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In der Nähe von Arkham werden während einer Flutkatastrophe seltsame Dinge gesichtet, die im Wasser schwimen. Albert N. Wilmarth, der an der Miskatonic University unterrichtet, geht dem nach und stößt auf alte Legenden, in den Bergen würden Ungeheuer hausen, die Menschen entführen und töten. Kurz darauf erhält er einen Brief, der ihn auffordert, alle weiteren Ermittlungen einzustellen ... H. P. Lovecrafts vielleicht gruseligste Erzählung in ungekürzter Neuübersetzung, der es erstmals gelingt, Lovecrafts speziellen Stil und die besondere Atmosphäre seiner Erzählung in deutscher Sprache schillern zu lassen. »H. P. Lovecraft ist der bedeutendste Horror-Autor des 20. Jahrhunderts.« Stephen King Unter dem Titel »The Whisperer in Darkness« erstmals veröffentlicht 1931 in der Zeitschrift »Weird Tales« Erstdruck der Übersetzung in»H. P. Lovecraft – Das Werk« (FISCHER Tor, 2017)
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Seitenzahl: 132
H. P. Lovecraft
Der Flüsterer im Dunkeln
Erzählung
Aus dem Amerikanischen von Alexander Pechmann
FISCHER digiBook
Denken Sie stets daran, dass ich letztlich nichts wirklich Grauenhaftes gesehen habe. Zu behaupten, meine Schlussfolgerungen würden von einem seelischen Trauma herrühren – jenem letzten Schock, der mich aus Akeleys abgelegenem Farmhaus und nachts in einem gestohlenen Wagen über die wilden gewölbten Berge von Vermont jagte –, heißt, die einfachsten Tatsachen meiner abschließenden Erlebnisse zu ignorieren. Obwohl ich tiefen Einblick in das Wissen und die Spekulationen Henry Akeleys hatte, trotz allem, was ich sah und hörte, und trotz des gewiss lebhaften Eindrucks, den es auf mich machte, kann ich nicht einmal jetzt beweisen, ob meine schreckliche Schlussfolgerung richtig war oder nicht. Denn Akeleys Verschwinden beweist im Grunde nichts. In seinem Haus fand man nichts Ungewöhnliches, abgesehen von Einschusslöchern innen und außen. Es war, als wäre er zwanglos zu einem Spaziergang in die Berge aufgebrochen und nicht zurückgekommen. Es gab nicht einmal Anzeichen dafür, dass er Besuch gehabt hatte oder dass sich jene grässlichen Zylinder und Maschinen tatsächlich in seinem Arbeitszimmer befunden hatten. Dass er vor den dichtgedrängten grünen Bergen und dem endlosen Rieseln der Bäche, zwischen denen er geboren wurde und aufwuchs, Todesangst empfand, hat ebenfalls nicht das Geringste zu bedeuten, denn Tausende haben dieselben morbiden Ängste. Man könnte jene Ängste und sein eigenartiges Benehmen auch einfach für exzentrisch halten.
Was mich betrifft, begann alles mit den historischen und beispiellosen Überschwemmungen am 3. November 1927 in Vermont. Damals wie heute lehrte ich Literatur an der Miskatonic University in Arkham, Massachusetts, und begeisterte mich als Amateur für das Studium der Folklore Neuenglands. Kurz nach den Überschwemmungen las man zwischen den verschiedenen Berichten über Not, Leid und organisierte Hilfe, die die Zeitungen füllten, gewisse merkwürdige Geschichten über Dinge, die man in einigen der angeschwollenen Flüsse hatte treiben sehen. Viele meiner Freunde begannen, angeregte Diskussionen darüber zu führen, und baten mich, soweit es mir möglich sei, zur Erhellung der Sachlage beizutragen. Ich fühlte mich geschmeichelt, dass man meine volkskundlichen Studien so ernst nahm, und tat, was ich konnte, die wilden, nebulösen Geschichten herunterzuspielen, die scheinbar so eindeutig altem ländlichen Aberglauben entsprungen waren. Es erheiterte mich, wie etliche gebildete Personen darauf beharrten, dass unter den Gerüchten eine Schicht dunkler, entstellter Fakten liegen könne.
Die Geschichten, auf die man mich aufmerksam machte, erreichten mich meist in Form von Zeitungsausschnitten. Eines der Gerüchte stammte allerdings aus einer mündlichen Quelle und wurde in einem Brief wiederholt, den einer meiner Freunde von seiner Mutter aus Hardwick, Vermont, erhalten hatte. Das Beschriebene war in allen Fällen grundsätzlich dasselbe, obwohl es sich anscheinend auf drei verschiedene Vorkommnisse bezog: einen am Winooski River bei Montpelier, einen weiteren auf dem West River in Windham County hinter Newfane und einen dritten, der am Passumpsic im Caledonia County oberhalb von Lyndonville stattgefunden hatte. Natürlich wurden in den verstreuten Berichten auch andere Fälle genannt, doch nach einer Überprüfung schienen sie sich allesamt nur auf diese drei zu beziehen. In jedem Fall berichteten Landbewohner, einen oder mehrere bizarre und verstörende Gegenstände in den wogenden Fluten gesehen zu haben, die von den menschenleeren Bergen herabströmten, und es gab die weitverbreitete Ansicht, dass diese Sichtungen mit einem primitiven, halbvergessenen, im Flüsterton verbreiteten Sagenkreis in Verbindung standen, an den sich die alten Leute bei dieser Gelegenheit wieder erinnerten.
Das, was die Leute glaubten gesehen zu haben, waren Organismen, deren Form sich von allem unterschied, was ihnen je unter die Augen gekommen war. In jener tragischen Zeit wurden freilich viele menschliche Leichen von den Flüssen angeschwemmt; doch die, die jene seltsamen Organismen beschrieben, waren sich völlig sicher, dass es sich nicht um Menschen handelte, trotz einiger oberflächlicher Ähnlichkeiten wie Größe und allgemeine Gestalt. Die Zeugen meinten, es könne sich auch nicht um irgendeine in Vermont bekannte Tierart handeln. Es waren rosafarbene, rund fünf Fuß lange Dinger mit Krustentierleibern, die über ein Paar Rückenflossen oder membranartige Flügel und verschiedene gegliederte Fortsätze verfügten und anstatt eines Kopfes eine Art gebogenes Ellipsoid mit unzähligen kurzen Fühlern besaßen. Wirklich bemerkenswert war, wie sehr die Berichte aus den verschiedenen Quellen miteinander übereinstimmten, wenngleich mein Erstaunen durch die Tatsache geschmälert wurde, dass die alten Legenden, die einst im ganzen Bergland verbreitet waren, ein krankhaft lebendiges Bild lieferten, das durchaus geeignet war, die Phantasie aller beteiligten Zeugen zu beeinflussen. Ich kam zu dem Schluss, dass solche Zeugen – allesamt naive und einfältige Provinzler – in der wirbelnden Strömung die geschundenen und aufgeblähten Kadaver von Menschen oder Hoftieren gesichtet und der halbverschütteten Folklore gestattet hatten, diese bedauerlichen Objekte mit phantastischen Attributen zu versehen.
Die uralte Folklore war zwar nebulös, schwer zu fassen und von der heutigen Generation größtenteils vergessen, besaß aber einen äußerst eigenartigen Charakter und spiegelte offensichtlich den Einfluss noch älterer Indianermärchen wider. Das war mir, obwohl ich Vermont noch nie besucht hatte, aus der extrem seltenen Monographie von Eli Davenport wohlbekannt, die mündlich überliefertes Material enthält, das vor 1839 unter den ältesten Einwohnern des Staates gesammelt wurde. Zudem stimmte dieses Material genau mit Geschichten überein, die ich persönlich von älteren Landbewohnern in den Bergen New Hampshires gehört hatte. Kurz zusammengefasst, sprachen sie andeutungsweise von einem verborgenen Volk monströser Wesen, das irgendwo zwischen den entlegeneren Bergen lauerte – in den tiefen Wäldern der höchsten Berggipfel und den dunklen Tälern, wo Flüsse unbekannten Quellen entspringen. Diese Wesen wurden nur selten gesichtet, doch Berichte von jenen, die sich weiter als gewöhnlich die Hänge gewisser Berge emporgewagt hatten oder in gewisse tiefe, steilwandige Schluchten vorgedrungen waren, vor denen sogar die Wölfe zurückscheuten, bezeugten ihre Existenz.
Man fand seltsame Fuß- oder Klauenabdrücke im Schlamm von Bachufern und kahlen Flächen und merkwürdige Steinkreise, um die herum das Gras verkümmert war und die wohl weder natürlichen Ursprungs noch gänzlich von der Natur geformt waren. Auch gab es in den Berghängen bestimmte schwer zugängliche Höhlen, deren Öffnungen mit Felsblöcken auf eine Weise verschlossen waren, die kaum zufällig zustande gekommen sein konnte, und zu denen ein überdurchschnittlicher Anteil der seltsamen Spuren hin- und von ihnen fortführte – falls man die Richtung jener Abdrücke denn richtig einschätzen konnte. Und am schlimmsten von alldem waren die Dinge, die unternehmungslustige Leute bei einigen seltenen Gelegenheiten im Zwielicht der abgelegensten Täler und der dichten, auf steilem Grund wachsenden Wälder jenseits der Grenzen normaler Bergpfade gesehen hatten.
Das alles wäre weniger beunruhigend gewesen, hätten die verstreuten Berichte über diese Vorkommnisse nicht so gut zusammengepasst. Fast alle Gerüchte wiesen bestimmte Gemeinsamkeiten auf: So hieß es, dass die Kreaturen riesigen, hellroten Krebsen mit zahlreichen Beinpaaren und zwei großen fledermausartigen Flügeln mitten auf dem Rücken ähnelten. Manchmal gingen sie auf all ihren Beinen und manchmal nur auf dem hintersten Paar, während sie die anderen Glieder benutzten, um große Gegenstände unbestimmter Natur fortzutragen. Bei einer Gelegenheit wurde eine beträchtliche Anzahl dieser Wesen beobachtet, wie sie in Dreierreihen in einer offensichtlich disziplinierten Formation einen seichten, durch Waldland führenden Fluss entlangwateten. Einmal wurde ein Exemplar im Flug gesichtet – es erhob sich vom Gipfel eines kahlen, einsamen Hügels in die Lüfte und verschwand am Himmel, nachdem seine großen flatternden Flügel sich einen Augenblick lang vor dem Vollmond abgezeichnet hatten.
Diese Dinger schienen sich im Allgemeinen damit zufriedenzugeben, die Menschen in Ruhe zu lassen; obgleich man sie zuweilen für das Verschwinden allzu wagemutiger Individuen verantwortlich machte – insbesondere von Leuten, die ihre Häuser zu nahe an gewissen Tälern oder zu hoch auf gewissen Berghängen errichtet hatten. Viele Gegenden wurden dafür bekannt, dass man sich dort besser nicht niederließ, wobei dieser Ruf erhalten blieb, lange nachdem man vergessen hatte, warum. Die Leute blickten schaudernd zu einem der umliegenden Bergkämme auf, auch wenn sie sich nicht mehr daran erinnerten, wie viele Ansiedler vermisst wurden und wie viele Bauernhöfe auf den unteren Hängen jener grimmigen grünen Wächter zu Asche verbrannt waren.
Doch während die frühesten Legenden davon berichteten, dass die Geschöpfe anscheinend nur jenen Leid zufügten, die ihre Abgeschiedenheit störten, war später von ihrer Neugier hinsichtlich der Menschen und von ihren Bemühungen die Rede, geheime Außenposten in der Menschenwelt zu errichten. Man erzählte von den merkwürdigen Klauenabdrücken, die man morgens vor den Fenstern von Farmhäusern gefunden hatte, und dass gelegentlich auch jemand außerhalb der eindeutig verrufenen Gebiete verschwunden war. Dazu kamen Geschichten von summenden Stimmen, die Menschenstimmen nachahmten und einsamen Wanderern auf Straßen und Fuhrwegen in den tiefen Wäldern überraschende Angebote unterbreiteten, und von Kindern, die von Dingen, die sie gesehen oder gehört hatten, wo die urzeitlichen Wälder nahe an ihre Türschwellen heranrückten, zu Tode erschreckt wurden. In der letzten Schicht der Legenden – der Schicht kurz vor dem Rückgang des Aberglaubens und der Aufgabe des engen Kontakts mit den gefürchteten Orten – findet man bestürzende Hinweise auf Einsiedler und abgelegen wohnende Farmer, deren Verstand sich zu irgendeinem Zeitpunkt ihres Lebens anscheinend auf abstoßende Weise verändert hatte. Man mied diese Leute und munkelte, sie hätten sich mit Leib und Seele an die seltsamen Wesen verkauft. In einem der nordöstlichen Bezirke schien es um 1800 üblich gewesen zu sein, verschrobenen und unbeliebten Außenseitern vorzuwerfen, sie seien Verbündete oder Stellvertreter der verabscheuten Dinger.
Auf die Frage, was die Dinger waren, wurden freilich unterschiedliche Antworten gegeben. Man nannte sie für gewöhnlich »die Anderen« oder »die Alten«, obwohl lokal und vorübergehend auch andere Bezeichnungen verbreitet waren. Die meisten der puritanischen Siedler hielten sie schlicht und einfach für Vertraute des Teufels und machten sie zum Ausgangspunkt frommer theologischer Spekulationen. Jene, bei denen noch das Erbe des keltischen Sagenschatzes lebendig war – hauptsächlich die schottisch-irischen Siedler in New Hampshire und ihre Angehörigen, die sich aufgrund der kolonialen Landschenkungen von Gouverneur Wentworth in Vermont niedergelassen hatten –, brachten sie andeutungsweise mit bösartigen Elfen und dem »kleinen Volk« der Sümpfe und Steinkreise in Verbindung und schützten sich mit fragmentarischen Zaubersprüchen, die über viele Generationen weitergegeben wurden. Doch die Indianer hatten die phantastischsten Theorien von allen. Zwar gab es Unterschiede zwischen den Legenden der verschiedenen Stämme, aber auch eine deutliche Übereinstimmung im Glauben an bestimmte wichtige Details: Man war einhellig der Meinung, dass die Geschöpfe nicht von dieser Erde stammten.
Die Mythen der Pennacooks, welche die logischsten und zugleich phantasievollsten waren, lehrten, dass die Geflügelten vom Großen Bären am Himmel kämen und Minen in unseren Erdenhügeln besäßen, wo sie nach einer Gesteinsart gruben, die auf keiner anderen Welt zu finden sei. Laut jener Mythen lebten sie nicht hier, sondern unterhielten nur Außenposten und flögen mit riesigen Mengen Gestein heim zu ihren eigenen Sternen im Norden. Sie fügten nur jenen Erdenmenschen Leid zu, die ihnen zu nahe kämen oder sie ausspähten. Tiere mieden die Geflügelten aus instinktiver Abneigung, nicht weil sie von ihnen gejagt würden. Sie könnten die Früchte und Tiere der Erde nicht essen, sondern brächten ihre eigene Nahrung von den Sternen. Es sei verhängnisvoll, ihnen nahe zu kommen, und manchmal kehrten junge Jäger von einem Ausflug in die Berge nicht zurück. Es sei auch nicht gut, dem zu lauschen, was sie nachts in den Wäldern mit bienenartigen Stimmen flüsterten, die versuchten Menschenstimmen zu imitieren. Sie kannten wohl die Sprachen aller Menschenvölker – Pennacooks, Huronen, Angehörige der Fünf Nationen –, schienen aber keine eigene Sprache zu benötigen. Sie kommunizierten mit ihren Köpfen, die auf verschiedene Weise die Farbe änderten, um Verschiedenes zum Ausdruck zu bringen.
Natürlich versiegte der ganze Sagenschatz sowohl der Weißen als auch der Indianer im Laufe des 19. Jahrhunderts, von einem gelegentlichen atavistischen Aufflackern abgesehen. Das Leben der Vermonter verlief nun in geregelten Bahnen; und nachdem sich ihre Gewohnheiten und Ansiedlungen erst einmal an gewissen festgelegten Grenzen orientiert hatten, erinnerten sie sich immer weniger daran, auf welchen Ängsten und Tabus jene Grenzen basierten, und vergaßen sogar, dass es überhaupt Ängste oder Tabus gegeben hatte. Die meisten Leute wussten lediglich, dass gewisse Bergregionen als höchst ungesund, unrentabel und unglückbringend galten und dass man sich unter normalen Umständen lieber so weit wie möglich von ihnen fernhielt. Bald hatten sich die Furchen der Gewohnheit und der wirtschaftlichen Interessen an den bewährten Orten so tief eingegraben, dass es keinen Grund mehr gab, sie zu verlassen, und die verrufenen Berge blieben eher zufällig denn absichtlich menschenleer zurück. Mit Ausnahme von seltenen lokalen Schreckensmeldungen flüsterten nur Großmütter, die das Wundersame lieben, und Neunzigjährige, die in Erinnerungen schwelgen, von Wesen, die in jenen Bergen hausten; und selbst solche Flüsterer räumten ein, dass man von diesen Wesen nicht viel zu befürchten habe, nun da sie an die Gegenwart von Häusern und Siedlungen gewöhnt seien und die Menschen ihr bevorzugtes Territorium strikt mieden.
All dies war mir aus meiner Lektüre und aus gewissen Volksmärchen bekannt, die ich in New Hampshire gesammelt hatte. Daher konnte ich, als nach den Überschwemmungen die Gerüchte zu kursieren begannen, leicht einschätzen, welcher Quelle der Phantasie sie entsprungen waren. Ich tat mein Bestes, dies meinen Freunden zu erklären, und war entsprechend erheitert, als etliche Streithähne weiterhin darauf beharrten, dass die Berichte möglicherweise einen wahren Kern hätten. Sie wiesen darauf hin, dass die frühen Legenden bemerkenswert hartnäckig und übereinstimmend waren und dass die noch weitgehend unerforschte Natur der Berge von Vermont es unklug erscheinen lasse, dogmatische Behauptungen darüber aufzustellen, was dort hause und was nicht. Sie ließen sich auch nicht durch meine Versicherung zum Schweigen bringen, dass all die Mythen einem wohlbekannten Muster entsprächen, das sich bei den meisten Menschen finde und von frühen Entwicklungsphasen der Phantasie bestimmt werde, die stets dieselben Trugbilder hervorbrachten.
Es war zwecklos, solchen Gegenrednern zu verdeutlichen, dass die Vermont-Mythen sich im Wesentlichen kaum von jenen universellen Legenden über Verkörperungen der Natur unterschieden, welche die Antike mit Faunen und Dryaden und Satyren füllten, die kallikanzari im modernen Griechenland inspirierten und dem wilden Wales und Irland ihre dunklen Hinweise auf seltsame, kleinwüchsige und schrecklich verborgene Rassen von Troglodyten und Höhlenbewohnern eingaben. Ebenso sinnlos war es, auf den erstaunlicherweise sogar noch ähnlicheren Glauben der nepalesischen Bergvölker an den gefürchteten Mi-Go oder »Abscheulichen Schneemenschen« hinzuweisen, der bösartig zwischen den Eis- und Felszinnen der Gipfel des Himalaya lauert. Als ich diesen Beweis anführte, verwendeten meine Kontrahenten ihn gegen mich, indem sie behaupteten, dies müsse bedeuten, dass die alten Geschichten tatsächlich eine historische Wahrheit vermittelten; dass dies für die reale Existenz einer eigenartigen älteren Erdenrasse sprechen müsse, die durchaus in begrenzter Zahl bis in relativ jüngste Zeit – oder sogar bis heute – überlebt haben könnte.
Je lauter ich über derlei Theorien lachte, desto beharrlicher wurden sie von diesen dickköpfigen Freunden verteidigt, die hinzufügten, dass sogar ohne die überlieferten Legenden die jüngsten Berichte zu klar, logisch, detailliert, vernünftig und nüchtern seien, um vollständig ignoriert zu werden. Zwei oder drei fanatische Extremisten gingen so weit, auf mögliche Bedeutungen der alten Indianermärchen hinzuweisen, die den verborgenen Wesen einen außerirdischen Ursprung nachsagten, indem sie die außergewöhnlichen Bücher von Charles Fort zitierten, der behauptete, Reisende von anderen Planeten und aus dem Weltraum hätten schon oft die Erde besucht. Die meisten meiner Widersacher waren jedoch lediglich Romantiker, die unbedingt versuchen wollten, die phantastische Mär vom lauernden »kleinen Volk«, die ihre Popularität den herrlichen Horrorgeschichten von Arthur Machen verdankt, in die Wirklichkeit zu übertragen.
Unter diesen Umständen war es nur natürlich, dass die pikante Debatte einen Weg in die Zeitungen fand, wo sie in Form von Briefen an den Arkham Advertiser weitergeführt wurde. Einige dieser Leserbriefe wurden von der Presse jener Gegenden in Vermont nachgedruckt, aus denen die Berichte über die Sichtungen während der Überschwemmungen stammten. Der Rutland Herald druckte eine halbe Seite mit Auszügen aus Briefen beider Lager, während der Brattleboro Reformer eine meiner langen historischen und mythologischen Abhandlungen ungekürzt übernahm und in der geistreichen Kolumne »The Pendrifter’s« eine Reihe von Kommentaren erschien, die meine skeptischen Schlussfolgerungen unterstützten und begrüßten. Im Frühling 1928 hatte ich es in Vermont schon fast zu einer gewissen Berühmtheit gebracht, obwohl ich diesen Bundesstaat tatsächlich noch nie besucht hatte. Dann erschienen die herausfordernden Briefe Henry Akeleys, die mich so tief beeindruckten und zum ersten und letzten Mal in jenes faszinierende Land der dichtbewaldeten Schluchten und murmelnden Waldbäche führten.