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Eine ironische Parabel über den Terror der Kulturindustrie und die Macht des Spektakels.
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Seitenzahl: 20
Veröffentlichungsjahr: 2012
Axel Klingenberg
Der gute Dichter von Ost-Berlin
Parabelstück
in Anlehnung an
„Der gute Mensch von Sezuan“
von Bertolt Brecht
SuKuLTuR
2012
Personen: Peng, ein Nachwuchsautor
Die drei Brechts
Meier, ein Fanzinemacher und Feuilletonschreiber
mehrere Passanten und Passantinnen
Schauplatz: Berlin
EINESTRASSE IN DERHAUPTSTADT VONDEUTSCHLAND
Es ist Abend. Peng, der Nachwuchsautor, stellt sich dem Publikum vor.
PENG: Ich bin Wortarbeiter hier in der Hauptstadt von Deutschland. Mein Geschäft ist mühselig. In unserer Metropole herrscht geistige Armut. Es heißt allgemein, daß uns nur noch Bertolt Brecht helfen kann. Zu meiner unaussprechlichen Freude erfahre ich von einem Literatureinkäufer, der viel herumkommt, daß er schon unterwegs ist und auch hier in Berlin erwartet werden darf. Die Dichterfürsten sollen sehr beunruhigt sein wegen der vielen Klagen, die zu ihnen aufsteigen. Seit drei Tagen warte ich hier am Eingang der Stadt, besonders gegen Abend, damit ich ihn als ersten begrüßen kann. Später hätte ich ja dazu wohl kaum mehr Gelegenheit, er wird von Hochgestellten umgeben sein und überhaupt stark überlaufen werden. Wenn ich ihn nur erkenne! Der dort kann es nicht sein, der kommt von der Arbeit. Er betrachtet vorübergehende Arbeiter. Ihre Schultern sind ganz niedergedrückt vom Lastentragen. Der dort ist auch ganz unmöglich Bertolt Brecht, er hat Schwielen an den Händen. Das ist höchstens ein Büroangestellter in einer Zementfabrik. Nicht einmal diese Herren dort – zwei Herren gehen vorüber – kommen mir wie Dichter vor, sie haben einen brutalen Ausdruck wie Leute, die viel prügeln, und das haben Dichter nicht nötig. Aber dort, diese drei! Mit denen sieht es schon ganz anders aus. Sie sind wohlgenährt, weisen kein Zeichen irgendeiner Beschäftigung auf und haben Staub auf den Schuhen, kommen also von weit her. Das sind sie! Verfügt über mich, Erleuchtete! Er wirft sich zu Boden.
DER ERSTE BRECHTerfreut: Werden wir hier erwartet?
PENG Seit langem. Aber nur ich wußte, daß ihr kommt. PENGdrückt ihnen kopierte Heftchen in die Hand: Hab ich geschrieben – Gedichte! Sie nehmen sie leicht irritiert entgegen.
DER ERSTE BRECHT: Da benötigen wir also für heute Nacht ein Quartier. Weißt du eines?
PENG: Eines? Unzählige! Die Stadt steht zu euren Diensten, o Erleuchtete! Wo wünscht ihr zu wohnen?
Die Brechts sehen einander vielsagend an.
DER ERSTE BRECHT: Nimm das nächste Haus, mein Sohn! Versuch es zunächst mit dem allernächsten!
PENG: Ich habe nur etwas Sorge, daß ich mir die Feindschaft der mächtigen Verlage zuziehe, wenn ich einen von ihnen besonders bevorzuge.
DER ERSTE B