Der Motzer - Ralph Middeke - E-Book

Der Motzer E-Book

Ralph Middeke

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Beschreibung

Was denkt ein Fisch, der - vom Angler verschmäht - zurück ins Wasser geworfen wird? Die Verzweiflung eines Hausbesitzers, der einem Maulwurf dabei zuschauen muss, wie der seinen Garten umgräbt. Der unvergessliche Zauber eines kuscheligen Abends vor dem Kamin im Kreis der Familie. Die Magie des Puppenspielers, der uns mit wenigen Fingerzügen in märchenhafte Welten entführt. Das alte Karussell, das - jenseits aller Trends - bis heute durch seine Langsamkeit besticht. Die Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt. Oder der "Motzer" - der ewig zweifelnde Weltverneiner, für den das Scheitern zur Obsession geworden ist und für den ganz sicher morgen die Welt untergeht. - Ein Panoptikum der Unzulänglichkeiten unseres Alltagslebens, Gereimtes und Ungereimtes, zum Schmunzeln, zum Nachdenken, manchmal zum Niederknien komisch...

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Seitenzahl: 106

Veröffentlichungsjahr: 2025

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INHALT

Vorwort

Vorletzter

Der Motzer

Der lichte Moment

Meinungsfreiheit

Im Café ohne Namen

»Krone der Schöpfung«

Schnürsenkel

Weites Land

Schnecke

Man muss was tun

Geheimes Treffen

Drachen im Herbstwind

Stadt

Der Idiot

Puppenspieler

Zum Muttertag

Ich weiß es doch auch nicht

Seitenscheitel links

Geburtstag

Rasenmäher-Sinfonie

Furz

Sterben geht einfach, meint der Tod

Spieglein, Spieglein

Die Dulpe

Parfum

Im Nebel

Das alte Karussell

Aal

Der wahre Architekt

Vor’m Kamin

Weißt Du noch…

Die Zimmermücke und die Draußenmücke

Maschine

Nutze den Tag

Tiger

Sturm

Abend am Meer

Zugvögelinnen

Sammlerschicksal

Das Blaue vomHimmel

Nur ein netter Versuch

Es schneit in meinen Gedanken

Krümel

Ohne Tritt, Marsch!

Steuer

Brille

Zwei Frösche

Anglerglück?

Ingenieurskunst

Es kriselt…

Der Selbergrüßer

Fliege

Am Morgen danach…

Gewicht

Größe

Die Hose

Am Ende der Welt

Die Elster

Die Lüge

Insel

Daneben

Arbeit I

Arbeit II

Arbeit III

Arbeit IV

Arbeit V

Arbeit VI

Patchwork

Mode

Provinz

Möglichkeiten

Momentum

Pickel

Rose

Rücken

Bessere Tage

Clown

Das Sackgesicht

Fehlbilanz

Angekommen

Rot

Süße Versuchung

Denk mal

Der Augen Blick

Der letzte Schrei

Gedichte (in eigener Sache)

Gnade eines flüchtigen Augenblicks

Fluss

Heimathafen

Im Herbststurm

Ich schwitze

»Gute« alte Zeit

Original und Fälschung

Papagei

Löwe

Einsam

Nächstenliebe

Neu

Nur Mut!

Gewohnheitstier

Guter Rat ist teuer

Es ist Zeit!

Genuss

Rendite

Ab in den Urlaub…

Is was?

Kalorien

Kompass

Im Schatten

Heimwerkers Kunst

In dunklen Nächten

Vier Jahreszeiten

Im Wald

Schnupfen

Zurück auf »Los«

Was soll denn nur der Nachbar denken…

Danke

Grenzen

Hut

Schneemann

Schmierig

November-Blues

Teddybär

Schon älter …

Der Zug der Kraniche

Wenjer

Unendlichkeit

Die Weichei-Strategie

Fortschritt

Wolke

Freundschaft

Angst

Auf den Leim gegangen

ZweiteWahl

Schrei trotzdem!

Sinnvoll

Erkenntnis

Fleiß

Zweifel

Bank

In den Sand geschrieben

Endlich Zeit!

Zug um Zug

Die Nacht, in der die Kuh Isabella fliegen lernte

Der Alte

Auf’m Markt

Der Maler

Der Spieler

Drahtseilakt

Regentag

Gipfel

Raus

Bevor ich geh’

VORWORT

Was denkt ein Fisch, der – vom Angler verschmäht – zurück ins Wasser geworfen wird? Die Verzweiflung eines Hausbesitzers, der einem Maulwurfdabei zuschauen muss, wie der seinen Garten umgräbt. Der unvergessliche Zauber eines kuscheligen Abends vor dem Kamin im Kreisder Familie. Die Magie des Puppenspielers, der uns mit wenigen Fingerzügen in märchenhafte Welten entführt. Das alte Karussell, das – jenseits aller Trends – bis heute durch seine Langsamkeit besticht. Die Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt. Oder der »Motzer« – der ewig zweifelnde Weltverneiner, für den das Scheitern zur Obsession geworden ist und für den ganz sicher morgen die Welt untergeht.– Ein Panoptikum der Unzulänglichkeiten unseres Alltagslebens, Gereimtes und Ungereimtes, zum Schmunzeln, zum Nachdenken,manchmal zum Niederknien komisch …

Ich gehe in meinem Leben spazieren. Ich beschreibe, was ich sehe. Die Faszination des Alltäglichen. Und ich weiß, dass das alles nicht neu ist. – Aber es bewegt mich. Die unfassbar schönen Momente eines nebligen Sonnenaufgangs. Die Ängste, die nachts unter unsere Bettdecke kriechen. Die Wutüber die Steuer.

Wie ein Bildhauer die Figur in einem Stein freilegt, so versuche ich herauszufinden, was unseren Alltag so besonders macht. Die heiteren Dinge fasse ich in Reimform, weil sie sichso geschmeidiger lesen lassen. Die melancholischen Momente lasse ich unbehauen, weil sie – eckig und kantig – zum achtsamen Erfassen zwingen.

1960 geboren arbeite ich jetzt schon fast ein ganzes Leben lang mit Texten. Mit fünfzehn gründeten wir zu dritt unseren »Pen-Club« und lasen uns stolz unsere Kurzgeschichten vor. Nach der Berufsausbildung zum Werbekaufmann (Berufswunsch: Werbetexter) und dem Studium (Journalismus, Soziologie und Kunstgeschichte) konzipierte ich als Leiter Marketingkommunikation mehr als dreißig Jahre lang die komplette Kommunikation eines weltweit tätigen Industrieunternehmens.

In den letzten Jahren habe ich begonnen, meine Eindrücke in Gedichtform zu fassen. An eine Veröffentlichung habe ich zunächst nicht gedacht. Es ging mir eher um die Freude an der Arbeit mit Texten.

Der heiter-ironische Ephraim Kishon, der hintergründig lächelnde Loriot, Joachim Ringelnatz, Eugen Roth, sie sind bis heute einige meiner engsten Freunde geblieben. Immer im Bücherregal verfügbar waren sie mir oft genug Trost beim täglichen Scheitern im Kampf gegen die Tücken des Alltags. Es würde mich freuen, wenn ich Sie wider Erwarten neugierig gemacht haben sollte auf meine Sicht der Dinge.

VORLETZTER

Ich wär’ so gern Vorletzter,

dann wär’ ich nicht ganz schlecht,

und Erster wär’ ich auch nicht –

das wäre mir sehr recht.

DER MOTZER

Da sitzt er in illustrer Runde

und weiß zu vorgerückter Stunde,

gramgebeugt, mit düst’rem Blick:

Vom Scheitern gibt es kein Zurück.

Was man auch sagt, er ist dagegen,

nichts findet seinen Segen,

Frohsinn bekämpft er bis auf’s Messer,

selbst kann er nichts, weiß alles besser.

Wo andere nach vorne denken,

mit mut’gen Ideen sich beschenken,

vor Optimismus quasi strotzen –

er findet alles nur zum Kotzen.

Und so malt er aus dem Stand,

Bilder des Scheiterns an die Wand,

weiß viele schlechte Gründe,

warum’s grad nicht zum Besten stünde.

Das Vergangene sei zum Vergessen,

auch die Gegenwart unterdessen,

die Zukunft sieht er schwarz bis grau,

wie’s NICHT geht, weiß er ganz genau.

Frustriert von so viel guter Laune

sei er der Realist im Raume,

die Anderen, so seine Warnung,

die Ander’n hätten keine Ahnung.

Eigene Ideen – Fehlanzeige,

so stiehlt er sich von dannen feige,

»ja aber« war sein Lieblingswort,

dann trugen ihn die Götter fort.

Und so kam’s wie’s kommen muss,

das böse Ende folgt zum Schluss:

Der, für den immer alles schlecht,

hatte tatsächlich am Ende recht.

PS

Man nennt’s in der Philosophie

die »self fulfilling prophecy«.

(sich selbst erfüllende Prophezeiung)

DER LICHTE MOMENT

Als zumeist irrlichternde Idioten

stolpern wir durch unser Leben,

als wär’ das Nachdenken verboten,

beständig greifen wir daneben.

Und wenn dann doch wider Erwarten

der Intellekt uns übermannt,

wenn wir in höh’re Sphären starten,

die wir zuvor kaum je gekannt,

ein Geistesblitz ganz unverstellt,

gleich einem unverhofften Schweben,

uns plötzlich das Gemüt erhellt,

dass wir uns dabei fast verheben,

dieser so rare lichte Moment

wird von uns leider meist verpennt.

MEINUNGSFREIHEIT

Die Meinungsfreiheit, sagt der Wurm,

die ist ein hehres Gute,

drum kriecht er an das Tageslicht –

und fällt prompt auf die Schnute.

Streckt mutig seinen Kopf heraus,

er will was sagen, forsch und laut,

und kriegt dafür auch noch Applaus –

’ne Amsel kommt, die ihn verdaut.

Hallo Frau Amsel, darf ich’s wagen,

fragt er keck,

Ihnen während Sie kau’n

meine Meinung zu sagen –

dann ist er weg.

IM CAFÉ OHNE NAMEN

Im Café ohne Namen

saßen drei ältere Damen

und diskutierten die Lage.

Sie besprachen die Frage,

wer was mit wem hat,

bei einem Teller Nuss-Nougat.

So hielten Sie Gericht,

leicht machten sie ’s sich nicht,

mit den neuesten Gerüchten –

»ich hätte gern die Torte mit Früchten«,

es tagte quasi das Höchste Gericht,

eine Verteidigung zur Sache gab es nicht.

So wurde allen Damen bald klar,

dass ohnehin früher alles viel besser war,

die News aus dem Orte

bei einem großen Stück Torte,

diskutierten die Drei –

»ach was, geb’n Se gleich zwei

von den leckeren Teilchen,

ich glaub, ich bleib noch ein Weilchen,

und bitte mit Sahne«,

zwitscherte die Dame.

Sie hatten die Kontrolle –

»mmh, diese Marzipan-Rolle«.

Es wurde kritisch gefragt,

nichts wurde vertagt

und nach vielen Sitzungsjahren,

die auch für die Drei nicht immer leichte waren,

von Angesicht zu Angesicht,

hatte ihr Wort im Ort Gewicht,

denn trotz Schokolade und Zimt

waren sie nur selten gnädig gestimmt.

Dann wurde eine abberufen und ohne vieleWorte

kippte sie vornüber in die Früchtetorte.

Dort zuckte sie kurz und verendete schließlich,

da lächelten die beiden anderen süßlich.

Auf ähnliche Weise bei Kandis und Tee

war schließlich auch die Zweite passé

und bevor auch sie auf ähnliche Weise ihr Ende fand,

kündigte die Dritte –

und ging in den Ruhestand.

»KRONE DER SCHÖPFUNG«

Früher reichten Kamm und Seife,

gefragt bei Frauen war’n Charme und Reife,

Witz, Intellekt und guter Stil –

dies alles zählt heut’ nicht mehr viel.

Wer heute gut »performen« will,

muss »stylish« sein – das ist der Thrill.

Wenn Männer sich die Haare geelen,

vor’m Spiegel ihre Falten zählen,

ihre »Problemzonen« erfassen,

sich zu viel Fett absaugen lassen,

sich so komplett neu definieren,

mit Kajal, Lippgloss sich verzieren.

Wer vorher nichts zu bieten hatte,

als eine blank polierte »Platte«,

lässt sich die Wüste jetzt bestücken

mit Haar von Achsel oder Rücken,

Schuhkolonnen in ihren Regalen,

astrale Bodies beim Sonnenaalen.

Nichts gegen gute Körperpflege,

doch vieles steht ihr dann im Wege,

Tuben, Pinsel oder Pasten,

Kuren, Diäten oder Fasten,

Mani- oder Pediküren –

oder sonstige Allüren.

Ist das der neue Männer-Chic?

Wie lautet jetzt der Weg zurück

von diesem eitlen Ego-Tripp?

Wie lautet jetzt,

so fragen sie,

’ne »coole« Exit-Strategie?

Solang die Lösung nicht gefunden,

braucht Mann vor’m Spiegel weiter Stunden.

SCHNÜRSENKEL

Noch früh am Morgen,

sehr in Eile,

gedrückt von Sorgen,

zurrt man die Seile.

Gebückt, gezogen, abgerissen,

hat jetzt vier Enden,

die Laune ist erst recht besch …,

den Rest des Senkels in den Händen.

Flucht laut über die verkürzten Längen –

zu kurz, um sich dran aufzuhängen.

WEITES LAND

Weites Land,

freier Blick,

strahlend weißer Ostseestrand,

großes kleines Stück vomGlück.

Natur, sie spricht,

duftet, lebt,

schaut mir lachend ins Gesicht,

heile Welt, die mit mir schwebt.

Um mich nichts als sanfte Stille,

leise Dünung, helles Licht,

Biene summt und auch die Grille

arbeitet heut’ nicht.

Weiter Horizont entrückt,

im Wind wogt leis’ die Ähre,

tiefer Frieden mich beglückt –

kein Ort, wo ich jetzt lieber wäre.

SCHNECKE

Unter unseren Gartenhecken

fühlt sie sich besonders wohl,

ich kann sie aber auch entdecken

in Blumenbeeten und im Kohl.

Dies ist leider oft der Fall,

auch in der Petersilie,

im Grunde ist sie überall,

mit Bruder, Schwester und Familie.

Selbst unter Balken oder Bohlen

ist sie durchaus mobil,

schleicht sie sich auf leisen Sohlen

trotz ihrer Langsamkeit ans Ziel.

So schleimt sie sich durch’s Leben,

durch Beete und durch Klee,

Regen ist für sie ein Segen,

dann geht sie auf Tournee.

Schmollt sie, dann zieht sie sich zurück,

Probleme sitzt sie gerne aus

und immer weiter, Stück für Stück,

verzieht sie sich ins Schneckenhaus.

Dort lässt es sich gut warten,

ohne dass es sie sehr stresse,

dann geht’s zurück zum Garten,

zu Mohrrüben und Kresse.

Dass sie kein Rückgrat hätte

ist oftmals die Kritik,

charakterliche Defizätte

weist sie jedoch zurück.

Feinschmecker haben ihren Spaß,

fernab aller Diäten,

verschlingen sie sie gern en masse –

denn sie hat keine Gräten.

MAN MUSS WAS TUN

»Man muss was tun«, so sprach das Huhn

und packte seine Sachen.

»Statt immer weiter auszuruhn,

lass ich es richtig krachen.«

So stieg sie in den nächsten Bus

und fuhr in Richtung Stadt,

mit Faulsein war jetzt für sie Schluss,

sie hatte alles satt.

Dort aber fiel die Auswahl schwer,

ein Übermaß an Angebot,

und überall so viel Verkehr,

sie hatte wirklich große Not.

Sie mochte alles leiden,

Kino, Geschäfte und Museen,

doch sie konnt’ sich nicht entscheiden

und ließ alles stehn.

Schließlich wurde sie sehr krank

und erst sehr spät zu ihrem Glück

entschloss sie sich dann Gott sei Dank

und fuhr wieder zurück.

Sanft nahm ihr Mann sie in den Arm

und konnt’ sein Glück nicht fassen,

»Man muss was tun«, schmunzelte der Hahn –

»Man kann’s aber auch lassen …«

GEHEIMES TREFFEN

Ein Ohrwurm gräbt sich durch den Garten,

er ist noch jung und fit

und will nicht länger warten,

denn er hat Appetit.

Auf seinem Wegdurch’s Sediment,

unter des Rasens Narbe,

hat er komplett den Tag verpennt,

doch jetzt weckt ihn die Farbe.

An seines Ganges Ende

erkennt er nun ein Blinken,

kriecht rüber dann behände,

und sieht ’nen Glühwurm winken.

Der schwenkt seine Laterne

mit leuchtend grünem Licht,

das sieht man schon von ferne,

das übersieht man nicht.

Er winkt mit der Latüchte,

es scheint ihn sehr zu quälen,

die neuesten Gerüchte,

die will er jetzt erzählen.

Der Ohrwurm hört nicht weiter hin,

er ist ja noch ein Junger,

nach anderem steht ihm der Sinn,

er hat ganz einfach Hunger.