0,00 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 0,00 €
Dieses eBook: "Der Kaufmann von Venedig / The Merchant Of Venice - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. - This carefully crafted ebook: "Der Kaufmann von Venedig / The Merchant Of Venice - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) / Bilingual edition (German-English)" is formatted for your eReader with a functional and detailed table of contents. - Diese Zweisprachige Shakespeare Ausgabe hilft dem Leser Shakespeare besser zu verstehen und zu interpretieren, ist praktisch beim Nachschlagen und sehr nützlich um Englisch / Deutsch als Fremdsprache zu Lernen oder zu Lehren. - This bilingual Shakespeare edition helps the reader to understand and to interpret Shakespeare better, is practical for looking up text passages and very useful for learning and teaching german / english language through classic literature. - "Der Kaufmann von Venedig" ist eine Komödie William Shakespeares. Sie entstand zwischen 1596 und 1598. Das Stück spielt nur zum Teil in Venedig; wichtige Szenen spielen in Belmont, einem Landsitz auf dem Festland. Die Handlung beruht auf "Il Pecorone" von Giovanni Fiorentino und der 195. Geschichte der Anekdotensammlung Gesta Romanorum. - William Shakespeare's The Merchant of Venice was probably written between 1596 and 1598. Bassanio, an impoverished gentleman, uses the credit of his friend, the merchant Antonio, to borrow money from a wealthy Jew, Shylock. Antonio pledges to pay Shylock a pound of flesh if he defaults on the loan, which Bassanio will use to woo a rich heiress, Portia. A subplot concerns the elopement of Shylock's daughter Jessica with a Christian, Bassanio's friend Lorenzo. - William Shakespeare (1564-1616) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. - William Shakespeare (1564-1616) was an English poet, playwright and actor.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Übersetzer / Translators: August Wilhelm von Schlegel
(german)
Inhalt
PERSONEN
ERSTER AUFZUG
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
ZWEITER AUFZUG
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
SECHSTE SZENE
SIEBENTE SZENE
ACHTE SZENE
NEUNTE SZENE
DRITTER AUFZUG
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
DRITTE SZENE
VIERTE SZENE
FÜNFTE SZENE
VIERTER AUFZUG
ERSTE SZENE
ZWEITE SZENE
FÜNFTER AUFZUG
ERSTE SZENE
Der Doge von Venedig
Prinz von MarokkoundPrinz von Arragon, Freier der Porzia
Antonio, der Kaufmann von Venedig
Bassanio, sein Freund
Solanio, SalarinoundGraziano, Freunde des Antonio
Lorenzo, Liebhaber der Jessica
Shylock, ein Jude
Tubal, ein Jude, sein Freund
Lanzelot Gobbo, Shylocks Diener
Der alte Gobbo, Lanzelots Vater
Salerio, ein Bote von Venedig
Leonardo, Bassanios Diener
BalthasarundStephano, Porzias Diener
Porzia, eine reiche Erbin
Nerissa, ihre Begleiterin
Jessica, Shylocks Tochter
Senatoren von Venedig, Beamte des Gerichtshofes, Gefangenwärter, Bediente und andres Gefolge
Die Szene ist teils zu Venedig, teils zu Belmont, Porzias Landsitz
Venedig. Eine Straße
Antonio, Salarino und Solanio treten auf
Antonio. Fürwahr, ich weiß nicht, was mich traurig macht; Ich bin es satt; ihr sagt, das seid ihr auch. Doch wie ich dran kam, wie mir's angeweht, Von was für Stoff es ist, woraus erzeugt, Das soll ich erst erfahren. Und solchen Dummkopf macht aus mir die Schwermut, Ich kenne mit genauer Not mich selbst.
Salarino. Eur Sinn treibt auf dem Ozean umher, Wo Eure Galeonen, stolz besegelt, Wie Herrn und reiche Bürger auf der Flut, Als wären sie das Schaugepräng der See, Hinwegsehn über kleines Handelsvolk, Das sie begrüßet, sich vor ihnen neigt, Wie sie vorbeiziehn mit gewebten Schwingen.
Solanio. Herr, glaubt mir, hätt ich soviel auf dem Spiel, Das beste Teil von meinem Herzen wäre Bei meiner Hoffnung auswärts. Immer würd ich Gras pflücken, um den Zug des Winds zu sehn; Nach Häfen, Reed' und Damm in Karten gucken, Und alles, was mich Unglück fürchten ließ Für meine Ladungen, würd ohne Zweifel Mich traurig machen.
Salarino. Mein Hauch, der meine Suppe kühlte, würde Mir Fieberschauer anwehn, dächt ich dran, Wieviel zur See ein starker Wind kann schaden. Ich könnte nicht die Sanduhr rinnen sehn, So dächt ich gleich an Seichten und an Bänke, Säh meinen «reichen Hans» im Sande fest, Das Haupt bis unter seine Rippen neigend, Sein Grab zu küssen. Ging ich in die Kirche Und säh das heilige Gebäu' von Stein, Sollt ich nicht gleich an schlimme Felsen denken, Die an das zarte Schiff nur rühren dürfen, So streut es auf den Strom all sein Gewürz Und hüllt die wilde Flut in meine Seiden. Und kurz, jetzt eben dies Vermögen noch, Nun gar keins mehr? Soll ich, daran zu denken, Gedanken haben und mir doch nicht denken, Daß solch ein Fall mich traurig machen würde? Doch sagt mir nichts; ich weiß, Antonio Ist traurig, weil er seines Handels denkt.
Antonio. Glaubt mir, das nicht; ich dank es meinem Glück: Mein Vorschuß ist nicht einem Schiff vertraut, Noch einem Ort; noch hängt mein ganz Vermögen Am Glücke dieses gegenwärtgen Jahrs; Deswegen macht mein Handel mich nicht traurig.
Solanio. So seid Ihr denn verliebt?
Antonio. Pfui, pfui!
Solanio. Auch nicht verliebt? Gut denn, so seid Ihr traurig, Weil Ihr nicht lustig seid; Ihr könntet eben Auch lachen, springen, sagen: Ihr seid lustig, Weil Ihr nicht traurig seid. Nun, beim zweiköpfgen Janus! Natur bringt wunderliche Käuz ans Licht: Der drückt die Augen immer ein und lacht Wie 'n Starmatz über einen Dudelsack; Ein andrer von so saurem Angesicht, Daß er die Zähne nicht zum Lachen wiese, Schwür Nestor auch, der Spaß sei lachenswert.Bassanio, Lorenzo und Graziano kommen. Hier kommt Bassanio, Euer edler Vetter, Graziano und Lorenzo; lebt nun wohl, Wir lassen Euch in besserer Gesellschaft.
Salarino. Ich wär geblieben, bis ich Euch erheitert; Nun kommen wertre Freunde mir zuvor.
Antonio. Sehr hoch steht Euer Wert in meiner Achtung; Ich nehm es so, daß Euch Geschäfte rufen Und Ihr den Anlaß wahrnehmt, wegzugehn.
Salarino. Guten Morgen, liebe Herren!
Bassanio. Ihr lieben Herrn, wann lachen wir einmal? Ihr macht euch gar zu selten: muß das sein?
Salarino. Wir stehen Euch zu Diensten, wann's beliebt.
(Salarino und Solanio ab.)
Lorenzo. Da Ihr Antonio gefunden habt, Bassanio, wollen wir Euch nun verlassen. Doch bitt ich, denkt zur Mittagszeit daran, Wo wir uns treffen sollen.
Bassanio. Rechnet drauf.
Graziano. Ihr seht nicht wohl, Signor Antonio; Ihr macht Euch mit der Welt zuviel zu schaffen: Der kommt darum, der mühsam sie erkauft. Glaubt mir, Ihr habt Euch wunderbar verändert.
Antonio. Mir gilt die Welt nur wie die Welt, Graziano; Ein Schauplatz, wo man eine Rolle spielt, Und mein' ist traurig.
Graziano. Laßt den Narrn mich spielen, Mit Lust und Lachen laßt die Runzeln kommen Und laßt die Brust von Wein mir lieber glühn, Als härmendes Gestöhn das Herz mir kühlen. Weswegen sollt ein Mann mit warmem Blut Dasitzen wie sein Großpapa, gehaun In Alabaster? Schlafen, wenn er wacht? Und eine Gelbsucht an den Leib sich ärgern? Antonio, ich will dir etwas sagen; Ich liebe dich, und Liebe spricht aus mir: Es gibt so Leute, deren Angesicht Sich überzieht gleich einem stehnden Sumpf, Und die ein eigensinnig Schweigen halten, Aus Absicht, sich in einen Schein zu kleiden Von Weisheit, Würdigkeit und tiefem Sinn; Als wenn man spräche: Ich bin Herr Orakel; Tu ich den Mund auf, rühr sich keine Maus. O mein Antonio, ich kenne deren, Die man deswegen bloß für Weise hält, Weil sie nichts sagen; sprächen sie, sie brächten Die Ohren, die sie hörten, in Verdammnis, Weil sie die Brüder Narren schelten würden. Ein andermal sag ich dir mehr hievon; Doch fische nicht mit so trübselgem Köder Nach diesem Narren-Gründling, diesem Schein. Komm, Freund Lorenzo! – Lebt so lange wohl, Ich schließe meine Predigt nach der Mahlzeit.
Lorenzo. Gut, wir verlassen Euch bis Mittagszeit. Ich muß von diesen stummen Weisen sein, Denn Graziano läßt mich nie zum Wort.
Graziano. Gut, leiste mir zwei Jahre noch Gesellschaft, So kennst du deiner Zunge Laut nicht mehr.
Antonio. Lebt wohl! Ich werd ein Schwätzer Euch zulieb.
Graziano. Dank, fürwahr! denn Schweigen ist bloß zu empfehlen An geräucherten Zungen und jungfräulichen Seelen.
(Graziano und Lorenzo ab.)
Antonio. Ist das nun irgend was?
Bassanio. Graziano spricht unendlich viel nichts, mehr als irgendein Mensch in ganz Venedig. Seine vernünftigen Gedanken sind wie zwei Weizenkörner in zwei Scheffel Spreu versteckt; Ihr sucht den ganzen Tag, bis Ihr sie findet, und wenn Ihr sie habt, so verlohnen sie das Suchen nicht.
Antonio. Gut, sagt mir jetzt, was für ein Fräulein ist's, Zu der geheime Wallfahrt Ihr gelobt, Wovon Ihr heut zu sagen mir verspracht?
Bassanio. Euch ist nicht unbekannt, Antonio, Wie sehr ich meinen Glücksstand hab erschöpft, Indem ich glänzender mich eingerichtet, Als meine schwachen Mittel tragen konnten. Auch jammr' ich jetzt nicht, daß die große Art Mir untersagt ist; meine Sorg ist bloß, Mit Ehren von den Schulden loszukommen, Worin mein Leben, etwas zu verschwendrisch, Mich hat verstrickt. Bei Euch, Antonio, Steht meine größte Schuld, an Geld und Liebe, Und Eure Liebe leistet mir Gewähr, Daß ich Euch meine Plän eröffnen darf, Wie ich mich löse von der ganzen Schuld.
Antonio. Ich bitt Euch, mein Bassanio, laßt mich's wissen; Und steht es, wie Ihr selber immer tut, Im Angesicht der Ehre, seid gewiß: Ich selbst, mein Beutel, was ich nur vermag, Liegt alles offen da zu Euerm Dienst.
Bassanio. In meiner Schulzeit, wenn ich einen Bolzen Verloren hatte, schoß ich seinen Bruder Von gleichem Schlag den gleichen Weg; ich gab Nur besser acht, um jenen auszufinden, Und, beide wagend, fand ich beide oft. Ich führ Euch dieses Kinderbeispiel an, Weil das, was folgt, die lautre Unschuld ist. Ihr lieht mir viel, und wie ein wilder Junge Verlor ich, was Ihr lieht; allein, beliebt's Euch, Noch einen Pfeil desselben Wegs zu schießen, Wohin der erste flog, so zweifl ich nicht, Ich will so lauschen, daß ich beide finde. Wo nicht, bring ich den letzten Satz zurück Und bleib Eur Schuldner, dankbar für den ersten.
Antonio. Ihr kennt mich und verschwendet nur die Zeit, Da Ihr Umschweife macht mit meiner Liebe. Unstreitig tut Ihr jetzt mir mehr zu nah, Da Ihr mein Äußerstes in Zweifel zieht, Als hättet Ihr mir alles durchgebracht. So sagt mir also nur, was ich soll tun, Wovon Ihr wißt, es kann durch mich geschehn, Und ich bin gleich bereit: deswegen sprecht!
Bassanio. In Belmont ist ein Fräulein, reich an Erbe, Und sie ist schön und, schöner als dies Wort, Von hohen Tugenden; von ihren Augen
Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause
Porzia und Nerissa kommen
Porzia. Auf mein Wort, Nerissa, meine kleine Person ist dieser großen Welt überdrüssig.
Nerissa. Ihr würdet es sein, bestes Fräulein, wenn Euer Ungemach in ebenso reichem Maße wäre, als Euer gutes Glück ist. Und doch, nach allem, was ich sehe, sind die ebenso krank, die sich mit allzuviel überladen, als die bei nichts darben. Es ist also kein mittelmäßiges Los, im Mittelstande zu sein. Überfluß kommt eher zu grauen Haaren, aber Auskommen lebt länger.
Porzia. Gute Sprüche, und gut vorgetragen.
Nerissa. Gut befolgt wären sie besser.
Porzia. Wäre tun so leicht als wissen, was gut zu tun ist, so wären Kapellen Kirchen geworden und armer Leute Hütten Fürstenpaläste. Der ist ein guter Prediger, der seine eignen Ermahnungen befolgt; – ich kann leichter zwanzig lehren, was gut zu tun ist, als einer von den zwanzigen sein und meine eignen Lehren befolgen. Das Gehirn kann Gesetze für das Blut aussinnen; aber eine hitzige Natur springt über eine kalte Vorschrift hinaus. Solch ein Hase ist Tollheit, der junge Mensch, daß er weghüpft über das Netz des Krüppels guter Rat. Aber dies Vernünfteln hilft mir nicht dazu, einen Gemahl zu wählen. – O über das Wort wählen! Ich kann weder wählen, wen ich will, noch ausschlagen, wen ich nicht mag: so wird der Wille einer lebenden Tochter durch den letzten Willen eines toten Vaters gefesselt. Ist es nicht hart, Nerissa, daß ich nicht einen wählen und auch keinen ausschlagen darf?
Nerissa. Euer Vater war allzeit tugendhaft, und fromme Männer haben im Tode gute Eingebungen: also wird die Lotterie, die er mit diesen drei Kästchen von Gold, Silber und Blei ausgesonnen hat, daß der, welcher seine Mitgift trifft, Euch erhält, ohne Zweifel von niemand recht getroffen werden als von einem, der Euch recht liebt. Aber welchen Grad von Zuneigung fühlt Ihr gegen irgendeinen der fürstlichen Freier, die schon gekommen sind?
Porzia. Ich bitte dich, nenne sie her; wie du sie nennst, will ich sie beschreiben, und von meiner Beschreibung schließe auf meine Zuneigung.
Nerissa. Zuerst ist da der neapolitanische Prinz.
Porzia. Das ist ein wildes Füllen, in der Tat. Er spricht von nichts als seinem Pferde und bildet sich nicht wenig auf seine Talente ein, daß er es selbst beschlagen kann. Ich fürchte sehr, seine gnädige Frau Mutter hat es mit einem Schmied gehalten.
Nerissa. Ferner ist da der Pfalzgraf.
Porzia. Er tut nichts wie stirnrunzeln, als wollt er sagen: «Wenn Ihr mich nicht haben wollt, so laßts!» Er hört lustige Geschichten an und lächelt nicht. Ich fürchte, es wird der weinende Philosoph aus ihm, wenn er alt wird, da er in seiner Jugend so unhöflich finster sieht. Ich möchte lieber an einen Totenkopf mit dem Knochen im Munde verheiratet sein als an einen von diesen. Gott beschütze mich vor beiden!
Nerissa. Was sagt Ihr denn zu dem französischen Herrn, Monsieur le Bon?
Porzia. Gott schuf ihn, also laßt ihn für einen Menschen gelten. Im Ernst, ich weiß, daß es sündlich ist, ein Spötter zu sein; aber er! Ja doch, er hat ein besseres Pferd als der Neapolitaner; eine bessere schlechte Gewohnheit, die Stirn zu runzeln, als der Pfalzgraf; er ist jedermann und niemand. Wenn eine Drossel singt, so macht er gleich Luftsprünge; er ficht mit seinem eigenen Schatten. Wenn ich ihn nähme, so nähme ich zwanzig Männer; wenn er mich verachtete, so vergäbe ich es ihm: denn er möchte mich bis zur Tollheit lieben, ich werde es niemals erwidern.
Nerissa. Was sagt Ihr denn zu Faulconbridge, dem jungen Baron aus England?
Porzia. Ihr wißt, ich sage nichts zu ihm, denn er versteht mich nicht, noch ich ihn. Er kann weder Lateinisch, Französisch, noch Italienisch; und Ihr dürft wohl einen körperlichen Eid ablegen, daß ich nicht für einen Heller Englisch verstehe. Er ist eines feinen Mannes Bild – aber ach! wer kann sich mit einer stummen Figur unterhalten? Wie seltsam er gekleidet ist! Ich glaube, er kaufte sein Wams in Italien, seine weiten Beinkleider in Frankreich, seine Mütze in Deutschland und sein Betragen allenthalben.
Nerissa. Was haltet Ihr von dem schottischen Herrn, seinem Nachbar?
Porzia. Daß er eine christliche Nachbarnliebe an sich hat, denn er borgte eine Ohrfeige von dem Engländer und schwor, sie wiederzubezahlen, wenn er imstande wäre; ich glaube, der Franzose ward sein Bürge und unterzeichnete für den andern.
Nerissa. Wie gefällt Euch der junge Deutsche, des Herzogs von Sachsen Neffe?
Porzia. Sehr abscheulich des Morgens, wenn er nüchtern ist, und höchst abscheulich des Nachmittags, wenn er betrunken ist. Wenn er am besten ist, so ist er wenig schlechter als ein Mensch, und wenn er am schlechtesten ist, wenig besser als ein Vieh. Komme das Schlimmste, was da will, ich hoffe, es soll mir doch glücken, ihn loszuwerden.
Nerissa. Wenn er sich erböte zu wählen und wählte das rechte Kästchen, so schlügt Ihr ab, Eures Vaters Willen zu tun, wenn Ihr abschlügt, ihn zu nehmen.
Porzia. Aus Furcht vor dem Schlimmsten bitte ich dich also, setze einen Römer voll Rheinwein auf das falsche Kästchen; denn wenn der Teufel darin steckt, und diese Versuchung ist von außen daran, so weiß ich, er wird es wählen. Alles lieber, Nerissa, als einen Schwamm heiraten.
Nerissa. Ihr braucht nicht zu fürchten, Fräulein, daß Ihr einen von diesen Herren bekommt; sie haben mir ihren Entschluß eröffnet, welcher in nichts anderm besteht, als sich nach Hause zu begeben und Euch nicht mehr mit Bewerbungen lästig zu fallen, Ihr müßtet denn auf eine andre Weise zu gewinnen sein als nach Eures Vaters Vorschrift in Ansehung der Kästchen.
Porzia. Sollte ich so alt werden wie Sibylla, will ich doch so keusch sterben wie Diana, wenn ich nicht dem letzten Willen meines Vaters gemäß erworben werde. Ich bin froh, daß diese Partei Freier so vernünftig ist; denn es ist nicht einer darunter, nach dessen Abwesenheit mich nicht sehnlichst verlangt, und ich bitte Gott, ihnen eine glückliche Reise zu verleihn.
Nerissa. Erinnert Ihr Euch nicht, Fräulein, von Eures Vaters Lebzeiten eines Venezianers, eines Studierten und Kavaliers, der in Gesellschaft des Marquis von Montferrat hierher kam?
Porzia. Ja ja, es war Bassanio: so, denke ich, nannte er sich.
Nerissa. Ganz recht, Fräulein. Von allen Männern, die meine törichten Augen jemals erblickt haben, war er einer schönen Frau am meisten wert.
Porzia. Ich erinnre mich seiner wohl und erinnre mich, daß er dein Lob verdient. (Ein Diener kommt.) Nun, was gibt es Neues?
Bedienter. Die vier Fremden suchen Euch, Fräulein, um Abschied zu nehmen; und es ist ein Vorläufer von einem fünften da, vom Prinzen von Marokko, der Nachricht bringt, daß sein Herr, der Prinz, zu Nacht hier sein wird.
Porzia.
Venedig. Ein öffentlicher Platz
Bassanio und Shylock treten auf
Shylock. Dreitausend Dukaten – gut.
Bassanio. Ja, Herr, auf drei Monate.
Shylock. Auf drei Monate – gut.
Bassanio. Wofür, wie ich Euch sagte, Antonio Bürge sein soll.
Shylock. Antonio Bürge sein soll – gut.
Bassanio. Könnt Ihr mir helfen? Wollt Ihr mir gefällig sein? Soll ich Eure Antwort wissen?
Shylock. Dreitausend Dukaten, auf drei Monate, und Antonio Bürge.
Bassanio. Eure Antwort darauf?
Shylock. Antonio ist ein guter Mann.
Bassanio. Habt Ihr irgendeine Beschuldigung des Gegenteils wider ihn gehört?
Shylock. Ei nein, nein, nein! – Wenn ich sage, er ist ein guter Mann, so meine ich damit, versteht mich, daß er vermögend ist. Aber seine Mittel stehen auf Hoffnung; er hat eine Galeone, die auf Tripolis geht, eine andre nach Indien. Ich höre ferner auf dem Rialto, daß er eine dritte zu Mexiko hat, eine vierte nach England – und so hat er noch andre Auslagen in der Fremde verstreut. Aber Schiffe sind nur Bretter, Matrosen sind nur Menschen; es gibt Landratten und Wasserratten, Wasserdiebe und Landdiebe – ich will sagen, Korsaren, und dann haben wir die Gefahr von Wind, Wellen und Klippen. – Der Mann ist bei alledem vermögend – dreitausend Dukaten – ich denke, ich kann seine Bürgschaft annehmen.
Bassanio. Seid versichert, Ihr könnt es.
Shylock. Ich will versichert sein, daß ich es kann; und damit ich versichert sein kann, will ich mich bedenken. Kann ich Antonio sprechen?
Bassanio. Wenn es Euch beliebt, mit uns zu speisen.
Shylock. Ja, um Schinken zu riechen, von der Behausung zu essen, wo euer Prophet, der Nazarener, den Teufel hineinbeschwor. Ich will mit euch handeln und wandeln, mit euch stehen und gehen, und was dergleichen mehr ist; aber ich will nicht mit euch essen, mit euch trinken, noch mit euch beten. Was gibt es Neues auf dem Rialto? – Wer kommt da?
Antonio kommt.
Bassanio. Das ist Signor Antonio.
Shylock(für sich). Wie sieht er einem falschen Zöllner gleich! Ich hass' ihn, weil er von den Christen ist, Doch mehr noch, weil er aus gemeiner Einfalt Umsonst Geld ausleiht und hier in Venedig Den Preis der Zinsen uns herunterbringt. Wenn ich ihm mal die Hüfte rühren kann, So tu ich meinem alten Grolle gütlich. Er haßt mein heilig Volk und schilt selbst da, Wo alle Kaufmannschaft zusammenkommt Mich, mein Geschäft und rechtlichen Gewinn, Den er nur Wucher nennt. Verflucht mein Stamm, Wenn ich ihm je vergebe!
Bassanio. Shylock, hört Ihr?
Shylock. Ich überlege meinen baren Vorrat; Doch, wie ich's ungefähr im Kopfe habe, Kann ich die volle Summe von dreitausend Dukaten nicht gleich schaffen. – Nun, was tut's? Tubal, ein wohlbegüterter Hebräer, Hilft mir schon aus. – Doch still! auf wieviel Monat Begehrt Ihr? – (Zu Antonio.) Geh's Euch wohl, mein werter Herr! Von Euer Edlen war die Rede eben.
Antonio. Shylock, wiewohl ich weder leih noch borge, Um Überschuß zu geben oder nehmen, Doch will ich, weil mein Freund es dringend braucht, Die Sitte brechen. – Ist er unterrichtet, Wieviel Ihr wünscht?
Shylock. Ja, ja, dreitausend Dukaten.
Antonio. Und auf drei Monat.
Shylock. Ja, das vergaß ich – auf drei Monat also. Nun gut denn, Eure Bürgschaft! laßt mich sehn – Doch hört mich an; Ihr sagtet, wie mich dünkt, Daß Ihr auf Vorteil weder leiht noch borgt.
Antonio. Ich pfleg es nie.
Shylock. Als Jakob Labans Schafe hütete – Er war nach unserm heilgen Abraham, Weil seine Mutter weislich für ihn schaffte, Der dritte Erbe – ja, ganz recht, der dritte –
Antonio. Was tut das hier zur Sache? Nahm er Zinsen?
Shylock. Nein, keine Zinsen; was man Zinsen nennt, Das grade nicht; gebt acht, was Jakob tat: Als er mit Laban sich verglichen hatte, Was von den Lämmern bunt und sprenklicht fiele, Das sollte Jakobs Lohn sein, kehrten sich Im Herbst die brünstgen Mütter zu den Widdern; Und wenn nun zwischen dieser wollgen Zucht Das Werk der Zeugung vor sich ging, so schälte Der kluge Schäfer Euch gewisse Stäbe, Und weil sie das Geschäft der Paarung trieben, Steckt' er sie vor den geilen Müttern auf, Die so empfingen; und zur Lämmerzeit Fiel alles buntgesprengt und wurde Jakobs. So kam er zum Gewinn und ward gesegnet: Gewinn ist Segen, wenn man ihn nicht stiehlt.
Antonio. Dies war ein Glücksfall, worauf Jakob diente; In seiner Macht stand's nicht, es zu bewirken; Des Himmels Hand regiert' und lenkt' es so. Steht dies, um Zinsen gutzuheißen, da? Und ist Eur Gold und Silber Schaf und Widder?
Shylock. Weiß nicht; ich laß es eben schnell sich mehren. Doch hört mich an, Signor.
Antonio. Siehst du, Bassanio, Der Teufel kann sich auf die Schrift berufen. Ein arg Gemüt, das heilges Zeugnis vorbringt, Ist wie ein Schalk mit Lächeln auf der Wange, Ein schöner Apfel, in dem Herzen faul. O wie der Falschheit Außenseite glänzt!
Shylock. Dreitausend Dukaten – 's ist 'ne runde Summe. Drei Mond auf zwölf – laßt sehen, was das bringt. –
Antonio. Nun, Shylock, soll man Euch verpflichtet sein?
Shylock. Signor Antonio, viel und oftermals Habt Ihr auf dem Rialto mich geschmäht Um meine Gelder und um meine Zinsen; Stets trug ich's mit geduldgem Achselzucken, Denn Dulden ist das Erbteil unsers Stamms. Ihr scheltet mich abtrünnig, einen Bluthund, Und speit auf meinen jüdischen Rockelor, Bloß weil ich nutze, was mein eigen ist. Gut denn, nun zeigt es sich, daß Ihr mich braucht. Da habt Ihr's; Ihr kommt zu mir, und Ihr sprecht: «Shylock, wir wünschten Gelder.» So sprecht Ihr, Der mir den Auswurf auf den Bart geleert Und mich getreten, wie Ihr von der Schwelle