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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Der Wetteinsatz ist ein Pfund menschliches Fleisch, das Spielbrett eine verschwenderische Gesellschaft. Shylock ist Jude und darf Geld verleihen. Man braucht ihn, denn ständig hat einer Ebbe in der Kasse. Aber man verachtet ihn dafür. Als er auf sein Recht pocht, fällt die Maske der Gesellschaft…
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Seitenzahl: 125
William Shakespeare
Der Kaufmann von Venedig
Komödie
Aus dem Englischen von August Wilhelm Schlegel
Fischer e-books
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
DER DOGE VON VENEDIG
PRINZ VON MAROKKO, Freier der Porzia
PRINZ VON ARRAGON, Freier der Porzia
ANTONIO, der Kaufmann von Venedig
BASSANIO, sein Freund
SOLANIO, Freund des Antonio
SALARINO, Freund des Antonio
GRAZIANO, Freund des Antonio
LORENZO, Liebhaber der Jessica
SHYLOCK, ein Jude
TUBAL, ein Jude, sein Freund
LANZELOT GOBBO, Shylocks Diener
DER ALTE GOBBO, Lanzelots Vater
SALERIO, ein Bote von Venedig
LEONARDO, Bassanios Diener
BALTHASAR, Porzias Diener
STEPHANO, Porzias Diener
PORZIA, eine reiche Erbin
NERISSA, ihre Begleiterin
JESSICA, Shylocks Tochter
Senatoren von Venedig, Beamte des Gerichtshofes, Gefangenwärter, Bediente und andres Gefolge
Die Szene ist teils zu Venedig, teils zu Belmont, Porzias Landsitz
Venedig. Eine Straße Antonio, Salarino und Solanio treten auf
ANTONIO
Fürwahr, ich weiß nicht, was mich traurig macht:
Ich bin es satt; ihr sagt, das seid ihr auch.
Doch wie ich dran kam, wie mir’s angeweht,
Von was für Stoff es ist, woraus erzeugt,
Das soll ich erst erfahren.
Und solchen Dummkopf macht aus mir die Schwermut,
Ich kenne mit genauer Not mich selbst.
SALARINO
Eu’r Sinn treibt auf dem Ozean umher,
Wo Eure Galeonen, stolz besegelt,
Wie Herrn und reiche Bürger auf der Flut,
Als wären sie das Schaugepräng’ der See,
Hinwegsehn über kleines Handelsvolk,
Das sie begrüßet, sich vor ihnen neigt,
Wie sie vorbeiziehn mit gewebten Schwingen.
SALARINO
Herr, glaubt mir, hätt’ ich so viel auf dem Spiel,
Das beste Teil von meinem Herzen wäre
Bei meiner Hoffnung auswärts. Immer würd’ ich
Gras pflücken, um den Zug des Winds zu sehn;
Nach Häfen, Reed’ und Damm in Karten gucken,
Und alles, was mich Unglück fürchten ließ’
Für meine Ladungen, würd’ ohne Zweifel
Mich traurig machen.
SALARINO
Mein Hauch, der meine Suppe kühlte, würde
Mir Fieberschauer anwehn, dächt’ ich dran,
Wie viel zur See ein starker Wind kann schaden.
Ich könnte nicht die Sanduhr rinnen sehn,
So dächt’ ich gleich an Seichten und an Bänke,
Säh’ meinen reichen Hans im Sande fest,
Das Haupt bis unter seine Ribben neigend,
Sein Grab zu küssen. Ging’ ich in die Kirche
Und säh’ das heilige Gebäu von Stein,
Sollt’ ich nicht gleich an schlimme Felsen denken,
Die an das zarte Schiff nur rühren dürfen,
So streut es auf den Strom all sein Gewürz,
Und hüllt die wilde Flut in meine Seiden.
Und kurz, jetzt eben dies Vermögen noch,
Nun gar keins mehr? Soll ich, daran zu denken,
Gedanken haben, und mir doch nicht denken,
Daß solch ein Fall mich traurig machen würde?
Doch sagt mir nichts; ich weiß, Antonio
Ist traurig, weil er seines Handels denkt.
ANTONIO
Glaubt mir, das nicht: ich dank’ es meinem Glück,
Mein Vorschuß ist nicht einem Schiff vertraut,
Noch einem Ort; noch hängt mein ganz Vermögen
Am Glücke dieses gegenwärt’gen Jahrs:
Deswegen macht mein Handel mich nicht traurig.
SOLANIO
So seid Ihr denn verliebt?
ANTONIO
Pfui, pfui!
SOLANIO
Auch nicht verliebt? Gut denn, so seid Ihr traurig,
Weil Ihr nicht lustig seid; Ihr könntet eben
Auch lachen, springen, sagen: Ihr seid lustig,
Weil Ihr nicht traurig seid. Nun, beim zweiköpf’gen Janus!
Natur bringt wunderliche Kauz’ ans Licht:
Der drückt die Augen immer ein und lacht
Wie’n Starmatz über einen Dudelsack;
Ein andrer von so sauerm Angesicht,
Daß er die Zähne nicht zum Lachen wiese,
Schwür’ Nestor auch, der Spaß sei lachenswert,
(Bassanio, Lorenzo und Graziano kommen.)
Hier kommt Bassanio, Euer edler Vetter,
Graziano und Lorenzo: lebt nun wohl,
Wir lassen Euch in besserer Gesellschaft.
SALARINO
Ich wär’ geblieben, bis ich Euch erheitert;
Nun kommen wert’re Freunde mir zuvor.
ANTONIO
Sehr hoch steht Euer Wert in meiner Achtung.
Ich nehm’ es so, daß Euch Geschäfte rufen
Und Ihr den Anlaß wahrnehmt, wegzugehn.
SALARINO
Guten Morgen, liebe Herren!
BASSANIO
Ihr lieben Herrn, wann lachen wir einmal?
Ihr macht euch gar zu selten: muß das sein?
SALARINO
Wir hoffen Euch bei Muße aufzuwarten.
(Salarino und Solanio ab.)
LORENZO
Da Ihr Antonio gefunden habt,
Bassanio, wollen wir Euch nun verlassen.
Doch bitt’ ich, denkt zur Mittagszeit daran,
Wo wir uns treffen sollen.
BASSANIO
Rechnet drauf!
GRAZIANO
Ihr seht nicht wohl, Signor Antonio;
Ihr macht Euch mit der Welt zu viel zu schaffen:
Der kommt darum, der mühsam sie erkauft.
Glaubt mir, Ihr habt Euch wunderbar verändert.
ANTONIO
Mir gilt die Welt nur wie die Welt, Graziano:
Ein Schauplatz, wo man eine Rolle spielt,
Und mein’ ist traurig.
GRAZIANO
Laßt den Narr’n mich spielen,
Mit Lust und Lachen laßt die Runzeln kommen,
Und laßt die Brust von Wein mir lieber glühn,
Als härmendes Gestöhn das Herz mir kühlen.
Weswegen sollt’ ein Mann mit warmem Blut
Da sitzen wie ein Großpapa, gehaun
In Alabaster? Schlafen, wenn er wacht?
Und eine Gelbsucht an den Leib sich ärgern?
Antonio, ich will dir etwas sagen;
Ich liebe dich, und Liebe spricht aus mir:
Es gibt so Leute, deren Angesicht
Sich überzieht gleich einem steh’nden Sumpf,
Und die ein eigensinnig Schweigen halten,
Aus Absicht, sich in einen Schein zu kleiden
Von Weisheit, Würdigkeit und tiefem Sinn;
Als wenn man spräche: »Ich bin Herr Orakel;
Tu’ ich den Mund auf, rühr’ sich keine Maus!«
O mein Antonio, ich kenne deren,
Die man deswegen bloß für Weise hält,
Weil sie nichts sagen: sprächen sie, sie brächten
Die Ohren, die sie hörten, in Verdammnis,
Weil sie die Brüder Narren schelten würden.
Ein andermal sag’ ich dir mehr hievon.
Doch fische nicht mit so trübsel’gem Köder
Nach diesem Narren-Gründling, diesem Schein.
Komm; Freund Lorenzo! – Lebt so lange wohl:
Ich schließe meine Predigt nach der Mahlzeit.
LORENZO
Gut, wir verlassen Euch bis Mittagszeit.
Ich muß von diesen stummen Weisen sein,
Denn Graziano läßt mich nie zum Wort.
GRAZIANO
Gut, leiste mir zwei Jahre noch Gesellschaft,
So kennst du deiner Zunge Laut nicht mehr.
ANTONIO
Lebt wohl! Ich werd’ ein Schwätzer Euch zu lieb.
GRAZIANO
Dank, fürwahr! denn Schweigen ist bloß zu empfehlen
An geräucherten Zungen und jungfräulichen Seelen.
(Graziano und Lorenzo ab.)
ANTONIO
Ist das nun irgend was?
BASSANIO
Graziano spricht unendlich viel Nichts, mehr als irgend ein Mensch in ganz Venedig. Seine vernünftigen Gedanken sind wie zwei Weizenkörner in zwei Scheffeln Spreu versteckt: Ihr sucht den ganzen Tag, bis Ihr sie findet, und wenn Ihr sie habt, so verlohnen sie das Suchen nicht.
ANTONIO
Gut, sagt mir jetzt, was für ein Fräulein ist’s,
Zu der geheime Wallfahrt Ihr gelobt,
Wovon Ihr heut zu sagen mir verspracht?
BASSANIO
Euch ist nicht unbekannt, Antonio,
Wie sehr ich meinen Glücksstand hab’ erschöpft,
Indem ich glänzender mich eingerichtet,
Als meine schwachen Mittel tragen konnten.
Auch jammr’ ich jetzt nicht, daß die große Art
Mir untersagt ist; meine Sorg’ ist bloß,
Mit Ehren von den Schulden los zu kommen,
Worin mein Leben, etwas zu verschwend’risch,
Mich hat verstrickt. Bei Euch, Antonio,
Steht meine größte Schuld, an Geld und Liebe,
Und Eure Liebe leistet mir Gewähr,
Daß ich Euch meine Plan’ eröffnen darf,
Wie ich mich löse von der ganzen Schuld.
ANTONIO
Ich bitt’ Euch, mein Bassanio, laßt mich’s wissen;
Und steht es, wie Ihr selber immer tut,
Im Angesicht der Ehre, seid gewiß:
Ich selbst, mein Beutel, was ich nur vermag,
Liegt alles offen da zu Euerm Dienst.
BASSANIO
In meiner Schulzeit, wenn ich einen Bolzen
Verloren hatte, schoß ich seinen Bruder
Von gleichem Schlag den gleichen Weg; ich gab
Nur besser acht, um jenen auszufinden,
Und, beide wagend, fand ich beide oft.
Ich führ’ Euch dieses Kinderbeispiel an,
Weil das, was folgt, die lautre Unschuld ist.
Ihr lieht mir viel, und wie ein wilder Junge
Verlor ich, was Ihr lieht; allein, beliebt’s Euch,
Noch einen Pfeil desselben Wegs zu schießen,
Wohin der erste flog, so zweifl’ ich nicht:
Ich will so lauschen, daß ich beide finde.
Wo nicht, bring’ ich den letzten Satz zurück,
Und bleib’ Eu’r Schuldner dankbar für den ersten.
ANTONIO
Ihr kennt mich, und verschwendet nur die Zeit,
Da Ihr Umschweife macht mit meiner Liebe.
Unstreitig tut Ihr jetzt mir mehr zu nah,
Da Ihr mein Äußerstes in Zweifel zieht,
Als hättet Ihr mir alles durchgebracht.
So sagt mir also nur, was ich soll tun,
Wovon Ihr wißt, es kann durch mich geschehn,
Und ich bin gleich bereit: deswegen sprecht!
BASSANIO
In Belmont ist ein Fräulein, reich an Erbe,
Und sie ist schön, und, schöner als dies Wort,
Von hohen Tugenden; von ihren Augen
Empfing ich holde stumme Botschaft einst.
Ihr Nam’ ist Porzia; minder nicht an Wert
Als Catos Tochter, Brutus’ Porzia.
Auch ist die weite Welt des nicht unkundig,
Denn die vier Winde wehn von allen Küsten
Berühmte Freier her; ihr sonnig Haar
Wallt um die Schläf’ ihr, wie ein goldnes Vlies:
Zu Kolchos’ Strande macht es Belmonts Sitz,
Und mancher Jason kommt, bemüht um sie.
O mein Antonio! hätt’ ich nur die Mittel,
Den Rang mit ihrer einem zu behaupten,
So weissagt mein Gemüt so günstig mir,
Ich werde sonder Zweifel glücklich sein.
ANTONIO
Du weißt, mein sämtlich Gut ist auf der See;
Mir fehlt’s an Geld und Anstalt, eine Summe
Gleich bar zu heben; also geh, sieh zu,
Was in Venedig mein Kredit vermag:
Den spann’ ich an, bis auf das äußerste,
Nach Belmont dich für Porzia auszustatten.
Geh, frage gleich herum, ich will es auch,
Wo Geld zu haben: ich bin nicht besorgt,
Daß man uns nicht auf meine Bürgschaft borgt. (Beide ab)
Belmont. Ein Zimmer in Porzias Hause Porzia und Nerissa kommen
PORZIA
Auf mein Wort, Nerissa, meine kleine Person ist dieser großen Welt überdrüssig.
NERISSA
Ihr würdet es sein, bestes Fräulein, wenn Euer Ungemach in eben so reichem Maße wäre, als Euer gutes Glück ist. Und doch, nach allem, was ich sehe, sind die eben so krank, die sich mit allzuviel überladen, als die bei nichts darben. Es ist also kein mittelmäßiges Los, im Mittelstande zu sein. Überfluß kommt eher zu grauen Haaren, aber Auskommen lebt länger.
PORZIA
Gute Sprüche, und gut vorgetragen!
NERISSA
Gut befolgt, wären sie besser.
PORZIA
Wäre tun so leicht, als wissen, was gut zu tun ist, so wären Kapellen Kirchen geworden, und armer Leute Hütten Fürstenpaläste. Der ist ein guter Prediger, der seine eignen Ermahnungen befolgt: – ich kann leichter zwanzig lehren, was gut zu tun ist, als einer von den zwanzigen sein und meine eignen Lehren befolgen. Das Gehirn kann Gesetze für das Blut aussinnen; aber eine hitzige Natur springt über eine kalte Vorschrift hinaus. Solch ein Hase ist Tollheit, der junge Mensch, daß er weghüpft über das Netz des Krüppels guter Rat. Aber dies Vernünfteln hilft mir nicht dazu, einen Gemahl zu wählen. – Oh, über das Wort wählen! Ich kann weder wählen, wen ich will; noch ausschlagen, wen ich nicht mag: so wird der Wille einer lebenden Tochter durch den letzten Willen eines toten Vaters gefesselt. Ist es nicht hart, Nerissa, daß ich nicht einen wählen und doch keinen ausschlagen darf?
NERISSA
Euer Vater war allzeit tugendhaft, und fromme Männer haben im Tode gute Eingebungen: also wird die Lotterie, die er mit diesen drei Kästchen von Gold, Silber und Blei ausgesonnen hat, daß der, welcher seine Meinung trifft, Euch erhält, ohne Zweifel von niemanden recht getroffen werden, als von einem, den Ihr recht liebt. Aber welchen Grad von Zuneigung fühlt Ihr gegen irgend einen der fürstlichen Freier, die schon gekommen sind?
PORZIA
Ich bitte dich, nenne sie her: Wie du sie nennst, will ich sie beschreiben, und von meiner Beschreibung schließe auf meine Zuneigung.
NERISSA
Zuerst ist da der neapolitanische Prinz.
PORZIA
Das ist ein wildes Füllen, in der Tat. Er spricht von nichts als seinem Pferde, und bildet sich nicht wenig auf seine Talente ein, daß er es selbst beschlagen kann. Ich fürchte sehr, seine gnädige Frau Mutter hat es mit einem Schmied gehalten.
NERISSA
Ferner ist da der Pfalzgraf.
PORZIA
Er tut nichts wie stirnrunzeln, als wollt’ er sagen: »Wenn Ihr mich nicht haben wollt, so laßt’s!« Er hört lustige Geschichten an, und lächelt nicht. Ich fürchte, es wird der weinende Philosoph aus ihm, wenn er alt wird, da er in seiner Jugend so unhöflich finster sieht. Ich möchte lieber an einen Totenkopf mit dem Knochen im Munde verheiratet sein, als an einen von diesen. Gott beschütze mich vor beiden!
NERISSA
Was sagt Ihr denn zu dem französischen Herrn, Monsieur le Bon?
PORZIA
Gott schuf ihn, also laßt ihn für einen Menschen gelten. Im Ernst, ich weiß, daß es sündlich ist, ein Spötter zu sein; aber er! Ja doch, er hat ein besseres Pferd als der Neapolitaner; eine bessere schlechte Gewohnheit, die Stirn zu runzeln, als der Pfalzgraf; er ist jedermann und niemand. Wenn eine Drossel singt, so macht er gleich Luftsprünge; er ficht mit seinem eignen Schatten. Wenn ich ihn nähme, so nähme ich zwanzig Männer; wenn er mich verachtete, so vergäbe ich es ihm: denn er möchte mich bis zur Tollheit lieben, ich werde es niemals erwidern.
NERISSA
Was sagt Ihr denn zu Faulconbridge, dem jungen Baron aus England?
PORZIA
Ihr wißt, ich sage nichts zu ihm, denn er versteht mich nicht, noch ich ihn. Er kann weder Lateinisch, Französisch, noch Italienisch; und Ihr dürft wohl einen körperlichen Eid ablegen, daß ich nicht für einen Heller Englisch verstehe. Er ist eines feinen Mannes Bild – aber ach! wer kann sich mit einer stummen Figur unterhalten? Wie seltsam er gekleidet ist! Ich glaube, er kaufte sein Wams in Italien, seine weiten Beinkleider in Frankreich, seine Mütze in Deutschland, und sein Betragen allenthalben.
NERISSA
Was haltet Ihr von dem schottischen Herrn, seinem Nachbar?
PORZIA
Daß er eine christliche Nachbarnliebe an sich hat, denn er borgte eine Ohrfeige von dem Engländer und schwor, sie wieder zu bezahlen, wenn er im stande wäre; ich glaube, der Franzose ward sein Bürge und unterzeichnete für den andern.
NERISSA
Wie gefällt Euch der junge Deutsche, des Herzogs von Sachsen Neffe?
PORZIA
Sehr abscheulich des Morgens, wenn er nüchtern ist; und höchst abscheulich des Nachmittags, wenn er betrunken ist. Wenn er am besten ist, so ist er wenig schlechter als ein Mann, und wenn er am schlechtesten ist, wenig besser als ein Vieh. Komme das Schlimmste, was da will, ich hoffe, es soll mir doch glücken, ihn los zu werden.
NERISSA
Wenn er sich erböte zu wählen, und wählte das rechte Kästchen, so schlügt Ihr ab, Eures Vaters Willen zu tun, wenn Ihr abschlügt, ihn zu nehmen.
PORZIA
Aus Furcht vor dem Schlimmsten bitte ich dich also, setze einen Römer voll Rheinwein auf das falsche Kästchen: denn wenn der Teufel darin steckt, und diese Versuchung ist von außen daran, so weiß ich, er wird es wählen. Alles lieber, Nerissa, als einen Schwamm heiraten.
NERISSA