Der Junge der das Schreiben lernte - Uwe Daniel - E-Book

Der Junge der das Schreiben lernte E-Book

Uwe Daniel

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Beschreibung

Der Junge, der das Schreiben lernte Kurzgeschichten und Erzählungen unter dem Regenbogen Eine Sammlung von teils biografischen Geschichten, die oft von einer Situationskomik leben. Mal sind die Geschichten nachdenklich und dann wieder heiter. Dass die Protagonisten schwul oder lesbisch sind, steht in meinen Geschichten nicht im Vordergrund, dies erfährt der Leser lediglich zwischen den Zeilen. Ziel ist es, dem Leser Freiraum für eigene Gedanken zu geben.

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Inhaltsverzeichnis

Fünfzig plus - na und!

Ohne Brille

Elenis Taufe

Ich bin eine ältere Frau und technisch unbedarft

Madawan

Das richtige Outfit

Schweiß

Ganz nah dran

Indianer on tour

Afrikanischer Gottesdienst

Kennen wir uns nicht?

Babsi auf der Bullerei

Omas Olymp

Coffeeshop

Bewusstlos

Café – Date

Ich bin´s, Bassam

Der Transport - Untermieter auf vier Pfoten

Babys - Untermieter auf vier Pfoten

Fünfzig plus – na und!

In meinem Freundes- und Bekanntenkreis gab es schon die eine oder andere mittelschwere bis starke Krise in Bezug auf`s Alter. Besonders gern zu Anlässen wie runden Geburtstagen machte sich eine Depression breit. Oft bei Frauen, seltsamerweise waren Männer nicht so häufig betroffen, aber wenn, dann heftig. Die Psyche geriet bei einigen so stark aus dem Gleichgewicht, dass es lange Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder im schlimmsten Fall eine Erwerbsminderung zur Folge hatte.

Bisher wurde ich von diesem Schicksal verschont und ich konnte die Krisen zum vierzigsten oder fünfzigsten Geburtstag nie wirklich verstehen. Mir ging es gut, fühlte mich meistens wohl in meinem Körper, war zufrieden mit meinem Äußeren und auch mit meinem Leben im Allgemeinen. Also im Einklang mit Körper und Geist. Doch jetzt hat es mich doch erwischt, ein wenig zumindest. Nicht, dass ich eine Alters- oder Sinnkrise hätte, aber jetzt mit einundfünfzig Jahren stelle ich mir doch die Frage, ob ich mit mir und meinem Leben zufrieden sein kann? Andere feiern in diesem Alter die Silberne Hochzeit, haben nicht nur Kinder großgezogen, nein, da bereichern zum Teil schon Enkelkinder den Alltag. Ich habe es bisher zu zwei Patenkindern und on Top einer Nichte gebracht. Eigenen Nachwuchs vermisse ich bisher in meinem Leben nicht wirklich. Ob sich dieses Gefühl in späteren Jahren noch verändert, bleibt abzuwarten. Und soll mir jetzt keiner mit dem Generationenvertrag kommen, dass Kinder meine Rente bezahlen müssten! Das ist zwar irgendwie richtig, aber als Ausgleich zahle ich schon mein Arbeitsleben lang die höchsten Steuern in der Steuerklasse eins und den höheren Beitrag in der gesetzlichen Pflegeversicherung. Damit muss auch mal gut sein, denn Kinderlosigkeit habe ich mir nicht ausgesucht, der Herrgott hat es für mich eben nicht vorgesehen.

Nun, wenn ich richtig rechne, müsste ich dieses Jahr doch auch Silberne Hochzeit haben. Juchhu! Fragt sich nur, mit wem? Mit dem ersten Mann waren es fünfzehn Jahre, gleich danach der nächste Mann für fünf Jahre. Alle guten Dinge sind bekanntlich drei - und mit dem dritten sind es nun auch schon fünf Jahre. Macht summa summarum fünfundzwanzig Jahre Beziehung, fast alles am Stück, nur eben nicht mit einem einzigen Mann an meiner Seite. Gut, die Feier kann ich knicken, kostet doch eh nur eine Stange Geld. Ich sage mir, sehe es positiv: Du hast eine Menge Geld gespart. Oder besser noch, alles schon ausgeben für schöne Reisen, dies und das.

Wenn ich mich aber jetzt im Spiegel betrachte, muss ich mich ernsthaft fragen, ob ich nicht fürs Alter hätte sparen müssen? Vorsorge! Also nicht fürs Eigenheim oder eine gute Rente. Nein, mit einem dicken Finanzpolster könnte man schon mal die eine oder andere Baustelle am eigenen Body sanieren. Klar, mein Marktwert scheint noch gut und meist werde ich ein paar Jahre jünger geschätzt, was mir auch sehr schmeichelt. Aber die Schlupflieder und das Doppelkinn sind schon unübersehbar. Ich sehe es nicht nur, ich kann es auch anfassen, das Doppelkinn! Ob sich so ein Doppelkinn für andere genauso anfühlt? Ich glaube, ich will das gar nicht wissen. Was macht man nicht schon alles, um fit zu bleiben? Jede Woche ab in den Rückenkurs, der ja seit gut zehn Jahren aus meinem Leben nicht wegzudenken ist und zum wöchentlichen Pflichtprogramm beim Sport gehört. Jeden Mittwochabend hallt die Anweisung unserer Kursleiterin Tina durch den Trainingsraum: „Wir stellen uns hüftbreit, Beine leicht gebeugt, Hände seitlich vom Oberschenkel und die Daumen nach vorn, Schultern breit nach hinten außen und wir nehmen eine gerade Position ein. So als läuft eine Schnur durch unseren Körper bis zum Scheitelmittelpunkt und zieht uns nach oben. Alles anspannen, den Schließmuskel nach innen saugen, Beckenboden anspannen und sich vorstellen, mit dem Damm eine Wallnuss zu halten und dabei machen wir ein Doppelkinn!“ Da ist es wieder. Doppelkinn! Mache ich mir nicht schon genug Gedanken, wie ich es loswerden könnte? Hier soll ich es nicht nur haben, es wird verlangt! Gut, es wird gefordert, also nehme ich den Kopf etwas nach vorn und spüre es. Es ist da, das doppelte Kinn. Ganz deutlich, weiche, wabbelige Hautmasse. In Gedanken stelle ich mir vor: Das ist also in etwa die Menge an überschüssigem Gewebe, die dem Chirurgen mit einem scharfen Skalpell zur Verfügung stehen müsste. Aus den Augenwinkeln betrachte ich die anderen um mich herum und stelle fest: Die haben teilweise noch nicht mal den Ansatz eines Doppelkinns! Dabei wird es hier gefordert. Tröstlich für mich, aber die Tatsache, dass meine Leidensgenossen und -genossinnen andere Problemzonen haben, und dass zum Teil sehr deutlich. Einige Teilnehmer sind mopsig, bei einigen hat sich schon der „Truthahn“ gebildet, das ist der an Spannkraft schwächelnde Trizeps, von einigen auch Winkearm genannt. Tina ist im Rhythmus und wenn ich sie so betrachte, hat sie es in einem Zeitraum von einem Jahr gut geschafft, ihre Babypfunde schrumpfen zu lassen. Sie ist noch knapp in den Dreißigern, sieht fit und stramm aus, alle Rundungen an ihrem Platz und in ihrer grauen Lieblingsschlabberjogginghose versteckt. Mit ihrem schulterlangen, brünetten, zum Pferdeschwanz zusammengebundenen Haar und der schwarzen Brille über den blassen Sommersprossen, gibt sie den Takt vor.

Dann neues Kommando: „Alle auf die Matte, in Rückenlage und bitte rückengerecht runter! Wir sind ja schließlich in einem Rückenkurs! Beine angewinkelt aufstellen oder in die Luft, je nachdem wie fortgeschritten man ist!“ Dann erneut in Feldwebelmanier die Anweisung, nur dass jetzt die Arme neben dem Körper liegen sollen. Mit angespanntem Beckenboden, eingesaugtem Gesäßknochen und die Nuss haltend, entfährt Tina eine völlig neue Anweisung. Zitat: „Ihr müsst so anspannen, als wolltet ihr mit den Schamlippen klatschen!“ Brüllendes Gelächter im Raum. Die Spannung im Bauch ist kaum zu halten, sodass es aus mir herausplatzt: „Und die Männer?“ Alle brüllen noch mehr vor Lachen und unsere Trainerin versucht zu erklären, dass sie selber glaubte, im letzten Fortbildungsseminar nicht richtig zugehört zu haben. Und diese Anweisung stammte dort von einer Seminarleiterin im Seniorenalter! Hoppla, denke ich, dann bist du hier nicht verkehrt. Zumindest wirst du einigermaßen fit im Alter sein und die Spannkraft im unteren Körperbereich wird dich mit etwas Glück vor Inkontinenz bewahren.

Nun aber zurück zur Bestandsaufnahme. Hat sich auch meine Sichtweise geändert? Rücken nicht langsam andere Prioritäten in den Vordergrund als Vorsorge, Eigenheim und Familie? Schön, Vorsorge habe ich für mich getroffen, nicht übermäßig, aber so, dass ich hoffe, meinen Lebensabend nicht in Armut verbringen zu müssen. Eigenheim ist Geschichte, hatte ich mit dem ersten meiner drei Männer. Wäre eine gute Kapitalanlage gewesen, also die Wohnung, nicht der Mann. Als sich unsere Wege trennten, verzichtete ich auf meinen Teil der Wohnung. Damals gestand ich mir zum ersten Mal ein, dass es doch keine Bindung für die Ewigkeit war und musste von meiner Lebensphilosophie abrücken. Nichts ist wohl für immer! Wir hatten es nicht geschafft, unsere Liebe zu erhalten. Ob ich damals einen Schritt rückwärts gemacht habe? Eigentlich nicht, mein Weg lief nur anderes als der meines Partners. Eine kleinere Wohnung zur Miete. Relativ schnell ein neuer Partner, bei dem ich Liebe, Geborgenheit, Glück, Zufriedenheit und Zuversicht empfunden hatte. Der unerkannte Talente in mir schlummern sah und an dem ich gewachsen bin.

Heute ist es mir wichtig, gut zu leben und einigermaßen gesund zu sein. Aber immer öfter stelle ich mir die Frage, wie mein Leben in fünfzehn Jahren aussehen wird? Einsam? Kaum Angehörige, die sich für mich interessieren werden? Meine Nichte, eine hübsche, schlanke und junge Frau ist mehr damit beschäftigt, ihren eigenen Weg zu finden. Obwohl wir früher eine innige Bindung hatten, haben wir uns im Laufe ihrer Pubertät und ihres Erwachsenwerdens leider etwas aus den Augen verloren. Wir werden sehen, ob es wieder etwas enger wird, wenn sie ihren Platz im Leben gefunden haben wird.

Meine Gedanken kreisen seit einiger Zeit darum, wie ich Vorsorge in Form von Vollmachten und Patientenverfügung treffen werde. Bewusst wurde mir meine Situation bei einem kurzen, geplanten Krankenhausaufenthalt. Bei der Aufnahme fragte mich die nett lächelnde, etwas beleibte Krankenschwester: „Wen darf ich denn als Ansprechpartner für den Notfall eintragen?“ Da fielen mir die Mundwinkel runter und ich zuckte meine Schultern. „Sorry, da gibt es keinen für den Notfall!“ So deutlich war es mir bis dahin gar nicht bewusst geworden. Die ersten zwei Tage meines Krankenhausaufenthaltes war ich nun verstimmt und nachdenklich. Ich kam zu dem Schluss, dass ich nach meiner Entlassung mit meinem Freund und meiner besten Freundin sprechen muss, um diese Situation nicht noch einmal erleben zu müssen. Da ich zum Durchchecken auf der Neurologie gelandet war, wurden viele neurologische Tests gemacht, welche ich aber dank der Fitness hervorragend meistern konnte. Die medizinischen Untersuchungen waren nicht alle so angenehm. Als ich zum psychologischen Gedächtnistest geladen wurde, dachte ich mir erst mal nichts Schlimmes. Frau Doktor, im schneeweißen Kittel, erklärte mir den Ablauf der Tests. Anschließend würde sie noch die Ergebnisse mit mir besprechen und übergab mich in die Obhut einer Mitarbeiterin. Ein ganz junges Ding, wohl eine Ärztin im Praktikum, schätze ich. Sie sprach eine Wortkette vor, ich sollte mich darauf konzentrieren und die Worte nach einer bestimmten Zeit wiederholen. Die Reihenfolge war dabei unwichtig. Nach Ablauf der Zeit war ich schockiert. So wenige Worte, die ich behalten hatte und es wurde im Laufe der Testwiederholung auch nicht sonderlich besser. Es folgten noch ein paar andere Tests. Danach musste ich mit Selbstzweifeln belastet, Angst vor Altersdemenz und drohender Entmündigung (mit gerade mal fünfzig!) im Wartebereich auf Frau Dr. wartend ausharren. Sie bat mich wieder ins Ärztezimmer und fragte, wie es war. Ich erzählte, dass ich über den Verlauf erschüttert sei und nicht damit gerechnet hätte, ein so schlechtes Gedächtnis zu haben. Beängstigend! Sie erklärte mir dann, dass es im Gesamtergebnis aber eigentlich noch im grünen Bereich läge, Alters entsprechend eben. Sie erläuterte, die Höchstleistung des Gehirns habe der Mensch ungefähr im fünfundzwanzigsten Lebensjahr. Frau Dr.: „Und wie alt sind Sie?“ Ich: „Einundfünfzig, Frau Doktor.“ Sie: „Sehen Sie, mehr als das Doppelte! Machen Sie sich nicht zu große Sorgen wegen des Ergebnisses.“

Zurück auf der Station erfuhr ich vom russischstämmigen Stationsarzt mit entsprechendem Akzent, dass auch alle anderen Untersuchungen noch keine Anzeichen für eine beginnende Demenz zeigen. Gefunden wurde zum Glück nichts Dramatisches. So war ich jetzt aber ordentlich durchgecheckt. Man könnte auch sagen: Mit einundfünfzig die erforderliche Hauptuntersuchung! TÜV bestanden. Glückwunsch! Man darf wohl vergessen, wie schön...

Ohne Brille

Da wir es in unserer Beziehung bisher nicht zu einer gemeinsamen Wohnung geschafft haben, ist es eine lieb gewonnene Gewohnheit, allabendlich spätestens vor dem Zubettgehen, miteinander zu telefonieren. Die Dauer eines Telefonates kann durchaus stark variieren und ist abhängig davon, ob man viel oder wenig mitzuteilen hat.

Heute bin ich nach dem Sport im Fitnessstudio etwas ermattet, verfolge schon aus der Waagerechten im Bett die Tagesthemen, die sich dem Ende neigen. Gewöhnlich interessiert Kostas auch das Tagesgeschehen, es sei denn, es läuft donnerstags seine Lieblingsshow Germany’s Next Top(f)model. Ich frage mich, warum ein Format wie GNTM so erfolgreich sein kann? Keine der Kandidatinnen läuft auf dem Catwalk besser als Hola Chicas, Jorge Gonzalez in turbo High Heels.

Ich überlege – heute ist nicht Donnerstag - also greife ich fix zum Hörer und wähle Kostas Nummer über Kurzwahl. Die Telefone sind mittlerweile äußerst praktisch und einfach zu handhaben. Das geht sogar zuverlässig ohne Hilfe einer Brille. Leider hat sich bei mir in den letzten Jahren die so genannte Alterssichtigkeit eingestellt und die Brille liegt meist griffbereit in der Nähe. Freizeichen. Ich lasse es lange läuten, aber es bleibt stumm in der Leitung. Normalerweise ist Kostas immer schnell in seiner kleinen, gut strukturierten Wohnung am Telefon. Es sei denn, er steckt gerade im Bad. Dann ruft er in der Regel recht zeitnah zurück.

Da er mir für heute nicht angekündigt hat, jemanden besuchen zu wollen, warte ich ein Weilchen und versuche ihn erneut zu erreichen. Wieder vergeblich. Mir flattern vor Müdigkeit schon die Augenlieder und so greife ich zum Handy um ihm eine SMS zu schreiben. Da wir uns täglich mehrfach texten, wähle ich den obersten Kontakt in meiner Kontaktliste. Auf Förmlichkeiten verzichte ich bewusst. Kurz und knapp, wissend, ihn mit meiner Formulierung zu ärgern, tippe ich ins Display: „Ich erreiche dich nicht auf dem Festnetz. Bist du ficken?“ Und drücke auf SENDEN.

Halleluja, ich halte inne und ahne Schlimmes. Erst jetzt greife ich nach meiner Brille und sehe es nun deutlich vor meinen Augen. Kostas war nicht der letzte Kontakt in meiner Liste. Schamesröte steigt mir ins Gesicht und eine Hitzewallung durchzieht meinen Körper. Die Nachricht ging also nicht an Kostas, sondern an meine Nachbarin Frau Adam, zwei Etagen unter mir. Ich hatte vergessen, dass ich heute Nachmittag bezüglich des Katzensittings während meines bevorstehenden Urlaubs mit ihr schrieb. Ich versuche, klar zu denken. Wie komme ich aus der Nummer wieder raus? Wohl gar nicht und ich kann Frau Adam nie mehr in die Augen schauen, sinniere ich für mich. Auf Grund der Tatsache, dass Frau Adam regelmäßig das Kirchenblättchen der örtlichen Gemeinde erhält, schätze ich sie als konservativ, etwas altbacken ein. Ich kann es nicht ungeschehen machen, also schreibe ich schnell eine zweite Nachricht hinterher: „Entschuldigung Frau Adam, die Nachricht war nicht für Sie bestimmt. Ich hatte meine Brille nicht auf und habe mich im Kontakt vertan. Gruß, Herr Daniel“.

Die Adrenalinausschüttung hat meine Müdigkeit wie weggeblasen, ich bin nun hellwach und sitze aufrecht im Bett. Wenige Minuten später das gewohnte Signal einer eingehenden SMS. Frau Adam antwortet: „Hallo Herr Daniel, kein Problem. Alles in Ordnung und viel Spaß bei Sex. Gute Nacht und schlafen Sie gut“.

Während ich noch erleichtert und nicht weniger überrascht über diese lockere Antwort meiner Nachbarin mit dem Handy in der Hand da sitze, klingelt das Festnetztelefon. Kostas ist dran. Aufgeregt erzähle ich ihm die Geschehnisse. Er ist bester Laune und lacht sich schlapp. Sagt: „Das hast du nun davon, statt sofort die Brille aufzusetzen“, und berichtet, dass er spontan mit einer Freundin etwas trinken gewesen sei.

Elenis Taufe

Schon Wochen vor unserer Reise war ich freudig gespannt, wie eine Griechisch-Orthodoxe Taufe ablaufen würde. Die Zeremonie einer katholischen oder evangelischen Taufe in Deutschland habe ich schon erlebt und habe in beiden Konfessionen ein Patenkind. Ich soll nun zwar kein Patenkind in Griechenland bekommen, bin aber als Partner von Kostas, der als Patenonkel auserkoren ist, von seiner Schwester Ourania eingeladen. Diese ist auf Kreta mit Panos verheiratet und zusammen haben sie zwei Kinder. Der erstgeborene Sohn Stratos ist jetzt gut drei Jahre alt, schon längst getauft und ein richtig netter, pfiffiger Lausbub. Mit seinem hellbraunen Haar und den grünbraunen Augen sieht er ganz und gar nicht griechisch aus. Gleiches gilt für das Aussehen seiner kleinen Schwester Eleni. Nun steht die kleine Eleni als Täufling im Mittelpunkt des Ereignisses. Zu ihrer mit acht Monaten unglaublich üppigen blonden Lockenpracht, hat die Natur, oder besser haben ihre Gene, sie mit blauen Augen ausgestattet. Eigentlich nicht verwunderlich, hat doch Ourania dunkelbraunes Haar und grüne Augen. Panos hellbraunes Haar und blaue Augen. Panos ist ein großer, breitschultriger Mann, der aber bei allem, was er macht, äußerst behutsam und vorsichtig agiert. Dabei war mein erster Gedanke, als ich ihn zum ersten Mal sah: Ein Mann wie ein Baum, wo der hinlangt, wächst kein Gras mehr! Der Schein trügt hier gewaltig. Ourania ist von zierlicher Statur. Von gleicher schmaler Erscheinung ist auch Kostas jüngste Schwester Nektaria. Die graziöse Figur hat sich in dieser Familie vererbt, denn alle sind schlank und zwischen einen Meter siebzig und fünfundsiebzig groß. Kostas hat von allen die dunkelsten Haare, wenngleich nun mit Anfang vierzig die ersten silbergrauen Spitzen zu sehen sind. Wie heißt es im Volksmund aber so schön: Graue Haare machen einen Mann erst interessant! Kostas Mutter, ebenfalls auf den Namen Eleni getauft, trägt ihr Haar etwas kürzer als ihre Töchter und übertönt das Silber im Haar dezent mit einem dunklen Braunton.

Einen Tag vor dem großen Familienereignis reisen wir aus Deutschland an und planen im Anschluss einen kleinen Urlaub im Land der Helenen. Um die Mittagszeit landen wir auf Kreta in Heraklion. Mit dem großen Familienauto holt uns Georgios mit seinem Enkel Stratos am Flughafen ab. Während ich mich mit Kostas Eltern und Schwestern deutschsprachig unterhalten kann, weil die ganze Familie mehrere Jahrzehnte in Düsseldorf lebte, funktioniert die Verständigung zwischen Stratos und mir nur mit Händen und Füßen. Bis auf Kostas ist die ganze Familie nach und nach in die Heimat zurückgekehrt. Ourania und Nektaria haben Deutschland schon kurz nach der Schule verlassen. Die Eltern ließen Deutschland beim Erreichen des Rentenalters hinter sich. Stratos Freude, uns zu sehen, ist riesig. Er lacht und seine Augen strahlen. Im Haus der Eltern am Stadtrand von Heraklion angekommen, werden wir freudig empfangen. Begrüßung, Koffer auspacken und schon gibt es etwas zu essen. Der Flug dauerte nur knapp dreieinhalb Stunden, aber wie Mütter nun mal so sind, glauben sie, dass man nach der vermeintlich langen Reise halb verhungert sein muss. Deshalb hat Kostas Mama schon vor unserer Ankunft einiges vorbereitet und gekocht. Die arme Frau muss den halben Tag in der Küche verbracht haben. Das Essen ist köstlich wie immer und anschließend bekommen die Kinder noch kleine Mitbringsel von mir, die sie in freudiger Erwartung auspacken.

Es gibt viel zu erzählen und der Abend vergeht schnell, zu schnell. Nach den Strapazen der Anreise sind wir müde und zu vorgerückter Stunde gehen wir zu Bett. Ausschlafen können wir am nächsten Morgen nicht, denn, wie ich erfahren habe, liegt das Kloster, in dem die Taufe stattfinden soll, etwas außerhalb von Heraklion, sodass wir noch fast eine Stunde Fahrzeit einkalkulieren müssen. Morgens um zehn Uhr wird die Taufe losgehen und vorher werden wir die geladenen Gäste vor dem Kloster treffen.

Da uns im ganzen Haus drei Bäder auf drei Wohnungen verteilt zur Verfügung stehen, gibt es früh morgens keine Hektik und alles läuft sehr ruhig und entspannt ab. Kostas überprüft ein letztes Mal in aller Ruhe die Taufsachen auf Vollständigkeit, denn als Pate ist es seine Aufgabe, sich im Vorfeld um die komplette Taufausstattung zu kümmern. Das Taufkleid sieht wunderschön aus, weiß, aus reiner Seide, am Oberteil im Bereich der Schultern mit je drei zartrosa Rosenblüten besetzt. Dazu eine weiße Mütze und niedliche kleine weiße Lederschühchen. Vervollständigt wird das Ganze durch eine edle goldene Kette mit einem kleinen Kreuz, welches mit Diamanten besetzt ist. Eine Taufdecke gehört auch zur Ausstattung und alles zusammen wird ordentlich in einer wunderschönen Holztruhe verstaut. So ist es Tradition in Griechenland. Die Truhe muss nicht in Griechenland gefertigt sein, sie muss den Ansprüchen genügen.