Der Sohn - Jo Nesbø - E-Book + Hörbuch

Der Sohn Hörbuch

Jo Nesbø

4,6

Beschreibung

Der neue große Roman von Bestsellerautor Jo Nesbø Sonny ist auf der Flucht Sonny Lofthus sitzt im modernen Hochsicherheitsgefängnis Staten in Oslo. Seine kriminelle Karriere begann, als sein Vater Ab sich das Leben nahm. Ab Lofthus war Polizist. Kurz vor seinem Tod gestand er, korrupt gewesen zu sein. Dieser Verrat zerstörte Sonnys Leben. Jetzt, viele Jahre später, hört er von einem Mitgefangenen, dass alles ganz anders gewesen ist. Sonny will Rache. Er flieht aus dem Gefängnis, denn die Verantwortlichen sollen für ihre Verbrechen büßen. Jo Nesbøs Krimiserie um Kommissar Harry Hole ist weltweit ein Hit. Auch mit Der Sohn stieg er in Norwegen, England, Dänemark und den Vereinigten Staaten ganz oben in der Bestsellerliste ein. Sein neuer großer Kriminalroman ist ein elektrisierendes Drama um Geheimnis und Sünde, Verrat und Rache, Gerechtigkeit und Erlösung. Entdecken Sie auch MESSER, den neuen großen Kriminalroman um Kommissar Harry Hole!

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Zeit:9 Std. 55 min

Sprecher:Sascha Rotermund
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Griesi

Man kann sich nicht von der Lektüre losreißen

Wie erwartet eine gutes Buch mir fehlt aber die komplette Spannung Wie bei anderen Büchern von Jo Nesbo. Das Ende für mich vorhersehbar.
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martalat11

Man kann sich nicht von der Lektüre losreißen

Wie immer tolle Geschichte
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Das Buch

Sonny Lofthus sitzt im modernen Hochsicherheitsgefängnis Staten in Oslo. Seine kriminelle Karriere begann, als sein Vater Ab sich das Leben nahm. Ab Lofthus war Polizist. Kurz vor seinem Tod gestand er, korrupt gewesen zu sein. Dieser Verrat zerstörte Sonnys Leben. Jetzt, viele Jahre später, hört er von einem Mitgefangenen, dass alles ganz anders gewesen ist. Sonny will Rache. Er flieht aus dem Gefängnis, denn die Verantwortlichen sollen für ihre Verbrechen büßen.

Der Autor

Jo Nesbø, 1960 geboren, ist Ökonom, Schriftsteller und Musiker. Er gehört mit der Serie um Kriminalkommissar Harry Hole zu den renommiertesten und erfolgreichsten Krimiautoren weltweit. Auch Der Sohn stieg in Norwegen, England, Dänemark und den Vereinigten Staaten ganz oben in den Bestsellerlisten ein. Jo Nesbø lebt in Oslo.

Jo Nesbø

Der Sohn

Kriminalroman

Aus dem Norwegischen

von Günther Frauenlob

Ullstein

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Die Originalausgabe erschien 2014

unter dem Titel Sønnen

bei Aschehoug, Oslo.

ISBN 978-3-8437-1029-9

© 2014 by Jo Nesbø

© der deutschsprachigen Ausgabe

2014 by Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin

»Suzanne« – M+T: Leonard Cohen © by 1966 Leonard Cohen Strange

Music Inc; Subverlag: EMI Music Publishing Germany GmbH

Umschlaggestaltung: Cornelia Niere, München

Umschlagfoto: © Nik Keevil / Arcangel Images

Alle Rechte vorbehalten.

Unbefugte Nutzung wie etwa Vervielfältigung,

Verbreitung, Speicherung oder Übertragung

können zivil- oder strafrechtlich

verfolgt werden.

E-Book: LVD GmbH, Berlin

Von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten

Teil I

Kapitel 1

Rover starrte an die weiß gestrichene Wand der länglichen, elf Quadratmeter großen Gefängniszelle. Biss auf den etwas zu hoch geratenen goldenen Schneidezahn im Unterkiefer. Er war jetzt an dem schwierigsten Punkt seiner Beichte angelangt. Es war still, allein das Kratzen seiner Fingernägel über die tätowierte Madonna auf seinem Unterarm war zu hören. Der Junge ihm gegenüber saß mit überkreuzten Beinen auf dem Bett und hatte kein Wort gesagt, seit Rover hereingekommen war. Bloß genickt, sein zufriedenes Buddha-Lächeln aufgesetzt und auf einen Punkt auf Rovers Stirn gestarrt. Sie nannten ihn Sonny. Als Jugendlicher sollte er zwei Menschen ermordet haben, und es hieß, dass sein Vater ein korrupter Bulle gewesen war und er selbst irgendwie besondere Fähigkeiten hatte. Es war schwer zu sagen, ob der Junge zuhörte, seine grünen Augen lagen wie der Rest des Gesichts hinter den langen, verfilzten Haaren verborgen, aber eigentlich war das egal. Rover wollte nur, dass ihm seine Sünden vergeben wurden und er die berühmte Segnung erhielt, damit er tags darauf mit reinem Gewissen durch das Tor des Hochsicherheitsgefängnisses Staten treten konnte. Rover war kein religiöser Mann. Aber eine Beichte konnte ja nicht schaden, schließlich hatte er sich ehrlich vorgenommen, sein Leben zu ändern. Er holte tief Luft:

»Ich glaube, sie kam aus Weißrussland. Minsk ist doch in Weißrussland, oder?« Rover blickte kurz auf, aber der Junge auf dem Bett antwortete nicht.

»Nestor hat sie immer Minsk genannt«, sagte Rover. »Und dann hat er gesagt, ich soll sie erschießen.«

Es war echt von Vorteil, sich jemandem mit einem derart ausgebombten Herzen anzuvertrauen. Da konnte man sicher sein, dass keine Namen und keine Details in Erinnerung blieben, es war irgendwie, wie mit sich selbst zu reden. Vermutlich gingen die Häftlinge des Staten deshalb zu ihm und nicht zum Pastor oder Psychologen.

»Nestor hatte sie und acht andere Mädchen unten in Enerhaugen in einen Käfig gesperrt. Osteuropäerinnen und Asiatinnen. Ziemlich jung, Teenager. Falls sie schon so alt waren. Minsk war ein bisschen größer und stärker als die anderen. Und ihr gelang es dann auch abzuhauen. Sie schaffte es bis in den Tøyenpark. Da hat Nestors Hund sie dann gepackt. Der hatte so eine Argentinische Dogge, kennst du die?«

Der Blick des Jungen blieb unverändert, aber er hob eine Hand, führte sie zu seinem Bart und durchkämmte ihn mit den Fingern. Der Ärmel seines weiten, schmutzigen Hemds rutschte nach unten und offenbarte Wundränder und Einstiche. Rover fuhr fort:

»Das sind so wahnsinnig kräftige Albinohunde. Die bringen alles und jeden um, auf den ihr Herrchen zeigt. In Norwegen sind die eigentlich verboten, aber Nestor hatte den von einem Züchter aus Rælingen, der importiert die Welpen aus Tschechien, angemeldet als weiße Boxer. Ich war mit Nestor da, als er den Hund gekauft hat. Mehr als fünfzig Riesen in bar. Und so verdammt süß, dass man sich überhaupt nicht vorstellen konnte, dass daraus mal …« Rover hielt abrupt inne. Er wusste, dass er über den Hund sprach, um nicht über das reden zu müssen, was er eigentlich loswerden wollte.

»Egal …«

Egal. Rover starrte auf die Tätowierung auf seinem anderen Unterarm. Eine Kathedrale mit zwei Türmen. Eine für jede verbüßte Strafe. Dabei hatte keine davon mit der Sache zu tun. Aber wen interessierte das schon. Er hatte Handfeuerwaffen in den MC-Club geschmuggelt und einige davon in seiner Motorradwerkstatt modifiziert. Das war seine Spezialität. Er konnte das so gut, dass er irgendwann nicht mehr unsichtbar gewesen und geschnappt worden war. Aber Nestor hatte ihn nach der ersten Haftstrafe gleich wieder ins Warme geholt. Oder ins Kalte, je nachdem. Er hatte ihn mit Haut und Haaren gekauft, damit seine Leute – und nicht diese MC-Typen oder andere Konkurrenten – die besten Waffen hatten. Rover hatte so in wenigen Monaten mehr Geld gemacht, als er jemals in seiner kleinen Motorradklitsche hätte machen können. Nur dass Nestor immer mehr verlangt hatte. Viel mehr. Zu viel.

»Sie lag da in dem kleinen Wäldchen, und das Blut pumpte nur so aus ihr raus. Sie sah uns an, bewegte sich nicht. Der Köter hatte ihr einen Teil des Gesichts herausgerissen, man konnte ­direkt die Zähne sehen.« Rover schnitt eine Grimasse. Er musste endlich zur Sache kommen. »Nestor meinte, es sei an der Zeit, ein Exempel zu statuieren, um den anderen Mädchen zu zeigen, was sie riskierten. Und dass Minsk mit diesem Gesicht ohnehin wertlos sei …« Rover schluckte. »Und dann hat er mich aufgefordert, das zu tun … ihr ein Ende zu machen. Ich sollte ihm meine absolute Loyalität beweisen. Mit meiner alten, etwas modifizierten Ruger MK2. Ich wollte das auch machen. Echt. Das war nicht der Punkt …«

Rover spürte den Kloß im Hals. Wie oft hatte er an diese Nacht im Tøyenpark gedacht? An das Mädchen ohne Wange? Mit sich und Nestor in den Hauptrollen, während die anderen nur stumme Beobachter waren. Sogar der Köter hatte die Schnauze gehalten. Hundert Mal? Tausend? Trotzdem wurde ihm erst jetzt, da er es zum ersten Mal laut aussprach, wirklich bewusst, dass das alles kein Traum, sondern Wirklichkeit gewesen war. Besser gesagt, seinem Körper schien es erst jetzt bewusst zu werden, seinem Magen. Rover atmete schwer durch die Nase, um die Übelkeit in den Griff zu bekommen.

»Aber ich konnte es nicht. Dabei wusste ich, dass sie so oder so sterben würde. Der Hund wartete ja nur darauf, und an ihrer Stelle wäre mir eine Kugel echt lieber gewesen. Das alles ging mir damals durch den Kopf, aber dieser scheiß Abzug war wie festzementiert. Ich konnte einfach nicht abdrücken.«

Der junge Mann schien kaum merkbar zu nicken. Vielleicht reagierte er auf Rovers Worte, vielleicht aber auch auf Musik, die nur er hören konnte.

»Nestor sagte, wir könnten nicht bis in alle Ewigkeit warten, schließlich stünden wir mitten in einem öffentlichen Park. Dann nahm er das kleine krumme Messer aus seinem Beinhalfter, trat einen Schritt vor, packte sie an den Haaren, hob ihren Kopf etwas an und fuhr fast beiläufig mit dem Messer über ihren Hals. Als würde er einen Fisch aufschlitzen. Das Blut pumpte drei oder vier Mal aus ihr heraus, dann war sie leer. Aber weißt du, woran ich mich am deutlichsten erinnere? An diesen Köter … Wie er zu heulen anfing, als das Blut spritzte.«

Rover beugte sich auf dem Stuhl vor, die Ellenbogen auf den Knien. Er presste seine Hände auf die Ohren. Bewegte sich vor und zurück.

»Und ich, ich habe nichts gemacht. Ich stand einfach nur da und sah zu. Ich hab echt keinen Finger gerührt. Hab zugesehen, wie sie sie in eine Decke wickelten und zum Auto trugen. Wir haben sie in den Wald gefahren, zum Østmarksetra, und sie dann am Ulsrudvannet irgendwo die Böschung runtergekippt. Da am See laufen ja viele Leute mit ihren Hunden herum, so dass sie gleich am nächsten Tag gefunden wurde. Nestor wollte das so. Es sollte in den Zeitungen stehen, was mit ihr passiert war. Damit er es den anderen Mädchen zeigen konnte.«

Rover nahm die Hände von den Ohren. »Ich habe danach nicht mehr richtig geschlafen, hatte nachts immer Alpträume. Das Mädchen ohne Wange lächelte mich immer und immer wieder mit ihren freigelegten Zähnen an. Deshalb bin ich dann irgendwann zu Nestor gegangen und habe ihm gesagt, dass ich aussteigen will. Ich wollte keine Uzis oder Glocks mehr zurecht­feilen, sondern wieder an meinen Motorrädern schrauben. Ein friedliches Leben, ohne den ständigen Gedanken an die Polizei. Nestor sagte, das sei okay, er hatte wohl schon gemerkt, dass ich nicht wirklich ein Bad Guy war. Er malte mir aber in allen Farben aus, was passieren würde, sollte ich jemals das Maul aufmachen. Ich dachte, die Sache wäre damit erledigt, und begann ein normales Leben. Lehnte alle Angebote ab, obwohl ich bei mir noch ein paar verdammt gute Uzis liegen habe. Trotzdem hatte ich die ganze Zeit das Gefühl, dass im Hintergrund irgendwas lief. Dass sie mich doch ausknipsen wollten. Ich war deshalb fast erleichtert, als die Bullen mich einbuchteten. Eine alte Sache, mit der ich nur peripher zu tun hatte, aber sie hatten zwei Typen festgenommen, die aussagten, dass ich sie mit Waffen versorgt hätte. Ich habe es sofort zugegeben.«

Rover lachte hart. Hustete. Beugte sich auf dem Stuhl vor:

»In achtzehn Stunden komme ich hier raus. Ich habe keine blasse Ahnung, was mich erwartet. Ich weiß bloß, dass Nestor weiß, dass ich rauskomme, dabei sollte das eigentlich erst in vier Wochen sein. Er weiß alles, was hier oder bei den Bullen vor sich geht. Er hat seine Leute überall, so viel habe ich verstanden. Aber wenn er mich loswerden wollte, hätte er das ebenso gut hier drinnen erledigen können, statt zu warten, bis ich wieder draußen bin. Stimmt doch, oder?«

Rover wartete. Stille. Das Gesicht des anderen sah nicht so aus, als hätte er zu irgendetwas eine Meinung.

»Egal«, sagte Rover. »Ein bisschen Segen kann nicht schaden.«

Bei dem Wort »Segen« schien etwas im Blick des jungen Mannes aufzuleuchten, und er hob die rechte Hand und signalisierte Rover, dass er näher kommen und sich hinknien sollte. Rover stemmte seine Knie in den kleinen Teppich, der vor dem Bett lag. Franck erlaubte niemandem sonst einen Teppich auf dem Boden. Strikt nach dem Schweizer Modell, das sie hier im Hochsicherheitsgefängnis anwendeten. Niemand sollte etwas Überflüssiges in seiner Zelle haben. Die Anzahl der privaten Gegenstände war auf zwanzig pro Insassen begrenzt. Wollte man ein zusätzliches Paar Schuhe, musste man zwei Unterhosen oder zwei ­Bücher dafür eintauschen, um nur ein Beispiel zu nennen. Rover sah dem Jungen ins Gesicht. Sonny befeuchtete seine auf­gesprungenen, trockenen Lippen mit der Zungenspitze. Seine Stimme war überraschend hell, und obwohl er die Worte nur langsam flüsterte, waren sie klar und deutlich:

»Alle irdischen und himmlischen Götter erbarmen sich deiner und vergeben dir deine Sünden. Du wirst sterben, aber die Seelen der Sünder, denen vergeben wurde, werden ins Paradies eingehen. Amen.«

Rover senkte den Kopf und spürte gleich darauf die linke Hand des anderen auf seinem kahlrasierten Schädel. Der Junge war Linkshänder, aber in diesem Fall musste man kein Statistikfreak sein, um sich auszurechnen, dass er eine geringere Lebenserwartung als ein Durchschnittsrechtshänder hatte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich eine Überdosis setzte. Dass diese Hand heilen konnte, wie die Leute sagten, glaubte Rover keine Minute. Und auch an der Geschichte mit dem Segen zweifelte er.

Aber warum saß er dann noch hier?

Tja. Wahrscheinlich war es mit der Religion wie mit einer Feuer­versicherung; man rechnete nicht im Ernst damit, sie mal wirklich zu brauchen. Und wenn schon alle so überzeugt davon waren, dass dieser Junge sich das Leid anderer auflud, warum also nicht das bisschen Seelenfrieden mitnehmen?

Rover beschäftigte eher, dass dieser Typ derart kaltblütige Morde verübt haben sollte. Das passte doch überhaupt nicht zusammen. Aber vielleicht hatte der Teufel ja wirklich die besten Verkleidungen.

»Salam aleikum«, sagte die Stimme, und die Hand entfernte sich.

Rover blieb mit gesenktem Kopf sitzen und fuhr sich mit der Zunge über die glatte Rückseite des Goldzahns. War er jetzt ­bereit? Bereit, seinem Schöpfer gegenüberzutreten, sollte das sein Schicksal sein? Er hob den Blick.

»Ich weiß, dass du nie Geld willst, aber …« Er sah auf den nackten Fuß, den der Junge unter sein anderes Bein gezogen hatte. Auch in der dicken Ader auf dem Rist waren Einstichwunden zu erkennen. »Beim letzten Mal habe ich im Botsen gesessen, und da sind alle an Stoff gekommen – das war nie ein Problem. Aber das ist ja auch kein Hochsicherheitsgefängnis. Es heißt, Franck hat alle Schlupflöcher gestopft, aber …« Rover steckte die Hand in die Tasche. »… das stimmt nicht ganz.«

Er holte einen Gegenstand in der Größe eines Handys heraus. Ein vergoldetes Ding, das wie eine Miniaturpistole geformt war. Rover drückte den kleinen Abzug. Eine winzige Flamme leckte aus der Mündung.

»Schon mal gesehen? Bestimmt hast du das. Wie das Wachpersonal, das mich durchsucht hat, als ich hierhergekommen bin. Sie wollten wissen, ob ich mich für die billigen Schmuggelzigaretten interessierte, die sie verkauften, und haben mir mein Feuerzeug gelassen. Vermutlich kannten sie meine Akte nicht. Ist es nicht seltsam, dass dieses Land noch immer funktioniert, obwohl den Menschen ständig solche Schlampereien passieren?«

Rover wog das Feuerzeug in der Hand.

»Ich habe dieses Ding vor acht Jahren in doppelter Ausführung gebaut. Ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass niemand in diesem Land einen besseren Job gemacht hätte. Den Auftrag hatte ich über einen Strohmann bekommen. Sein Kunde wollte eine Schusswaffe, die er nicht einmal zu verbergen braucht, weil sie als solche nicht zu erkennen ist. Damals kam mir diese Idee. Das menschliche Gehirn ist echt seltsam. Wenn die Leute so was sehen, glauben sie natürlich erst mal, eine Pis­­tole vor sich zu haben. Aber sobald man ihnen gezeigt hat, dass es ein Feuerzeug ist, schieben sie den ersten Gedanken beiseite. Wobei sie nicht ausschließen, dass man dieses Ding hier möglicherweise auch als Zahnbürste oder Schraubenzieher benutzen kann. Nur eben nicht als Waffe, da sind sie sich ganz sicher. Nun …«

Rover drehte an einer Schraube auf der Unterseite des Schafts.

»Das Magazin fasst zwei Neun-Millimeter-Kugeln. Ich habe dieses Ding ›Paartherapie‹ genannt.« Rover richtete den Lauf auf den Jungen. »Eine für dich, mein Schatz …« Dann hielt er sich den Lauf an die Schläfe. »Und eine für mich …« Rovers Lachen klang in der kleinen Zelle merkwürdig einsam.

»Aber egal. Eigentlich sollte ich nur eine bauen, der Auftrag­geber wollte nicht, dass irgendjemand das Geheimnis dieser Erfindung kannte. Aber ich habe noch eine gebaut. Und sie mitgenommen, sollte Nestor mir jemanden auf den Hals hetzen. Aber jetzt, da ich hier morgen rauskomme, brauche ich sie nicht mehr. Sie gehört dir. Und hier …« Rover zog eine Schachtel Zigaretten aus seiner anderen Tasche. »Sieht komisch aus, wenn du keine Zigaretten dazu hast, nicht wahr?« Er riss das Plastik vom oberen Teil der Schachtel, öffnete sie und schob eine vergilbte Visitenkarte von Rovers Motorradwerkstatt hinter die Zigaretten.

»Hier hast du meine Adresse, solltest du mal ein kaputtes Motorrad haben. Oder eine Uzi brauchen. Wie gesagt, ich hab da noch ein paar …«

Die Tür ging auf, und eine Stimme donnerte: »Raus mit dir, Rover!«

Rover drehte sich um. Die Hose des Wachmanns, der in der Tür stand, hatte wegen des schweren Schlüsselbundes, der an seinem Gürtel hing, Schlagseite, ganz genau konnte man es aber nicht sehen, denn sein dicker Bauch quoll unter dem Hemd hervor wie aufgegangener Hefeteig. »Eure Heiligkeit hier hat schon den nächsten Besuch. Wenn du so willst, von einem nahen Verwandten.« Er lachte wiehernd und drehte sich zu der hinter ihm stehenden Person um. »Nichts für ungut, Per. Okay?«

Rover schob die Pistole und das Zigarettenpäckchen unter die Decke des Jungen, stand auf und sah ihn ein letztes Mal an. Dann ging er schnell nach draußen.

Der Gefängnispastor rückte seinen neuen weißen Kragen zurecht, der irgendwie nie richtig sitzen wollte. Ein naher Verwandter. Nichts für ungut, Per. Am liebsten hätte er dem grinsenden Wachmann in sein aufgedunsenes Gesicht gespuckt. Stattdessen nickte er dem Häftling, der aus der Zelle kam, freundlich zu und tat so, als würde er ihn kennen. Er warf prüfend einen Blick auf die Tätowierungen an den Unterarmen. Madonna und Kathedrale. Aber nein, es waren in diesen Jahren einfach zu viele Gesichter, zu viele Tätowierungen gewesen, als dass er sie noch auseinanderhalten könnte.

Er ging in die Zelle. Drinnen roch es nach Rauch. Oder nach ­etwas, das an Rauch erinnerte. Vielleicht erhitzte Drogen.

»Guten Tag, Sonny.«

Der junge Mann auf dem Bett sah nicht auf, nickte aber langsam. Per Vollan nahm das als ein Zeichen, wiedererkannt worden zu sein, akzeptiert.

Er setzte sich auf den noch warmen Stuhl, und ein Anflug von Ekel erfasste ihn, genau dort zu sitzen, wo auch der Häftling gesessen hatte. Dann legte er die mitgebrachte Bibel neben dem Jungen aufs Bett.

»Ich habe heute Blumen auf das Grab deiner Eltern gelegt«, sagte er. »Ich weiß, du hast mich nicht darum gebeten, aber …«

Per Vollan versuchte, den Blick des Jungen einzufangen. Er hatte selbst zwei erwachsene Söhne, die das Elternhaus in­zwischen verlassen hatten. Wie Vollan auch. Nur mit dem Unterschied, dass seine beiden Söhne dort noch immer willkommen waren. Ein Zeuge der Verteidigung, ein Lehrer, hatte in Sonnys Verfahren betont, er sei ein Musterschüler gewesen, ein talentierter Ringer, bei allen beliebt und immer hilfsbereit. Ja, einmal hätte er sogar gesagt, dass er gerne in die Fußstapfen seines Vaters treten und Polizist werden wollte. Nachdem dann allerdings sein Vater Selbstmord begangen hatte und der Abschiedsbrief gefunden worden war, in dem dieser zugab, korrupt zu sein, war er nur noch selten in der Schule aufgetaucht.

Der Pastor versuchte sich vorzustellen, wie sehr der Fünfzehnjährige sich geschämt haben musste. Wie würden seine eigenen Söhne reagieren, sollten sie jemals erfahren, was ihr Vater getan hatte? Er zupfte an seinem Kragen herum.

»Danke«, sagte Sonny.

Per staunte auch an diesem Tag wieder, wie jung Sonny aussah, dabei musste der Junge langsam auf die dreißig zugehen. Ja, das kam hin. Er hatte zwölf Jahre seiner Strafe abgesessen und war mit achtzehn verurteilt worden. Vielleicht hatten die Drogen ihn mumifiziert, den Alterungsprozess gestoppt, so dass nur Haare und Bart wuchsen, während die Kinderaugen noch immer verwundert in die Welt blickten. Eine finstere Welt. Wie finster, wusste nur Gott. Per Vollan war seit vierzig Jahren Gefängnispastor und hatte den Verfall miterlebt. Das Böse wucherte und hatte sich ausgebreitet wie eine Krebsgeschwulst. Es hatte gesunde Zellen attackiert, sie mit seinem Vampirbiss infiziert und für seine zerstörerische Arbeit rekrutiert. Und niemand, der einmal gebissen worden war, kam jemals wieder frei. Niemand.

»Wie geht’s, Sonny? Wie war der Freigang? Wart ihr am Meer?«

Keine Antwort.

Per Vollan räusperte sich. »Der Beamte hat mir gesagt, dass du am Meer warst. Du weißt ja vielleicht, dass man tags darauf, ganz in der Nähe von der Stelle, wo du gewesen bist, eine ermordete Frau gefunden hat. Zu Hause, bei sich, in ihrem Bett. Ihr Kopf war … na ja … die Details stehen hier.« Er tippte mit dem Zeigefinger auf die Bibel. »Der Beamte hat bereits Meldung gemacht, dass du abgehauen bist, als ihr am Meer wart, und dass er dich erst eine Stunde später an der Straße wiedergefunden hat. Du sollst nicht gesagt haben, wo du in der Zwischenzeit gewesen bist. Es ist wie immer wichtig, dass du nichts sagst, was der Aussage dieses Wachmanns widerspricht, verstanden? Am besten machst du gar keine Aussage, okay, Sonny?«

Per Vollan bekam Augenkontakt zu dem Jungen, aber dessen Blick verriet ihm wenig. Trotzdem war er sich relativ sicher, dass Sonny Lofthus seinen Instruktionen folgen und nichts Überflüssiges sagen würde, weder zu den Ermittlern noch zum Staatsanwalt. Vermutlich würde er im richtigen Moment still und leise seine Schuld einräumen. Denn auch wenn es sich widersinnig anhörte, der Pastor spürte ab und zu die Entschlossenheit, den Willen, den Überlebensinstinkt dieses Junkies. Er war ganz anders als die anderen, die immer nur ziellos herumdrifteten, nie irgendwelche Pläne hatten und eigentlich zeit ihres Lebens auf dem Weg in diesen Knast gewesen waren. Dieser Wille stieg manchmal an die Oberfläche und zeigte sich dann als klarer Blick oder als eine stumm gestellte Frage, an der man ablesen konnte, dass Sonny die ganze Zeit über zugehört und wirklich alles mitbekommen hatte. Oder aber in der Art, wie Sonny plötzlich und unvermittelt aufstand, kerzengerade, ausbalanciert und geschmeidig, wie man es bei keinem anderen Langzeitabhän­gigen jemals sah. In anderen Momenten, wie diesem, war hingegen nicht zu sagen, ob er überhaupt etwas mitbekam.

Vollan rutschte auf seinem Stuhl herum.

»Das heißt leider auch, dass mit Freigang erst einmal Schluss ist. Für die nächsten Jahre. Aber draußen gefällt es dir ja ohnehin nicht, oder? Und das Meer hast du jetzt ja gesehen.«

»Das war ein Fluss. War es der Ehemann?«

Der Pastor zuckte zusammen. Als wäre direkt vor ihm etwas Unerwartetes durch eine stille schwarze Wasseroberfläche gebrochen. »Das weiß ich nicht. Ist das wichtig?«

Keine Antwort. Vollan seufzte und spürte wieder die Übelkeit, die in letzter Zeit zu einem ständigen Begleiter geworden war. Vielleicht sollte er wirklich mal zum Arzt gehen und sich durchchecken lassen.

»Mach dir darüber keine Gedanken, Sonny. Entscheidend ist doch, dass Menschen wie du da draußen nichts anderes tun können, als den ganzen Tag über dem nächsten Schuss nachzu­jagen. Während hier drinnen für alles gesorgt wird. Und vergiss nicht, dass Zeit vergeht. Hast du die Strafen für die letzten Morde erst abgesessen, kann dir keiner mehr helfen. Mit diesem Mord kannst du deine Frist verlängern.«

»Es war der Ehemann. Dann ist er reich?«

Vollan zeigte auf die Bibel. »Das Haus, in das du eingebrochen bist, ist hier drin beschrieben. Es wirkt groß und gut eingerichtet. Aber die Alarmanlage, die all den Reichtum schützen sollte, war nicht eingeschaltet. Die Haustür war nicht mal verschlossen. Der Name lautet Morsand. Das ist der Reeder mit der Augenklappe. Du hast ihn vielleicht schon mal in der Zeitung gesehen.«

»Ja.«

»Wirklich. Ich dachte, du würdest keine …«

»Ja, ich habe sie getötet. Und ich werde nachlesen, wie ich das gemacht habe.«

Per Vollan holte tief Luft. »Gut. Es gibt bei dem Mord gewisse Details, die du dir einprägen solltest.«

»Okay.«

»Man hat ihr … der obere Teil des Kopfes wurde abgetrennt. Der Täter muss eine Säge benutzt haben, ist das angekommen?«

Den Worten folgte langes Schweigen. Per Vollan war kurz davor, sich zu übergeben. Aber das wäre allemal besser gewesen, als diese Worte auszusprechen. Er musterte den Jungen. Was bestimmte ein Leben? Bestand es nur aus einer Reihe von Zufällen, die man nicht beherrschen konnte, oder wurde man von einer Art kosmischen Schwerkraft übermächtig an einen bestimmten Ort gezogen? Er zupfte wieder an dem neuen, seltsam steifen Kragen herum, verdrängte die Übelkeit und gab sich einen Ruck. Es stand viel auf dem Spiel.

Dann stand er auf.

»Falls du Kontakt zu mir aufnehmen willst, ich wohne zurzeit im Hospiz am Alexander Kiellands plass.«

Er sah den fragenden Blick des jungen Mannes.

»Nur vorübergehend«, er lachte kurz. »Meine Frau hat mich rausgeschmissen, und ich kenne die Leute im Hospiz, weshalb die mich …«

Er hielt abrupt inne. Ihm war plötzlich klargeworden, warum so viele Häftlinge zu Sonny gingen, um sich alles von der Seele zu reden. Es war die Stille. Das lockende Vakuum eines Menschen, der nur zuhörte, ohne zu reagieren oder zu urteilen. Der einem, scheinbar mühelos, Worte und Geheimnisse entlockte. Genau das hatte er als Pastor auch versucht, aber die meisten Häftlinge hatten gleich durchschaut, dass er andere Absichten verfolgte. Sie wussten nicht, welche, hatten aber gespürt, dass er ihre Geheimnisse zu seinem Vorteil nutzen würde und mit dem Zugang zu ihren Seelen nur punkten wollte.

Der Pastor beobachtete, wie der junge Mann die Bibel aufschlug. Es war so klassisch, dass es beinahe schon wieder komisch war; in den Seiten war ein Hohlraum, in dem die Papiere mit den Instruktionen steckten, die er für sein Geständnis brauchte. Und drei kleine Briefchen Heroin.

Kapitel 2

Arild Franck rief ein knappes »Herein!«, ohne von den Papieren auf seinem Schreibtisch aufzusehen.

Gleich darauf hörte er die Tür gehen. Seine Sekretärin Ina hatte ihm den Besuch bereits angekündigt, und einen Augenblick lang hatte Arild überlegt, sie zu bitten, den Gefängnispastor aus Zeitgründen abzuwimmeln. Im Grunde nicht einmal eine Lüge, denn in einer halben Stunde hatte er einen Termin beim Polizeipräsidenten im Präsidium. Aber Per Vollan war in der letzten Zeit nicht so stabil gewesen, wie sie sich das wünschten. Es konnte also nicht schaden, einen Blick auf ihn zu werfen und zu überprüfen, ob er noch im Lot war. Bei diesem Fall gab es keinen Spielraum, keiner von ihnen durfte jetzt einen Fehler ­machen.

»Sie brauchen sich gar nicht erst zu setzen«, sagte der stellvertretende Gefängnisleiter, unterzeichnete ein Schreiben und stand auf. »Erzählen Sie mir unterwegs, um was es geht.« Er ging zur Tür, nahm die Uniformmütze von der Garderobe und hörte den schlurfenden Gang des Pastors hinter sich. Arild Franck rief Ina kurz zu, dass er in anderthalb Stunden wieder zurück sein würde, und drückte den Zeigefinger auf den Fingerabdrucksensor an der Tür, die ins Treppenhaus führte. Das Gefängnis hatte zwei Etagen und kam ohne Aufzüge aus. Aufzüge bedeuteten Aufzugschächte, die wiederum mögliche Fluchtwege darstellten und im Brandfall geschlossen werden mussten. Feuer und eine damit verbundene chaotische Evakuierung waren eine der vielen Gelegenheiten, die intelligente Häftlinge zum Ausbruch nutzten. Aus demselben Grund waren alle elektrischen Leitungen, ­Sicherungskästen und Wasserrohre außer Reichweite der Häftlinge unter Putz oder an den Außenseiten verlegt worden. Im Staten hatten sie an alles gedacht. Im Staten hatte er an alles gedacht. Schon in der Planungsphase des Gefängnisses hatte er mit Architekten und internationalen Experten zusammengesessen. Ihr Vorbild war das Gefängnis in Lenzburg gewesen, im Schweizer Kanton Aargau. Hypermodern, aber einfach und mit dem Fokus auf Sicherheit und Effektivität statt auf Komfort. Arild Franck war dieses Gefängnis, und umgekehrt. Deshalb wurmte es ihn gewaltig, dass nicht er, sondern dieser idiotische Emporkömmling aus dem Gefängnis in Halden von der bescheuerten Personalkommission zum Direktor gewählt worden war. Klar, er war manchmal recht kantig und nicht gerade der Typ, der den Politikern nach dem Mund redete und jeder neuen, ach so tollen Reform des Gefängniswesens applaudierte – lange bevor die vorherige überhaupt umgesetzt war. Aber er verstand sein Handwerk und ließ niemanden entkommen, ohne dass deshalb jemand krank wurde oder starb oder zu einem noch schlechteren Menschen wurde. Und er war loyal denen gegenüber, die seine Loyalität verdienten. Diese Leute konnten sich auf ihn verlassen. Das war mehr, als man über die bis ins Mark korrupten Politiker sagen konnte, von denen sie abhängig waren. Früher, bevor er übergangen worden war, hatte Arild Franck davon geträumt, bei seiner Pensionierung mit einer Büste im Foyer des Gefängnisses geehrt zu werden, und das, obwohl seine Frau meinte, sein halsloser Torso und sein Bulldoggengesicht mit den schütteren Haaren eigneten sich nicht sonderlich als Büste. Wenn man nicht bekam, was man verdiente, musste man es sich halt nehmen, lautete Arilds Lebensmotto seither.

»Ich kann das nicht mehr«, sagte Per Vollan hinter ihm, während sie über den Flur liefen.

»Was?«

»Ich bin Pastor. Was wir diesem Jungen antun … er soll für etwas büßen, was er gar nicht gemacht hat! Für einen Ehemann sitzen, der …«

»Leise!«

Vor dem Kontrollraum – den Franck gerne als »Die Brücke« bezeichnete – begegneten sie einem älteren Mann, der gerade Pause hatte und Franck freundlich zulächelte. Johannes war der älteste Insasse des Gefängnisses und ein Mann ganz nach Francks Geschmack. Eine freundliche Seele, die irgendwann im letzten Jahrhundert Drogen geschmuggelt hatte, seither aber so gründlich indoktriniert, klientifiziert und passivisiert worden war, dass ihm jetzt nur noch vor dem Tag graute, an dem er das Gefängnis verlassen musste. Wobei solche Häftlinge natürlich nicht die Herausforderung boten, nach denen ein Gefängnis wie das Staten förmlich verlangte.

»Haben Sie ein schlechtes Gewissen, Vollan?«

»Ja, ja, das habe ich, Arild.«

Franck konnte nicht mehr genau sagen, seit wann seine Kol­legen ihn als Vorgesetzten mit Vornamen ansprachen. Oder seit wann Gefängnisdirektoren in Zivil statt in Uniform herumliefen. In manchen Anstalten trugen jetzt sogar die Wachleute Zivil. Bei der Gefängnisrevolte im Francisco-de-Mar-Gefängnis in São Paulo waren Beamte mit Tränengas beschossen worden, weil Wächter und Gefangene nicht zu unterscheiden waren.

»Ich will raus aus der Sache«, fauchte der Pastor.

»Ach ja?« Franck lief eilig die Treppe nach unten. Für jemanden, der in nur zehn Jahren pensioniert werden sollte, war er in guter Form. Weil er trainierte. Eine weitere vergessene Tugend in einer Branche, in der Übergewicht bald die Regel und längst nicht mehr die Ausnahme war. Früher, als seine Tochter noch schwamm, hatte er sogar die Jugendmannschaft trainiert und damit auch in der Freizeit seinen Beitrag für die Gesellschaft geleistet, die so vielen so vieles gab. »Und wie schlimm sind Ihre Gewissensbisse, wenn es um die kleinen Jungs geht, an denen Sie sich vergangen haben, Vollan?« Franck drückte den Zeigefinger auf den Sensor der nächsten Tür. Dahinter lag der Flur, der in westlicher Richtung in den Zellentrakt und in östlicher zu den Angestelltengarderoben und dem Ausgang zum Parkplatz führte.

»Ich denke, Sie sollten sich klarmachen, dass Sonny Lofthus auch für Ihre Sünden büßt, Vollan.«

Nächste Tür, nächster Sensor. Franck legte den Zeigefinger darauf. Er liebte diese Erfindung, eine Kopie aus dem Obihiro-Gefängnis in Kushiro, Japan. Statt Schlüssel auszuteilen, die verloren, kopiert oder missbraucht werden konnten, waren die Fingerabdrücke von allen Autorisierten in einer Datenbank gespeichert. So hatten sie nicht nur das Risiko eines unachtsamen Umgangs mit den Schlüsseln eliminiert, sondern sich auch einen Überblick darüber verschafft, wer wann wo passierte. Es gab zwar auch Überwachungskameras, aber Gesichter konnte man verbergen, Fingerabdrücke nicht. Die Tür öffnete sich mit einem Zischen, und sie kamen in eine Schleuse.

»Ich sage Ihnen, ich schaffe das nicht mehr, Arild.«

Franck legte den Zeigefinger auf seine Lippen. Zusätzlich zu den Überwachungskameras, die große Teile des Gefängnisareals abdeckten, hatten sie in den Schleusen Gegensprechanlagen montiert. Man konnte also mit dem Kontrollraum kommunizieren, sollte man aus irgendeinem Grund nicht weiterkommen. Sie traten aus der Schleuse und gingen weiter zu den Garderoben mit den Duschen. Dort hatte jeder Angestellte einen eigenen Spind für Kleidung und andere persönliche Dinge. Dass der stellvertretende Gefängnisleiter einen Universalschlüssel hatte, mit dem man alle Schränke öffnen konnte, mussten die Angestellten Francks Meinung nach nicht wissen, eher im Gegenteil.

»Ich dachte, Sie hätten begriffen, mit wem Sie es hier zu tun haben«, sagte Franck. »Sie können da nicht einfach aussteigen. Für diese Leute ist Loyalität eine Frage auf Leben und Tod.«

»Ich weiß«, sagte Per Vollan, und sein Keuchen klang unangenehm belegt. »Für mich geht es aber nicht um das Leben hier auf Erden, sondern um das ewige Leben und den Tod.«

Franck blieb vor dem Ausgang stehen und sah nach links in den Garderobenraum, um sich zu vergewissern, dass sie allein waren.

»Sie wissen, was Sie riskieren?«

»Ich werde niemandem ein Wort sagen, und Gott weiß, dass ich die Wahrheit sage. Ich will, dass Sie ihnen genau das sagen, Arild. Ich werde verschlossen wie eine Auster sein und einfach nur aussteigen. Können Sie mich aus der Sache rausholen?«

Franck blickte zu Boden. Auf den Sensor. Nach draußen. Es gab nur zwei Wege aus dem Gefängnis heraus. Den Hinterausgang zu den Parkplätzen und den Haupteingang am Empfang. Keine Belüftungsrohre, keine Notausgänge, keine Abwasserrohre, durch die ein Mensch hindurchgepasst hätte. »Vielleicht«, sagte er und legte den Finger auf den Sensor. Das kleine rote Licht oben auf der Klinke zeigte an, dass die Datenbank durchsucht wurde. Es verlosch und wurde durch ein kleines grünes Licht ersetzt. Er drückte die Tür auf.

Die grelle Sommersonne blendete ihn, und er holte seine Sonnenbrille heraus, als sie über den Parkplatz liefen. »Ich werde das weitergeben«, sagte Franck und suchte nach den Autoschlüsseln, während er zum Wachhäuschen hinüberblinzelte. Dort saßen rund um die Uhr zwei bewaffnete Männer, außerdem waren sowohl die Ein- als auch die Ausfahrt mit Stahlschranken ge­sichert, die nicht einmal Arild Francks Porsche Cayenne durchbrechen konnte. Vielleicht hätte es der Hummer H1 geschafft, den er sich eigentlich hatte kaufen wollen, aber der war zu breit für die aus Sicherheitsgründen extra schmal gehaltene Durchfahrt gewesen. Aus denselben Gründen hatte er innerhalb des sechs Meter hohen Zauns rund um das Gefängnis herum Stahlbarrikaden errichten lassen. Franck hatte den Zaun eigentlich unter Strom setzen wollen, aber das war ihm verwehrt worden, da das Staten mitten in Oslo lag und man die unschuldigen Anwohner nicht gefährden wollte. Dabei hätten diese von der Straße aus erst eine fünf Meter hohe Mauer mit Stacheldraht überwinden müssen, um zu dem Zaun zu gelangen, und wer das tat, war sicher kein unschuldiger Anwohner.

»Wo müssen Sie denn hin?«

»Alexander Kiellands plass«, sagte Per Vollan voller Hoffnung.

»Sorry«, erwiderte Arild. »Das liegt nicht auf meinem Weg.«

»Kein Problem, der Bus fährt ja da vorne.«

»Gut, Sie hören von mir.«

Der stellvertretende Gefängnisleiter setzte sich in seinen Wagen und fuhr in Richtung Wachhäuschen. Die Vorschrift besagte, dass alle Wagen angehalten und ihre Insassen kontrolliert werden mussten, und das galt auch für ihn. Da die beiden Wachmänner aber gesehen hatten, wie er aus dem Gefängnis gekommen und in seinen Wagen eingestiegen war, durften sie die Schranke ohne Kontrolle öffnen. Franck erwiderte ihren mili­tärischen Gruß.

Hundert Meter weiter hielt er an der Kreuzung zur Hauptstraße vor der Ampel und studierte sein geliebtes Staten im Rückspiegel. Es war fast perfekt. Fast. Wären da nicht das Bauamt, die idiotischen Vorschriften aus dem Ministerium und die korrupte Personalkommission gewesen. Er hatte für alle immer nur das Beste gewollt. Für die hart arbeitenden, ehrlichen Bürger der Stadt, für alle, die ein Leben in Sicherheit und Wohlstand verdienten. Doch, es hätte anders kommen können. Sein Fehler war es nicht gewesen. Es verhielt sich genau so, wie er es immer seinen Schwimmschülern gesagt hatte: Schwimmt oder geht unter, ihr bekommt nichts geschenkt! Dann kehrten seine Gedanken wieder zu der Nachricht zurück, die er überbringen sollte. Er zweifelte keine Sekunde am Ausgang dieser Geschichte.

Die Ampel wurde grün, und er gab Gas.

Kapitel 3

Per Vollan ging durch den Park am Alexander Kiellands plass. Nach dem nassen und ungewöhnlich kalten Juli schien endlich wieder die Sonne, und der Park leuchtete so grün wie im Frühling. Um ihn herum hatten die Menschen die Augen geschlossen und die Gesichter der Sonne zugewandt, um das Licht in vollen Zügen zu genießen. Skateboards kratzten über den Boden, Bierflaschen klirrten, und überall im Park und auf den Balkonen saßen Leute. Und auch die anderen waren da: die grauen, vom rund um den Platz pulsierenden Verkehr verrußten Gestalten. Sie hockten zusammengesunken auf der Bank am Springbrunnen und schienen trotz des guten Wetters zu frieren. Trotzdem schätzten gerade sie die Rückkehr der Sonne mehr als alle anderen. Es klang wie Möwengeschrei, als sie ihn mit ihren heiseren Zurufen grüßten. Er blieb stehen und wartete darauf, dass die Ampel an der Kreuzung Uelands gate und Waldemar Thranes gate grün wurde, während Lastwagen und Busse dicht an ihm vorbeifuhren. Die Fassade, die auf der anderen Seite der Straße emporragte, wurde immer wieder vom Verkehr verdeckt. Die Fenster der berüchtigten Kneipe Tranen waren mit Plastik verhängt. Dort hatten durstige Seelen seit der Errichtung des Hauses 1921 ihren Frieden finden können. In den letzten dreißig Jahren wurden sie begleitet von Arnie »Skiffle-Joe« Norse, der im Cowboykostüm auf einem Einrad Gitarre spielte und sang, unterstützt von einem älteren blinden Organisten und einer Thaifrau mit Tamburin und Hupe. Per Vollans Blick glitt an der Fassade hoch. Etwas weiter oben prangten die schmiedeeisernen Buchstaben »Ila Pensjonat«. Während des Krieges waren hier Frauen mit unehelichen Kindern aufgenommen worden. Jetzt diente das Haus als städtische Bleibe für schwerstabhängige Junkies. Menschen, die mit den Drogen gar nicht mehr aufhören wollten. Als Endstation.

Per Vollan überquerte die Straße, ging zur Tür, klingelte und schaute direkt in die Kamera. Als er das Summen des Türöffners hörte, betrat er das Haus. Man hatte ihm aus Gefälligkeit für zwei Wochen ein Zimmer gegeben – vor einem Monat.

»Hallo, Per«, sagte die junge Frau mit den braunen Augen, die herunterkam und ihm das Gitter vor der Treppe öffnete. Jemand hatte das Schloss zerstört, die Schlüssel passten von außen nicht mehr.

»Das Hospiz-Café ist eigentlich schon zu, ich glaube aber, es ist noch Essen da. Du musst dich aber beeilen.«

»Danke Martha, ich habe keinen Hunger.«

»Du siehst müde aus.«

»Ich bin vom Staten zu Fuß gelaufen.«

»Oh? Fuhr der Bus nicht?«

Sie ging vor ihm die Treppe hinauf, und er folgte ihr langsam. »Ich musste nachdenken«, sagte er.

»Übrigens, da hat sich jemand nach dir erkundigt.«

Per blieb stehen. »Wer?«

»Ich hab nicht gefragt. Könnten aber Polizisten gewesen sein.«

»Wie kommst du darauf?«

»Die schienen dich wirklich dringend sprechen zu wollen, deshalb dachte ich, es geht vielleicht um einen Häftling, den du kennst.«

Die hatten es aber eilig, dachte Per. »Martha? Glaubst du eigentlich an etwas?«

Sie drehte sich auf der Treppe um und lächelte, und Per kam in den Sinn, dass man sich als junger Mann in dieses Lächeln Hals über Kopf verlieben konnte.

»Wie Gott oder Jesus?«, fragte Martha. Auf dem Flur griff sie nach dem Türpfosten und schwang sich in die angrenzende Rezeption, nahm hinter dem Tisch Platz und schaute Per durch die offene Klappe an.

»Oder das Schicksal. Zufälle oder kosmische Schwerkraft.«

»Ich glaube an die irre Greta«, murmelte Martha und blätterte ihre Papiere durch.

»Geister gibt es nicht …«

»Inger hat gesagt, dass sie in der Nacht wieder das Kinderweinen gehört hat.«

»Inger ist eine empfindsame Seele, Martha.«

Sie steckte den Kopf durch die Klappe. »Wir müssen noch über etwas anderes sprechen, Per …«

Er seufzte. »Ich weiß, es ist voll hier und …«

»Die Renovierung nach dem Brand kommt nur langsam voran, und mehr als vierzig Bewohner leben noch immer in Doppelzimmern. Auf lange Sicht geht das nicht. Die beklauen sich gegenseitig, und das endet dann immer in Schlägereien. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis einer den anderen absticht.«

»Ist schon okay, ich bleibe nicht mehr lange.«

Martha neigte den Kopf zur Seite und sah ihn nachdenklich an. »Warum will sie dich eigentlich nicht mehr zu Hause haben? Ihr wart doch so lange verheiratet. Vierzig Jahre, oder?«

»Achtunddreißig. Es ist ihr Haus und … ach, das ist kompliziert.« Per lächelte müde.

Er ließ sie stehen und ging über den Flur zu seinem Zimmer. Hinter zwei Türen dröhnte Musik. Amphetamin. Es war Montag, die Sozialämter waren nach dem Wochenende wieder geöffnet, und das brachte gewisse Möglichkeiten mit sich. Er schloss seine Tür auf. Der heruntergekommene kleine Raum, mit Platz für ein Bett und einen Kleiderschrank, kostete sechstausend im Monat. Außerhalb von Oslo konnte man für diese Summe ganze Wohnungen mieten.

Er setzte sich auf das Bett und starrte durch das verdreckte Fenster nach draußen. Der Verkehr brummte einschläfernd. Die Sonne fiel durch die dünnen Gardinen, und im Fensterrahmen kämpfte eine Fliege um ihr Leben. Sie würde bald sterben. So war es nun einmal. Nicht der Tod, sondern das Leben. Der Tod war nichts. Wann war ihm das erste Mal klargeworden, dass all das, was er immer predigte, nur ein Bollwerk der Menschen gegen ihre Todesangst war? Aber das hatte jetzt keine Bedeutung mehr. Denn das, was Menschen zu wissen glaubten, war nichts im Vergleich zu dem, was sie glauben wollten, um Angst und Schmerzen im Zaum zu halten. Vollan glaubte an einen Gott der Vergebung und an ein Leben nach dem Tod. Er glaubte mehr dar­an als jemals zuvor.

Er zog einen Block unter einer Zeitung hervor und begann zu schreiben.

Viel brauchte Per Vollan nicht zu notieren. Ein paar Sätze auf einem Zettel reichten. Er strich seinen Namen auf dem gebrauchten Umschlag durch. Der Brief von Almas Anwalt, in dem sie kurz skizziert hatten, was Per aus ihrer Sicht aus dem gemein­samen Haushalt zustand. Die Liste war nicht lang gewesen.

Der Gefängnispastor warf einen Blick in den Spiegel, rückte den Pastorenkragen zurecht, nahm den langen Mantel aus dem Schrank und ging.

Martha war nicht an der Rezeption. Inger nahm den Umschlag entgegen und versprach, ihn ihr zu geben.

Die Sonne stand tiefer am Himmel, der Tag ging seinem Ende entgegen. Vollan lief durch den Park und registrierte aus den ­Augenwinkeln, dass jeder seine Rolle spielte. Fast bis zur Perfektion. Niemand stand zu schnell von einer Bank auf, nachdem er vorbei war, und es fuhren auch keine Autos vom Straßenrand los, als er ganz gegen seine Gewohnheit über die Sannergata hin­unter zum Fluss ging. Aber sie waren da. In dem Fenster, das den friedlichen Sommerabend spiegelte, in dem gleichgültigen Blick eines Passanten, in der Kälte der Schatten, die auf der Ostseite der Häuser emporkrochen, das Sonnenlicht vertrieben und neues Territorium eroberten. Per Vollan dachte, dass sein ganzes Leben ein immerwährender Kampf zwischen Hell und Dunkel gewesen war, aus dem nie ein Sieger hervorgegangen war. Oder doch? Hatte das Dunkel nicht mit jedem Tag etwas mehr die Oberhand gewonnen?

Sie waren auf dem Weg in die lange Nacht.

Er beschleunigte seine Schritte.

Kapitel 4

Simon Kefas führte die Kaffeetasse zum Mund. Vom Küchentisch aus blickte er in den kleinen Garten vor dem Haus im Fagerliveien in Disen. In der Nacht hatte es geregnet, und das Gras glänzte in der Morgensonne. Er glaubte fast, es wachsen sehen zu können. Bald schon würde er wieder den Rasenmäher hervorholen. Dieses alte, mechanische Teil, das einem jedes Mal aufs Neue die Laune vermieste und den Schweiß auf die Stirn trieb. Aber sei’s drum. Else hatte ihn gefragt, warum er nicht wie die Nachbarn einen elektrischen Rasenmäher kaufte. Seine Antwort war simpel gewesen: Diese Dinger kosteten Geld. Ein Argument, mit dem in seiner Kindheit und Jugend die meisten Auseinandersetzungen entschieden worden waren, in diesem Haus und im ganzen Viertel. Doch damals hatten hier auch noch normale Leute gewohnt. Lehrer, Friseure, Taxifahrer, Angestellte im Öffentlichen Dienst. Oder Polizisten, wie er selbst. Nicht, dass die Leute heute nicht normal waren, aber sie arbeiteten in der Werbung, waren IT-Spezialisten, Journalisten, Ärzte, hatten Agen­turen für die seltsamsten Sachen oder so viel Geld geerbt, dass sie sich eines der kleinen idyllischen Häuschen leisten und die Preise damit noch weiter in die Höhe treiben konnten. Das Viertel war dadurch auf der sozialen Rangliste deutlich gestiegen.

»An was denkst du?«, fragte Else, die hinter ihn getreten war und ihm über die Haare strich. Dünner waren sie geworden, und bei ungünstigem Licht schimmerte manchmal sogar die Kopfhaut durch. Else behauptete aber, das zu mögen. Es gefiel ihr, dass er der war, der er war, und auch äußerlich dazu stand: ein bald pensionierter Polizist. Auch sie würde älter werden, seinen Vorsprung von mehr als zwanzig Jahren allerdings nie einholen. Einer der neu hinzugezogenen Nachbarn, ein halbprominenter Filmproduzent, hatte geglaubt, sie wäre Simons Tochter. Na klasse.

»Ich denke darüber nach, was ich für ein Glück habe«, sagte er. »Mit dir. Mit dem hier.«

Sie küsste ihn mitten auf den Kopf, und er spürte ihre Lippen auf seiner Kopfhaut. In der letzten Nacht hatte er geträumt, er könnte ihr sein Augenlicht schenken. Und als er wach geworden war und nichts gesehen hatte, war er eine Sekunde lang ein glücklicher Mann gewesen. Dann war ihm klargeworden, dass er noch die Schlafbrille trug, die er in den hellen Sommernächten immer aufsetzte.

Es klingelte.

»Das ist Edith«, sagte Else. »Ich gehe mich umziehen.«

Sie öffnete ihrer Schwester und verschwand nach oben.

»Hallo, Onkel Simon!«

»He, wer kommt denn da?«, sagte Simon und sah in das vor Erwartung strahlende Gesicht eines Jungen.

Edith kam in die Küche. »Tut mir leid, Simon, aber er hat mich so bedrängt, ein bisschen früher zu kommen, damit er noch Zeit hat, deine Mütze aufzusetzen.«

»Klar«, sagte Simon. »Aber solltest du heute nicht in der Schule sein, Mats?«

»Planungskonferenz«, seufzte Edith. »Die haben ja keine Ahnung, was das für eine alleinerziehende Mutter dann wieder bedeutet.«

»Umso netter von dir, dass du angeboten hast, Else zu fahren.«

»Das ist doch wohl das mindeste. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist er ja nur heute und morgen in Oslo.«

»Wer?«, fragte Mats und zerrte am Arm seines Onkels, damit dieser endlich aufstand.

»Ein amerikanischer Arzt, der sich sehr gut mit Augen auskennt«, sagte Simon und tat beim Aufstehen so, als wäre er noch steifer, als er es in Wirklichkeit war. »Komm, dann gucken wir mal, ob wir hier irgendwo eine richtige Polizeimütze finden. Nimmst du dir einen Kaffee, Edith?«

Die beiden gingen in den Flur. Als Simon die schwarzweiße Uniformmütze vom Schrank nahm, stieß Mats einen Freudenschrei aus. Er verstummte aber gleich wieder andächtig, als sein Onkel ihm die Mütze auf den Kopf setzte. Sie standen vor dem Spiegel. Der Junge zielte mit dem Zeigefinger auf Simons Spiegelbild und ahmte mit dem Mund Schüsse nach.

»Auf wen schießt du?«

»Auf Banditen!«, zischte der Junge. »Pchiu! Pchiu!«

»Schieß lieber auf eine Zielscheibe«, sagte Simon. »Die Polizei schießt nicht auf Banditen, wenn es nicht unbedingt nötig ist.«

»Doch! Pchiu! Pchiu!«

»Du, dafür würden wir ins Gefängnis kommen, Mats!«

»Wir?« Der Junge hielt inne und sah seinen Onkel verwundert an. »Warum denn? Wir sind doch die Polizei.«

»Wir sind nicht besser als die Banditen, wenn wir sie einfach erschießen, statt sie festzunehmen.«

»Aber … aber wenn wir sie gefangen haben, dann dürfen wir doch wohl auf sie schießen, oder?«

Simon lachte. »Nein. Dann erst recht nicht, dann entscheidet ein Richter darüber, wie lange die Verbrecher ins Gefängnis müssen.«

»Ich dachte, du würdest das entscheiden, Onkel Simon?«

Simon sah die Enttäuschung in den Augen des Jungen. »Weißt du was, Mats? Ich bin ganz glücklich darüber, dass ich das nicht zu entscheiden habe. Ich bin froh, sie nur fangen zu müssen. Denn das ist der wirklich spannende Teil der Arbeit.«

Mats kniff ein Auge zu, und die Mütze rutschte ihm in den ­Nacken.

»Du, Onkel Simon …«

»Ja?«

»Warum haben du und Tante Else eigentlich keine Kinder?«

Simon stellte sich hinter seinen Neffen, legte ihm die Hände auf die Schultern und lächelte ihn im Spiegel an. »Wir brauchen keine Kinder, wir haben doch dich. Oder?«

Mats sah seinen Onkel ein paar Sekunden lang nachdenklich an. Dann öffnete sich sein Gesicht zu einem breiten Grinsen. »Okay!«

Simon schob die Hand in die Tasche und holte das Handy hervor, das zu vibrieren begonnen hatte.

Es war die Einsatzzentrale. Simon hörte zu.

»Wo am Akerselva?«, fragte er.

»Oberhalb vom Kuba, an der Kunsthochschule. Da ist eine Brücke …«

»Ich weiß, wo die ist«, sagte Simon. »Ich bin in dreißig Minuten da.«

Simon zog sich gleich im Flur die Schuhe an und warf sich das Sakko über.

»Else!«, rief er.

»Ja?« Ihr Gesicht kam oben an der Treppe zum Vorschein. Wieder war er von ihrer Schönheit beeindruckt. Ihre langen roten Haare umspülten das kleine blasse Gesicht wie ein Fluss. Die Sommersprossen auf der winzigen Nase … würde sie vermutlich auch noch haben, wenn es ihn nicht mehr gab, dachte er. Wieder meldete sich der Gedanke, den er immer zu vermeiden suchte: Und wer kümmerte sich dann um sie? Er wusste, dass sie ihn von dort, wo sie stand, vermutlich gar nicht sehen konnte. Sie tat nur so als ob. Er räusperte sich.

»Ich muss los, Liebes. Rufst du mich an und erzählst mir, was der Doktor gesagt hat?«

»Ja, mache ich. Fahr vorsichtig.«

Die beiden älteren Polizisten gingen durch die parkähnliche Anlage, die im Volksmund nur Kuba hieß. Die meisten glaubten, der Name habe etwas mit dem Land zu tun. Vielleicht weil hier früher politische Versammlungen stattgefunden hatten und Grünerløkka immer schon ein Arbeiterviertel gewesen war. Man musste schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, um die wahre Herkunft des Namens zu kennen, denn hier hatte einmal ein großer Gasbehälter gestanden, mit einem Überbau in Form eines Kubus.

Die Männer gingen über die Brücke, die zu den alten Fabrikgebäuden führte, in denen die Kunsthochschule untergebracht war. An dem Gitter des Geländers hingen Vorhängeschlösser mit Datum und den Initialen der Liebenden. Simon blieb stehen und sah sich eines davon genauer an. Er hatte Else jeden Tag der zehn Jahre, die sie zusammen waren, geliebt. Mehr als dreieinhalbtausend Tage. In seinem Leben würde es keine andere Frau mehr geben, um das zu wissen, brauchte er kein symbolisches Vorhängeschloss. Und sie auch nicht. Wobei er insgeheim hoffte, dass sie ihn so lange überlebte, dass in ihrem Leben noch reichlich Zeit für neue Männer war, wenn er erst einmal Platz gemacht hatte.

Von ihrem Standort aus sahen sie weiter oberhalb die Åmotbrua, eine bescheidene Brücke über einem bescheidenen Fluss, der die bescheidene Hauptstadt in Ost und West teilte. Vor langer Zeit, als er noch jung und dumm gewesen war, hatte er sich einmal von dieser Brücke kopfüber ins Wasser gestürzt. Drei besoffene Jungs, von denen zwei einen unerschütterlichen Glauben an sich selbst und die Zukunft hatten und davon überzeugt waren, der Beste von ihnen Dreien zu sein. Der Dritte im Bunde, er selbst, hatte schon damals erkannt, dass er mit den anderen nicht mithalten konnte. Weder an Intelligenz noch an Stärke, auch nicht, was Beziehungen anging, oder in Sachen Frauen. Aber er war der Mutigste. Man hätte auch sagen können, der Risikofreudigste. Es brauchte keinen großen Intellekt oder besondere körperliche Fähigkeiten, um von einer Brücke in dreckiges Wasser zu springen. Allenfalls eine gewisse Dummdreistigkeit. Simon Kefas hatte oft gedacht, dass sein jugendlicher Pessimismus seine Chance gewesen war. Er hatte ihm die Kraft gegeben, um die Zukunft zu spielen, die er nicht wirklich hochschätzte. Er hatte weniger zu verlieren als die anderen, alles auf eine Karte gesetzt und war so lange auf dem Geländer stehen geblieben, bis die beiden anderen geschrien hatten, er solle das nicht tun, er sei wahnsinnig. Und dann war er gesprungen. Von der Brücke, aus dem Leben, hinein in das surrende Kasinorad namens Schicksal. Er war ins Wasser eingetaucht, in den weißen Schaum, und war von der Kälte umarmt worden. Und in dieser Umarmung hatten Stille, Einsamkeit und Frieden gelegen. Und als er unverletzt wieder an die Oberfläche gekommen war, hatten sie gejubelt. Auch Simon selbst. Obwohl er schon ein bisschen enttäuscht war, wieder zurück zu sein. Was Liebeskummer doch mit einem jungen Mann anstellen konnte.

Simon schüttelte die Erinnerungen ab und richtete seinen Blick auf den Wasserfall zwischen den beiden Brücken. Genauer gesagt, auf die Gestalt, die darin hing, als wäre sie im Wasser festgefroren, wie auf einer Fotografie.

»Vermutlich hat die Strömung ihn mitgerissen«, sagte der Kriminaltechniker neben Simon. »Und dann haben seine Kleider sich an irgendetwas in dem Wasserfall verhakt. Der Fluss ist ja überall so flach, dass man ihn durchwaten kann.«

»Gut möglich«, sagte Simon, saugte an dem Päckchen Snus, das unter seiner Oberlippe steckte, und legte den Kopf schief. Die Gestalt hing falsch herum, die Arme zur Seite, während das Wasser wie ein Strahlenkranz ihren Kopf und Körper umspülte. Wie Elses Haare, dachte er.

Die Spurensicherung hatte endlich ein Boot zu Wasser gelassen und versuchte den Toten aus dem Wasserfall zu befreien.

»Ich wette um ein Bier, dass das ein Selbstmord ist.«

»Keine Chance, Elias«, sagte Simon, schob den Zeigefinger unter die Oberlippe und fischte das Snuspäckchen heraus. Er wollte es unter sich fallen lassen, ins Wasser, hielt sich aber im letzten Augenblick zurück. Neue Zeiten. Er sah sich nach einem Abfalleimer um.

»Dann hältst du dagegen?«

»Nein, Elias, ich wette nicht um Bier.«

»Oh, sorry, das hatte ich ganz vergessen …« Der Kriminaltechniker sah betreten zu Boden.

»Schon okay«, sagte Simon und ließ ihn stehen. Im Vorbei­gehen nickte er einer großen blonden Frau zu. Sie trug einen schwarzen Rock und eine kurze schwarze Jacke. Ohne den Polizeiausweis, der an einem Band um ihren Hals hing, hätte er sie sicher für eine Bankerin gehalten. Er warf das Snuspäckchen in den grünen Abfalleimer am Ende der Brücke, ging zum Fluss hin­unter und folgte dem Ufer, den Blick konzentriert auf den Boden gerichtet.

»Hauptkommissar Simon Kefas?«

Elias blickte auf. Die Frau, die ihn angesprochen hatte, sah genau so aus, wie sich Ausländer immer skandinavische Frauen vorstellten. Sie schien sich selbst für recht groß zu halten, denn sie stand leicht vornübergebeugt und trug keine Absätze.

»Nein, wer will das wissen?«

»Kari Adel.« Sie hielt ihm den Ausweis hin, den sie um den Hals trug. »Ich bin neu bei der Mordkommission, man hat mir gesagt, ich würde ihn hier finden.«

»Willkommen. Was wollen Sie von Simon?«

»Er soll mich einweisen, mir zeigen, wie man bei so einem Fall vorgeht.«

»Oh, da kann ich Ihnen nur gratulieren«, sagte Elias und zeigte auf einen kleinen Mann, der am Flussufer entlangging. »Da drüben ist Ihr Mann.«

»Nach was sucht er?«

»Spuren.«

»Die sollten doch wohl eher oberhalb am Flussufer zu finden sein und nicht unterhalb.«

»Ja, er nimmt wohl an, dass wir da schon geschaut haben. Womit er recht hat.«

»Die Techniker tippen auf Selbstmord?«

»Ja, ich habe den Fehler gemacht, mit ihm darum zu wetten. Um ein Bier.«

»Fehler?«

»Er ist süchtig«, sagte Elias. »War süchtig.« Als er die hochgezogenen Augenbrauen der Frau sah, fügte er hinzu: »Das ist kein Geheimnis. Und nicht unwichtig, wenn Sie zusammenarbeiten sollen.«

»Mir hat niemand gesagt, dass ich mit einem Alkoholiker zusammenarbeiten muss.«

»Nicht Alkoholiker«, sagte Elias. »Er war spielsüchtig.«

Sie schob die blonden Haare hinter ein Ohr zurück und kniff ein Auge zusammen. »Was für ein Spiel?«

»Egal. Hauptsache, man kann dabei verlieren. Aber wenn Sie seine neue Partnerin sind, werden Sie noch oft genug Gelegenheit haben, ihn danach zu fragen. Wo waren Sie vorher?«

»Im Drogendezernat.«

»Na ja, dann kennen Sie sich hier am Fluss ja bestens aus.«

»Stimmt.« Sie sah blinzelnd zu dem Toten hinüber. »Kann natürlich auch ein Drogenmord gewesen sein, wobei der Fundort dann nicht passen würde. So weit oben verkaufen die keine harten Drogen mehr, dafür muss man runter hinter den Schous plass oder die Nybrua. Und wegen Hasch wird in der Regel niemand umgebracht.«

»Schon klar«, sagte Elias und nickte in Richtung Boot. »Jetzt haben sie ihn abgehängt. Wenn der einen Ausweis dabeihat, wissen wir gleich, wer es ist …«

»Ich weiß, wer das ist«, sagte Kari Adel. »Der Gefängnispastor. Per Vollan.«

Elias musterte sie. Sie würde sicher bald die Bürokluft ablegen und wie alle anderen herumlaufen. Vielleicht hatte sie ja nur zu viele amerikanische Fernsehserien gesehen. Abgesehen von den Klamotten hatte sie was. Vielleicht war sie ja eine von denen, die tatsächlich blieben. Eine der wenigen. Aber das hatte er auch schon von anderen gedacht. Also abwarten.

Kapitel 5

Der Verhörraum war in hellen Farben gehalten und mit Kiefernmöbeln ausgestattet. Eine rote Gardine verdeckte das Fenster zum Kontrollraum. Kommissar Henrik Westad vom Polizeidis­trikt Buskerud fand den Raum richtig angenehm. Er war schon öfter von Drammen nach Oslo gekommen, unter anderem, um Kinder zu einer Reihe von sexuellen Übergriffen zu befragen. Bei diesen Anlässen hatten sie den Raum sogar mit Puppen ausgestattet. Jetzt ging es um Mord. Er studierte den Mann mit dem wilden Bart und den langen Haaren, der ihm gegenüber auf dem Stuhl saß. Sonny Lofthus sah jünger aus, als er war, falls das Alter in den Unterlagen korrekt war. Und er wirkte clean, seine Pupillen hatten die normale Größe. Aber das war bei Menschen mit hoher Drogentoleranz oft so.

Westad räusperte sich:

»Sie haben sie also festgebunden, eine normale Metallsäge benutzt und sind dann einfach gegangen?«

»Ja«, sagte der Mann. Er hatte keinen Anwalt gewollt und beantwortete alle Fragen ziemlich einsilbig. Irgendwann war Westad dazu übergegangen, ihm Fragen zu stellen, die man ­einfach mit Ja oder Nein beantworten konnte. Und das funk­tionierte. Natürlich funktionierte es, schließlich wollte dieser Mann ja ein Geständnis ablegen. Aber trotzdem. Westad warf noch einmal einen Blick auf die Bilder, die vor ihm lagen. Der obere Teil des Schädels war abgesägt und zur Seite geklappt worden. Er hing nur noch an einem Stück Haut. Westad musste bei diesem Foto an ein geköpftes Frühstücksei denken, obwohl die Struktur des Gehirns deutlich zu erkennen war. Er glaubte zwar schon lange nicht mehr daran, den Menschen ansehen zu können, zu welchen Grausamkeiten sie fähig waren, aber dieser Mann … er strahlte nicht annähernd die Kälte, Aggressivität und, ja, Idiotie aus, die er bei anderen grausamen Mördern gespürt hatte.

Westad lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Warum gestehen Sie?«

Der Mann zuckte mit den Schultern. »DNA am Tatort.«

»Woher wissen Sie, dass wir die haben?«

Der Mann fuhr sich mit der Hand durch die langen, dicken Haare. Aus Hygienegründen hätte die Gefängnisleitung ihn zwingen können, sie zu schneiden. »Ich verliere Haare. Eine Folge der Drogen. Kann ich jetzt gehen?«

Westad seufzte. Ein Geständnis. Klare biologische Spuren am Tatort. Was ließ ihn hier eigentlich noch zweifeln?

Er beugte sich zum Mikrofon vor, das zwischen ihnen stand. »Das Verhör des Verdächtigen Sonny Lofthus wurde um 13.04 Uhr beendet.«

Er sah das rote Lämpchen verlöschen, wusste, dass der Techniker draußen die Aufnahme gestoppt hatte, stand auf und öffnete die Tür, so dass die Beamten hereinkommen und dem Mann wieder die Handschellen anlegen konnten, bevor sie ihn zurück ins Staten brachten.

»Was glauben Sie?«, fragte der Techniker, als Westad in den Kontrollraum kam.

»Glauben?« Westad schlüpfte in seine Jacke und zog den Reißverschluss mit einer harten, fast ärgerlichen Bewegung zu. »Er lässt einem nicht gerade viel Spielraum.«

»Ich meine das erste Verhör heute.«

Westad zuckte mit den Schultern. Eine Freundin des Opfers. Sie hatte erzählt, die Ermordete habe ihr erst kurz vor dem Mord anvertraut, dass ihr Mann sie der Untreue bezichtigt und ihr mit dem Tod gedroht habe. Eva Morsand sollte Angst gehabt haben. Berechtigte Angst, denn sie hatte tatsächlich jemanden getroffen und überlegte, ihren Mann zu verlassen. Ein klassischeres Motiv gab es kaum. Der junge Mann hingegen hatte eigentlich überhaupt kein Motiv! Die Frau war nicht vergewaltigt worden, und gestohlen worden war auch nichts. Lediglich der Apothekenschrank war aufgebrochen worden, und laut Ehemann fehlten ein paar Schlaftabletten. Aber wieso sollte jemand, der den Einstichen nach regelmäßig harte Drogen nahm, sich für Schlaftabletten interessieren?

Aber auch eine andere Frage meldete sich sofort: Warum sollte ein Ermittler, der ein Geständnis bekommen hatte, sich mit derartigen Kleinigkeiten abgeben?

Johannes Halden wischte den Boden vor den Zellen des A-Trakts, als zwei Beamte mit dem Jungen zwischen sich auf ihn zukamen. Sonny lächelte. Ohne die Handschellen hätte man meinen können, er ginge gemeinsam mit zwei Freunden zu irgendetwas Nettem.

Johannes hob den rechten Arm. »Guck mal, Sonny. Die Schulter ist wieder vollkommen in Ordnung! Nochmals danke für die Hilfe.«

Der Junge musste beide Hände heben, um dem Alten den nach oben gestreckten Daumen zu zeigen.