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Im sonst verschlafenen Städtchen Sonnenburg knistert es nur so vor geheimnisvollen Ereignissen! Erst entdecken die Kinder Phil, Fee, Lukas und Lisa einen schwebenden Einkaufskorb, der in der Mittagshitze den Gehsteig entlangspaziert. Dann verschwinden Menschen aus der Umgebung spurlos. Die Kinder stürzen sich in die Ermittlungen – und plötzlich ist auch Lukas' Papa weg. Eine heiße Spur führt zum Supermarkt und hat ausgerechnet mit dem berühmten Sonnenburger Sauerkraut zu tun.
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Seitenzahl: 99
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Ulrike Motschiunig
Einmal kosten – und weg bist du!
Mit Illustrationen vonCornelia Seelmann
Informationen zu Ulrike Motschiunig und ihren Büchern unterwww.kinderbuchmitherz.at
Der Schauerkraut-KrimiUlrike Motschiunig
1. digitale Auflage 2016
ISBN E-Book 978-3-7074-1740-1ISBN Print 978-3-7074-1973-3
www.ggverlag.at
Illustrationen: Cornelia Seelmann
In der aktuell gültigen Rechtschreibung
© 2016 G&G Verlagsgesellschaft mbH, WienAlle Rechte vorbehalten.
Bei uns in Sonnenburg passiert normalerweise nie etwas Aufregendes. Etwas, von dem die ganze Stadt spricht und das man nie vergisst, auch wenn man schon steinalt ist. Aber in diesen Ferien geschah genau so etwas.
Dabei begannen die Sommerferien wie immer: Die Maiers aus dem ersten Stock schleppten gerade ihre Koffer zum Lift. Wie jedes Jahr machten sie sich auf in den Süden. Und Fee hatte sich hinter den Ziersträuchern vor unserem Wohnblock verschanzt, um die Gepäcksstücke zu begutachten, die Familie Maier diesmal in ihr Auto hievte. Die Maiers nehmen nämlich immer tausend Sachen mit auf Urlaub.
Fee heißt eigentlich Felicitas. Den Namen Fee hat sie sich selbst zugelegt, dabei passt er überhaupt nicht zu ihr. Sie hat nämlich ziegelrote Haare und haufenweise Sommersprossen im Gesicht und so schaut eine Fee ganz bestimmt nicht aus. Außerdem spielt sie gerne Detektiv und will dauernd mit uns Buben unterwegs sein.
„Ich wette, die haben mindestens 3 Kilo Sauerkraut und 50 Speckknödel eingepackt!“, berichtete Fee später kichernd, als wir beim Sportplatz gemeinsam mit Lukas im Gras saßen. „Mirrr kommt nurrr das Sonnenburrrger Sauerkrrrraut ins Haus!“, plapperte Fee und machte dabei perfekt Frau Maiers „Hohe-C-Stimme“ nach.
Das fanden wir wirklich lustig, weil wir uns vorstellten, wie die Maiers mit Knödel, Kraut und Meeresblick Sommerurlaub machten, und wir kugelten im Gras herum und lachten. Dabei sind die Maiers aber bestimmt nicht die einzigen Sonnenburger, die auch im Sommer gerne Sauerkraut essen. Unser Sauerkraut ist nämlich bekannt als das beste weit und breit. Es wird seit vielen Jahren in der Sonnenburger Krautfabrik erzeugt und die Sonnenburger sind ziemlich stolz darauf.
Und genau in dem Moment, als wir im Gras lagen und uns krumm lachten, passierte es.
„Vermurkster Ziegenkäse! Phil! Schau!“, rief Lukas und versetzte mir einen leichten Stoß.
Das war noch nichts Ungewöhnliches, denn bei Lukas ist schnell einmal etwas vermurkst.
Und deshalb reagierte ich erst gar nicht. Als er dann aber wie hypnotisiert hinüber zum Gehsteig starrte, schauten Fee und ich auch hin und ich vergaß vor Staunen fast darauf, meinen Mund wieder zuzumachen. Denn was wir dort zu sehen bekamen, gibt es normalerweise gar nicht!
Dort schwebte ein Einkaufskorb schön gemächlich einen halben Meter über dem Boden dahin! Wie auf Kommando sprangen wir alle drei auf, doch keiner lief los, sondern wir schlichen langsam näher. Das ist nämlich ganz schön unheimlich, wenn so ein Einkaufskorb mutterseelenallein den Gehsteig entlangspaziert! Auch am helllichten Tag. Als wir etwa drei Meter von ihm entfernt waren, blieben wir stehen. Außer diesem unheimlichen Korb war weit und breit niemand zu sehen. Unsere Straße war in der sengenden Mittagshitze wie ausgestorben. Nur ein komisches Schleifen war zu hören und dieses Schleifen schien vom Korb auszugehen.
„Huhu!“, fragte Fee unsicher. „Ist da jemand?“
Da blieb der Korb einfach so in der Luft stehen und auch das Schleifen war plötzlich weg.
„Der Korb starrt uns an!“, sagte Fee leise.
„Ein Korb kann doch nicht starren!“, antwortete ich und versuchte dabei möglichst cool zu bleiben.
Doch als Lukas „Verduften! Schnell!“ rief, rannten wir, so schnell wir konnten, den Gehsteig entlang zu unserem Wohnhaus. Keuchend drückte ich die Klingel, und es dauerte eine Ewigkeit, bis Mama den Türöffner drückte und wir ins schützende Stiegenhaus gelangten. Dabei zählte jetzt jede Sekunde!
Wir nahmen uns nicht die Zeit, den Lift zu rufen, sondern beeilten uns hinauf in den zweiten Stock in unsere Wohnung, vorbei an Mama, die an der offenen Tür wartete, weiter in mein Zimmer. Ich war als Erster beim Fenster und riss es auf, um auf den Gehsteig hinunterzuschauen, und Fee lugte hinter mir hinab.
Wo war bloß der Einkaufskorb geblieben?
Da hörte ich das Quietschen unserer Haustür und gerade noch rechtzeitig sah ich, wie der Korb an der sich wie von selbst öffnenden Tür vorbei ins Haus hineinschwebte!
„Er verfolgt uns!“, rief Fee bestürzt.
„Vergammelter Schimmelpilz! Was machen wir jetzt?“, sagte Lukas.
Ich flitzte in den Vorraum, um die Wohnungstür abzusperren und den Sicherheitsriegel vorzuschieben. Mama, die mich erstaunt dabei beobachtete, fragte misstrauisch: „Was ist denn los, Philipp?“
Wenn Mama mich Philipp nennt, ist mit ihr nicht gut Kirschen essen, und der Ton in ihrer Stimme sagte mir, dass sie mir die Einkaufskorb-Geschichte keinesfalls abnehmen würde.
Also improvisierte ich: „Im Radio haben sie gesagt, man muss in den Ferien auf der Hut vor Einbrechern sein!“ Mama schaute von mir zu Lukas und Fee, die noch immer große Augen machten und die Wohnungstür im Visier hatten. Dann schüttelte sie den Kopf und brummte: „Jetzt verängstigen die Radiomoderatoren auch noch unsere Kinder!“
Aber wir hörten gar nicht richtig hin, weil wir erwarteten, dass jeden Moment etwas passieren würde: Die Türklinke würde sich gleich nach unten bewegen und der Korb zu uns hereinschweben, obwohl wir abgesperrt hatten. Und dann würde er sich in ein schreckliches Ungeheuer verwandeln mit richtig großen Monsterzähnen!
Doch nichts geschah. Ich zog Lukas am Ärmel und zwinkerte Fee zu, dann verschwanden wir wieder in mein Zimmer, um uns zu beratschlagen. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass die Zimmertür geschlossen war, ließ ich mich zu den anderen beiden auf mein Bett fallen.
Und genau in diesem Moment tauchte Lisas blonder Haarschopf in der sich langsam öffnenden Tür auf. Das konnten wir gerade überhaupt nicht gebrauchen. Immer musste meine kleine Schwester da sein, wo ich war!
„Raus!“, schnaubte ich.
Verführerisch streckte Lisa ihre Hand ins Zimmer und wedelte mit einer Tafel Nussschokolade. „Wer hat Lust auf Schoko?“, fragte sie zuckersüß.
Und natürlich sprang Lukas sofort auf und griff zu. Lukas hat nämlich immer Lust auf Schoko. Und das obwohl er seine geliebten N&N-Bonbons immer auf Vorrat in seinen Hosentaschen hat. Hört man bei anderen Kindern das Taschengeld klimpern, sobald sie aufstehen oder loslaufen, so ist es bei Lukas bestimmt dieses Schokosackerl-Rascheln.
Lisas Schoko-Taktik erwies sich als voller Erfolg und nun lümmelte sie auch auf meinem Bett und lächelte uns alle freudestrahlend an. Ich seufzte. Es war immer dasselbe. Mit ihrer Nettigkeit schaffte Lisa es dauernd die Leute zu überrumpeln. Echt nervig!
Fee, Lukas und ich versuchten unsere Erlebnisse kryptisch zusammenzufassen, weil Lisa nicht verstehen sollte, worum es ging. Aber meine Schwester spitzte die Ohren und dann plapperte sie drauflos: „Ihr meint den schwebenden Einkaufskorb von Frau Bernthaler aus dem Parterre, oder? Ich habe von meinem Zimmerfenster aus gesehen, wie ihr vor ihm davongerannt seid!“
Wir sahen uns mit großen Augen an. Dass wir nicht von selbst darauf gekommen waren! Der Einkaufskorb sah tatsächlich so aus wie der, mit dem Frau Bernthaler immer zum Supermarkt ging. Natürlich gab es viele geflochtene Körbe, die so ähnlich ausschauten, aber der von Frau Bernthaler hatte eine rote Schleife, an der der Chip für den Einkaufswagen befestigt war. Und genau so eine rote Schleife hatte auch der schwebende Einkaufskorb!
Da Lisa sowieso Bescheid wusste, redeten wir nicht mehr um den heißen Brei herum, und weil sie sich garantiert nicht mehr abwimmeln lassen würde, nahmen wir meine kleine Schwester ausnahmsweise als vierte Mitwisserin in unseren Bund auf.
„Denkt nochmal an den Korb, Leute: Da lagen so Sachen drin, wie sie die Frau Bernthaler immer kauft“, sagte Fee.
„Eierbiskotten, Kamillentee und Frankfurter Würstl!“
„Vielleicht ist der Geisterkorb deshalb bei unserer Haustür hereingeschwebt, weil er direkt in Frau Bernthalers Wohnung wollte!“, rätselte Lukas.
„Hihi! Frau Bernthaler hat einen schwebenden Korbroboter!“, gackerte Lisa.
Ich fand das gar nicht witzig. Wenn es solche Roboter gegeben hätte, dann hätten wir sie schon irgendwo gesehen. Im Internet zum Beispiel oder im Fernsehen.
„Warum läuten wir nicht bei Frau Bernthaler an und fragen sie, ob sie so einen besonderen Korb besitzt?“, überlegte ich.
„Wir können doch nicht einfach fragen, ob ihr Einkaufskorb vielleicht in Wirklichkeit ein Roboter ist!“, sagte Fee ungeduldig.
„Aber wir könnten sie lieb bitten, ob sie uns ihren Korb borgt! Für einen kurzen Einkauf zum Beispiel!“, meinte Lisa und lächelte nett. „Dann könnten wir ihn ganz genau untersuchen und schauen, ob er irgendwelche außergewöhnlichen Eigenschaften besitzt.“ Lisa drehte eine Haarsträhne mit dem Finger ein und musterte uns, den Kopf zur Seite gedreht. „Vielleicht hat der Korb ja sogar magische Kräfte?“
Wir schauten uns an. An der Idee, den Korb von Frau Bernthaler zu leihen, gab es nichts auszusetzen. Obwohl dieser Einfall von Lisa stammte.
„Und wo wollt ihr jetzt wieder hin?“, rief uns Mama hinterher, als wir alle vier im Wohnzimmer an ihr vorbeidüsten.
„Zum Spielplatz!“, log ich und ließ die Tür ins Schloss fallen.
Im Stiegenhaus schlichen wir sachte wie die Katzen ein Stockwerk tiefer und schauten uns ständig um, ob der Einkaufskorb irgendwo auf uns lauerte. Unten im Parterre versammelten wir uns vor Frau Bernthalers Wohnung.
„Phil! Jetzt drück endlich die verflixte Klingel!“, flüsterte Lukas ungeduldig, weil ich am nächsten bei der Türglocke stand.
Mit Herzklopfen bis zum Hals drückte ich den Knopf und das laute „Drrrrrrrrr“ bohrte sich dröhnend in meine Ohren. Wir lauschten angespannt in die darauffolgende Stille und dann war plötzlich wieder dieses komische Schleifen zu hören. Fee ergriff bibbernd meine Hand und für einen Moment begann sich alles in meinem Kopf zu drehen: Fees warme Hand fühlte sich gut an und ich war irgendwie stolz, dass sie ausgerechnet meine Hand genommen hatte. Im nächsten Moment schämte ich mich, weil ich merkte, wie ich zu schwitzen begann. Würde sich Fee jetzt vor mir ekeln? Das Schleifen war plötzlich weg und es wurde wieder so still, dass bis auf das leise Summen in meinen eigenen Ohren gar nichts mehr zu hören war.
Da schoss es mir erst wieder durch den Kopf, dass ich ja direkt vor Frau Bernthalers Wohnung stand und wir uns vielleicht gleich gegen einen schwebenden Einkaufskorb zur Wehr setzen mussten! Ein Fall, für den man bestimmt beide Hände benötigte, also befreite ich mich aus Fees Griff. In diesem Moment war das Drehen im Türschloss zu hören und die Tür öffnete sich langsam. Meine Knie fühlten sich weicher als weich an, wie Butterkekse, die zuvor in Milch getunkt worden waren, und ich hielt den Atem an. Vorsichtig schauten wir bei der offenen Tür hinein, doch wir sahen eindeutig niemanden, der sie geöffnet haben konnte. Keine Spur von Frau Bernthaler!
„Vermurkster Flohzirkus! Das gibt’s doch nicht!“, murmelte Lukas.
„Der Einkaufskorb!“, flüsterte Lisa aufgeregt und zeigte auf den Korb, der links neben dem Schuhkasten am Boden stand. Er war leer und er bewegte sich keinen Millimeter.
Meine Knie schlotterten dafür mittlerweile so richtig, und am liebsten wäre ich schnell weggerannt. Doch mir fiel ein, dass das vor Fee bestimmt nicht gut ausgesehen hätte. Vor allem, weil Fee, so entschlossen, wie sie neben mir stand, bestimmt überhaupt nicht daran dachte, sich aus dem Staub zu machen. Deshalb zwang ich mich auch ruhig zu bleiben und sagte leise: „Frau Bernthaler? Halloho! Sind Sie da?“
Kein Pieps. Und dann schwang die Tür plötzlich wie aus dem Nichts wieder zu und wurde von innen versperrt. Erschrocken schauten wir uns an. Dann sausten wir los, die paar Stiegen hinunter zum Ausgang und hinüber zum Spielplatz im Innenhof. Dort ließen wir uns auf die vier Schaukeln fallen. „Autsch!“, quietschte Lisa, weil das Schaukelbrett so heiß wie Mamas Herdplatten nach dem Kochen war.
„Also eines ist wohl klar! In Frau Bernthalers Wohnung spukt es! Und ich wette was, dass es mit dem schwebenden Einkaufskorb zusammenhängt!“, sagte Lukas, der als Erster die Sprache wiedergefunden hatte. Er sah uns dabei gar nicht an, sondern scharrte mit seinen Schuhen im Kies herum.
Wir beratschlagten, was wir tun sollten, und kamen auf drei Möglichkeiten:
1. Zur Polizei gehen und melden, was wir gesehen hatten.
2. Mit unseren Eltern reden.