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An den Wochenenden bei den Grosseltern im geheimnisvollen alten Haus, hinter dem dunklen Wald, wo Grossvater den beiden Jungs Samuel und Bastian in seiner grossen Bibliothek am lodernden Kaminfeuer die abenteuerlichsten Geschichten erzählt, wollen die Beiden hinter das Geheimnis des grünen Buches kommen, wobei ein seltsames Amulett, ein fremder Zauberspruch sowie ein goldiger Schlüssel, die beiden Brüder unverhofft in eine zauberhafte Welt voller Abenteuer und Magie entführen!
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Seitenzahl: 143
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Für Julius und Noah
Regentag
Die Reise
Die Bibliothek
Das geheimnisvolle grüne Buch
Die Vollmondnacht und ihre Folgen
Das grüne Buch, ein seltsames Amulett und ein goldiger Schlüssel
Der Estrich und sein Geheimnis
Der fliegende Regenschirm
Das Waldfest zur Sommernachtswende
Der Kristallsee und das Einhorn
Afrika
Marrakesch und die Wüste
Die Sternenwelt
Sternzeichen im Riesenrad
Schlangenziehen mit dem roten Springball
Der gefürchtete Drache Drachino Rex
Der Edelsteinweg mit den sieben Chakras
Die Heilsteine und der Regenbogen
Am Broadway in New York
Wieder zu Hause
Die tiefhängenden, schwarzen Wolken am Himmel schienen nichts Gutes zu bedeuten und in der weiten Ferne hörte man auch schon ein dumpfes und bedrohliches Grollen. Es schien ein deutliches Zeichen zu sein, den langen, bunten und heissen Sommer zu verabschieden, und mit etwas Wehmut den Herbst willkommen zu heissen! Das bedeutete auch, wieder mehr Zeit in der Stube zu verbringen, Spiele zu Hause zu spielen, wärmere Sachen anzuziehen, und viel Fantasie walten zu lassen, damit man auch in der kälteren Jahreszeit seinen Spass hat. Draussen in der schönen Natur ist es ein leichtes, sich zu vergnügen. Denn grüne Wiesen, weite Felder, dichte Wälder, bunte Blumen, plätschernde Bächlein, so wie schön gemusterte Steine in vielen Nuancen und Formen, sind der grösste Spielplatz für Kinder in jedem Alter, so wie für alle Erwachsenen insgesamt. Und das ist auf der ganzen grossen Welt auf verschiedenste Weise so, denn in der freien Natur hat es unendlich viele Spielsachen, so wie mannigfaltige und verlockende Angebote.
Nun wurde draussen der Himmel noch dunkler, und der plötzlich einsetzende Wind liess die Äste und Blätter an den noch sommerlich grünen Bäumen hin und her tanzen, und die Kronen rauschten wie schöne Kleider in einer Ballnacht.
Die beiden Buben, Samuel und Bastian standen am Fenster und jeder drückte seine kleine Nase platt an die Scheibe, um die ersten Tropfen des herannahenden Gewitterregens ja nicht zu verpassen. Bastian, der jüngere der beiden Brüder, stand zudem auf einem kleinen Schemel, sonst hätte er womöglich den Start verpasst! Nun kam das Grollen des schwerwerdenden Donners fast bedrohlich näher, und die beiden Jungs waren echt froh, dass sie das kommende Schauspiel hinter verschlossenen Fenstern erwarten konnten. Die sanfte Melodie der einzelnen Tropfen war wie eine Tonleiter. Zaghaft wie von Kinderhand gespielt klangen die ersten Regentropfen, die auf dem noch glasklaren Fenster landeten, und es dauerte nicht sehr lange, bis das Regenabenteuer begann! Erst gaben die Tropfen drei oder vier Töne von sich, doch bald wurde daraus eine lustige Melodie, bis schlussendlich ein ganzes Orchester zu spielen schien, und es nur noch so an die Fensterscheibe prasselte, klopfte und klang, und das Wasser wie wasserfallartige Bächlein am Glas herunterrann. Dazu hörte man den Wind von draussen pfeifen, und Samuel und Bastian konnten sich glücklich schätzen, so geborgen und sicher drinnen zu sein.
Der aufkommende Wind half nun mit, die unaufhörlich fallenden Regentropfen in alle Richtungen zu jagen, mal links, mal rechts, mal hüpfend, mal tanzend, sich drehend, um dann wieder ganz schwer auf die Erde zu klatschen. Nach einer ganzen Weile des nassen Spektakels, bemerkten die beiden Jungs, wie die Regentropfen geheimnisvoll zu glitzern begannen, und sich in bunte Farben verwandelten die aussahen, als hätte Frau Holle eine riesige Kiste bunter, glitzernden Edelsteine ausgeschüttet! Die Farben wurden immer heller, prächtiger und schillernder, und auf einmal, wie von Geisterhand, öffnete sich der Himmel, der Wind schob die dunklen Wolken beiseite, und da war er, in voller Pracht, ein riesenhafter Regenbogen! Den beiden Buben, Samuel und Bastian entlockte er ein ziemlich begeistertes Aah und Ooh! So was Herrliches hatten sie noch nie gesehen. Es war kein gewöhnlicher Regenbogen. Der hier war viel grösser, viel leuchtender, breiter, höher, und hielt den Jungs abertausende Farben vor, die sie vorher noch nirgendwo zu sehen bekamen. Er glitzerte und blendete, und er schien sich irgendwie auch zu bewegen, so wie zu verändern, wie mehr man von ihm begeistert war. Samuel und Bastian schauten sich gegenseitig ganz verwundert und ein wenig verblüfft an! Irgendwie kam ihnen das seltsame Naturereignis nicht ganz so geheuer vor, und fast so, als wäre dies in diesem Moment gar nicht wirklich geschehen. Samuel und Bastian sahen sich ratsuchend an, und da war er, der gegenseitige, einheitliche Gedanke der beiden Jungs. Wie aus einer kampfbereiten Kanone kam es geschossen: „Grossvater!“ „Das alles hier soeben Geschehene passt doch genau zu unserem überaus geliebten Grossvater!“
Die Welt steht still, alle Sinne setzen ein, und man befindet sich augenblicklich, und dies für Stunden, in einer völlig anderen Sphäre! Da gibt es alles was es gibt, und eben auch alles was es nicht gibt, das es dann doch gibt, wenn Grossvater uns seine wundersamen und seltsamen Geschichten erzählt!
„Wir müssen sofort und umgehend alles was wir soeben erlebt und gesehen haben, Grossvater erzählen! Vielleicht glaubt er uns etwa gar nicht, weil er ja auch nicht wissen kann, dass das Ereignis sich tatsächlich so zugetragen hat. Wir brennen also darauf, bei Grossvater zu sein.“
Jedes zweite Wochenende verbringen wir dort, und ebenso sehr freuen sich alle darauf, denn das Leben bei unseren Grosseltern ist so ganz anders als irgendwo sonst auf der Welt, und es ist ein ganz spezieller Fleck auf Erden.
Bastian und Samuel wohnen mit ihrer Mama zusammen in einem schmucken Häuschen am Rande eines idyllisch gelegenen Dorfes. Der Papa der beiden Jungs arbeitet als Förster in fremden Wäldern, und dieser Beruf ruft ihn immer weiter weg in die fremde Ferne, so dass er manchmal monatelang nicht nach Hause kommt. Mama hilft beim Ernten auf dem Feld und im bunten grossen Garten einer Grossgrundbesitzes-Familie, und somit bekommen wir frische Früchte, Beeren, Obst und Gemüse für uns ganz umsonst, und Mutter bekommt dazu noch das verdiente Geld für die jeweiligen Stunden der Mithilfe. Auch schmückt Mama unser kleines Daheim immer mit bunten Blumen. Und wenn sie diese jeweils in eine farbige Vase steckt, summt sie immer ganz zufrieden ein Lied aus ihrer Jugendzeit.
Ab sofort sind wir wieder im Hier und Jetzt und wissen heute ist Freitag Nachmittag und das Wochenende bei Grossvater steht mit grosser Freude kurz bevor! Mama wird gleich hier bei uns sein, und so sind wir beide emsig dabei, unsere kleinen braunen Köfferchen mit den nötigsten und liebsten Dingen zu packen, die es eben bedarf, wenn man verreist, oder wenn es einem irgendwann, irgendwie langweilig werden sollte. Aber das wird es uns garantiert, ganz bestimmt, und auf gar keine Weise je einmal werden, wie Ihr es in dieser Geschichte hier auf wundersame Art erfahren werdet.
Der kleine braune und selbstgestrickte Teddy noch in die Kofferecke quetschen, und beinahe hätten die grauen Filzpantoffeln keinen Platz mehr gefunden, stöhnt Bastian. Jetzt sass er auf dem vollgestopften Koffer, der eine bauchige Wölbung aufwies, so als hätte der zu viel gegessen, und so versuchte Bastian die zwei eisernen Schnappschlösser einzuklinken, was ihm dann nach einigen Anläufen auch endlich gelang.
Samuel hatte schnell gepackt, und sein etwas abgeschürfter Koffer, den er vom Vater seines Vaters vererbt bekam, stand verschlossen und bereitwillig zur Abreise in der Zimmerecke.
Bald schon hörten sie die Haustüre ins Schloss fallen, und gleichzeitig vernahmen sie auch schon die eiligen Schritte von Mutter. Der Kleiderständer klapperte, als Mutter ihre bunte Stoffjacke an den runden Eisenknauf hängte. Schnell rannten die Buben ihr entgegen um sie zu begrüssen, und ihr den Weidenkorb abzunehmen, der diesmal mit besonders feinen Leckereien gehäuft voll war, den sie jeweils mit zu Grossvater mitnahmen. Grossmutter freut sich jeweils ausserordentlich, denn ihre Lieblingsbeschäftigung ist alles was man in der Küche tun kann, und ihre Kochkünste lassen kaum jemandem einen Wunsch offen. Da geht es zu wie bei Königen und Kaisern, und jeder Gast wird auf eine Art und Weise so sehr verwöhnt, dass man jeweils fast keine passenden Worte findet, all die Köstlichkeiten auf gebührende Art zu rühmen. Grossmutter hat dann jeweils ihr berühmtes, süffisantes Schmunzeln in ihrem so überaus liebreizenden Gesicht, und so geniesst sie mit Wonne der ihr entgegengebrachte Dank von Gross und Klein, von Jung wie Alt. Das ist Grossmutter, alle und jeden herrschaftlich bedienen! Alle lieben wir sie, wenn sie dann mit ihrer schneeweissen und säuberlich gestärkten Spitzenschürze herumweibelt, und alles in Bewegung versetzt, um die riesige Küche in ein Schlaraffenland zu verwandeln. Da wird gerüstet, geschnippelt, gebrutzelt, gebraten, gebacken, abgeschmeckt und probiert, bis alles in den Töpfen und auf dem Feuer ist, und im heissen Ofenrohr für Stunden dahinschmort. Grossmutter hat alles im Auge, und wenn sie über alle Töpfe, Kasserollen, Schüsseln und Kellen Wache hält, könnte man fast glauben, sie hätte einen Taktstock in der Hand, und müsse ein Orchester dirigieren! Nichts läuft irgendwo oder irgendwie falsch, nie ist das Feuer zu klein oder zu gross, keine Speisen brennen je an, und alles liegt am richtigen Ort. Messer, Gabeln, Löffel, Brett, Raffeln, Kellen, Deckel, Siebe und vieles mehr, alles liegt parat, um zur richtigen Zeit zum Einsatz zu kommen. Es ist ein wahres Schauspiel, unserer Grossmutter beim Hantieren zuzuschauen. Sie passt hervorragend zu den hochglänzigen, weiss-blauen Kacheln, die die grossflächigen Wände zieren und die Küche sauber halten.
Grossvater hingegen ist die Küche fremd, und sein Zeitvertreib ist ganz anderen Themen gewidmet. Bücher z.B. sind eine seiner grossen Leidenschaften. Bücher über jegliche Wissenschaften, Bücher über verschiedene Völker und derer fremden Kulturen. Moderne Technik und Erfindungen interessieren ihn, wie etwa die damalige Dampfmaschine, oder der interessante von ihm selbst gebastelte Detektor, mit dem silbernen, holprigen Stein, mit dem man Sender suchen konnte, und der Radiosendungen und Musik übertrug. All dies interessiert ihn brennend, so wie Kurioses aus aller Welt. Und da ist noch seine endlose Sammelleidenschaft. Über manches Jahrzehnt hat er zusammengetragen, gesucht, gekauft und gefunden. Auch Samuel und Bastian verweilen sich stundenlang mit Grossvaters Sammelsurium herum, und sie staunen manchmal alle drei von neuem, was die Welt doch alles an Kuriositäten zu bieten hat, und was man zu welchem Zweck gebrauchen kann. Millionen von Menschen wohnen überall auf unserer Erde, und Millionen von verschiedenen Möglichkeiten, Ideen, Lebensarten und Sitten erzeugen Ideen der Menschen und ihrer Interessen. Grossvater sitzt manchmal tagelang in seiner riesigen Bibliothek und brütet über den Büchern. Der Raum ist etwas dunkel und sehr hoch, so dass Grossvater eine feste Leiter an den Büchergestellen montiert hat, mit der er die oberen Bücher herunterholen kann. Der Raum hat vier sehr hohe Fenster mit Nischen und von der Decke hängen tiefdunkelgrüne Samtvorhänge, die manchmal an heissen Sommertagen zugezogen sind, so dass es in der Bibliothek fast zu kühl ist, und einem die Haare an den Armen zu Berge stehen. Wenn wir dann so zusammensitzen und es uns gar garstig fröstelt und wir noch lange nicht genug haben, über all das vorliegende Wissen nachzufragen, dann legt Grossvater eine ganze Menge grosser Holzscheiter in den riesigen Kamin, und macht dann auch Mitten im Sommer ein ausgiebiges Feuer, das uns alle wohlig wärmt und es uns ermöglicht, unsere Neugierde noch über Stunden zu stillen. Immer gibt es Neues zu erfahren, und bei jedem Besuch bei unseren Grosseltern staunen wir und lernen auch vieles zu unserem bisherigen, vorhandenen Wissen dazu.
Jetzt aber ist die Zeit gekommen, um uns auf die Reise zu begeben, die uns für das kommende Wochenende bevorsteht. Bald ist auch schon unsere Mutter reisefertig, bepackt mit Koffer, Esskorb, Mantel, und obendrauf ein pfiffiges Hütchen mit einer dunkelvioletten, seidenen Blume. Wir strahlen alle und ziehen los. Mit zügigen Schritten geht es den Wiesenweg entlang, und es dauert keine halbe Stunde, bis wir mal hüpfend, mal pfeifend an der kleinen, etwas verwitterten und grauen Bahnstation ankommen. Unsere Mutter hatte alle Mühe mitzuhalten, so zog es uns fort, und die Freude auf die bevorstehende Fahrt mit der romantischen Eisenbahn, machte uns zwei Brüder verständlicherweise übermütig. Mutter reichte uns schon mal je einen pausbäckigen Apfel, um uns auf die Bank zum Stillsitzen hinzukriegen. Wir alle lachten, und unser Atem beruhigte sich. Von weiter Ferne hörten wir das schrille Pfeifen des herannahenden Zuges, und wir freuten uns wie die Schneekönige aufs Einsteigen über die hohen Eisengitter, die als Treppe dienen.
Pfeifend und walzend fuhr der mächtige Zug auf seinen Schienen in die Bahnstation ein, und er quietschte eine ganze Weile bis er zum Stehen kam. Der Stationsvorstand, so nennt man den Mann, der dem Zug eben hilft Signal zu geben bis er weiterfahren kann, alle Passagiere eingestiegen sind, und nichts mehr im Wege steht, loszurattern mit einem gegenseitigen, schrillen Pfiff von Seiten des Zuges und dem des Vorstandes. Zufrieden sieht er aus, der Helfer, in seiner schwarzblauen Uniform, mit umgehängter, roter Ledertasche, seinem steifen Hut mit Dächli, und seiner an einer Kordel befestigten Schrillerpfeife. Jetzt geht es ums Einsteigen, und uns, samt umfänglichem Gepäck, ins Innere der Eisenbahn zu befördern.
Es hat nicht viele Passagiere, denn die grossen Sommerferien sind längst vorüber. So können wir uns frei bewegen, und uns ein schönes Abteil aussuchen, wo wir alle beisammensitze können. Zwei rundgebogene, sich gegenüberschauende Holzbänkli laden uns ein Platz zu nehmen, und Mutter verstaut unser Gepäck, so gut es geht, in den Gepäcksnetzen über uns. Der vollgepackte Korb bleibt auf der Bank, so dass ihn Mutter festhalten kann, sollte es einen unerwarteten Ruck geben. Der Vorstand knallt die schwere Türe zu, nun kann es losgehen, und die Fahrt kann beginnen.
Wir sitzen fest im Sattel, ränkeln uns, und schauen uns erst einmal umher. Am Fenster ist ein kleines Metallschild angebracht, auf dem wir lesen können, „Nicht aus dem Fenster lehnen, und keine festen Gegenstände aus dem Fenster werfen“! Komischer Gedanke aus dem Fenster zu lehnen, während jemand aus dem vorbeirasenden Zug wie zum Beispiel eine Flasche rausschmeissen würde. Gott sei Dank ist Mutter da, die uns ja sofort ob einer solch fahrlässigen Handlung ermahnen würde, je so was zu tun.
Die Fahrkarten hat Mutter schon zwei Tage vor dem heutigen Tag am Bahnhofschalter gelöst, und wir halten diese in unseren Händen bereit, wenn der Kondukteur sie knipsen kommt. Es sind kleine, braune Kartonbillette, die der Beamte dann sorgfältig mit einer Metallzange entwertet, indem er ein kleines Loch in die Fahrkarte stanzt, und diese Dir dann wieder in die Hände drückt. Bei der Heimreise dann nimmt er das kleine Kartonbillett an sich, und somit ist die Reise für Dich und ihn zu Ende und vorbei. Alles unter Kontrolle heisst das für das Zugfahren und den Beamten. „Nicht auf den Boden spucken“ heisst es oberhalb der Durchgangstür. Wir schauen zum Fenster raus, und sehen die Landschaft an uns vorbeisausen.
Tudum, tudum, tudum, tudum, teilt uns der Bahnwagen von den Schienen unter sich mit, und wir schaukeln mit ihm im Takt hin und her, tudum, tudum. Fast wären wir mit diesem eintönig und beruhigenden Takt eingenickt, hätte uns die Stimme des vorbeikommenden Kondukteurs nicht die Ankunft unserer Station genannt, an der wir auszusteigen hatten.
„Waldwinkel“ hörten wir ihn rufen, und mit einem Ruck standen wir schon auf beiden Füssen, Mutter samt Korb, und wir mit unseren eigenen Koffern, denn hier müssen wir aussteigen, und den Weg zu den Grosseltern zu Fuss weiter gehen. Wir winken dem abfahrenden Zug nach, bis er mit einem schrillen Pfiff eine weitschweifende Kurve nimmt, und im dunklen Walde entschwindet. Ein etwas wehmütiges Seufzen entweicht uns, so schön war die Fahrt mit dem altehrwürdigen Zug! Nun aber losmarschiert, denn wir haben noch ein ziemlich langes Wegsstück vor uns, und schliesslich können wir es kaum erwarten, bei Grossmutter und Grossvater anzukommen.
Der Weg führt uns über eine weite Wiese. Ab und zu hört man die Raben krähen, und vom Walde her klopft ein Specht, oder hört man einen Uhu rufen. Einige Felder, wo Korn oder gelber Mais heranwuchsen, sind schon abgemäht, auch dies sind Zeichen des nahenden Herbstes, und bald ziehen die ersten grauen
Nebel auf, und lassen die Abende und Nächte kühler werden. Nur noch den grünen, ehrfürchtigen Tannenwald durchqueren, der uns während dem jeweiligen Aufenthalt bei den Grosseltern unerschöpfliche und vielfältige Spielmöglichkeiten hergibt, und bald schon erkennen wir helles Licht und Wiesengrün, und verlassen auch schon den Wald. Vor uns liegen breite Wiesen und Felder, und weit vorne erkennen wir das schon fast majestätische Haus unserer Grosseltern. Weit und breit auf weiter Flur allein ragt es in den Himmel, als wollte es uns zurufen und uns willkommen