluse zu. Ihr kurzer Rock war hochgeschoben, sodass man ihren Slip sehen konnte. Der Mann mit dem schwarzen Anzug warf ihr noch kurz einen mitfühlenden Blick zu und beeilte sich, den Kerlen zu folgen.

Die beiden Rüpel gingen zum Ausgang. Auf der Straße trennten sich ihre Wege. Der Mann lächelte. So etwas hatte er gehofft.

Er folgte dem jungen Kerl mit dem kahl rasierten Schädel. Der schien es nicht eilig zu haben, schlenderte scheinbar ziellos durch die Alsterdorfer Straße, breitbeinig und offensichtlich bester Laune.

Als er an einem dunklen Hauseingang vorbeikam, war der Mann im dunklen Anzug plötzlich hinter ihm, zog einen Schlagring heraus und streckte den Rüpel mit einem gezielten Schlag nieder. Er schleifte den jungen Mann in ein nahegelegenes Gebüsch und blickte sich um. Anscheinend hatte niemand den Vorfall bemerkt. Er zog dem bewusstlosen Mann Pullover und T-Shirt aus und fesselte ihn. Danach entledigte er ihn auch seiner Jeans, Unterwäsche und Strümpfe und stopfte ihm Letztere in den Mund.

Anschließend rieb er den immer noch leblos Daliegenden mit Erde ein und ritzte ihm mit einem Messer ein großes Z auf die Stirn. Als letztes trat er dem Opfer mehrmals kräftig zwischen die Beine und betrachtete zufrieden sein Werk. Danach stand er auf, raffte die Kleidung des jungen Mannes zusammen, blickte sich noch einmal um und machte sich eilig davon.

Kurz bevor er die Station Alsterdorf erreichte, warf er das Bündel in einen Müllcontainer. Zufrieden lächelnd stieg er anschließend in die U-Bahn, um nach Hause zu fahren. Sein Werk für heute war erledigt.

 

Kapitel 1

»Schon wieder ein junger Mann, der hilflos und dieses Mal komplett nackt aufgefunden wurde«, begrüßte Karl Steiner seinen jungen Kollegen Rainer Zufall, als dieser das Büro betrat.

Besonders als Kommissar musste Rainer Zufall regelmäßig Scherze wegen seines Namens über sich ergehen lassen. Meist versuchte er, diese zu ignorieren. Seine leiblichen Eltern traf keine Schuld an der Kombination. Als seine Mutter zum zweiten Mal geheiratet hatte, wurde der kleine Rainer von seinem Stiefvater, Kurt Zufall, adoptiert. Seitdem lebte er mit diesem Namen, der ihm über Jahre viel Hohn und Spott eingetragen, aber auch abgehärtet hatte.

Rainer runzelte die Stirn. Das war jetzt schon der dritte Fall dieser Art innerhalb von sechs Wochen. Was war da los? Bisher hatten sie keinerlei Verbindung zwischen den jungen Männern herstellen können.

»Passt vom Alter her zu unseren anderen Opfern. Dieses Mal wurde er komplett ausgezogen, mit Dreck eingerieben und auf seiner Stirn prangt ein eingeritztes Z«, berichtete Karl und nahm einen kräftigen Schluck von seinem Kaffee. Er verzog das Gesicht. »Bäh, der Kaffee ist kalt geworden.«

Rainer grinste, als er das angewiderte Gesicht seines Kollegen sah. Er war immer wieder erstaunt, wie viel Kaffee Karl am Tag in sich hineinschüttete. Rainer selbst trank normalerweise morgens ein bis zwei Becher, den Rest des Tages zog er Apfelschorle vor.

Karl stand auf, um sich frischen Kaffee zu kochen. Bevor er den Raum verließ, fragte ihn Rainer: »Sonst noch etwas Besonderes?«

Sein Kollege blieb an der Tür stehen und überlegte. Dann fiel es ihm wieder ein und er schüttelte angewidert den Kopf.

»Ach ja, dieses Mal hat der Täter seinem Opfer mehrere kräftige Tritte in die Weichteile verpasst. Dessen edle Teile sind wohl kräftig blau geworden.«

Bei dem Gedanken verzog Rainer das Gesicht, weil er die Schmerzen des Opfers gut nachempfinden konnte. Er selbst hatte bei einem Fußballspiel mal einen Ball genau dorthin bekommen, wo es besonders wehtut. Der Schmerz war ihm noch heute gegenwärtig. »Autsch«, entfuhr es ihm und Karl nickte, bevor er den Raum verließ.

Rainer fuhr sich durch sein dichtes, dunkelbraunes Haar, das kaum zu bändigen war. Gerade wenn er geduscht und das Haar danach nicht trockengeföhnt hatte, stand es in alle Richtungen wirr vom Kopf ab.

Er kratzte seinen Dreitagebart. Das Rasieren hatte er sich heute aus Zeitgründen auch wieder gespart. Rainer überlegte: Mit Sicherheit handelte es sich in allen drei Fällen um denselben Täter. Er studierte noch einmal die Akten über die anderen beiden Taten.

Vor sechs Wochen wurde ein vierundzwanzigjähriger arbeitsloser Mann in der Nähe des Bauhaus-Marktes in Stellingen gefunden. Malte Schmidt hatte man dort nur in Unterwäsche gefunden, der ganze Körper war klebrig, da mindestens eineinhalb Liter Coca-Cola über ihm ausgegossen worden waren. Auch er hatte ein Z in die Stirn geritzt bekommen.

Bei der Vernehmung konnte er sich nur daran erinnern, irgendwann einen Schlag auf den Kopf bekommen zu haben. Nach eigener Aussage hatte er keine Erklärung dafür, wer es auf ihn abgesehen haben könnte. Er habe vorher in dem Baumarkt etwas besorgen wollen, war aber nicht fündig geworden. Zeugen gab es anscheinend keine. Zumindest hatte sich niemand gemeldet, der etwas beobachtet hatte.

Der zweite Fall war ähnlich gelagert. Dieses Mal wurde ein Achtzehnjähriger in der Nähe der S-Bahn-Station Neuwiedenthal gefunden. Er hatte nur noch seine Boxershorts an. Sein Körper wies einige blaue Flecken auf, die von Schlägen stammten, die ihm der Täter wohl mit Fäusten zugefügt hatte. Marcel Klußmann hieß der junge Mann.

Er kam nach eigener Aussage von einem Konzert im Stadtpark, bei dem er kräftig gefeiert hatte. Ihm war nichts aufgefallen, was den Überfall auf ihn erklären konnte. Das Z, das ihm auf die Stirn geritzt worden war, deutete auf denselben Täter hin, der auch Malte Schmidt niedergeschlagen hatte und sehr wahrscheinlich ebenso für den dritten Fall verantwortlich war. Kevin Poppe, so der Name des jüngsten Opfers, war in der Nähe der U-Bahn-Station Lattenkamp gefunden worden. Dieses Mal war das Opfer gänzlich unbekleidet und im Intimbereich schwer verletzt.

Karl kam mit einer Kanne frischem Kaffee zurück und blickte seinen Kollegen erwartungsvoll an. »Und, was denkst du?«, fragte er ihn, bevor er sich hinsetzte.

Rainer kratzte sich am Kinn. »Immer derselbe Täter, keine Frage. Aber was verbindet die Opfer?«

Karl schüttelte den Kopf. »Die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Bisher habe ich bei den ersten beiden Opfern keinen Zusammenhang feststellen können. Vielleicht finden wir sie durch den Dritten.«

»Das Einzige, was die Taten bisher verbindet, ist, dass es sich ausnahmslos um junge Männer handelt. Wie alt ist dieser Kevin?«

Karl suchte auf seinem Bildschirm nach der Information. »Zweiundzwanzig Jahre und arbeitslos.«

Rainer griff sich Kugelschreiber und Block. »Also, Nummer eins: Malte Schmidt, vierundzwanzig und arbeitslos«, verkündete er und machte sich Notizen. »Wohnt in Eppendorf, wurde in Stellingen gefunden. Nummer zwei: Marcel Klußmann, achtzehn Jahre und Azubi. Wohnt in Neuwiedenthal, wo er auch gefunden wurde. Und Nummer drei von heute: Kevin Poppe, zweiundzwanzig Jahre und arbeitslos. Wohnt in Winterhude und wurde in Alsterdorf gefunden.«

»Zwei Arbeitslose, ein Azubi. Alle drei um die Zwanzig. Ansonsten ist momentan noch kein Muster zu erkennen.« Karl nahm einen Schluck Kaffee und starrte aus dem Fenster.

»Eines fällt mir auf«, sagte Rainer nach einer Weile des Schweigens und riss seinen Kollegen aus dessen Gedanken.

»Ich höre.«

»Der Täter wird brutaler. Der erste hatte noch die komplette Unterwäsche an und war nur leicht verletzt. Nummer zwei war nur noch mit Unterhose bekleidet, hatte aber schon zahlreiche blaue Flecken. Nummer drei hingegen war komplett ausgezogen und hat ganz schön was auf seine Weichteile bekommen.«

»Du meinst …«, sagte Karl, ohne den Satz zu beenden.

»Ich meine, der Typ wird brutaler. Der wird weitermachen und mir tut schon das nächste Opfer leid, wenn wir den Täter nicht vorher schnappen.«

Karl nickte. »Du hast recht. Wir müssen den Kerl stoppen, bevor es noch schlimmer wird. Aber wo ist unser Ansatz? Irgendetwas muss die Opfer verbinden. Aber was? Wir müssen die jungen Männer noch mal unter die Lupe nehmen. Da muss es etwas geben, womit sie den Typen auf sich aufmerksam gemacht haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Täter sich wahllos irgendwelche jungen Männer gegriffen hat. Nachdem die Befragung der ersten beiden Opfer nicht viel gebracht hat, versuchen wir es mit Opfer Nummer drei. Vielleicht ist der auskunftsfreudiger.«

»Wobei«, Rainer kratzte sich am Kinn, »die Art der Taten könnte auch auf eine Frau hindeuten. Sie zieht die jungen Männer aus und dem Dritten hat sie dann ja einen kräftigen Tritt in dessen edelste Teile verpasst.«

Karl nickte. »Da könnte etwas dran sein.« Wieder griff er zur Kaffeetasse.

»Karl, wie schaffst du es eigentlich, solche Mengen Kaffee zu bewältigen?« Rainer sah seinen Kollegen neugierig an.

Karl grinste. »Jedem das Seine, mein Lieber. Ich Kaffee, du verwässerten Apfel. Das Schwarze lässt meinen Denkapparat glühen.«

Rainer grinste.

»Und zu besonderen Anlässen trinkst ja selbst du mal Kaffee im Dienst«, fügte Karl grinsend hinzu. Rainer zog fragend die Augenbrauen hoch.

»Yvonne!«, ergänzte Karl.

Schmerzhaft wurde Rainer an seinen ersten Fall bei der Kriminalpolizei erinnert. Der Mord an dem Leiter des LKA und dessen schöne Witwe, in die sich Rainer verliebt hatte, obwohl sie die Hauptverdächtige war. Er war dadurch ganz schön in die Klemme geraten, weil er unbedingt ihre Unschuld beweisen wollte. Leider hatte es für sie beide kein Happy End gegeben. Zumindest hatte er seit dem Fall wieder Kontakt zu seiner Ex, Carmen, die ihm bei der Aufklärung des Verbrechens geholfen hatte.

Bei dem Gedanken an Yvonne, die mittlerweile in Haft saß, spürte er wieder einen Stich. Seitdem hatte er beschlossen, um attraktive Frauen lieber einen Bogen zu machen, um nicht wieder verletzt zu werden. Mit Carmen pflegte er mittlerweile eine freundschaftliche Beziehung. Aber ein Paar waren sie nicht mehr und inzwischen fand Rainer das auch okay.

»Sorry.« Karl stand plötzlich neben Rainer und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich wollte keine alten Wunden aufreißen.«

Rainer zuckte zusammen, weil er so in Gedanken gewesen war, dass er gar nicht bemerkt hatte, dass Karl aufgestanden war. »Ist schon okay.« Der erste gemeinsame Fall hatte die beiden Kommissare nach erheblichen Startschwierigkeiten zusammengeschweißt. Die anfängliche Distanz war einem echten Vertrauensverhältnis gewichen.

Mittlerweile hatte Rainer auch die Anerkennung der anderen Kollegen gewonnen, sodass er wegen seines Namens nicht mehr veralbert wurde, wofür er sehr dankbar war.

»Vielleicht bekommt sie ja eine milde Strafe«, versuchte Karl, seinen Kollegen zu trösten. »Schließlich war er ein Scheißkerl.«

Rainer versuchte sich an einem zaghaften Lächeln. Dann schüttelte er sich.

»Wie auch immer. Jetzt haben wir einen neuen Fall und um den müssen wir uns kümmern.« Er versuchte, die Gedanken an Yvonne, die im Gefängnis auf ihren Prozess wartete und bei einer Verurteilung mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen hatte, zu vermeiden. Das war einfach zu schmerzhaft.

»Amen«, sagte Karl und klopfte Rainer auf die Schulter. »Dann los. Der Eiermann liegt in der Uniklinik.«

Rainer stutzte. Manchmal hatte sein Kollege schon eine eigenartige Form von Humor. Aber Karl war ein echter Freund, auf den er sich in jeder Lage verlassen konnte. Rainer trank seine Apfelschorle aus und folgte Karl zum Auto.

 

Kapitel 2

Rainer war immer noch am Boden zerstört, wenn er an die Geschichte mit Yvonne zurückdachte. Alle möglichen Risiken war er eingegangen, um die Frau, der die Ermordung ihres Mannes zur Last gelegt wurde, vor dem lebenslänglichen Aufenthalt im Gefängnis zu bewahren. Nicht nur, dass er beinahe seinen Job verloren hätte. Nein, plötzlich hatte er wegen des Verdachts der Beihilfe sogar selbst in Untersuchungshaft gesessen.

Zum Glück war alles noch einmal gut gegangen. Der Mörder konnte überführt werden und die Frau, in die er sich unglücklicherweise verliebt hatte, war wegen erwiesener Unschuld freigelassen worden.

Doch dann hatte Yvonne Wilhelm ihm einen Brief geschrieben, in dem sie bedauerte, dass sie kein Paar werden konnten und sie die Stadt verlassen würde. Die Geschehnisse rund um die Ermordung ihres Mannes und die Verdächtigungen gegen sie waren einfach zu schmerzhaft gewesen.

Schon das war ein herber Schlag für den jungen Kommissar, aber es wurde noch schlimmer: Nachdem der Mord an seinem Vater aufgeklärt war, wurde Sven Wilhelm, Yvonnes missratener Stiefsohn, der sie zum Sex gezwungen, sie erpresst und den Verdacht gegen sie geschürt hatte, erschossen und die Täterbeschreibung passte genau auf Yvonne.

Die wochenlange Fahndung war schließlich erfolgreich gewesen und man hatte sie in München gefasst, als sie offensichtlich auf Wohnungssuche war. In Hamburg wurde sie daraufhin tagelang Verhören unterzogen.

Rainer war das irgendwann zu Ohren gekommen, und es hatte ihn schwer erschüttert. Einerseits konnte er sich nicht vorstellen, dass diese liebevolle, attraktive und so unschuldig wirkende Frau wirklich zu einem Mord fähig sein sollte. Andererseits sprach alles gegen sie. Yvonne hatte mehr als ein Motiv, ihren Stiefsohn zu hassen. Und sie beziehungsweise eine Frau mit ihrer Statur war am Tatort gesehen worden.

Rainer musste also wohl davon ausgehen, dass sie dieses Mal wirklich die Täterin war, auch wenn alles in ihm gegen diese Einsicht rebellierte. Mehr als einmal hatte er überlegt, ob er sie im Gefängnis besuchen sollte. Doch was konnte er sagen? Er konnte sie schlecht fragen, ob sie Sven Wilhelm erschossen hatte. Das würde sie ihm sicher nie verzeihen, und er hatte immer noch Hoffnung, dass sie sich doch noch näherkommen könnten.

Falls sie aber ihren Stiefsohn getötet hatte, so wollte Rainer die Antwort lieber nicht hören. Wenn sie andererseits unschuldig war, was er immer noch hoffte, und er sie danach fragen würde, wäre spätestens dann ihre Beziehung, wenn sie denn überhaupt eine hatten, wirklich endgültig am Ende.

Er konnte sich noch gut an die Situation erinnern, als er wegen des Mordes an ihrem Mann ermittelt hatte. Wie heftig ihre Reaktion gewesen war, als sie den Eindruck hatte, er würde sie tatsächlich verdächtigen. Das hatte sie ihm vermutlich bis zum heutigen Tag nicht verziehen. Aber es war sein Job und er hatte distanziert und so unvoreingenommen wie möglich sein müssen.

Rainer war verzweifelt. Aber er konnte sich einfach nicht von der Überzeugung lösen, dass sie es dieses Mal wirklich getan hatte.

Irgendwann hielt er es nicht mehr aus und fragte den ermittelnden Beamten nach dem Stand der Dinge.

»Die Sache ist doch eindeutig«, antwortete Manfred Kayser, der die Verhöre mit Yvonne leitete. »Sie hatte ein starkes Motiv und ist am Tatort gesehen worden.«

Rainer nickte. »Okay. Hat sie denn gestanden?«

Gespannt wartete er auf Manfreds Antwort. Der schüttelte den Kopf. »Das ist ja das Verrückte. Erst hat sie geschwiegen und wollte nicht mit uns sprechen.« Entrüstet blickte er Rainer an.

»Als ich dann gesagt habe, dass wir Zeugen hätten, blickte sie uns entgeistert an und meinte, dass das gar nicht sein könnte.«

Rainer stutzte. »Wieso?«

»Das habe ich sie auch gefragt. Dann hat sie nur geantwortet: Wie soll ich denn ausgesehen haben? Eine komische Antwort, oder?«

»In der Tat«, konnte ihm Rainer nur zustimmen.

»Dann hat sie noch behauptet, dass sie zu der Tatzeit im Zug gesessen und sich mit einem Mann unterhalten habe. Den sollen wir ausfindig machen. Wenn du mich fragst, dann ist das ein äußerst dünnes Alibi.«

»Und jetzt?«

»Wir machen so lange weiter, bis sie einbricht und gesteht.«

Yvonne tat Rainer jetzt schon leid. Manfred war als härtester Verhörer in ganz Hamburg bekannt. Er konnte alle Facetten zeigen, beinahe sekündlich zwischen Bad Cop und Good Cop wechseln. Und er kannte keine Ermüdungserscheinungen, hakte bei der kleinsten Unsicherheit des Verdächtigen nach. Wenn es erlaubt gewesen wäre, würde er sicher nach noch härteren Maßnahmen greifen, um Verdächtige weichzuklopfen. Rainer war klar, dass Manfred früher oder später die Wahrheit ans Licht bringen würde.

»Danke«, schloss der junge Kommissar. »Halt mich bitte auf dem Laufenden.«

Manfred hatte genickt, Rainers Büro verlassen und machte sich auf zum nächsten Verhör.

Lange saß Rainer danach noch allein in seinem Büro und dachte nach. Dieses Mal waren ihm die Hände gebunden. Er konnte nichts für Yvonne tun. Es war zum Heulen.

 

Kapitel 3

Karl und Rainer machten sich auf den Weg zum UKE, der Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf. Wegen des dichten Verkehrs benötigten sie für die knapp dreieinhalb Kilometer über eine halbe Stunde.

Mehrmals regte sich Karl über andere Fahrer auf, mal weil sie zu häufig die Spuren wechselten, mal weil sie an der Ampel nicht schnell genug in die Gänge kamen.

Nach dem gefühlt zehnten Wutausbruch sah sich Rainer bemüßigt, seinen Kollegen darauf anzusprechen.

»Sag mal, Karl, was ist denn heute los mit dir?«

Karl starrte nach vorn, sein Gesicht war unnatürlich rot.

»Gar nichts«, knurrte er, wobei Rainer spürte, dass der nächste Ausbruch kurz bevorstand. Dennoch beließ er es bei der einen Frage und hakte nicht weiter nach. Die nächsten Minuten verbrachten sie schweigend. Rainer blickte immer mal wieder verstohlen zu Karl, aber dieser schaute mit verbissenem Gesicht auf die Straße.

Die Spannung löste sich erst, als sie die Martinistraße erreichten und Karl vor dem UKE parkte. Sie stiegen aus und betraten das Gebäude. Der typische Krankenhausgeruch stieg ihnen in die Nase und Rainer wurde unangenehm an seinen ersten Fall bei der Kriminalpolizei erinnert, als er angeschossen worden war und daraufhin einige Wochen im Krankenhaus verbringen musste.

Sie erreichten die Station, auf der das dritte Opfer, Kevin Poppe, lag. Karl klopfte und öffnete die Tür, ohne eine Antwort abzuwarten. Im hinteren Bett lag ein junger Mann mit kurzgeschorenen Haaren, vorne an der Tür ein schlafender älterer Herr.

Karl und Rainer durchquerten das Zimmer und traten an das hintere Bett.

»Kevin Poppe?«, fragte Karl und wartete auf dessen Antwort.

Der junge Mann nickte und richtete sich im Bett ein wenig auf. Dabei verzog er vor Schmerzen das Gesicht. Rainer musterte den Mann. Leicht muskulös, kurzgeschorene braune Haare, auf den Unterarmen mehrere Tattoos. Er sah zwar nicht übermäßig stark aus, machte aber eigentlich keinen hilflosen Eindruck, wirkte dagegen eher wie ein Schlägertyp, der keinem Streit aus dem Weg ging. Vorurteil, warf Rainer sich selbst vor. Bleib objektiv, Junge.

»Ja, ich bin Kevin«, stieß der Mann hervor und ließ sich wieder in die Kissen fallen.

»Steiner und Zufall von der Kriminalpolizei«, begann Karl und zeigte seinen Dienstausweis.

---ENDE DER LESEPROBE---