Der Schmied seines Glückes - Gottfried Keller - E-Book

Der Schmied seines Glückes E-Book

Gottfried Keller

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Beschreibung

Neue Deutsche Rechtschreibung Gottfried Keller (19.07.1819–15.07.1890) war ein Schweizer Dichter und Staatsbeamter. Man kann ohne Zweifel sagen, dass Gottfried Keller der wichtigste Autor der Schweiz im 19. Jahrhundert war. Wegen eines Dummejungenstreiches von einer höheren Schulbindung oder gar einem Studium ausgeschlossen, fand der Halbwaise über den Umweg der Lehre zum Landschaftsmaler doch noch zur Literatur. Er hinterlässt ein großes Werk an Gedichten, Dramen, Novellen und Romanen. Null Papier Verlag

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Gottfried Keller

Der Schmied seines Glückes

Novelle

Gottfried Keller

Der Schmied seines Glückes

Novelle

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 2. Auflage, ISBN 978-3-962812-84-3

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Inhaltsverzeichnis

Der Schmied sei­nes Glückes

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Der Schmied seines Glückes

John Ka­bys, ein ar­ti­ger Mann von bald vier­zig Jah­ren, führ­te den Spruch im Mun­de, dass je­der der Schmied sei­nes ei­ge­nen Glückes sein müs­se, sol­le und kön­ne, und zwar ohne viel Ge­zap­pel und Ge­schrei.

Ru­hig, mit nur we­ni­gen Meis­ter­schlä­gen schmie­de der rech­te Mann sein Glück! war sei­ne öf­te­re Rede, wo­mit er nicht etwa die Er­rei­chung bloß des Not­wen­di­gen, son­dern über­haupt al­les Wün­schens­wer­ten und Über­flüs­si­gen ver­stand.

So hat­te er denn als zar­ter Jüng­ling schon den ers­ten sei­ner Meis­ter­strei­che ge­führt und sei­nen Tauf­na­men Jo­han­nes in das eng­li­sche John um­ge­wan­delt, um sich von vorn­her­ein für das Un­ge­wöhn­li­che und Glück­haf­te zu­zu­be­rei­ten, da er da­durch von al­len üb­ri­gen Han­sen ab­stach und über­dies einen an­gel­säch­sisch un­ter­neh­men­den Nim­bus er­hielt.

Da­rauf ver­harr­te er ei­ni­ge Jähr­chen ru­hig, ohne viel zu ler­nen oder zu ar­bei­ten, aber auch ohne über die Schnur zu hau­en, son­dern klug ab­war­tend.

Als je­doch das Glück auf den aus­ge­wor­fe­nen Kö­der nicht an­bei­ßen woll­te, tat er den zwei­ten Meis­ter­schlag und ver­wan­del­te das i in sei­nem Fa­mi­li­enna­men Ka­bis in ein y. Da­durch er­hielt dies Wort (an­der­wärts auch Ka­pes), wel­ches Weiß­kohl be­deu­tet, einen ed­lern und fremd­ar­ti­gern An­hauch, und John Ka­bys er­war­te­te nun mit mehr Be­rech­ti­gung, wie er glaub­te, das Glück.

Al­lein es ver­gin­gen aber­mals meh­re­re Jah­re, ohne dass sel­bi­ges sich ein­stel­len woll­te, und schon nä­her­te er sich dem ein­und­drei­ßigs­ten, als er sein nicht be­deu­ten­des Erbe mit al­ler Mä­ßi­gung und Ein­tei­lung end­lich doch auf­ge­zehrt hat­te. Jetzt be­gann er aber sich ernst­lich zu re­gen und sann auf ein Un­ter­neh­men, das nicht für den Spaß sein soll­te.

Schon oft hat­te er vie­le Seld­wy­ler um ihre statt­li­chen Fir­men be­nei­det, wel­che durch Hin­zu­fü­gen des Frau­en­na­mens ent­stan­den. Die­se Sit­te war einst plötz­lich auf­ge­kom­men, man wuss­te nicht wie und wo­her; aber ge­nug, sie schi­en den Her­ren vor­treff­lich zu den ro­ten Plüschwes­ten zu pas­sen, und auf ein­mal er­klang das gan­ze Städt­chen an al­len Ecken von pom­pö­sen Dop­pel­na­men. Gro­ße und klei­ne Fir­ma­ta­feln, Hau­stü­ren, Glo­cken­zü­ge, Kaf­fee­tas­sen und Tee­löf­fel wa­ren da­mit be­schrie­ben, und das Wo­chen­blatt strotz­te eine Zeit lang von An­zei­gen und Er­klä­run­gen, de­ren ein­zi­ger Zweck das An­brin­gen der Al­lian­ce-Un­ter­schrift war. Ins­be­son­de­re ge­hör­te es zu den ers­ten Freu­den der Neu­ver­hei­ra­te­ten, al­so­bald ir­gend­ein In­se­rat von Sta­pel lau­fen zu las­sen. Da­bei gab es auch man­cher­lei Neid und Är­ger­nis; denn wenn etwa ein schwärz­li­cher Schus­ter oder sonst für ge­ring Ge­ach­te­ter durch Füh­rung sol­chen Dop­pel­na­mens an der all­ge­mei­nen Re­spek­ta­bi­li­tät teil­neh­men woll­te, so wur­de ihm das mit Na­se­rümp­fen übel ver­merkt, ob­gleich er im le­gi­tims­ten Be­sit­ze der an­de­ren Ehe­hälf­te war. Im­mer­hin war es nicht ganz gleich­gül­tig, ob ein oder meh­re­re Un­be­fug­te durch die­ses Mit­tel in das all­ge­mei­ne ver­gnüg­te Kre­dit­we­sen ein­dran­gen, da er­fah­rungs­ge­mäß die ge­schlecht­er­haf­te Na­mens­ver­län­ge­rung zu den wirk­sa­me­ren, doch zar­tes­ten Ma­schi­nen­teil­chen je­nes Kre­dit­we­sens ge­hör­te.

Für John Ka­bys aber konn­te der Er­folg ei­ner sol­chen Haupt­ver­än­de­rung nicht zwei­fel­haft sein. Die Not war jetzt ge­ra­de groß ge­nug, um die­sen lang auf­ge­spar­ten Meis­ter­streich zur rech­ten Stun­de zu füh­ren, wie es ei­nem al­ten Schmied sei­nes Glückes ge­ziemt, der da nicht in den Tag hin­ein häm­mert, und John sah dem­ge­mäß nach ei­ner Frau aus, still, aber ent­schlos­sen. Und sie­he! schon der Ent­schluss schi­en das Glück end­lich her­auf­zu­be­schwö­ren; denn noch in der­sel­ben Wo­che lang­te an, wohn­te in Seld­wy­la mit ei­ner mann­ba­ren Toch­ter eine äl­te­re Dame und nann­te sich Frau Oli­va, die Toch­ter Fräu­lein Oli­va. Ka­bys-Oli­va! klang es so­gleich in Johns Ohren und wi­der­hall­te es in sei­nem Ge­mü­te! Mit ei­ner sol­chen Fir­ma ein be­schei­de­nes Ge­schäft be­grün­det, muss­te in we­nig Jah­ren ein großes Haus dar­aus wer­den. So mach­te er sich denn weis­lich an die Sa­che, aus­ge­rüs­tet mit al­len sei­nen At­tri­bu­ten.

Die­se be­stan­den in ei­ner ver­gol­de­ten Bril­le, in drei email­lier­ten Hem­de­knöp­fen, durch gol­de­ne Kett­chen un­ter sich ver­bun­den, in ei­ner lan­gen gol­de­nen Uhr­ket­te, wel­che eine ge­blüm­te Wes­te über­kreuz­te, mit al­ler­lei An­hängseln, in ei­ner ge­wal­ti­gen Bu­sen­na­del, wel­che als Mi­nia­tur­ge­mäl­de eine Dar­stel­lung der Schlacht von Wa­ter­loo ent­hielt, fer­ner in drei oder vier großen Rin­gen, ei­nem großen Rohr­stock, des­sen Knopf ein klei­ner Opern­gu­cker bil­de­te in Ge­stalt ei­nes Perl­mut­ter­fäss­chens. In den Ta­schen trug, zog her­vor und leg­te er vor sich hin, wenn er sich setz­te: ein großes Fut­te­ral aus Le­der, in wel­chem eine Zi­gar­ren­spit­ze ruh­te, aus Meer­schaum ge­schnitzt, dar­stel­lend den aufs Pferd ge­bun­de­nen Ma­zeppa; die­se Grup­pe rag­te ihm, wenn er rauch­te, bis zwi­schen die Aug­brau­en hin­auf und war ein Ka­bi­netts­stück; fer­ner eine rote Zi­gar­ren­ta­sche mit ver­gol­de­tem Schloss, in wel­cher schö­ne Zi­gar­ren la­gen mit kirsch­rot und weiß ge­ti­ger­tem Deck­blatt, ein aben­teu­er­lich ele­gan­tes Feu­er­zeug, eine sil­ber­ne Ta­baks­do­se und eine ge­stick­te Schreib­ta­fel. Auch führ­te er das kom­pli­zier­tes­te und zier­lichs­te al­ler Geld­täsch­chen mit un­end­lich ge­heim­nis­vol­len Ab­tei­lun­gen.