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Adalbert Stifter ist ein Prosa-Virtuose, dessen Wortwahl immer eine Stimmung erzeugt als ob man "Gras beim Wachsen zusehen würde". Gewissermaßen ereignet sich gleichzeitig nichts und alles – weder fehlt etwas noch drängt sich Überschüssiges auf, alles fließt gemächlich und geschmeidig ineinander über als wenn man die Strömung eines Baches beobachtet. "Der Kuss von Sentze" ist die Geschichte des Geschlechtes der Sentzes, welches seinen Fortbestand dadurch sichert, dass eines Tages die letzten zwei verbliebenen Erben, eine Frau und ein Mann, heiraten. Eine Art Adam und Eva-Variante in Kurzform. Aus dieser Verbindung entstehen mehrere Verwandtschaftszweige, wobei die jeweiligen Familienoberhäupter bestrebt sind, ihre Blutsbande durch Freundschaft oder Heirat zwischen den Mitgliedern der einzelnen Häuser aneinander zu binden. Der Haupthandlungsstrang besteht aus dem Kennenlernen und der Annäherung zwischen der jungen Frau Hiltiburg und dem jungen Mann Rupert, deren Verbindung zwar erwünscht wird, aber nicht erzwungen werden soll. Dabei wird durch den Er-Erzähler und die Augen Ruperts ein Blick auf die überschaubare Verwandtschaft der einzelnen Häuser der Sentzes gewährt. Ohne Begebenheiten in Frage zu stellen, ohne dass außergewöhnliche Ereignisse eintreten, ohne dass Fremdeinwirkungen jeglicher Art die Geschehnisse beeinflussen spinnen die Fäden des Schicksals an einem scheinbar unausweichlichen Lebensverlauf aller Beteiligten, welcher geprägt von harmonischer Monotonie bzw. gemütlicher Gewohnheit nur eine einzige logische Zukunft suggeriert.
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