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Phänomenal regional sind die 54 schönsten Sagen des Landkreises Haßberge, die in diesem Buch versammelt sind. Hier wurde ein wahrer Schatz gehoben, denn unterhaltsamer und ansprechender kann man das Erbe von Generationen kaum vermitteln. Alle Sagen- geschichten sind aufwändig und fantasievoll illustriert, sowie erzählerisch so ausgearbeitet, dass sie sich zum Lesen und Vorlesen bestens eignen und jene Spannung, Mystik und das Geheimnisvolle bieten, das man von ihnen erwartet. So ist für jeden etwas dabei, inklusive des "Gruselfeffekts" - deshalb sind die Sagen für Kinder ab 3./4. Klasse empfohlen, sowie für Erwachsene, die an historischen Bezügen und den Überlieferungen der Region interessiert sind. Die spannenden Sagen könnten auch dazu ermuntern, die genannten Orte auf kleinen Wanderausflügen zu erkunden, denn oft spielen sie an besonders attraktiven Orten mit Aussichtspunkt über die Täler und Hügellandschaft der Hassbergregion. Mit einer Sagengeschichte von Burgfräulein, Rittern, Schätzen und versunkenen Dörfern im Kopf wandert es sich auch mit Kindern gleich zwei mal so flink.
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Seitenzahl: 154
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Gewidmet meinen Kindern
Elias, Epona, Magnus,
die leider ohne die Sagen aufwachsen mussten,
da wir sie damals noch nicht kannten.
Und für die gegenwärtigen und zukünftigen Generationen,
die sich jetzt hoffentlich daran erfreuen dürfen!
Verzeichnis der Sagen
Vorwort
Einleitung
Warum die Kapelle nicht ins Dorf gebaut wurde
Die Golderbsen
Die Schatztruhe vom Schlössleinswald
Die Siechenkappelle
Der Kellergeist in der Zehntscheune
Der Reiter ohne Kopf
Das steinerne Kreuz
Das lebende Skelett
Die Quärkel vom Stachel
Die Nixe von Raueneck
Die Schatzgräber
Der listige Graf
Rettung aus der Not
Die Hilfe der heiligen Ursula
Der trübe See
Der Königsbrunnen
Die unerwartete Rettung
Die Sage vom ungerechten Wirt
Irrwische bei Hassfurt
Der unglückliche Ritter von Veith
Veith, der Fischwächter
Die Fußeiche
Der Totentanz auf dem Galgenberg
Die versunkene Jakobskapelle
Das Zwergenwäldchen
Katzenklinger Röschen
Die Sage von Burg Gutenfels
Die Gefangennahme Adalberts
Die Nixen vom Baunachsee
Die Räuber von Maria Limbach
Der Teufelsstein
Die Ringeiche
Die Entstehung der Heiligen Länder
Die Spinnwebmännlein
Die wunderbare Blume
Der Barthel im Schloss zu Eyrichshof
Der Kreuzschlepper
Brand der Zehntscheune
Die Wanderung der unsterblichen Seele
Die Sage vom reißenden Wolf
Die Klingwiese und der Hochzeitstanz
Die Wurzelmännle
Die Riesen
Das seltsame Eßbesteck
Die Gründung Königshofens
Der Bienenkrieg
Raubritter Hermann von Bramberg
Maria Mohr
Der Einsiedlerstein
Der Huimann
Die vier Söhne
Die weiße Frau
Der Totenmannstein
Schlossgespenster in Brennhausen
Anhang
Nach Orten gelistet
Alsleben
Alsleben
Bad Kissingen
Baunach
Baunach
Bettenburg
Birkenfeld
Bramberg
Breitensee
Breitensee
Brennhausen
Brünn
Buch / Gereuth
Bundorf
Bundorf
Burgpreppach
Dankenfeld
Die Haßberge
Dippach
Eltmann
Eyrichshof
Happertshausen
Haßfurt
Haßfurt
Haßfurt
Haßfurt
Haßfurt
Kirchaich
Kleinbardorf
Kleinsteinach
Knetzgau
Königsberg
Königsberg
Königsberg
Königsberg
Königsberg
Königshofen
Königshofen
Köslau
Lichtenstein
Lichtenstein
Limbach
Raueneck
Sambachshof
Sand
Theres
Untermerzbach
Untersteinbach
Zeil
Zell
Zell
Zell am Ebersberg
Zell-Knetzgau
Zabelstein
„Wenn mir´s nur gruselte, ach wenn mir´s nur gruselte!“ lamentiert in einem bekannten Märchen der Held der Geschichte, der sich freiwillig allerlei Schrecknissen aussetzt, um endlich das Gruseln zu lernen.
Einfacher hat man es mit dem Gruseln, wenn man Sagengeschichten liest, denn gerne sorgt da eine Geistererscheinung für den wohligen Schauder oder Gruseleffekt. Neben Geistern kommen aber auch Burgfräulein, Ritter, Schlossgespenster, Nixen, Zwerge, Riesen und Wassermänner darin vor, was die Geschichten für Kinder sehr anziehend macht. Doch anders als im Märchen gibt es nicht immer ein Happy End und so manches geschilderte Ereignis ist schicksalsträchtig und herausfordernd - fast wie im echten Leben, könnte man meinen, doch sind wahrscheinlich unsere Sagen deutlich fantasievoller, ungewöhnlicher und bunter als die Herausforderungen, die wir aus unserem Alltag kennen. Ausnahmen bestätigen die Regel!
Mehrere unserer heimischer Sagen drehen sich um den „Schwedenkrieg“ und den Landkreis durchziehende Heere, sie thematisieren die Belagerung von historischen Orten unserer Region und die Versuche der Bevölkerung, sich diesen Herausforderungen zu erwehren. In den Sagen spiegelt sich die wechselvolle Geschichte der Region wieder und wird in subjektiv gefärbten Ereignissen lebendig, die uns einerseits objektiv in Chroniken überliefert sind, aber andererseits mit einem Hauch des „Seltsamen und Wunderbaren“ die Erzählungen zu dem machen, was wir als „sagenhaft“ empfinden. So gibt es wunderbare Rettungen und Erscheinungen, wie etwa die der elftausend Jungfrauen, die einen Berg herunter wallend, ein Heer von Schwendenkriegern in die Flucht schlägt, oder die Erscheinung eines leuchtenden Kindes mitten im verschneiten Wald, das eine Gruppe Schwedenkrieger zur Umkehr bewegt und sein Dorf vor deren Überfall bewahrt. Faszinierend, nicht? Wer kann sich sowas ausdenken? Nun, was ausgedacht ist und was nicht, darüber darf der Leser gerne nachgrübeln und seine eigenen Theorien entwickeln...
Zwar umfasst dieses Buch hauptsächlich die Sagen des Landkreises Haßberge, doch aus den angrenzenden Landkreisen fanden die ausgefallene Sage vom „Kissinger Bienenkrieg“, sowie drei besondere Sagen aus Alsleben Eingang in das Buch. Vielleicht regt es den einen oder anderen an, unseren Nachbarstädten und Dörfern einen Besuch abzustatten.
Während die ältere Generation vielleicht noch einige der Geschichten kennt, wissen die Jüngeren oft schon nichts mehr vom reichen Sagenschatz ihrer Heimat, der teils hunderte Jahre mündlich überliefert wurde. Ich fand, es wurde höchste Zeit, dieses Erbe vor dem Vergessen zu bewahren in einem ansprechenden Buch allen zugänglich zu machen. Im Zuge des „Trends zum Regionalen“, erlebt nun auch die Rückbesinnung auf Traditionen und Überlieferungen eine erfreuliche Renaissance!
Mündliche Erzähltradition, sowohl von Märchen, wie von Sagen, spielte jahrhundertelang eine essenzielle Rolle im sozialen Miteinander.
Das Erzählen wurde vor allem im Familienrahmen gepflegt und dabei traditionell gerne von der Großmutter übernommen - so lange die Mehrgenerationenfamilie unter einem Dach noch das Normale war. Da saßen in den Gehöften und Bürgerhäusern die Alten und die Jungen beisammen, versammelten sich Großeltern, Urgroßeltern, Enkel und Urenkel und schon tauchte man ein in die spannenden Geschichten, welche die Alten noch frei aus dem Gedächtnis zu erzählen wussten.
Ein weiterer Ort der mündlichen Überlieferung von Märchen und Sagen waren die sogenannten Lichtstuben, in denen man sich im dörflichen oder kleinstädtischen Rahmen abendlich traf, um gemeinschaftliche Unterhaltung zu pflegen. Dort wurde oft am Spinnrad die Wolle der Schafhirten gesponnen, die mit ihren Herden früher überall zu unserem Landschaftsbild gehörten und von denen gleich zwei der Geschichten im vorliegenden Buch handeln.
Gerade die Sagen waren an solchen Lichtstuben-Abenden besonders beliebt, weil es dabei auch ums „Gruseln“ ging - und ähnlich wie heutzutage der „Krimi“, sorgten diese Geschichten für Gänsehaut und für die Spannung des Ungewissen, manchmal Mystischen und Unheimlichen.
Bemerkenswert ist aus heutiger Sicht aber auch, dass die Sagen auf selbstverständliche Weise den Glauben der Leute anschaulich machen, der damals noch ganz natürlich ein fester Bestandteil des Alltags und des Lebens war. Wir erfahren beispielsweise, dass aus Dankbarkeit über eine wunderbare Rettung eine Kapelle gestiftet wurde (Knetzgau), oder vom Eingreifen himmlischer Mächte, die dafür sorgten, dass eine Kirche an einem anderen Ort gebaut wurde als dem, den sich die Menschen dafür ausgesucht hatten (Limbach).
Es gehörte außerdem zum religiösen Selbstverständnis, dass ruhelose Geister, wie etwa die „Spinnwebmännlein“ durch ein Gebet erlöst werden könnten, oder wie in der Sage über den „Brand der Zehntscheune“, durch die Kraft des gemeinschaftlichen Betens die Haßfurter Altstadt vor dem Übergreifen eines wütenden Feuer gerettet wurde. Doch nicht nur in der Not fanden die Menschen einen Halt in der Hinwendung zu Gott, auch im Glück des Alltags bedankte man sich bei seinem Schöpfer, wie der Hirte in der Sage aus Eltmann, der beim Kräutersammeln folgenden Spruch vor sich hin murmelt: „Seht wie uns die Kräuter nützen, helft sie ernten, helft sie schützen. Dem Herrn, von dem sie alle kamen, schenk´ Dank für Kraut und Samen.“ Da manches vom damaligen Denken und Brauchtum inzwischen aus der Mode gekommen, oder verloren gegangen ist, tragen die Sagen dazu bei, uns daran zu erinnern, wie die Menschen früher dachten und fühlten.
Zwar steht das Vorlesen aus einem Buch inzwischen in der Konkurrenz zu allerlei digitalen Medien, doch der Mehrwert, den das Erzählen mit sich bringt, kann von keinem Gerät ersetzt werden. Nicht nur steckt im persönlichen Vorlesen eine gute Portion menschliche Zuwendung, sondern die konzentriertere Aufmerksamkeit, die dabei gefördert wird, führt auch zu einer besseren Verarbeitung im Rezipienten und zu mehr neuronalen Verknüpfungen im Gehirn, hat also den Effekt, den wir als „Bildung“ bezeichnen. Nachweislich bleibt von der schnell vorbei rauschenden Bilderflut von Filmen wesentlich weniger im Gedächtnis hängen, als von gelesenem (oder vorgelesenem) Stoff.
Ich habe mich bewusst entschieden, einige historische, sprachliche Bezüge zu erhalten, denn „alte Worte“ gehören zur Bildung und deren Verständnis kann nur erhalten werden, wenn sie auch verwendet werden. Das flexible Gehirn von Kindern nimmt ungewohnte Worte schnell und problemlos an, wenn es nicht zu viele auf einmal sind; man muss sie ihnen nur zumuten und ihnen diese vielleicht einmal erklären.
Die Originalsagen bewegen sich sprachlich zwischen historisch ältesten Fassungen (von 1700), also einem Deutsch, das uns heute sehr ungewöhnlich anmutet - und im Kontrast dazu den neuzeitlichen, oft sehr kurzen „Rumpfsagen“. Es musste also die Aufgabe bewältigt werden, die Sagen in ein Sprachbild zu bringen, das nah genug am Original bleibt, aber auch dem Anspruch gerecht wird, das Lesevergnügen zu bieten, das von einer Erzählung erwartet wird.
So mag dies prall gefüllte Buch mit heimatlichen Sagengeschichten nun auch ein kleiner, liebevoller Appell sein, die „gute alte“ Gepflogenheit des Lesens und Vorlesens, bei aller Bequemlichkeit, die das digitale Zeitalter bietet, nicht zu vergessen.
Vielleicht können die spannenden Sagen Familien mit Kindern auch dazu ermuntern, die Orte mit Sagenbezug auf kleinen Wanderausflügen zu erkunden, denn oft spielen die Sagen an besonders attraktiven Orten mit Burgruinen und Aussichtspunkten über die Tälern und Hügellandschaft unserer Heimat.
Außerdem - mit einer Sagengeschichte von Burgfräulein, Rittern, Schätzen und versunkenen Dörfern im Kopf wandert es sich bestimmt gleich zwei mal so flink!
Dass es überhaupt zu diesem Buch kam, haben wir dem über 80-jährige Sagen-Sammler Max Breitwieser aus Hofheim zu verdanken, er sammelte im Laufe von Jahrzehnten über 600 Sagengeschichten bei seinen ausgiebigen Wanderungen durch die Haßberge, im Gespräch mit Einheimischen am Gartenzaun, oder an abendlichen Stammtischen und tippte alles in mühsamer Handarbeit nieder, bis er einen dicken Ordner beisammen hatte. Er freute sich, dass ich mich für seine Sammlung interessierte und mein Partner und ich die Sache nun in die Hand genommen haben, um die schönsten Geschichten in Form eines Buches endlich der Öffentlichkeit zu übergeben. Einige Sagen übernahm Breitwieser auch aus Zeitungsausschnitten regionaler Zeitungen, die hin und wieder bekannte Sagen des Landkreises abdruckten. Die Quellen, sofern vorhanden, stehen im Anhang des Buches.
So konnte der verstreute Sagenschatz in die Gegenwart herüber gerettet werden und die vielfältigen Geschichten bleiben für unsere Kinder und Kindeskinder erhalten. Da viele Sagen leider nur fragmentarisch in Form weniger Zeilen vorhanden waren, oblag es mir, sie in eine erzählerische Form zu bringen, die sich zum unterhaltsamen Lesen und Vorlesen eignet.
Aus den über 600 Sagen fanden die 54 interessantesten Eingang in das Buch, einerseits um den Umfang des Buches nicht zu sprengen, andererseits haben nicht alle Sagen genug Substanz, um als Erzählgeschichte zu taugen und manche beschränken sich auf den kurzen Vermerk einer „Wüstung“ (ein untergegangenes Dorf) an dem einen oder anderen Platz, oder erwähnen ein Wegkreuz, an dem ein Mord oder Unglück geschehen sein soll. Wenn jemand „seine“ Sage hier nicht findet, tut es uns leid, aber nach 8 Monaten Arbeit mussten wir irgendwo einen Schlussstrich ziehen...
Wir danken jedem, der mit dem Kauf eines Buches mithilft, das kostbare Erzähl-Erbe unserer Heimat für die nächsten Generationen zu bewahren und weiter zu geben.
Da vom Sichten der über 600 Geschichten, dem Sortieren, Auswählen, sprachlichen und erzählerischen Bearbeiten, aufwändigen Illustrieren und Layouten bis zum verlagstechnischen Management und der Öffentlichkeitsarbeit alles von mir und meinem Partner selbst übernommen wird, steckt eine Menge Arbeit in diesem Buch! Doch die Mühe hat sich gelohnt, wenn dadurch der regionale Sagenschatz nicht im Nebel des Vergessens versinkt, wie manches untergegangene Dorf, von dem unsere Sagen zu berichten wissen.
Vergebt uns, wenn es Fehler, welcher Art auch immer, in dieser Erstausgabe gibt. Keine Fehler kann man nur machen, wenn man nichts macht. Das könnte dann aber auch ein Fehler sein. :-)
Also, heben wir gemeinsam diesen Schatz!
Mit herzlichen Grüßen,
Clarissa van Amseln und Peter Kubala
Mein Dank geht an Max Breitwieser, der mir seine umfassende Sammlung anvertraute und posthum auch an Karl Eisentraut, der bereits vor Jahrzehnten einige der Königsberger Sagen in eine schöne sprachliche Fassung brachte und der mir dadurch zu einem Vorbild wurde, an dem ich mich mit dem Nacherzählen orientieren konnte. Dank auch an seine Tochter Ingrid Sieber, die mir erlaubte, die Sagen zu verwenden.
Über die Herausgerberin / Autorin:
Clarissa van Amseln ist Künstlerin, Grafikerin und schriftstellerisch tätig. Es sind bereits mehrere Bücher mit ihr als Co-Autorin erschienen. Sie wuchs in den lieblichen Haßbergen, im Fachwerkstädtchen Königsberg auf und ist daher mit der Gegend der Sagen vertraut. Momentan lebt sie mit ihrem Partner in der Weltkulturerbestadt Bamberg.
Eine ihrer Leidenschaften ist es, auch anderen Autoren zu „ihrem Buch“ zu verhelfen, deshalb bietet sie, zusammen mit ihrem Partner, Hilfe bei der Verwirklichung von Buch-Projekten an – vom professionellen Layout, über Cover-Gestaltung, Illustration, Texthilfe, bis Druckdateierstellung und Upload zum Verlag, bzw. Selbstverlag. Kontaktieren Sie sie über ihre Homepage : www.pulsar-werbung.de
Was sind nun eigentlich Sagen im Unterschied zu Märchen?
Anders als die symbolträchtigen Märchen, sind Sagen häufig unheimliche Geschichten und erfüllen damit ein menschliches Urbedürfnis: „die Lust am wohligen Schauder“. Deshalb sind sie für Kinder ab ca. 9 Jahren geeignet und natürlich für Erwachsene jeden Alters, die vielleicht darüber grübeln möchten, wie solche Geschichten wohl zustande kommen und ob manche davon am Ende doch einen wahren Kern haben.
Während in der Gattung der Märchen - in symbolhafte Archetypen gekleidet - der seelische Entwicklungsweg des Menschen nachgezeichnet wird, haben Sagen, die stets regionalen Bezug aufweisen einen ganz anderen Charakter. Diese beziehen sich oft auf spukhafte Erscheinungen, auf seltsame, unerklärliche Phänomene, auf Ereignisse „außer der Reihe“, die mündlich weiter erzählt wurden, manchmal in mehreren Variationen und Abwandlungen, in kürzerer oder längerer Form, mit mehr oder weniger Ausschmückungen, doch mit erkennbar der selben Handlung im Kern.
Manche Sagen sind regional einmalig, andere tauchen in verschiedenen Fassungen und Abwandlungen überregional immer wieder auf, offenbar wanderten sie mit den Menschen in verschiedene Landstriche und wurden dann ortsspezifisch adaptiert und den jeweiligen Gegebenheiten angepasst. Der Bezug zum Ort kann so weit gehen, dass sogar die Namen der beteiligten Personen genannt werden, oder das Datum, bzw. die Jahreszahl eines bestimmten Ereignisses.
Beim Märchen hingegen sind die Handlungsträger stets überindividuelle Typen, wie „der Müller“, „die jüngste Prinzessin“ oder „die Brüder“, Namen von Burgen und Gegenden werden nicht genannt und Märchen wirken auf ihre Weise zeitlos, obwohl wir sie vage einem „Mittelalter“ zuordnen würden, das noch ohne moderne Technik auskommt.
Unter den Sagen in diesem Buch sind einige, die eindeutig neuzeitlicheren Bezug haben und sogar eine, die weniger als 30 Lenze auf dem Buckel hat. Sicherlich würden auch heute noch immer wieder neue Sagen entstehen, würden wir nicht in einem Zeitalter leben in dem nur zählt, was man Messen und Wiegen kann, womit Geistererscheinungen schlechte Karten haben. Wer würde sich heute schon noch trauen, davon zu erzählen, wenn ihm etwas Ungewöhnliches geschehen wäre, oder er etwas gesehen hätte das man allgemein für Humbug hält? Es möchte sich schließlich keiner lächerlich machen, oder schlimmer, zum Fall für den Psychodoktor erklärt werden und so traut sich kaum einer, mit einer öffentlich erzählten mystischen Geschichte aus der Reihe zu tanzen. In früheren Zeiten war das offenbar anders und man gestand der Realität sozusagen ein größeres Wirkspektrum zu, akzeptierte auch das scheinbar Unmögliche und genoss es, um den möglicherweise kleinen Kern einer Sache, eine ordentlich unterhaltsame Geschichte zu spinnen, die gut und gern von Mund zu Ohr weiter erzählt wurde - so und nur so kommt es, dass wir heute überhaupt einen Sagenschatz haben.
Anders als bei Märchen, die instinktiv niemand wörtlich nimmt, stellt sich bei der einen oder anderen überlieferten Sage durchaus die Gänsehautfrage: könnte da was dran sein? Könnte es nicht sein, dass da jemand etwas gesehen hat und nicht nur eine Maß Bier zu viel ihm die Fantasie beflügelte?
Der Glaube an Geister, Zwerge und Riesen ist zwar den meisten von uns inzwischen abhanden, sozusagen „aus der Mode“ gekommen, aber in den Regionen des Nordens wird bis heute die Existenz von nichtkörperlichen Wesen, wie Gnomen und Elfen sogar offiziell anerkannt.
Schweden unterhält sogar einen eigenen „Elfenbeauftragten“, der z.B. in Fragen des Straßenbaus die Interessen des kleinen Volkes vertritt. Das kann schon mal dazu führen, dass eine Straße in einem Umweg um einen speziellen Felsen, oder besonderen Platz herum gebaut werden muss, weil diese Plätze als wichtige oder heilige Plätze der Bewohner der geistigen Welt ermittelt wurden. Die Isländer sprechen vom versteckten Volk, vom Huldufólk, was Elfen, Trolle und Zwerge einschließt. Eine Studie der Universität in Island hat gezeigt, dass rund 60 Prozent der Einwohner fest von der Existenz dieser Wesen überzeugt sind. Auch in Irland kennt man die „Little People“ oder Aes Sidhe. Selbst in Deutschland gehörte vor 40 Jahren noch zu jedem Garten eine Schar Gartenzwerge, die wie eine Art Plastik gewordene Erinnerung an Naturgeister zwischen den Blumenbeeten standen und von der jüngeren Generation als „spießig“ abgelehnt und entsorgt wurden.
Doch wie erfahren wir von der Existenz dieser Wesen, wenn sie per Definition geistig, also unsichtbar sind? Die Überlieferung berichtet schon seit jeher davon, dass manche Menschen das zweite Gesicht haben, also eine Art erweitertes Sehen, so dass sie Dinge wahrnehmen können, die der Mehrheit der Menschen verborgen bleibt.
Lange akzeptierte man solche Fähigkeiten ganz selbstverständlich - ob sie nun dauerhaft zu einer Person gehörten, oder einmalig spontan auftraten, was anscheinend viel häufiger der Fall war als wir denken und oft genau zu der Art Sagen und Erzählungen führte, wie wir sie hier vorfinden - zumindest für deren Kern.
Auch die christliche Tradition kennt Erscheinungen aus der geistigen Welt, wie Heiligen- und Marienerscheinungen, die teils von mehreren Beteiligten erlebt, bezeugt und sogar offiziell kirchlich anerkannt wurden. Bei Zwergen würden die meisten Kirchenvertreter möglicherweise eher die Stirn runzeln - aber „in Gottes Schöpfung ist alles möglich“, oder nicht?
Eine Umfrage ergab, dass viel mehr Menschen schon einmal etwas in ihrem Leben erlebt haben, das „sie sich nicht erklären konnten“. Es fragt nur keiner danach und so werden solche Themen meist gar nicht erst angesprochen. Doch wie wäre es, mit so einer Frage die Tür zur Aussprache über das zu öffnen, was wir als „Übernatürliches“ normalerweise aus unserem Leben ausklammern? Vielleicht haben die Tante, der Opa, oder sogar die eigene Ehefrau etwas zu erzählen, von dem man nicht gedacht hätte, dass es in ihnen schlummert?
Es könnte spannend werden - mindestens so spannend, wie die Geschichten in diesem Buch!
EINE SAGE AUS LIMBACH
„Ich zieh dir die Ohren lang!“ schimpfte der Baumeister und blickte drohend hinüber zum jüngsten unter den Lehrlingen. Der aber guckte nur verdutzt und zuckte die Schultern, „Was der Alte wieder will,“ dachte er bei sich, aber laut rief er zurück „ich hab nichts angestellt, was ist denn los?“