Der Sturm - William Shakespeare - E-Book

Der Sturm E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

Ein magisches Drama über Verrat, Rache und Vergebung! Das Schiff des Königs von Neapel gerät auf See plötzlich in einen schweren Sturm: Passagiere und Besatzung stranden auf einer einsamen Insel. Ihr Unglück ist jedoch kein Zufall: der mächtige Zauberer Prospero, der mit einigen der Männer eine alte Rechnung offen hat, hat die Gruppe in sein verzaubertes Reich gebracht, um Rache zu nehmen. Doch dann verliebt sich Prosperos Tochter Miranda in den Prinzen Ferdinand. Kann die Geschichte trotz aller Feindschaft und Rachegelüste Prosperos ein glückliches Ende nehmen?-

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William Shakespeare

Der Sturm

Übersezt von Christoph Martin Wieland

Saga

Der Sturm

 

Übersezt von Christoph Martin Wieland

 

Titel der Originalausgabe: The Tempest

 

Originalsprache: dem Englischen

 

Coverbild/Illustration: Shutterstock

Copyright © 1763, 2021 SAGA Egmont

 

Alle Rechte vorbehalten

 

ISBN: 9788726886023

 

1. E-Book-Ausgabe

Format: EPUB 3.0

 

Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit der Zustimmung vom Verlag gestattet.

Dieses Werk ist als historisches Dokument neu veröffentlicht worden. Die Sprache des Werkes entspricht der Zeit seiner Entstehung.

 

www.sagaegmont.com

Saga Egmont - ein Teil von Egmont, www.egmont.com

Personen.

Alonso, König von Neapel.Sebastian, dessen Bruder.Prospero, rechtmässiger Herzog von Meiland.Antonio, dessen Bruder, und unrechtmässiger Innhaber von Meiland.Ferdinand, Sohn des Königs von Neapel.Gonsalo, ein ehrlicher alter Rath des Königs.AdrianundFrancisco, zween Herren vom Adel.Caliban, ein wilder und mißgeschaffner Sclave.Trinculo, ein Hofnarr.Stephano, ein berauschter Kellermeister.Schiffspatron, HochbootsmannundMatrosen. Miranda, Prosperos Tochter.Ariel, ein Sylphe.Iris, Ceres, Juno, NymphenundSchnitter, Geister, die zu einer allegorischen Vorstellung gebraucht werden.

Erster Aufzug.

Erste Scene.

In einem Schiff auf dem Meer.

Man hört ein Getöse von einem heftigen Sturm, mit Donner und Blizen.

Der Schiffspatron und der Hochbootsmann treten auf.

Schiffspatron. Hochbootsmann – –

Bootsmann. Hier, Patron: Wie steht's?

Patron. Gut; redet mit den Matrosen; arbeitet mit den äussersten Kräften, oder wir gehen zu Grunde; greift an, greift an!

(Geht ab.)

Etliche Matrosen kommen herein.

Bootsmann. Hey, meine Kinder; munter, meine Kinder! hurtig! hurtig! Zieht das Bramsegel ein! gebt auf des Patrons Pfeifchen acht – – Ey so blase, bis du bersten möchtest – –

Alonso, Sebastiano, Antonio, Ferdinand, Gonsalo, und andre zu den Vorigen.

Alonso. Guter Hochbootsmann, habt Sorge; wo ist der Schiffspatron? Haltet euch wie Männer!

Bootsmann. Ich bitte euch, bleibt unten.

Antonio. Wo ist der Patron, Hochbootsmann?

Bootsmann. Hört ihr ihn denn nicht – – ihr geht uns im Weg um; geht in eure Cajüte; ihr helft nur dem Sturm.

Gonsalo. Nun, mein guter Mann, seyd geduldig.

Bootsmann. Wenn's das Meer ist. Weg – – was fragen diese Aufrührer nach dem Nahmen eines Königs? In die Cajüte – – Still! hindert uns nicht!

Gonsalo. Ehrlicher Mann, besinne dich, wen du am Bord hast – –

Bootsmann. Niemand, den ich lieber habe als mich selbst. Ihr seyd ein Rath; wenn ihr diesen Elementen ein Stillschweigen auferlegen oder auf der Stelle den Frieden mit ihnen machen könnt, so wollen wir kein Thau mehr anrühren; braucht eure Autorität. Wenn ihr aber nichts könnt, so dankt dem Himmel, daß ihr so lange gelebt habt, und macht euch in eurer Cajüte auf das Unglük gefaßt, das alle Augenblike begegnen kan – – Frisch zu, meine Kinder – – fort aus dem Wege, sag ich.

(Er geht ab.)

Gonsalo. Dieser Kerl macht mir Muth; mich däucht, er sieht keinem gleich, der ersauffen wird, er hat eine vollkommne Galgen-Physionomie! halte fest an deiner Absicht, liebes Schiksal; mache den Strang, der ihm bestimmt ist, zu unserm Ankerseil, denn das unsrige hilft uns nicht viel: wenn er nicht zum Galgen gebohren ist, so steht es jämmerlich um uns.

(Sie gehen alle ab.)

Der Hochbootsmann kommt zurük.

Hochbootsmann. Herab mit dem Bramsteng; greift an, besser herunter, noch besser! – – macht, daß nur das Schönfahrsegel treibt – – (man hört ein heulendes Geschrey hinter der Scene) daß die schwehre Noth diß verfluchte Geheul – –

Antonio, Sebastiano und Gonsalo kommen zurük.

– – Sie überschreyen das Wetter und uns – – Seyd ihr wieder da? Was thut ihr hier? Sollen wir aufgeben und ersauffen? habt ihr Lust dazu?

Sebastiano. Daß die Pest deine Gurgel – – du bellender, lästerlicher unbarmherziger Hund!

Bootsmann. So helft denn arbeiten.

Antonio. Geh an den Galgen, du Hund, an den Galgen; du Hurensohn von einem unverschämten Polterer; wir fürchten uns weniger vor dem Ertrinken als du.

Gonsalo. Ich steh ihm fürs Ersauffen, und wenn gleich das Schiff nicht stärker wäre als eine Nußschaale, und so löchricht als eine – –

Etliche Matrosen von Wasser triefend treten auf.

Matrosen. Alles ist verlohren! Betet, betet; alles ist verlohren!

(Sie gehen ab.)

Bootsmann. Wie, müssen wir uns in Wasser zu tode sauffen?

Gonsalo. Der König und der Prinz beten; wir wollen gehen und ihnen helfen; denn es geht uns wie ihnen.

Sebastian. Die Geduld ist mir ausgegangen.

Antonio. Diese Trunkenbolde sind ganz allein Schuld, daß wir umkommen – – Dieser weitgespaltene Schurke – – Ich wollt' er läge so tief im Meer, daß ihn zehn Fluthen nicht heraus spülen könnten.

Gonsalo. Er wird doch noch gehangen werden, und wenn jeder Tropfe Wasser dagegen schwören, und das Maul aufsperren würde, ihn zu verschlingen. (Man hört ein vermischtes Getös hinter der Scene.) Wir scheitern, wir scheitern, wir sinken unter! Lebet wohl, mein Weib und meine Kinder! Wir scheitern! wir scheitern!

Antonio. Wir wollen alle mit dem König versinken.

(Geht ab.)

Sebastian. Wir wollen Abschied von ihm nehmen.

(Geht ab.)

Gonsalo. Izt wollt' ich von Herzen gerne tausend Meilen See für eine Jauchart dürren Boden geben, Heidekraut, Genister, was man wollte – – der Wille des Himmels geschehe! Doch wollt' ich lieber eines troknen Todes sterben!

(Geht ab.)

Zweyte Scene.

(Verwandelt sich in einen Theil der bezauberten Insel, unweit der Celle des Prospero.)

Prospero und Miranda treten auf.

Miranda. Wenn ihr, mein theurester Vater, diese wilden Wasser durch eure Kunst in einen so entsezlichen Aufruhr gesezt habet, o so leget sie wieder! Der Himmel, so scheint es, würde stinkendes Pech herunterschütten, wenn nicht die See, die bis an seine Wangen steigt, das Feuer wieder löschte. O! wie hab' ich mit diesen Unglüklichen gelidten, die ich leiden sah! Ein schönes Schiff (ohne Zweifel hatte es einige edle Geschöpfe in sich) ganz in Stüke zerschmettert – – O das Geschrey schlug recht gegen mein Herz an. Die armen Seelen, sie kamen um! Hätte ich die Macht irgend eines Gottes gehabt, ich wollte eher das Meer in die Erde hineingesenkt haben, eh es dieses gute Schiff so verschlungen haben sollte, und die darauf befindlichen Seelen mit ihm.

Prospero. Fasse dich, meine Tochter; nicht so bestürzt; sage deinem mitleidigen Herzen, es sey kein Schaden geschehen.

Miranda. O! unglüklicher Tag!

Prospero. Kein Unglük. Was ich gethan habe, hab' ich aus Fürsorge für dich gethan, für dich, meine Theure, meine Tochter, die du nicht weißst, wer du bist, oder von wannen ich hieher kam, noch daß ich etwas bessers bin als Prospero, Herr über eine armselige Celle, und dein nicht grösserer Vater.

Miranda. Mir fiel niemals ein, mehr wissen zu wollen.

Prospero. Es ist Zeit, daß ich dir mehr entdeke. Lehne mir deine Hand, und ziehe mir dieses magische Gewand ab; so! (er legt seinen Mantel hin) lige hier, meine Kunst – – Wische du deine Augen, beruhige dich. Dieses fürchterliche Schauspiel des Schiffbruchs, welches ein so zärtliches Mitleiden in deinem Herzen erregt hat, hab ich durch die Mittel, die meine Kunst mir an die Hand giebt, so sicher angeordnet, daß keine Seele zu Grunde gegangen ist, nein, nicht ein Haar von irgend einem dieser Geschöpfe, deren Geschrey du hörtest, die du sinken sahst: Seze dich nieder, denn du must nun noch mehr wissen.

Miranda. Ihr habt oft angefangen mir sagen zu wollen, was ich sey, aber wieder inngehalten, und mich einem eiteln Nachsinnen überlassen, indem ihr allemal damit schlosset, halt! noch nicht – –

Prospero. Die Stund' ist nun gekommen, und es ist keine Minute mehr zu verliehren. Höre dann und sey aufmerksam. Erinnerst du dich einer Zeit, eh wir in diese Celle kamen? Ich denke nicht, daß du es kanst; denn du warst damals noch nicht volle drey Jahre alt.

Miranda. Ja, mein Herr, ich kan.

Prospero. Wobey dann? Bey irgend einem Haus oder einer Person? Sage mir, was es auch seyn mag, dessen Bild in deinem Gedächtniß geblieben ist.

Miranda. Es ist in einer tiefen Entfernung, und eher einem Traum als einer Gewißheit gleich, was mir die Erinnerung vorstellt. Hatte ich nicht einst vier oder fünf Weiber, die mir aufwarteten?

Prospero. Du hattest, und mehr, Miranda. Aber wie kommt es, daß diß noch in deinem Gemüthe lebt? Was siehst du noch mehr in dem tiefen Abgrund der verflossenen Zeit? Wenn du dich noch an etwas erinnerst, eh du hieher kamst, so wirst du dich auch erinnern, wie du hieher kamst.

Miranda. Nein, das thue ich nicht.

Prospero. Es sind nun zwölf Jahre seit dieses geschah, Miranda; zwölf Jahre, seit der Zeit, da dein Vater Herzog von Meiland und ein mächtiger Fürst war.

Miranda. Mein Herr, seyd ihr dann nicht mein Vater?

Prospero. Deine Mutter war ein Muster der Tugend, und sie sagte, du seyest meine Tochter; und dein Vater war Herzog von Meiland, und du seine einzige Erbin.

Miranda. O Himmel! Was für ein schlimmer Streich trieb uns von dannen? Oder war es unser Glük, daß es geschah?

Prospero. Beydes, beydes, mein Mädchen! Durch einen schlimmen Streich, wie du sagst, wurden wir von dort vertrieben, und glüklicher Weise hieher gerettet.

Miranda. O! mein Herz blutet, wenn ich an die Sorgen denke, die ich euch in einer Zeit gemacht haben werde, an die ich mich nicht mehr besinnen kan. Ich bitte euch, fahret fort.

Prospero. Mein Bruder, und dein Oheim, Antonio genannt, (ich bitte dich, merke auf) – – daß ein Bruder fähig seyn konnte, so treulos zu seyn! – – Er, den ich, nächst dir selbst, über alle Welt liebte, und dem ich die Verwaltung meines Staats anvertraute, der damals unter allen in Italien der erste, so wie es Prospero an Ansehen war, und an Ruhm in den Wissenschaften, die meine einzige Beschäftigung waren. Ich überließ also die Staatsverwaltung meinem Bruder, und wurd' ein Fremdling in meinem eignen Lande, so sehr riß mich die Liebe und der Reiz geheimnißreicher Studien dahin. Dein treuloser Oheim – – Aber du giebst nicht Acht!

Miranda. Höchst aufmerksam, mein Herr.

Prospero. Dein Oheim, sag ich, der in der Kunst ausgelernt war, wie er ein Gesuch bewilligen oder wie er es abschlagen, wen er befördern oder wen er wegen eines allzuüppigen Wuchses abschneiden sollte; schuf alle diejenigen um, die meine Creaturen waren; ich sage, er versezte sie entweder, oder er gab ihnen sonst eine andre Form; und da er den Schlüssel zu dem Amt und zu dem Beamteten hatte, stimmte er alle Herzen in dem Staat, nach dem Ton, der seinem Ohr der angenehmste war. Solchergestalt war er nun der Epheu, der meinen fürstlichen Stamm umwand, und sein Mark an sich sog – – du giebst nicht Acht.

Miranda. Ich thu es, mein werther Herr.

Prospero. Ich bitte dich, merke wohl auf. Da ich nun alle weltlichen Dinge so bey Seite sezte, und mich ganz der Einsamkeit und der Verbesserung meines Gemüths widmete, die in meinen Augen alles überwog was der grosse Hauffe hochschäzt, so erwachte meines Bruders schlimme Gemüthsart, und mein Zutrauen brütete eine Untreue in ihm aus, die so groß war als mein Zutrauen, welches in der That keine Grenzen hatte. Da er sich in dem Besiz meiner Einkünfte und meiner Gewalt sah, so machte ers wie einer, der durch häufiges Erzählen der nemlichen Unwahrheit einen solchen Sünder aus seinem Gedächtniß macht, daß er selbst nicht mehr weiß, daß es eine Unwahrheit ist; er hatte so lange die Rolle des Herzogs mit allen ihren Vorrechten gespielt, daß er sich zulezt einbildete, er sey der Herzog selbst – – Hörst du mir zu?

Miranda. Eure Erzählung, mein Herr, könnte die Taubheit heilen.

Prospero. Damit nun aller Unterschied zwischen der Person die er spielte, und demjenigen, für welchen er sie spielte, aufhören möchte, wollte er schlechterdings selbst Herzog in Meiland seyn. Mir, armen Manne, dachte er, wäre mein Büchersaal Herzogthums genug; zu allen Geschäften eines Fürsten hielt er mich für ganz untüchtig. Er machte also ein Bündniß mit dem König von Neapolis, und verstuhnd sich, (so sehr dürstete ihn nach der Herrschaft), ihm einen jährlichen Tribut zu bezahlen, und ihn als seinen Lehnsherrn zu erkennen, seinen Fürstenhut der Crone dieses Königs zu unterwerffen, und das bisher unabhängige Herzogthum (armes Meiland!) unter ein schimpfliches Joch zu beugen.

Miranda. O Himmel!

Prospero