Der Russische Bär / Antonín Tchekhov und Anton Tschechow - Anton Tschechow - E-Book

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Anton Tschechow

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Beschreibung

Im Kassenschlager Der Russische Bär geht es um das Geld und die Liebe. Der bärenhafte Playboy und Frau-enheld Smirnoff trampelt in das Gutshaus der schönen Witwe Elena. Das verursacht Chaos. Aus den Briefen von Tschechow ist bekannt, dass das Bühnenstück Der Russische Bär seit seiner Uraufführung am 28. Okto-ber 1888 zu einem Riesenerfolg wurde und eine sichere Einnahmequelle für den damals bedürftigen jungen Autor war. Tschechow schreibt, dass nicht lediglich das allgemeine Publikum dieses Theaterstück überall in Russland begeistert angenommen hat, sondern dass sogar der zaristische Finanzminister I. A. Wyschnegradski und das Auswärtige Amt Der Russische Bär mit professionellen Schauspielern exklusiv für sich aufführen ließen. Nur ein Jahr nach der ersten Aufführung schrieb Tschechow am 18. September 1889: „wegen Der Bär streiten [der Besitzer eines Privattheaters] Herr Korsch mit [Impresario] Frau Abramowa: Die Erste beweist vergeblich sein ausschließliches Recht auf dieses Stück, aber der Schauspieler Solowtsow vom Abramova-Theater sagt, dass Der Bär ihm gehört, weil er ihn [diese Rolle] bereits 1817-mal [!!!] gespielt hat. Hier ist der Teufel los! „Bär!“, „Monster!“, „Grand Trampel!“ wurden in Russland zu den Wörtern des Jahres gekürt. Antonín Tchekhov und Anton Tschechow ist ein Bühnenstück in 48 Originalbriefen von Anton Tschechow, die in Deutschland unbekannt sind. In den Briefen kommt Tschechow, ein Freigeist und scharf-sinniger Beobachter seiner Zeit, direkt zu Wort, ohne die Helden seiner Theaterstücke und Erzählungen für sich sprechen zu lassen. Er äußert sich sehr lustig, bissig, manchmal auch traurig, aber immer spannend über Der Bär, über Frauen, Theater, Schauspieler, Literaturkritiker, Journalisten, Schriftsteller (Tolstoi, Puschkin, Sienkiewicz u.a.), Maler, Philosophen (Nietzsche), Komponisten (Tschaikowsky), Ärzte, Kunst und Moral, Russland und die Russen, Deutschland und die Deutschen. Dass viele Gedanken und Äußerungen des Dra-matikers von damals auch heute höchst aktuell sind, macht deren Faszination aus. Dank der Briefe gewinnen Leser und Zuschauer ein lebendiges Bild von dem Menschen Anton Tschechow.

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Inhaltsverzeichnis

Impressum

Anton Pawlowitsch Tschechow

Der Russische Bär

Grand Trampel mischt sich ein

Ein komisches Bühnenstück

Antonín Tchekhov und Anton Tschechow

Ein Bühnenstück in Originalbriefen

Aus dem Russischen übersetzt und mit

Anmerkungen versehen

von Vitaly Baziyan

2. Auflage

Lieber Leser und Leserinnen!

Wir freuen uns auf Ihre Anregungen und Bemerkungen

an [email protected]

INHALT

Kommentar des Übersetzers

Der Russische Bär

Antonín Tchekhov und Anton Tschechow

Anmerkungen und Erklärungen des Übersetzers

Quellenverzeichnis

Über den Übersetzer

Kommentar des Übersetzers

Im Kassenschlager Der Russische Bär geht es um das Geld und die Liebe. Der bärenhafte Playboy und Frauenheld Smirnoff trampelt in das Gutshaus der schönen Witwe Elena. Das verursacht Chaos. Aus den Briefen von Tschechow ist bekannt, dass das Bühnenstück Der Russische Bär seit seiner Uraufführung am 28. Oktober 1888 zu einem Riesenerfolg wurde und eine sichere Einnahmequelle für den damals bedürftigen jungen Autor war. Tschechow schreibt, dass nicht lediglich das allgemeine Publikum dieses Theaterstück überall in Russland begeistert angenommen hat, sondern dass sogar der zaristische Finanzminister I. A. Wyschnegradski und das Auswärtige Amt Der Russische Bär mit professionellen Schauspielern exklusiv für sich aufführen ließen. Nur ein Jahr nach der ersten Aufführung schrieb Tschechow am 18. September 1889: „wegen Der Bär streiten [der Besitzer eines Privattheaters] Herr Korsch mit [Impresario] Frau Abramowa: Die Erste beweist vergeblich sein ausschließliches Recht auf dieses Stück, aber der Schauspieler Solowtsow vom Abramova-Theater sagt, dass Der Bär ihm gehört, weil er ihn [diese Rolle] bereits 1817-mal [!!!] gespielt hat. Hier ist der Teufel los! „Bär!“, „Monster!“, „Grand Trampel!“ wurden in Russland zu den Wörtern des Jahres gekürt.

Antonín Tchekhov und Anton Tschechow ist ein Bühnenstück in 48 Originalbriefen von Anton Tschechow, die in Deutschland unbekannt sind. In den Briefen kommt Tschechow, ein Freigeist und scharfsinniger Beobachter seiner Zeit, direkt zu Wort, ohne die Helden seiner Theaterstücke und Erzählungen für sich sprechen zu lassen. Er äußert sich sehr lustig, bissig, manchmal auch traurig, aber immer spannend über Der Bär, über Frauen, Theater, Schauspieler, Literaturkritiker, Journalisten, Schriftsteller (Tolstoi, Puschkin, Sienkiewicz u.a.), Maler, Philosophen (Nietzsche), Komponisten (Tschaikowsky), Ärzte, Kunst und Moral, Russland und die Russen, Deutschland und die Deutschen. Dass viele Gedanken und Äußerungen des Dramatikers von damals auch heute höchst aktuell sind, macht deren Faszination aus. Dank der Briefe gewinnen Leser und Zuschauer ein lebendiges Bild von dem Menschen Anton Tschechow.

Der Russische Bär

Ein komisches Bühnenstück

Dem Schauspieler N. N. Solowtsow gewidmet

Die handelnden Personen:

Elena Iwanowna Popova, eine Witwe mit Grübchen in den Wangen, Gutsbesitzerin

Grigori Stepanowitsch Smirnoff, ein nicht ganz so alter Gutsbesitzer

Luka, Popovas herrschaftlicher Diener in Livree, ein Greis

Im Empfangssaal des Gutshauses von Popova. Popova blickt in tiefer Trauer starr auf ein Foto. Luka steht seitlich zu ihr.

Luka: So geht das nicht, meine gnädige Herrin. Sie richten sich nur zugrunde. Das Zimmermädchen und die Köchin sind Beeren sammeln gegangen, jeder Atemzug freut sich, sogar die Katze, die versteht ihren Spaß, läuft im Hof herum, fängt Vögel. Sie aber sitzen den ganzen Tag in Ihrem Zimmer, wie in einem Kloster, und haben keine Freude. Ja, wirklich! Schon fast ein Jahr ist vergangen, seitdem Sie nicht mehr aus dem Haus rausgehen!

Popova: Und ich gehe nie mehr hinaus. Wozu? Mein Leben ist schon vorbei. Er liegt im Grab, ich habe mich in diesen vier Wänden begraben. Wir sind beide tot.

Luka: Ach nein! Ich möchte das wirklich nicht mehr hören. Nikolai Michailowitsch ist gestorben, so sei es der Wille Gottes, viel Erfolg ihm im Himmelreich. Sie haben getrauert – und jetzt genug damit, man muss vernünftig sein und nicht übertreiben. Man muss deswegen nicht das ganze Jahrhundert weinen und trauern. Meine Alte ist auch zu ihrer Zeit gestorben. Was nun? Ich trauerte und weinte für einen Monat, und danach genug mit ihr. Und wenn das ganze Jahrhundert ein Klagelied zu singen – die Alte ist es nicht wert. (Er seufzt) Alle Nachbarn sind vergessen. Sie selbst besuchen sie nicht und lassen keine Besucher empfangen. Wir leben hier, Verzeihung, nicht böse gemeint, wie die Spinnen – erblicken kein göttliches Licht. Die Mäuse haben meine Livree gefressen. Wenn es wohl keine guten Menschen in der Umgebung gäbe, wäre das verständlich, aber nein, der ganze Landkreis ist voll von solchen Herrschaften. In Riblov ist ein Regiment einquartiert, da sind Offiziere süß wie echte Bonbons – nicht genug zu bewundern! Und in den Heerlagern findet, wenn Freitag kommt, ein Ball statt, und das militärische Orchester spielt jeden Tag die Musik. Ach, Herrin-Mütterchen! Jung, schön, ein Sahnehäubchen auf dem Kuchen, die Kirsche auf der leckeren Torte! Also lassen Sie es sich gut gehen und machen Sie sich eine Gaudi daraus. Die Schönheit ist doch nicht für immer gegeben! In zehn Jahren werden Sie Lust bekommen, wie ein Pfau vor den Augen der Herren Offiziere einherzustolzieren und Schaum zu schlagen, aber dann wird es zu spät sein.

Popova (mit Entschlossenheit): Ich bitte dich, nie mehr darüber zu sprechen! Du weißt wohl, seitdem Nikolai Michailowitsch starb, verlor das Leben für mich jeden Sinn. Du denkst, dass ich noch lebe, aber es scheint dir nur so! Ich schwor, mein Trauerkleid bis ins Grab nicht abzunehmen und die Gesellschaft nicht mehr zu sehen. Hörst du? Lass seinen Schatten sehen, wie ich ihn liebe. Ja, ich weiß, für dich ist es kein Geheimnis, dass er oft ungerecht zu mir war, grausam und – und sogar untreu, aber ich werde ihm treu bis ins Grab sein und ich werde ihm zeigen, wie ich lieben kann. Dort, jenseits des Grabes, wird er mich so sehen, wie ich vor seinem Tod war –

Luka: Statt dieser Worte gehen Sie lieber durch den Garten spazieren, oder lassen Sie Tobi oder Riesen bespannen und statten den Nachbarn einen Besuch ab.

Popova (weint): Ah!

Luka: Gütige Herrin! Mütterchen-Herzchen! Ach nein! Behüte Euch Gott!

Popova: Er hatte den Tobi sehr gern! Er fuhr ihn immer zu Kortschagins und Wlassows. Wie wunderbar lenkte er! Wie viel Grazie hatte seine Figur, wenn er die Zügel straff mit aller Kraft angezogen hat! Erinnerst du dich? Tobi, Tobi! Lass ihm ein Achtel Hafer extra heute geben.

Schrilles Klingeln

Popova (zuckt zusammen): Wer ist das? Sage, dass ich keine Besuche empfange!

Luka: Wird erledigt, gnädige Herrin! (Er geht ab)

Popova (allein, das Foto anschauend): Du wirst schon sehen, Nicolas, wie ich ihn lieben und vergeben kann. Meine Liebe erlischt erst dann, wenn mein armes Herz zu schlagen aufhört. (Sie lächelt unter Tränen) Und schämst du dich gar nicht? Ich, dein Mustermädchen, treues Weibchen, bringe mich hinter Schloss und Riegel und werde dir die Treue bis zum Grabe halten. Aber du – und schämst du dich nicht, mein Bengel? Du hast mich betrogen, Szenen gemacht, ganze Wochen allein gelassen.

Luka (ins Zimmer trippelnd, beunruhigt): Gnädige Herrin, da fragt jemand nach Ihnen und will Sie sehen –

Popova: Du hast ihm doch gesagt, dass ich seit dem Tode meines Gatten niemanden empfange, oder?

Luka: Ich hab es ihm gesagt, aber er will nicht hören, er sagt: eine dringende Angelegenheit.

Popova: Ich emp-fan-ge nicht!

Luka: Ich habe ihm das gesagt, aber – der Faun – schimpft und drängt sich in die Zimmer – er steht schon im Speisezimmer –

Popova (erzürnt): Na gut, bitte ihn herein. Was für ein Flegel!

Luka geht hinaus.

Popova: Was für schwierige Leute! Was wollen sie von mir? Warum müssen sie unbedingt meine Ruhe stören? (Sie seufzt) Nein, anscheinend müsste man in der Tat ins Kloster gehen – (Sie wird nachdenklich) Ja, ins Kloster –

Smirnoff (hereinkommend, zu Luka): Schwachkopf, du erlaubst dir, viel zu reden. Esel! (Er bemerkt Popova, mit Würde) Gnädige Frau, ich habe die Ehre, mich vorzustellen: Leutnant der Artillerie a. D., Großgrundbesitzer Grigori Stepanowitsch Smirnoff! Ich musste Sie wegen einer sehr wichtigen Angelegenheit stören –

Popova (reicht keine Hand zum Küssen): Was wünschen Sie?

Smirnoff: Ihr verstorbener Ehemann, ich hatte die Ehre, mit ihm bekannt zu sein, blieb mir auf zwei Wechselbriefe eintausendzweihundert Rubel schuldig. Da ich vorhabe, die Zinsen morgen an die Landwirtschaftsbank zu entrichten, möchte ich Sie, die gnädige Frau, darum bitten, das Geld noch heute zurückzuzahlen.

Popova: Eintausendzweihundert? Aber wofür war mein Mann Ihnen das schuldig?

Smirnoff: Er kaufte Hafer bei mir.

Popova (seufzend, zu Luka): Also, du Luka, vergiss doch nicht, im Stall zu sagen, dass man dem Tobi ein Achtel Hafer extra gibt. (Luka verlässt den Raum. Sie wendet sich an Smirnoff) Wenn Nikolai Michailowitsch Ihnen etwas schuldig blieb, dann werde ich selbstverständlich bezahlen. Aber ich bitte um Entschuldigung, ich habe heute kein Geld zur Verfügung. Übermorgen kommt mein Gutsverwalter aus der Stadt zurück, und ich werde ihm befehlen, das Nötigste zu bezahlen. Aber bis dahin kann ich leider Ihren Wunsch nicht erfüllen. Außerdem sind es heute genau sieben Monate, seitdem mein Mann starb, und jetzt bin ich absolut nicht in der Stimmung, mich mit Geldangelegenheiten zu beschäftigen.

Smirnoff: Aber ich bin jetzt in einer solchen Stimmung, dass ich, wenn ich die Zinsen morgen nicht bezahle, unter die Räder komme. Mein Landgut wird gepfändet!

Popova: Sie bekommen Ihr Geld übermorgen.

Smirnoff: Ich brauche das Geld aber nicht übermorgen, sondern heute!

Popova: Entschuldigen Sie, aber heute kann ich nicht zahlen.

Smirnoff: Ich aber kann nicht bis übermorgen warten.

Popova: Was soll ich tun, wenn ich jetzt nicht flüssig bin!

Smirnoff: Sie können also nicht zahlen?

Popova: Ich kann nicht –

Smirnoff: Hm. Ist das Ihr letztes Wort?

Popova: Ja, das Letzte.

Smirnoff: Das Letzte? Sicher nicht?

Popova: Nein.

Smirnoff: Danke gehorsamst. So wird es notiert. (Er zuckt mit den Achseln) Und die wollen noch, dass ich kaltblütig bleibe! Ich treffe den Akziseinspektor jetzt auf dem Weg und der fragt mich: „Warum ärgern Sie sich ständig, Grigori Stepanowitsch?“ Aber ich bitte Sie, wie kann ich mich nicht ärgern? Ich brauche dringend das Geld. Ich fuhr gestern schon in der Morgenröte aus, habe bei allen meinen Schuldner Klinken geputzt, und wenn nur einer von ihnen seine Schulden bezahlt hätte! Ich bin müde, fix und fertig. Wie ein Hund schlief ich, der Herrgott weiß, wo – neben einem Fass mit Vodka in einer jüdischen Kaschemme. Schließlich komme ich hierher, 70 Werst weit weg von meinem Haus, in der Hoffnung, das Geld zu bekommen, aber man speist mich mit „der Stimmung“ ab! Wie kann ich mich nicht ärgern?

Popova: Ich habe mich, wie mir scheint, verständlich ausgedrückt: Wenn der Gutsverwalter aus der Stadt zurückkehrt, dann bekommen Sie das Geld.

---ENDE DER LESEPROBE---