Der Regenbogendrache 3 - Sarah K. L. Wilson - E-Book

Der Regenbogendrache 3 E-Book

Sarah K. L. Wilson

5,0

Beschreibung

Der Regenbogendrache 3 - Der finale Band der Regenbogendrache Trilogie Zurück im Dominion müssen sich Torald und seine Freunde einer feindlichen Armee von Magiern und ihren Kreaturen stellen. Doch alleine können sie die Feinde nicht bekämpfen. Selbst mit der Hilfe des neuen Dominars scheint der Krieg aussichtlos. In dieser Lage benötigt das Dominion einen Helden. Doch Torald ist kein Held. Aber vielleicht ist er gerade genug.

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Beliebtheit




DER REGENBOGENDRACHE 3

DIE DRACHENSCHULE

BUCH 8

SARAH K. L. WILSON

INHALT

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Kapitel 67

Kapitel 68

Epilog

1

Ich hatte das Gefühl, dass die Golems nach mir riefen.

Vielleicht war das nicht das richtige Wort. Ich konnte sie hinter und unter uns spüren. Und ich sah ihre glühenden Augen durch die zunehmende Dunkelheit.

Was ich nicht sehen oder verstehen konnte, war, wo die Magier waren.

Sie müssen irgendwo in der Nähe sein.

Und es beunruhigte mich, dass es anscheinend nicht allzu viele von ihnen brauchte, um so viele Golems zu kontrollieren. Beim Gedanken an eine Zukunft, in der ein Heer dieser Dinger wie ein Heuschreckenschwarm über das Dominion fegte und alles, was ihm vor die Kiefer kam, zermalmte, lief mir ein Schauer den Rücken herab.

Warum musste meine Narbe immer aufflackern, wenn ich die Wahrheit über schlimme Dinge erfuhr? Warum konnte ich nicht an ein warmes Feuer und ein heißes Bad denken und sie dann spüren?

Meine Kleidung war steif, weil sie an der Luft getrocknet war, nachdem sie vom Sumpfwasser durchtränkt worden war. Ich stank.

Ich habe versucht, es nicht zu erwähnen.

Zyla bewegte sich unbehaglich im Sattel vor mir. Der Mond ging hinter uns auf und sie drehte sich zu mir um.

"Sag mir einfach, wie schlimm es ist", sagte ich schließlich.

"Wie schlimm was ist?", fragte sie unschuldig. "Wir werden von Golems gejagt, schlimmer wird es wohl kaum."

Aber die flugfähigen Golems hatten sich entweder zurückgezogen, um sich neu zu gruppieren, oder sie waren zu weit zurückgeblieben, um uns einzuholen. Der goldene Drache war nirgends zu sehen. Das deutet darauf hin, dass sie sich neu gruppierten. Die Golems waren langsamer als Drachen, aber der Drache sollte mithalten können, wenn er wollte.

"Und sie werden euch töten, wenn ihr nicht eine Himmelsstadt findet, in der ihr euch verstecken könnt", sagte Katlana, die vor mir auf dem Sattel festgebunden war. Ich stieß ihr einen Ellbogen in den Rücken und sie stöhnte. Ich hatte sie zwar nicht getötet, aber das bedeutete nicht, dass ich nett zu ihr sein brauchte.

"Die Tätowierungen oder Male - oder was auch immer sie sind - ich habe sie immer noch nicht gesehen", sagte ich. "Wie schlimm sind sie?"

Zyla grinste und ich merkte, dass sie mich necken wollte. Ich hielt den Atem an.

Normalerweise war mir mein Aussehen nicht so wichtig. Warum machte ihr Grinsen mich dann so nervös? Der bestaussehendste Mann des Dominions war ich noch nie gewissen. Dass mein Gesicht entstellt worden war, sollte mich nicht weiter kümmern. Oder?

Ihr Grinsen ließ nach und stattdessen sah sie mich mit sanften Augen an - fast so, als wüsste sie, was ich dachte.

"Eigentlich sehen sie gar nicht so schlimm aus. Sie sehen aus wie eine Krone, die sich über deine Stirn zieht – durchzogen von einer Rauchschwade. Sie glänzt silbern im Mondlicht. Vom Scheitel aus verzweigen sich Wurzeln an den Seiten deines Gesichts und ziehen sich über den unteren Teil deiner Wangen zu deinem Kiefer. Wenn du dir einen richtigen Bart wachsen lässt, könntest du wahrscheinlich die Bereiche im Gesicht komplett verstecken und hättest nur noch das auf der Stirn."

Ich spürte, wie ich rot anlief. Ich konnte mir keinen richtigen Bart wachsen lassen. Ich hatte mich wochenlang nicht rasiert und niemand hatte es bemerkt.

"Dann sollte ich mir wohl einen wachsen lassen", sagte ich schnippisch, aber meine Eingeweide zogen sich beim Gedanken daran ein wenig zusammen. Albern. Ich war albern.

Das ist in Ordnung. Keiner mag es, wenn sein Aussehen gegen seinen Willen verändert wird.

Ich hatte größere Probleme, um die ich mich kümmern musste. Darauf sollte ich mich konzentrieren. Wir folgten nun seit geraumer Zeit der Straße und konnten immer noch Golems unter uns sehen. Wie tief waren sie bereits ins Dominion vorgestoßen?

Ich sollte Katlana diese Fragen stellen, aber ich wollte warten, bis wir gelandet waren. Ich wollte Nostars Rat, um zu entscheiden, was ich mit ihr machen sollte. Grüne waren keine Krieger, aber Nostar war mindestens zehn Jahre älter als ich und Veteran des Wahrheitskrieges. Vielleicht hatte er eine Idee, was wir mit der Gefangenen machen könnten.

Wir flogen durch die Nacht, bis Zyla im Sattel einnickte. Erst als wir die letzten Golems hinter uns gelassen hatten, atmete ich zum ersten Mal erleichtert auf. Wir erreichten endlich die Ausläufer der Berge und ich konnte mich endlich entspannen.

Gerade als ich spürte, wie sich die Anspannung in meinem Bauch löste, brüllte Nostar und Tachril stürzte zu Boden.

Was war passiert?

Die anderen grünen Drachen folgten ihm, flogen dicht über einer grasbewachsenen Waldlichtung hinab und fackelten das Gras mit so viel Enthusiasmus ab, dass mir mulmig wurde.

Saboraak? Werden wir angegriffen?

Ich suchte den Himmel und den Boden unter uns ab, aber alles, was ich sehen konnte, war brennendes Gras. Es bildete ein seltsames Symbol mit einem Ring drumherum und in der Mitte des Rings stand Tachril auf seinen Hinterbeinen, hielt seine Flügel und seine Halskrause so weit wie möglich in alle Richtungen gespreizt.

Ich presste meinen Kiefer zusammen. Vielleicht stand er unter einem magischen Bann. Vielleicht wurden wir angegriffen.

Saboraak?

Mein Herz raste. Ich wirbelte herum und suchte unsere Umgebung ab... suchte und suchte weiter...

Zyla war aufgewacht und tat es mir ebenso panisch gleich.

Saboraak stürzte wie ein Komet vom Himmel und ich zog schnell meine Messer und machte mich bereit, uns zu verteidigen.

Was auch immer los war, es musste ernster sein, als ich es mir vorstellen konnte.

2

Wir landeten auf einem Hügel und überblickten das brennende Gras unter uns.

"Werden wir angegriffen?", fragte ich laut.

Saboraak schwieg und beobachtete Tachril dabei, wie er mit ausgebreiteten Flügeln auf seinen Hinterbeinen hin und her stolzierte. Ich konnte hören, wie die Grünen im Tal unter uns ihre Drachen anbrüllten und sich gegenseitig etwas zuriefen.

"Saboraak?"

Immer noch keine Antwort. Vielleicht stand auch sie unter einem Bann.

"Pass auf die Gefangene auf", sagte ich zu Zyla, und auf ihr zügiges Nicken hin sprang ich von Saboraaks Rücken, stürzte mich vor sie und packte ihren riesigen Kopf mit beiden Händen, damit ich in eines ihrer großen Augen blicken konnte.

Zyla hatte recht gehabt mit den Tätowierungen. Im hellen Mondlicht konnte ich sehen, wie sie sich in Saboraaks Auge spiegelten. Sie waren lächerlich, aber eigentlich gar nicht so schlimm. Es sah fast so aus, als trüge ich einen gekrönten Helm, der unter meinem Kinn befestigt war.

"Saboraak", sagte ich sanft, "geht es dir gut?"

Ja. Ihre Stimme war verlegen. Die Halskrause hat mich abgelenkt.

"Ähm... werden wir angegriffen? Sollten wir vielleicht weiterfliegen, wenn die Gefahr vorüber ist?"

Nein. Wir übernachten hier.

"Wir können hier nicht bleiben. Die Golems sind direkt hinter uns. Wir haben vielleicht ein paar Stunden Zeit. Im besten Fall. Wir müssen fliegen. Bist du verletzt?"

Ich blickte zu Zyla. Sie sah so besorgt aus, wie ich mich fühlte, in einer Hand hielt sie ihren Speer, die andere hielt Katlana fest.

Wir bleiben heute Nacht hier. Ein paar Stunden reichen. Ich muss... über einige Dinge... nachdenken.

"Dinge? Wie eine Golem-Invasion und dass wir in die nächste Himmelsstadt müssen, um vor ihr zu warnen und dem Dominar eine Nachricht zu überbringen? Dinge, wie die Gefangene, die wir hier haben und die befragt werden muss, oder der Verräter, der mich geheilt hat? Solche Dinge?"

Mir war heiß, ich fühlte mich, als stünde ich kurz vor der Explosion. Ich atmete tief durch und fuhr mir mit der Hand über das Gesicht. Gegen einen widerspenstigen Drachen half nichts. Ich konnte sie nicht zum Fliegen zwingen. Und es sah auch nicht so aus, als wären die Grünen eine große Hilfe. Die fünf anderen Drachen versammelten sich jetzt um Tachril und umkreisten ihn und ihre Reiter sattelten sie ab.

Sobald sie frei waren, spien die fünf grünen Drachen um Tachril herum Feuer und er sprang und vollführte Rollen, wobei er im selben Rhythmus wie die anderen Drachen Feuer spie.

Und wahrscheinlich konnte man uns so von Weitem erkennen.

Ich seufzte und strich mir über mein müdes Gesicht.

Alle unsere Drachen waren verrückt geworden.

"Wir können ein Feuer machen und das Lager aufschlagen", sagte ich zu Zyla. "Es sieht so aus, als kommen die Drachenreiter zu uns. Bis diese durchgedrehten Biester mit ihrem Zirkus fertig sind, sitzen wir hier fest."

"Meinst du, das hat einen religiösen Hintergrund?", fragte Zyla, die mir die Satteltaschen zuwarf.

"Haben Drachen eine Religion?"

"Frag mich nicht. Himmel und Sterne! Ich habe nicht gedacht, dass es noch schlimmer werden kann!"

"Deshalb sind Golems besser", sagte Katlana augenzwinkernd. "Sie tun, was man ihnen sagt."

Saboraak wirbelte blitzschnell herum. Sie riss Katlana von ihrem Rücken und warf sie zu Boden und wandte sich wieder den grünen Drachen zu.

"Komm schon", sagte ich und zog sie auf die Beine. Ich wollte sie fragen, ob es ihr gut ging. Sollte ich sie das fragen? Sie wollte mich tot sehen.

Ich setzte Katlana auf einen umgestürzten Baumstamm, neben das Feuer, das Zyla angemacht hatte, holte unsere Schlafsäcke und einen Teekessel hervor, da erreichten uns die anderen Drachenreiter.

"Sie sind verrückt geworden", sagte Nostar mit bleichem Gesicht. "Die ganze Welt ist verrückt geworden."

"So ungefähr", sagte ich und stellte den Kessel auf den Steinen neben dem Feuer ab. "Warum setzt ihr euch nicht hin? Ich habe ein paar Dinge zu sagen, die euch vielleicht interessieren."

3

"Du bist also nicht der, der du behauptet hast zu sein", sagte Nostar schließlich.

Das Feuer war erloschen und alle anderen schliefen - sogar Katlana. Wir hatten versucht, sie zu befragen. Sie hatte nichts gesagt. Nicht über die Golems oder wie sie dorthin gekommen waren. Nicht darüber, ob noch mehr kamen oder wie viele Magier sie steuerten. Nicht einmal darüber, ob sie sie von hier aus steuern konnte. Nostar hatte ihr ein Kräutermittel gegeben, das sie klaglos angenommen hatte.

"Wir hatten keine andere Wahl. Wir wussten nicht, wem wir vertrauen konnten, und unsere Mission ist zu wichtig", sagte ich und nippte an meinem Tee.

Ich war müde, aber wie Nostar machte ich mir Sorgen um unsere Drachen. Trotz meiner Erschöpfung fühlte ich mich nervös, ich hatte das Gefühl, dass das, was auch immer sie getrieben hatten, mehr war als eine bloße Zirkusvorstellung.

"Das kann ich dir nicht verdenken", sagte Nostar und rieb sich sein müdes Gesicht. Ab und zu musterte er meine Tätowierungen, wenn er dachte, dass ich es nicht bemerkte. "Und wir glauben dir. Ich meine, diese Zeichen in deinem Gesicht sind seltsam. Und ich weiß nicht, wie du sie sonst bekommen hättest. Und das Mädchen und die Golems bestätigen deine Geschichte." Er seufzte. "Ich hatte nicht gedacht, dass der Krieg so schnell wiederkehrt. Hast du im Wahrheitskrieg gekämpft?"

"Ich habe zugesehen, wie meine Himmelsstadt eingestürzt und dann verbrannt ist."

"Vanika?" Er warf mir einen besorgten Blick zu.

"Ja." Der Wind frischte auf und der Rauch flackerte hin und her und hin und wieder ins Gesicht. Die Glut leuchtete hell auf.

"Ich habe das Gerücht gehört, dass der Dominar eure Stadt auf dem Weg zur Hauptstadt in Brand gesteckt hat."

"Das stimmt", sagte ich. "Ich habe es mit eigenen Augen gesehen."

Ich verdrängte die Erinnerungen, die mich zu überwältigen drohten, und meine Hand zitterte leicht. Wie von meinem Schmerz gerufen, flackerte mein Schattenselbst auf und hob eine Augenbraue. Wütend stieß ich ihn weg.

"Der Dominar ist eine beeindruckende Frau", sagte Nostar.

"Du hast sie kennengelernt?"

"Nein. Aber ich habe sie von Weitem gesehen. Unsere Einheit hat vor der Hauptstadt gegen die Ifrits gekämpft. Wir waren damals fünfzehn Leute. Wir waren Teil einer größeren Einheit loyaler Reiter."

Seine Worte waren schwer, so voller Erinnerungen wie meine eigenen.

"Ein Ifrit hat viele meiner Freunde getötet", erzählte ich. "Er hat sie gegen Gebäude geschleudert. Einfach so."

Mein ganzer Körper sträubte sich gegen die Erinnerung. Ich atmete absichtlich tief durch, verdrängte sie und nippte an meinem Tee.

Ich sah auf und sah, dass Nostar mich beobachtete und nickte.

"Du hast diesen Blick. Du hast schon viel erlebt. Ich konnte sehen, dass du nicht wirklich ein Violetter bist."

Ich hob die Augenbrauen und ließ fast meinen Tee fallen. Wir hatten ihm alles erzählt - nur das nicht. Wir hatten es nicht gewagt, das zu erzählen.

"Wie...?"

Er nickte zu Saboraak und ich erstarrte. Sie hatte von Lila zu Grün gewechselt. Ich fluchte leise. "Himmel und Sterne!"

Er gluckste. "Ich glaube, du solltest dich mir anvertrauen."

"Sie ist weiblich", sagte ich leise. Das war nur für seine Ohren bestimmt. "Sie kann Farbe und Form wechseln."

Er grunzte. "Nun. Das erklärt ein paar Dinge. Hast du schon mal Spatzen im Frühling beobachtet?"

Ich schüttelte den Kopf. Was für eine seltsame Frage!

Wir saßen ein paar Minuten lang schweigend da, bevor er mir auf die Schulter klopfte.

"In diesem Fall, Torald Wine - so heißt du doch, oder? - werde ich mich etwas hinlegen. Entweder haben die Drachen sich bis Sonnenaufgang beruhigt, oder wir müssen eine andere Möglichkeit finden, weiterzureisen."

Wir hatten keine andere Möglichkeit, aber ich verstand, was er meinte. Ich nickte, doch schloss mich ihnen nicht auf ihrem Weg zum Lager an. Ich schlug meines neben Saboraak auf.

Sie sah mich nicht an. Sie schien mich nicht einmal zu bemerken. Ich seufzte und setzte mich neben sie.

"Ich glaube, es ist an der Zeit, dass du mir erzählst, was hier passiert", sagte ich.

Sie mögen mich.

"Und das können sie dir nur durch akrobatische Kunststücke zeigen?"

Irgendwie. Sie klang peinlich berührt.

"Und du kannst sie nicht einfach bitten, damit zu warten?"

Wenn der Tanz einmal begonnen hat, muss er auch zu Ende gebracht werden.

"Was bedeutet das? Was wollen sie?"

Sie wollen mich.

"Nun, sie können dich nicht haben. Du bist mein Drache."

Sie schnaubte laut. War das ein Lachen?

Natürlich, du bist mein Reiter, Torald. Sie wollen etwas anderes. Sie... nun, sie umwerben mich.

"Was, alle zusammen?" Ich war schockiert. Ich hatte es nicht ertragen können, dass Eventen Zyla den Hof gemacht hatte. Dafür schuldete ich ihm ohnehin noch eine Abreibung!

So ist es nicht.

Vielleicht sollte ich diesen Drachen eine Abreibung verpassen, wenn ich schon dabei war. Mal sehen, ob ich ihnen etwas Vernunft einbläuen konnte.

Du vergisst immer, dass wir keine Menschen sind. Bei uns Drachen laufen die Dinge anders.

"Na gut. Warum erklärst du es mir nicht?" Ich versuchte, nicht allzu genervt zu klingen. Besonders gut gelang es mir nicht.

Sie schnaufte wieder.

Es ist sehr anstrengend, Dracheneier aufzuziehen. Zunächst einmal müssen die Eier heiß gehalten werden, bis sie schlüpfen - und zwar nicht nur bei Körpertemperatur, sondern richtig heiß. Das bedeutet, dass die ganze Zeit über ein Drache Flammen speien muss. Und ein Drache - selbst zwei Drachen - sind dafür nicht genug.

Sie meinte doch nicht etwa, dass sie sie alle als Liebhaber nehmen wollte, oder? Ich spürte, wie ich bei dem Gedanken rot anlief.

Im Ernst, Torald. Du musst aufhören, so menschlich zu denken!

"Kann ich was dafür?"

So funktioniert das nicht. Es gibt viel weniger weibliche als männliche Drachen. Sehr viel weniger. Und wenn ein Weibchen eine Familie gründet, ist das nicht wie eine menschliche Familie. Es ist wie... eine menschliche Himmelsstadt. Es ist eine große Sache. Das Weibchen hat über viele Jahrzehnte hinweg viele Nachkommen. Kennst du dich mit Bienenstöcken aus?

"Ich bin ein Stadtkind, schon vergessen?"

Sie seufzte erneut. Lass mich versuchen, das für dich zu vereinfachen. Tachril umwirbt mich. Aber seine Schar - Hyoogan, Nazscal, Elumans, Nelmper und Izhoedi - bietet ihm an, sein Gefolge zu sein. Das heißt, sie werden das Nest bewachen, die Eier wärmen und mit uns eine Drachenkolonie zu gründen, mit mir als Königin.

"Ich weiß nicht, ob du es bemerkt hast, aber wir haben keine Zeit, um Drachenkolonien zu errichten. Oder um eine aufwendige Balz zu veranstalten. Auch wenn es schmeichelhaft ist, eine Rolle als Königin angeboten zu bekommen. Wir sind auf der Flucht vor Golemhorden!"

Wenn die Zeremonie einmal begonnen hat, darf sie nicht ohne eine Antwort beendet werden.

"Dann sag Nein und lass uns abhauen!"

Der Blick, den sie mir zuwarf, konnte kaum feindseliger sein. Ich wich zurück.

"Du willst doch Nein sagen, oder?"

Ich bin mir nicht sicher.

"Du bist dir nicht sicher?" Es war zum Haareraufen. Und das alles nur, weil ein Drache ihr einen Heiratsantrag gemacht hat!

Bist du dir bei Zyla sicher? Würdest du sie gerne heiraten?

"Ich weiß es nicht!" Jetzt schrie ich fast. Ich senkte meine Stimme und sah mich in der Dunkelheit um. Hoffentlich hatte ich niemanden geweckt. Wir hatten keine Wachen aufgestellt. Wir gingen alle davon aus, dass die Drachen es bemerkten, wenn Feinde kämen.

Nun, ich weiß es auch nicht.

"Sei vernünftig", zischte ich. "Wo willst du überhaupt eine Kolonie errichten? Die Ländereien von Haz'Drazen sind doch sicher schon überfüllt. Das Dominion hat keinen Platz für eine Drachenkolonie. Denk mal sachlich."

Ich dachte vielleicht an Kav'ai. Oder Ko'Torenth.

"Was?" Ich hatte Mühe, leise zu sprechen.

Nun, du trägst ihre Male. Wenn du diese Golem-Armeen besiegt hast, schulden sie dir etwas, denke ich. Zum Beispiel einen Platz für deine Drachenkolonie.

Sie meinte es ernst. Sie dachte ehrlich darüber nach. "Wenn du Ja sagst, kann ich dann davon ausgehen, dass wir die ganze Zeit an der Seite dieser grünen Drachen bleiben müssen?"

Sie zog eine Augenbraue hoch.

Ich habe dich bei deiner Beziehung zu Zyla immer unterstützt.

"Sie kommt nicht mit fünf anderen Drachen und sechs Menschen im Schlepptau!"

Sie zog die andere Augenbraue hoch.

Ich seufzte. "Kannst du dich wenigstens schnell entscheiden, bevor unsere Feinde kommen und wir alle sterben?"

Sie kniff die Augen zusammen.

Himmel und Sterne!

Ich hörte jemanden lachen und drehte mich um, um mein Schattenselbst zu sehen, der an der Klippe hockte. "Du könntest da runtergehen und ein oder zwei Drachen töten. Das würde klarstellen, wer hier das Sagen hat. Oder du könntest ihr sagen, dass du sie verlässt, wenn sie zustimmt. Sie mag dich. Sie wird diese Drohung ernst nehmen."

"Halt die Klappe", murmelte ich und starrte ihn an. "Verschwinde, du machst nichts als Ärger."

Er lachte immer noch, als ich mich zu meinem Platz zurückschlich, und versuchte zu schlafen, aber es fiel mir nicht leicht. Ich konnte nicht aufhören, mir Sorgen zu machen, wie ich einen Platz für Saboraaks Drachenkolonie finden sollte. Ich machte mir keine Illusionen, dass sie Nein sagen würde. Sie war viel zu sehr angetan von der lächerlichen grünen Halskrause.

Ich sage dir, dass die Halskrause ein sehr attraktiver Teil eines männlichen Drachens ist.

Ich hielt mir die Hände über die Ohren, aber ihr Lachen hallte trotzdem noch in meinem Kopf nach.

4

Am nächsten Morgen rüttelte mich Zyla wach und drückte mir eine heiße Tasse Tee in die Hand. Ich nippte müde daran.

"Komm schon, Torald", sagte sie, "das musst du dir ansehen."

Meine Augen wurden groß. "Golems?"

"Nein", lachte sie. "Komm und sieh selbst."

Ich folgte ihr durch das Lager - oder was davon übrig war. Die grünen Drachenreiter hatten das meiste Gepäck bereits am Rande des Hügels aufgestapelt.

Saboraak war nicht mehr an ihrem Platz. Ich spürte, wie mir ein Schauer den Rücken herablief, und blieb stehen. Wo war sie?

Zyla nahm lächelnd meine Hand und zog mich an den Rand des Hügels. "Sieh", sagte sie. "Ist das nicht schön?"

Unter uns, im Inneren des ins Gras gebrannten Symbols, lagen Saboraak und Tachril im Gras, ihre Köpfe an den Flanken des anderen, wie ein Paar Hunde vor dem Feuer. Die anderen Drachen schliefen in einem Kreis um sie herum.

Ich seufzte. "Das wird die Sache verkomplizieren", sagte ich.

"Wie wahr", sagte Nostar, der ebenfalls mit einer Tasse Tee zu uns stieß. "Glaubst du, wir können sie wieder zum Fliegen bringen?"

"Besser wäre es", sagte ich mit finsterem Blick. "Eine Armee von Golems ist unterwegs zu uns. Hoffentlich wartet sie, bis die Drachen ihre Kolonie errichtet haben."

"Kolonie?", fragten Nostar und Zyla gleichzeitig mit schockierten Gesichtern.

"Nichts anderes bedeutet das", sagte ich und deutete auf die beiden aneinandergekuschelten Drachen. "Dieses niedliche kleine Schauspiel bedeutet, dass all diese Drachen dort unten vorhaben, in den nächsten Jahrzehnten ihre eigene Drachenkolonie zu errichten, und wir anderen müssen uns dem unterordnen! Ich hoffe, sie können sich zurückhalten, bis wir diesen Krieg beendet haben."

Zyla schnalzte mit der Zunge. "Sei nicht so voreingenommen, Torald. Du hast doch nicht erwartet, dass sich ihr Leben nur um dich dreht, oder?" Während sie sprach, faltete sie sorgfältig einen Schal in ihren Händen. "Das ist einer von meinen. Deiner ist ein bisschen abgenutzt. Katlana hat die Nacht damit verbracht, ihn an einem Felsen zu reiben. Hier."

Sie griff nach oben und band das schwarze Tuch um meine Stirn, um die goldenen Kronenmale zu verdecken.

Nostar seufzte, warf mir einen grimmigen Blick zu und reichte mir die Hand. Nach kurzem Zögern nahm ich sie.

"Nun, Torald. Ich schätze, wir werden uns jetzt ziemlich gut kennenlernen. Bist du bereit, einen Krieg zu verhindern und dann gemeinsam eine Drachenkolonie zu errichten?"

"Nichts täte ich lieber", sagte ich und schüttelte seine Hand.

Er gluckste. Er verkraftete das besser als ich. "Woher weißt du das alles?"

"Weibliche Drachen kommunizieren in Gedanken", sagte ich.

"Du meinst, sie ist die ganze Zeit in deinem Kopf?"

Ich nickte und er lachte und klopfte mir auf die Schulter. "Gut, dass mir das erspart bleibt."

"Alarm!", ein Schrei ertönte aus dem Lager und Janes rannte auf uns zu. Er war außer Atem. "Golems im Norden gesichtet!"

Ich strengte meine Augen an, aber Nostar zog ein Fernrohr aus seinem Mantel.

"Himmel und Sterne! Sie sind keine Stunde entfernt. Wir sollten uns beeilen!"

"Zu Land oder in der Luft?", fragte ich.

"In der Luft."

"Kannst du Katlana mitnehmen? Drei sind eine große Last für Saboraak."

Er nickte.

"Saboraak!" rief ich in Gedanken. "Auf! Hoch! Sie sind hinter uns her!"

In Sekundenschnelle sprang sie auf und flog zu uns, Tachril folgte nur einen Flügelschlag hinter ihr. Die anderen Grünen wirbelten ungestüm durch die Luft und landeten um unser behelfsmäßiges Lager herum. Kaum waren sie gelandet, stürmten ihre Reiter mit Sätteln und Zügeln in der Hand herbei.

Zyla lief zu mir und drückte mir den Sattel von Saboraak in die Hand. "Ich hole den Rest."

Ich warf ihr den Sattel über den Rücken und sie erhob sich in die Luft. Sie war heute grün. Das war klar.

"Schau nicht so selbstgefällig", sagte ich ihr und schnallte mich fest.

Du wirst die Grünen lieben, sagte Saboraak. Sie sind genauso abenteuerlustig und impulsiv wie du!

Einer von mir war schon schlimm genug. Zwei, wenn man mein Schattenselbst mitzählte.

Aber sie sind nicht annähernd so launisch.

Ich war nicht launisch. Ich war nur damit beschäftigt, dass meine Begleitung völlig außer Kontrolle geraten war.

Technisch gesehen seid ihr alle meine Begleitung.

"Red dir das nur ein", sagte ich und schnappte mir die Taschen, die Zyla mir reichte, und schnallte sie fest.

Ich schwang mich stirnrunzelnd in den Sattel und half Zyla, die ihren Speer umklammerte, sich hinter mir festzuschnallen. Ich runzelte immer noch die Stirn, als wir uns mit einem Flügelschlag in die Luft erhoben. Ich runzelte immer noch die Stirn, als ich die Golems mit freiem Auge erkennen konnte.

Wenn sie uns einholten, waren sechs zusätzliche Drachen vielleicht gar nicht so schlimm. Sie könnten sich sogar als große Hilfe erweisen.

Das sage ich dir doch schon die ganze Zeit!

Ich runzelte wieder die Stirn.

5

Es war schon fast Nacht und wir hatten den dichten Wald hinter uns gelassen, da kam mir der Gedanke, ob die Golems uns jagten, oder uns in eine bestimmte Richtung trieben. Ich dachte, es gehörte zu unserem Plan, nach Estabis zu fliehen, aber was, wenn sie uns genau dort haben wollten?

Katlana war wortkarg geblieben, und obwohl ich es mochte, Zyla hinter mir zu haben, die sich mit ihren warmen Armen an meinen Rücken klammerte, hätte ich gerne mehr Zeit gehabt, Katlana zu befragen.

"Wir könnten es mit anderen Mitteln versuchen", schlug Nostar bei einer kurzen Pause vor. "Aber das können wir nicht vor Einbruch der Dunkelheit versuchen und selbst dann mache ich mir Sorgen, ob wir ihre Dosis verringern können."

"Dosis?", fragte ich.

"Nun, wir können eine Magierin nicht gefangenhalten, wenn sie nicht betäubt ist. Das weißt du doch, oder?"

Ich hatte es nicht gewusst. Ich war schockiert, als mir klar wurde, was für eine Kräutermischung Nostar und seine Männer ihr gestern Abend verabreicht hatten.

"Es nimmt ihr die Fähigkeit, sich zu konzentrieren", erklärte Nostar. "Damit sie nicht zaubern kann. Langfristig wird es ihr nicht schaden. Wärst du ordentlich ausgebildet worden, wüsstest du das alles."

Ich wollte widersprechen, aber ich sah keine andere Möglichkeit. Wenn wir ihr die Kräutermischung nicht weiter verabreichten, hinderte sie nichts daran, zu fliehen oder uns sogar zu töten, selbst wenn ihre Hände auf dem Rücken gefesselt waren.

"Aber warum hat sie keine Magie gegen uns eingesetzt, als wir geflohen sind?", fragte ich.

"Das", sagte Nostar, "ist die Frage. Hältst du es für möglich, dass sie gefangen werden wollte?"

"Warum sollte sie das wollen?"

"Vielleicht wollte sie, dass du sie dorthin führst, wo unsere Truppen versammelt sind. Oder vielleicht will sie etwas anderes von dir. So oder so, wir müssen sie genau im Auge behalten."

Ich nickte.

Und jetzt, in der Dunkelheit der Nacht, an Saboraaks Rücken geklammert, mit einer schlafenden Zyla hinter mir, deren Kopf an meiner Schulter ruhte, machte ich mir wieder Gedanken darüber. Warum war es so einfach gewesen, Katlana zu fangen? Was wollte sie wirklich von uns? Und wie konnte ich verhindern, dass sie es bekam?

Wir hatten die Golems weit hinter uns gelassen, und unseren Vorsprung ausgebaut. Die Drachen wurden müde, aber Nostar bestand darauf, dass wir die Nacht hindurch nach Estabis durchflogen.

"Sie können sich in den Drachenhöhlen ausruhen, wenn wir ankommen. Unsere Mission ist zu wichtig", sagte er. Er war konzentriert, jeder Zug in seinem Gesicht, jede Bewegung seines Körpers zielgerichtet, wie ein Jagdhund. Ich fing an, Nostar fast so sehr zu mögen, wie ich mir Sorgen um Saboraak machte.

Sie war distanziert, seit sie auf Tachrils Annäherungsversuch eingegangen war. Sie flogen auf gleicher Höhe nebeneinander, sahen einander oft an und ich spürte, wie meine Anspannung mit den Stunden, in denen sie mich anschwieg, stieg.

"Du wurdest ersetzt, Junge", meinte mein Schattenselbst am frühen Abend. "Halte dich lieber an Zyla, sonst ist sie irgendwann auch weg."

"Ich bin nicht ersetzt worden", sagte ich mit finsterem Blick. "Sie kann mit mir keine Drachenkolonie schaffen. Das ist eine ganz andere Sache."

"Aber es fühlt sich so an, als wäre es so, oder?", fragte der andere Torald. "Und es fühlt sich furchtbar an."

Es fühlte sich wirklich furchtbar an. Noch schlimmer war, dass Saboraak nicht zu bemerken schien, dass ich mich furchtbar fühlte. Sie war zu sehr damit beschäftigt, Tachril mit leuchtenden Augen anzustarren.

"Du solltest dich auf etwas anderes konzentrieren", sagte mein Schattenselbst leichthin. "Was ist mit dieser Katlana? Ich wusste, es war ein Fehler, sie am Leben zu lassen. Sobald unseren Begleitern die Kräuter ausgehen, wird sie zu ihrer Magie greifen und euch töten. Vielleicht solltest du dafür sorgen, dass sie vorher einem kleinen 'Unfall' zum Opfer fällt."

Ich ignorierte ihn. Aber ich ließ ihn nicht verschwinden, wie ich es hätte tun sollen. Schließlich stimmte der größte Teil von mir mit ihm überein. Und es fühlte sich gut an, dass mir jemand zustimmte und verstand, wie ich mich fühlte, auch wenn es nur mein Schatten war.

"Wir sind dieselbe Person", erinnerte er mich, als die Lichter von Estabis am Horizont erschienen. "Genau dieselbe."

Und ich hörte zu, weil ich zuhören wollte.

Und so schlief ich ein, mein Kopf wippte auf meiner Brust, bis Zyla mich an sich zog. Ich schlief entspannt und ließ zu, dass ihre starken Arme mich hielten. Bei mir und Zyla war es anders als bei Saboraak und Tachril. Zum einen verkomplizierten wir nicht das Leben eines halben Dutzends anderer Menschen. Und wir sorgten auch nicht dafür, dass sich irgendjemand im Stich gelassen fühlte. Und das war wichtig.

Verbitterung steht dir nicht, Torald, sagte Saboraak, die mich endlich beachtete, jetzt, wo ich eingeschlafen war. Ich ignorierte sie. Geschah ihr recht.

Ich wachte erst wieder auf, als Zyla mir ins Ohr flüsterte: "Wach auf, Torald. Wir sind gleich da."

"Estabis?", fragte ich schläfrig und rieb mir die Augen.

"Ja. Und wir haben ein Problem."

6

Problem war noch milde ausgedrückt. Kalte Angst überkam mich beim Anblick, den der Boden vor der Himmelsstadt Estabis bot. Ich hatte gehofft, rechtzeitig anzukommen. Aber wir waren zu spät.

Der dichte Wald unter uns war Feldern und Straßen, die die hoch aufragende Himmelsstadt umgaben und im Morgenrot golden strahlten, gewichen. Am Waldrand stand still eine endlose Reihe von Golems. Ihre Blicke waren nach vorne gerichtet und ihre Augen leuchteten nicht.

Genau wie im gelben Regen fühlte ich mich zu ihnen hingezogen. Ich musterte einen genauer und fragte mich, was uns verband. Welche Art von Beziehung konnte es zwischen mir und diesem Ungetüm aus Metall und Magie geben?

Als hätte ich den Namen des Golems gerufen, hob er den Kopf und seine Augen erwachten zum Leben. Er sah zu mir auf und ich schnappte nach Luft.

Das war alles. Der Rest blieb still und schweigend. Nur dieser eine Golem starrte mich an und folgte mir mit seinem Blick, während wir über ihn hinwegflogen. Und ich spürte, wie etwas an mir zerrte, dass jeder Einzelne von ihnen dort aufgereiht war, mich ansah und... auf etwas wartete.

Meine Haut kribbelte, als liefe eine ganze Ameisenkolonie über meinen Körper. Ich konnte fast sehen, wie sich die Zukunft zusammensponn - diese Golems marschierten vorwärts und überrannten die Stadt. Oder... was, wenn es nicht so sein musste? Was, wenn sie umdrehten und in die andere Richtung marschierten? Beim Gedanken daran spürte ich eine Blockade, als ließen sich die Fäden nicht in diese Richtung spinnen. Aber ich spürte auch, dass diese Blockade eine Schwachstelle hatte, dass ein einziger Punkt im Gewebe dieser Geschichte alles verändern konnte.

Das Mal an meiner Hand pulsierte kalt bei dem Gedanken. Die Wahrheit. Interessant. Wenn ich nur diesen Punkt finden könnte, diese eine Stelle, an der ein wenig Druck alles verändern konnte...

Torald?

"Bist du jetzt fertig damit, ihm schöne Augen zu machen, Saboraak?"

Sei nicht so bitter. Das passt nicht zu dir.

"Nun, ich weiß nicht so recht. Hubric trinkt etwas, das Kaffee heißt, und ich mag seinen bitteren Geschmack."

Sie seufzte.

"Oh, lass dich nicht stören. Ich denke nur über einen Weg nach, diesen Krieg zu verhindern. Kümmere dich nicht um mich und konzentriere dich auf deine Romanze. Ich bin nur der Mensch auf deinem Rücken, der dachte, er könne sich auf dich verlassen."

Es tut mir leid, Torald. Es hat mich... erwischt.

"Das ist deine Chance!", sagte mein Schattenselbst und erwachte zum Leben. "Nutze das, um ihre Aufmerksamkeit zurückzuerlangen!"

Was auch immer er sagte, ich sollte das Gegenteil tun. Aber es dauerte einen Moment, bis ich mich genug gesammelt hatte, um ihn gedanklich beiseitezuschieben. Saboraak war eine so gute Freundin, schuldete ich ihr nicht etwas Nachsicht?

"Deine Kolonie sollte besser fantastisch sein, Saboraak. Um das klarzustellen: Ich verlange einen Ort mit einem richtigen Bett. Das scheint ein Luxus, in dessen Genuss ich nicht allzu oft komme."

Ich konnte den Ansatz eines Lächelns durch unsere Verbindung spüren.

"Und keine Golems. Ich fürchte, von denen werde ich dann für immer genug haben."

Ich verspreche, dass es keine Golems geben wird.

"Und euer erstes Kind bekommt meinen Namen."

Du bist ganz schön anspruchsvoll! Ich hoffe es wird ein Mädchen, das nenne ich dann Toraldine.

"Vielleicht finden wir in dem Punkt einen Kompromiss. Oh, und im Ernst: könnt ihr warten, bis der Krieg vorbei ist? Gegen die Golem-Armeen, verrückten Magier und seelenraubenden Artefakt-Händler werden wir all unsere Kraft brauchen."

Das ist mir klar, ja.

"Und das sind wirklich nicht die besten Umstände, um eine Familie zu gründen."

Torald?

"Ja?"

Können wir uns bitte einfach wieder vertragen, ohne zu sticheln?

"Dann wäre ich nicht ich selbst."

"Das meiste davon habe ich mitbekommen", sagte Zyla hinter mir. "Es ist gut, dass ihr euch versöhnt habt. Du weißt, dass du Glück hast, dass du sie hast, oder?"

"Können alle Frauen in meinem Leben Gedanken lesen?"

"Saboraak lässt mich manchmal mithören", sagte Zyla.

Ich knirschte mit den Zähnen. Verschworen sich alle Frauen gegen mich oder fühlte es sich nur so an? Jetzt waren sogar meine intimsten Gedanken nicht mehr privat!

"Vielleicht solltest du darüber nachdenken, was du dem Kastellan sagen willst, wenn wir Estabis erreichen", schlug ich Zyla vor.

"Ich?" Sie klang nervös.

"Nun, du bist die Meisterspionin, nicht ich. Du bist diejenige mit der adeligen Familie. Und du bist diejenige mit dem furchterregenden Speer in der Hand. Ich weiß nicht, warum du gedacht hast, dass jemand anderes in Frage käme."

"Du bist derjenige, der eine Krone im Gesicht trägt."

Ich grinste. "Damit will ich doch nur die Damen beeindrucken."

"Niemand von uns ist beeindruckt."

Ich warf einen Blick über meine Schulter auf die kleiner werdende Reihe der Golems. Wenn sich meine Sorgen doch nur darauf beschränkten, Zyla zu ärgern, anstatt einem Krieg mit übermenschlichen Feinden zu gelten.

"Haltet euch bereit!", rief Nostar und ich wandte meinen Blick wieder nach vorne, um zu sehen, wie die schwarzen Drachen aus ihrer Patrouille um die Stadt ausbrachen, um uns zu kontrollieren.

Ich hoffte, die hier waren echt. Eine weitere Geisterstadt konnte ich nicht ertragen. Ich spürte, wie mir ein Schauer den Rücken herablief. Die Golems hinter uns waren keine Geister, und wenn wir keinen Weg fanden, sie und die anderen Golems, die aus Woelran herbeieilten, aufzuhalten, waren Geister meine geringste Sorge.

7

Der heranfliegende schwarze Drachenreiter trug eine Ganzkörperrüstung - ich hatte noch nie einen Drachenreiter in einer Rüstung gesehen.

Sein Drache war der größte, den ich je gesehen hatte, fast doppelt so groß wie Saboraak, und die Reaktion der Grünen überraschte mich. Sie flogen eng an sie heran - so eng, dass ich ihre Reiter fluchen und schreien hören konnte, da Flügelspitzen und Schwänze in die Gesichter der Reiter peitschten. Tachril stellte seine Halskrause erneut auf, als wolle er den größeren schwarzen Drachen herausfordern, und der Schwarze wich kurz zurück, mit einem überraschten Blick im Gesicht seines Reiters. Die Kehle des Schwarzen pulsierte und beruhigte sich wieder, wobei er einen Feuerstrahl zur Seite ausstieß.

"Ganz ruhig!", hörte ich Nostar rufen.

Der schwarze Drachenreiter räusperte sich. "Alle Besucher werden sofort zum Kastell eskortiert, um beim Kastellan Estabis vorstellig zu werden. Keine Ausnahmen."

"Dem kommen wir gerne nach", sagte Nostar. "Ich bin Kastellan Nostar Kaardis, Drachenreiter der Grünen, und das ist meine Gefolgschaft."

"Sei gegrüßt, Kaardis. Ich bin Kastellan Lee Estabis, Sohn des Kastellans und Drachenreiter der Schwarzen. Ich entschuldige mich für die... besondere Begrüßung", sagte er mit einem Blick auf seinen Drachen, der den Kopf hin und her bewegte, als versuchte er durch die Reihe der Grünen hindurch einen Blick auf Saboraak zu erhaschen. "Ich fürchte, unsere derzeitige Situation erfordert allergrößte Vorsicht." Er wandte sich an seinen Drachen. "Beruhige dich, Krxwhcyyyl! Ruhig, jetzt!"

Der Drache schnippte mit dem Kopf, als wolle er alles andere, als sich zu beruhigen, und Estabis antwortete mit einem Schnalzen seiner Zunge.

"Ich weiß nicht, welcher Teufel in reitet! Wir werden euch zum Kastell begleiten. Ihr werdet dort absteigen und könnt einen einzelnen Drachenreiter bei euren Drachen lassen, der uns hilft, sie zu den Höhlen zu bringen. Sie werden während eurer Audienz versorgt werden. Verstanden?"

"Ja, Kastellan", sagte Nostar.

Ich riss die Augen auf. Als ich Hubric erzählte, dass ich Drachenreiter werden wollte, hatte ich mir genau das vorgestellt. Edle Krieger auf starken Drachen, die in großen Tönen Befehle erteilten und in glänzenden Rüstungen vor den Städten paradierten. Vielleicht eines Tages...

Du wirst mich nie wie so ein aufgedonnertes Zirkuspferd herumstolzieren sehen. Dieser Krxwhcyyyl hat eine viel zu hohe Meinung von sich selbst.

Er sah aus, als verspeiste er andere Drachen zum Frühstück.

Er ist nicht der Hellste. Er denkt, er könnte Tachrils gesamte Gefolgschaft ausschalten, um mich zur Frau zu gewinnen. Dummkopf.

Mich mit Drachenromanzen herumzuschlagen, war nicht meine Aufgabe.

Bei uns Drachen ist es die Aufgabe des besten Freundes.

Ich hatte nicht genug Schuppen, um mich ihren Sitten verpflichtet zu fühlen.

Wir flogen in Richtung der Himmelsstadt Estabis, Lee und vier weitere schwarze Drachenreiter begleiteten uns. Es war später Nachmittag und in der Stadt herrschte reges Treiben, die Straßen wimmelten von Menschen. Bunte Schwärme von Drachen flogen in alle möglichen Richtungen, nur nicht nach Norden. Interessant.

Ich war gleichermaßen aufgeregt und ängstlich. Ich hatte noch nie einen Kastellan in seinem Thronsaal gesehen. Und ich war immer noch neugierig auf die Sehenswürdigkeiten und Gerüche einer neuen Stadt. Aber meine Erinnerungen an Woelran waren noch zu frisch. Jede Schwade, die ich aus einer der Bäckereien unter mir in die Nase bekam, barg die Erinnerung an ein geisterhaftes Pendant aus Woelran. Jeder prachtvolle Drache am Himmel erinnerte mich an einen bloß vorgegaukelten in Woelran. Jede belebte Straße erinnerte mich daran, dass die Straßen in Woelran nur zum Schein voller Menschen gewesen waren.

Hoffentlich entpuppte sich diese Stadt nicht als dieselbe Enttäuschung.

Wir folgten Lee Estabis und seinem schwarzen Drachen bis zum höchsten Punkt der Stadt - dem Hof des Kastells. Irgendjemand hatte sich etwas dabei gedacht. Im Hof stand eine erhöhte Plattform, die aus demselben Himmelsstahl wie die Stadt gewoben war und auf der fünf Drachen nebeneinander landen konnten.

Lee sprang von seinem dickköpfigen Krxwhcyyyl ab und einer der anderen schwarzen Drachenreiter packte ihn an den Zügeln, zerrte ihn beiseite und machte Platz für Tachril mit Nostar und Katlana auf seinem Rücken, schnell gefolgt von den anderen, bis nur noch Saboraak übrig war. Letina auf Nazscal wurde zurückgelassen, um sich um die Drachen zu kümmern.

Saboraak ließ sich nervös nieder.

Kommst du in diesem Kastell zurecht?

Sie sorgte sich um mich? Ich machte mir Sorgen um sie.

Ich bin in guter Gesellschaft. Ich werde schon klarkommen.

"Ich habe meinen Verstand."

Meinst du damit, ich soll mir Sorgen machen?

Ich schnaubte und sprang von ihrem Rücken. Ich griff nach oben, um Zyla zu helfen, aber sie stand schon neben mir und hob eine Augenbraue.

"Heb dir deine Ritterlichkeit für ein anderes Mal auf."

Ich kicherte und folgte ihr zu Lee Estabis, aber mein Kichern verging mir, angesichts des schelmischen Blickes, den er Zyla zuwarf. Ernsthaft. Waren denn alle im Dominion verrückt geworden? Hatten wir denn keine anderen Sorgen als Romantik? Es war noch nicht einmal Frühling und trotzdem waren sie alle mit Balzen beschäftigt. Ich verdrehte die Augen und folgte ihr.

Lee Estabis führte uns durch die Hallen des Kastells. Die Wachen, an denen wir vorbeikamen, an jeder Tür schlugen Wachen laut ihre Hacken zusammen und salutierten stramm. Ein Dienstmädchen quiekte und wich uns mit einem vollen Wäschekorb im Arm aus.

Bislang wirkten sie alle recht echt. Aber ich konnte die Sorge nicht abschütteln, dass sie sich jeden Moment in Nebel auflösen könnten.

Ich war so sehr damit beschäftigt, jedes einzelne Gesicht zu mustern, dass ich ans Ende der Gruppe zurückgefallen waren, als wir die hohen Türen erreichten, die zum Thronsaal des Kastellans führten. Zyla ging an der Spitze der Gruppe, mit entschlossener Miene, und die grünen Drachenreiter schritten mit ihrer üblichen Unbekümmertheit zwischen uns.

Als wir die große Tür erreichten, trat eine Gestalt in schwarzem Leder mit grünen Schals um Hals, Ellbogen und Hüfte heraus. Ihre hohen Stiefel reichten bis weit über die Knie und ihr arroganter Blick stand im Kontrast zur halb geflochtenen, halb lockeren Haartracht der Drachenreiterin. Ein paar winzige Ornamente und Federn waren in der dunklen Masse verknotet, und ihre großen Augen blickten uns eindringlich an.

"Ich übernehme ab hier, Bruder", sagte sie.

8

"Torald Wine", sagte sie, stemmte die Hände in die Hüften und kniff die Augen zusammen. "Und wo ist Hubric?"

"Wo ist Ephretti?", erwiderte ich. Ich kannte Lenora. Das schwarze Drachenreiter-Leder quietschte beinahe, so neu war es. Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, war sie als ihre Schülerin Ephretti hinterhergedackelt wie ein Welpe hinter einem Jagdhund. Während ich Ephretti mein vollstes Vertrauen geschenkt hatte, hatte ich Lenora nie ganz vertraut.

"Und welche Gaunereien hast du heute vor, Torald?"

"Deine dünne Haut zu retten, Lenora."

Sie riss die Augen auf. Wenn sie Schmeicheleien und Unterwürfigkeit erwartet hatte, musste ich sie enttäuschen.

"Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass du nichts weiter bist als eine Straßenratte, die versucht, sich eine Mahlzeit zu erschleichen", sagte Lenora.

"Das Letzte, was ich gehört habe, war, dass du Ephrettis Stiefel geleckt hast, in der Hoffnung, du würdest eines Tages in ihre Farbe aufgenommen werden."

Für Drachenschüler gab es verschiedene Stufen. Es gab die brandneuen Rekruten, dann die Eingeweihten, die immerhin reiten konnten, dann die Vereidigten – diejenigen, die einen Eid abgelegt hatten, den Dominar zu verteidigen – dann, wenn man in seine Farbe aufgenommen worden war, Farbenträger und schließlich wurde man zum vollwertigen Drachenreiter erhoben. Ich war nichts von alledem. Aber das bedeutete nicht, dass ich Lenora deswegen nicht ärgern konnte. Sie war eine geborene Adlige, und wenn man sie wegen ihres niedrigen Ranges in der Welt der Drachenreiter aufzog, wurde sie immer wütend - und das war der einzige Spaß, den ich hatte, wenn sie das Sagen hatte. Sie war zu klug, um sich manipulieren zu lassen, und viel zu misstrauisch, um sich von mir einwickeln zu lassen.

Um mich herum sah ich, wie die Grünen ein Grinsen unterdrückten.

"Du bist spät dran, Torald. Eventen hat uns schon vor Stunden gesagt, dass wir dich erwarten sollen."

Ich wurde bei ihren Worten blass, mir war der Spaß vergangen.

"Er ist hier?", fragte ich.

Aber sie gab mir keine Antwort, sondern drehte sich um, öffnete die Türen und führte uns in den Thronsaal.

Zyla ging mit erhobenem Kopf voran. Ich konnte mich auf sie verlassen. Das war gut, denn meine Augen waren auf Katlana gerichtet. Sie ging, als wäre sie hier zu Gast, obwohl ihre Hände immer noch gefesselt waren und Nostar sie immer noch vorwärtsdrängte.