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Gesundheit. Erfolg. Liebe: Wie beeinfussen die Orte, an denen wir wohnen, arbeiten oder Urlaub machen, unser Leben? Die Historikerin Roberta Rio recherchiert die Geschichte von Gebäuden, Wohnungen oder Grundstücken und stößt dabei auf wiederkehrende Muster. In diesem Buch zeigt sie anhand alten Wissens und neuer Forschungsergebnisse, was wir über die Wirkung von Orten wissen sollten und wie wir es herausfinden.
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Seitenzahl: 249
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Roberta Rio:Der Topophilia-EffektAlle Rechte vorbehalten
© 2020 edition a, Wienwww.edition-a.at
Cover und Satz: Isabella StarowiczTextberatung: Katharina Domiter
ISBN 978-3-99001-432-5
E-Book-Herstellung und Auslieferung:Brockhaus Commission, Kornwestheim
www.brocom.de
Nicht das Licht und Scheinen der Sonne führen uns aus der Dunkelheit, sondern das Wissen um die Dinge.
Titus Lucretius Carus(antiker römischer Dichter und Philosoph)
Ein abgelegenes Haus
Die Geheimnisse der Etrusker
Das Geisterhaus
Das Strahlen-Wissen unserer Ahnen
Mystische Kathedralen
Der rote Faden in der Geschichte von Orten
Das Haus an der Kurve
Das Mysterium der S16 und der A7
Kein Ort ohne Geist
Eine Kapelle in Südengland
Hippokrates von Kos
Das Kloster im Wald
Der vitruvianische Ort
Das rätselhafte Herrenhaus
Die Spinner
Der Bauernhof
Das Netz der roten Kreuze
Am Gemüsegartenweg
Anleitung für den Umgang mit Orten
Die goldene Regel
Die historisch-intuitive Methode
von Dr. Ruediger Dahlke
Seit vierzig Jahren versuche ich als Arzt ein Gefühl für Qualität zu vermitteln. Ein Gefühl dafür, wie Quantität und Qualität zusammenhängen und dafür, dass Qualität für unsere Seele meist bedeutsamer ist.
Wie sehr zum Beispiel das Phänomen Zeit neben Quantität auch Qualität haben kann, hat uns spätestens Stefan Zweig in seinem Werk »Sternstunden der Menschheit« gelehrt, einer Sammlung von Miniaturen über, wie Zweig selbst schrieb, »dramatisch geballte, schicksalsträchtige Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist« und die »selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte« ist. Und jeder weiß, dass Sonntag eine andere Qualität hat als Montag, obwohl beide 24 Stunden haben.
Wie sehr auch Information Qualität statt Quantität haben kann, das zeigte uns der österreichische Lehrer Franz Xaver Gruber, der mit dem von ihm komponierten Weihnachtslied »Stille Nacht – heilige Nacht« mehr Gefühl für Weihnachten vermittelte als alle Predigten aller Prediger zusammen.
Der Komponist Claude Joseph Rouget de Lisle motivierte einst mit seiner »Marsaillaise« bestimmt mehr Soldaten zum Marschieren, als die Anfeuerungen ihrer Feldherren. Der amerikanische Sänger, Songwriter und Komponist Scott McKenzie erzählte die Geschichte von uns Hippies in seiner Hymne »San Francisco« mit der Zeile »a new generation with a new explanation« weit besser als jede noch so umfangreiche soziologische Studie. Oder warum stehen dem Begriff »ehrlich verdientes Geld« Begriffe wie »Blutgeld«, »Schwarzgeld«, »Spekulationsgeld« oder »Erbschaftsgeld« gegenüber, wenn es nicht selbst beim Geld, das laut einem österreichischen Sprichwort angeblich »kein Mascherl« hat, tiefer liegende Qualitätsunterschiede gäbe? Qualitätsunterschiede im Hinblick auf das, was dieses Geld mit uns macht?
Im vorliegenden Buch, Der Topophilia-Effekt, das mich aus vielen Gründen fasziniert, zeigt Roberta Rio nun, wie notwendig es ist, dass wir auch die Qualität der Orte erkennen, an denen wir uns zu leben, zu arbeiten oder Urlaub zu machen entscheiden. Sie zeigt, dass wir uns damit Leid ersparen können und Unterstützung bei unseren Vorhaben holen können, und dass jeder Ort an sich irgendetwas mit uns macht, das wir als Herausforderung erkennen müssen, um bewusst damit umgehen zu können.
Roberta Rio liefert wundervolle Hinweise und Anleitungen dazu, als Historikerin, gleichzeitig aber auch als Frau mit viel Gefühl für die Qualität von Raum und Zeit. Lesend spüren wir, wie sehr sie sich für die Geschichte von Orten interessiert und sind gefesselt von der Welt, die sich da auftut.
Als jemand, der sich drei Jahrzehnte lang in der Rolle eines Psychotherapeuten mit der Geschichte von Menschen und der Qualität ihrer vergangenen Tage beschäftigte, kann ich ihr Interesse an der Geschichte von Orten umso besser nachvollziehen. Ich verstehe auch ihren Wunsch, ihr Wissen darüber zu teilen. Denn wer sich nur noch nach trivialen Faktoren wie Quadratmetern, Preisen und Verkehrsanbindungen für einen Ort entscheidet, wird diese Unbewusstheit später vielleicht bezahlen. Roberta Rio bezieht sich dabei immer auf historische und naturwissenschaftliche Evidenz und geht der Faktenlage immer wieder nüchtern auf den Grund.
Ich nehme trotzdem auch das aus diesem Buch mit: Es gibt unter den Dingen, mit denen ich mich beschäftige, die sogenannten »Schicksalsgesetze«, über die ich das Buch mit dem gleichnamigen Titel und dem Untertitel Die Spielregeln des Lebens geschrieben habe. Eines der wichtigsten dieser Gesetze ist das Resonanzgesetz, das lautet: Jeder Mensch bekommt, was er (zum Lernen) braucht. Was bedeutet, dass wir uns vielleicht aus den falschen Gründen aber nie zufällig für die Orte entscheiden, an denen wir uns aufhalten. Doch auch damit bleibt es gut zu wissen, worauf wir uns einlassen.
Dafür bietet die Autorin wertvolle und praktische Anhaltspunkte und macht Mut, der eigenen Intuition, unserem Bauchgefühl, zu vertrauen. Sie spannt einen Bogen von energetisch geladenen Hohlwegen der Etrusker und geheimnisvollen gotischen Kathedralen über moderne elektromagnetische Felder bis zum neuen Mobilfunkstandard 5G.
Wir begegnen lesend einigen interessanten und einigen großen Namen, etwa dem Arzt Otto Bergsmann, der die erste Studie zur Qualität von Orten durchführte, dem Architekten Frank Lloyd Wright, der wie viele andere Architekten um diese Zusammenhänge wusste und danach baute, oder dem Psychiater C. G. Jung, der wie schon die alten Griechen und Römer davon ausging, dass Orte eine Seele haben, dass sie von verschiedenen »Göttern« und »Geistern« bewohnt und von Gedanken-Mustern und Traditionen der Menschen, die dort lebten, geprägt sind.
Einfühlsam bringt uns Roberta Rio diesen »genius loci«, den »Geist des Ortes«, näher und macht uns die wahre Bedeutung der Schreine in Thailand oder etwa unserer christlichen »Marterl« deutlich. Wir verstehen, warum viele von uns so gern Reisen und an besondere Orte pilgern, und warum wir Lieblingsorte haben, an denen wir besonders gut Kraft tanken können.
Ich wünsche diesem wunder- und wertvollen Buch, dass es viele Menschen erreicht, denn es schafft ein neues, auf Fakten und Intuition basierendes Bewusstsein für die wahren Dimensionen von Raum und Zeit.
Ruediger DahlkeTamanGa, im August 2020
Dr. Ruediger Dahlke wirkt seit 1979 als Arzt mit Zusatzausbildung für Naturheilweisen und einem Studium der Homöopathie und als Seminarleiter. Seine Bücher zu Themen wie der ganzheitlichen Psychosomatik, zur veganen Ernährung und zu einem spirituellen Weltbild erreichen im deutschen Raum Millionen Leser und liegen in mehr als 280 Übersetzungen in 28 Sprachen vor.Weitere Infos: www.dahlke.at – www.taman-ga.at
Die Sonne schien und es war für Oktober noch ziemlich warm. Die Luft roch sauber und frisch. Das Laub, das noch an den Bäumen hing, leuchtete in freundlichen Rot- und Brauntönen. Ich freute mich. Erstens über das gute Wetter und zweitens auf meinen bevorstehenden Arbeitstag.
Ich war im Norden des Friaul mit einem Kunden verabredet, der mich beauftragt hatte, ein Haus zu begutachten. Er hatte es vor kurzem gekauft.
In einer Zeitung hatte er einen Artikel mit dem Titel »Der Geist der Orte« über mich und meine Arbeit gelesen. Er handelte davon, wie ich die Geschichte von Grundstücken, Häusern, Gebäuden, aber auch Städten und Regionen recherchiere und daraus Schlussfolgerungen für deren aktuelle Bewohner ziehe. Welche Muster sind an einem Ort zu erkennen? Etwa im Hinblick auf die Gesundheit, die Beziehungen oder die wirtschaftliche Situation der bisherigen Bewohner? Was könnten diese Muster für die aktuellen Bewohner des Ortes bedeuten?
Als ich aus dem Auto stieg, ließ ich zunächst die Fassade des Gebäudes auf mich wirken. Sie bestand aus einer spannenden Mischung aus Holz, rohen Ziegeln und verputztem Mauerwerk. Es war ein schönes, zweistöckiges Haus aus dem 18. Jahrhundert, wenngleich es offensichtlich restaurierungsbedürftig war.
Für mich als Historikerin sind 300 Jahre keine allzu große Zeitspanne. Oft genug habe ich mit viel älteren Gebäuden und Gemäuern zu tun, die teilweise in viel schlechteren Zuständen sind. Und ich liebe das. Vor Bauten zu stehen, die so viel Geschichte in sich tragen, ist für mich ein ganz besonderes Gefühl. Zu wissen, dass in jedem Zimmer, in jedem Winkel und an jedem Fenster ganz unterschiedliche Ereignisse stattgefunden haben. Momente im Leben von Menschen, wichtige wie unbedeutende, die längst verschollene Schicksale ausgemacht haben.
Das Ambiente, das dieses Haus umgab, war idyllisch. Das Anwesen stand mitten in einem Park, recht abgelegen, ohne direkte Nachbarn und kein Verkehr störte die Ruhe.
»Hallo Roberta«, begrüßte mich mein Auftraggeber, ein schlanker, sportlicher, gut aussehender Mann Mitte fünfzig, vielleicht Anfang sechzig. Er blickte seitlich an mir herab. »Du hast ja eine süße Begleitung.«
»Darf ich vorstellen: Das ist Leya«, sagte ich.
Leya wedelte fröhlich, als er ihr den Kopf streichelte.
Normalerweise gehe ich folgendermaßen vor: Ich mache einen Rundgang mit dem Besitzer oder der Besitzerin eines Hauses und lasse mir alles zeigen. Daraufhin gehe ich noch einmal allein umher, um alles aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, zu erleben und auf mich wirken zu lassen. Bevor ich mit meinen historischen Recherchen beginne, will ich den Ort spüren, ohne von außen beeinflusst zu werden, denn Eigentümer von Häusern haben immer eine ganz spezielle Bindung an ihr Objekt. Da kann es leicht passieren, dass Besucher wie ich durch ihre Erzählungen ihre neutrale Einstellung verlieren und wichtige Details übersehen.
Dieses Mal waren neben dem Besitzer und mir noch drei weitere Menschen da. Allesamt Handwerker, die sich ein Bild von der Beschaffenheit des Hauses machen wollten. Es stand die Idee im Raum, mehrere Wohnungen darin zu errichten. Aus dem Stall neben dem Haus wollte der Besitzer einen Veranstaltungsraum machen.
»Es ist ein wunderbares Objekt«, sagte er zu mir. »Ich glaube, du wirst so begeistert sein wie ich. Lass uns doch mit dem Stall beginnen.«
Im Stall gab es nicht viel zu sehen. Er war leer und feucht. Die alten Balken an der Decke fielen mir augenblicklich auf. »Schön sind die«, sagte ich.
Er nickte. »Das alles hat Charisma, nicht wahr? Hier könnten Seminare stattfinden und Hochzeiten gefeiert werden. Ich sehe die glücklichen Gesichter der Besucher und Gäste schon vor mir.«
Der Mann war Notar und offensichtlich begeistert davon, hier einen Teil seiner erklecklichen Einkünfte investiert zu haben.
»Wie bist du eigentlich zu diesem Haus gekommen?«, wollte ich wissen.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich hatte gehört, dass es zum Verkauf steht. Der Preis war in Ordnung und ich hielt es für eine gute Investition. Sieh es dir doch an! Ich musste einfach zuschlagen.«
Die weitere Besichtigung führte uns ins Innere des Hauses. Dort offenbarte sich mir ein, sagen wir, sehr individueller Baustil. Damit hatte ich bereits gerechnet, nachdem auch die Fassade schon ein bisschen nach Patchwork aussah. Man konnte sehen, dass das Haus über die Jahrzehnte immer wieder umgebaut worden war, allerdings ohne einheitliche Struktur, eher chaotisch, sodass das Ganze verwinkelt und verschachtelt wirkte.
Ich konnte mich allerdings kaum konzentrieren. So sehr ich mich auch bemühte, etwas lenkte mich ständig ab. Entweder waren es die Gespräche der anderen, die sich über das Verlegen der Rohre und Stromleitungen unterhielten und darüber, wie die Wände beschaffen waren. Oder es war Leya, die irgendwo herumstreunte. Ich folgte dem Besitzer zwar von Raum zu Raum, doch es gelang mir kaum, das Haus wirklich wahrzunehmen.
Nachdem wir mit dem Erdgeschoss fertig waren, stiegen wir über eine Treppe aus Holz hinauf in den ersten Stock. Im ersten Zimmer, das wir dort besichtigten, passierte etwas Merkwürdiges. Leya blieb unvermittelt wie angewurzelt stehen. Um keinen Preis der Welt wollte sie sich weiterbewegen. Ich rief mehrmals ihren Namen, aber sie reagierte nicht. Sie stand da, stocksteif, und starrte wie gebannt in eine Ecke. Bloß war dort nichts. Kein Insekt, das herumflatterte, kein Licht, das an der Wand tanzte, kein Geräusch, das aus dieser Richtung kam.
Nicht einmal auf das Leckerli, das ich ihr vor die Schnauze hielt, reagierte sie. Es war sehr seltsam. In der Hundeschule hatte ich gelernt, auf diese Weise ihren Stresslevel zu testen. Nahm sie das Futter an, war das Niveau überschaubar bis niedrig. Alles okay. Nahm sie es nicht an, war sie angespannt und ich damit gefordert, die Stressquelle auszuschalten. Bloß wie, wenn da keine erkennbare war?
Ich hockte mich zu ihr und schaute in die gleiche Richtung. Vielleicht konnte ich auf diese Weise erkennen, was meine Hündin dermaßen irritierte? Doch ich sah weiterhin … nichts. Leya blieb noch einige Minuten stehen, ehe sie, genauso plötzlich wie sie erstarrt war, wieder auftaute. Als wäre nichts gewesen, erkundete sie heiter weiter die Umgebung.
Manchmal bedauere ich es, dass ich Leyas Gedanken nicht lesen kann. Denn es ist evident, dass Hunde Dinge wahrnehmen können, die unseren menschlichen Sinneswahrnehmungen verschlossen bleiben. Das Hirnareal von Hunden für Gerüche etwa ist vierzig Mal so groß wie das von uns Menschen. Das ermöglicht es ihnen auch, Dinge zu erschnuppern, die längst vergangen sind. Es ist ein geniales Organ, das eine Zeitreise ins Gestern ermöglicht. Leya ist also auf ihre Art selbst eine Historikerin und womöglich noch mehr. Es gibt zahlreiche Berichte darüber, dass Hunde und Katzen und alle möglichen anderen Tiere auch prophetische Gaben haben. Ihre vielfach belegte Fähigkeit, Erdbeben vorauszusagen, versucht derzeit die renommierte Max Planck-Gesellschaft über ihr Institut für Verhaltensbiologie in einem aufwändigen Projekt zu ergründen.
Erst jüngst hatte mir Leyas Verhalten bei der Geburtstagsfeier einer Freundin zu denken gegeben. Leya, die es als Musterbeispiel eines Rudeltiers liebt, Menschen um sich zu haben, hatte sich an jenem Abend standhaft geweigert, zu uns ins Wohnzimmer zu kommen. Schließlich hatte ich herausgefunden, dass das Haus, in dem meine Freundin lebte, früher eine Metzgerei gewesen war. Und dass der Platz, an dem wir saßen, genau jener Ort war, an dem die Tiere geschlachtet worden waren.
Viele Hundebesitzer können bestätigen, dass Tiere augenblicklich spüren, ob ihnen etwas oder jemand behagt oder nicht. Gehe ich mit Leya spazieren und begegnen wir anderen Menschen, steuert sie entweder freundlich auf sie zu oder kommt auf meine andere Seite, um ihnen auszuweichen.
Ich habe auch beobachtet, dass Leya ihre Notdurft am liebsten an Orten verrichtet, die für uns Menschen schlechte Energien haben. Als ich sie einmal zu einer kurzen Zugfahrt mitnahm, ging ich vor der Abfahrt noch eine Runde mit ihr, damit sie ihr Geschäft verrichten konnte. Draußen in der Natur weigerte sie sich, erst als wir schon am Bahnsteig waren, entleerte sie sich endlich, und zwar direkt unter einer Hochspannungsleitung. Viele Ratgeber über Hundeerziehung bestätigen dieses Verhalten von Hunden. In Gärten zum Beispiel stellen sie sich gern über Wasseradern.
Möglicherweise verfügen Hunde auch über einen Magnetsinn, der sie ebenfalls Dinge wahrnehmen lässt, die uns verschlossen bleiben. Forscher der Universität in Duisburg-Essen gehen gemeinsam mit Kollegen der Technischen Agraruniversität in Prag der Frage nach, ob Hunde sich für ihr Geschäft am liebsten an der magnetischen Nord-Süd-Achse ausrichten, wenn man sie lässt. Doch leider gehöre ich nicht zu den Menschen, die angeblich mit Tieren kommunizieren können. Ich kann Leya nur beobachten und ihr Verhalten zum Teil des Stimmungsbildes machen, das ich von einer Besichtigung mitnehme.
Einige Tage nach dieser Hausführung machte ich mich an die Arbeit. Ich forschte im Gemeinde-Archiv nach und erfuhr dabei mehr über die Vorbesitzer des Hauses.
Als Archivarin und Historikerin habe ich Zugänge zu Unterlagen, an die nur befugte Menschen kommen. Doch auch allgemein zugängliche Gemeinde-Archive sind für mich wichtige Informationsquellen. Noch wichtiger sind nur Kirchen-Archive, die oft bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen, sofern nicht Brände oder andere Katastrophen sie zerstört haben.
Ich sitze dann stundenlang in Zimmern, umgeben von wertvollen, alten Dokumenten und Büchern. Handys sind dort verboten, aber meist handelt es sich ohnehin um Kellerräume ohne Empfang. Die Stimmung ist immer ein bisschen wie in Dan Browns Historien-Thriller The Da Vinci Code. Es ist abenteuerlich und aufregend, denn ich weiß nie, auf welches Geheimnis ich als nächstes stoße.
Da sind auch immer eine gewisse Anspannung und Neugier mit dabei, sodass ich mich oft kaum von diesen Unterlagen losreißen kann und viele Tage hintereinander in diesen Zimmern verbringe. Immer auf der Suche nach Details und Namen, die mich auf neue Spuren bringen. Auch online, manchmal einfach über Google, lässt sich bei der Recherche der Geschichte eines Hauses oder eines Ortes mittlerweileviel herausfinden. Wobei es bei Google besonders wichtig ist, auf die Quellen zu achten, weil gerade zu diesem Thema neben einigem Nützlichen auch viel Unfug durch das Internet geistert.
In diesem konkreten Fall reichten die Belege im Gemeinde-Archiv nur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zurück, denn die Umgebung, in der das Gebäude stand, war in beiden Weltkriegen ein Kampfgebiet gewesen. Viele Aufzeichnungen, offenbar vor allem die älteren, waren dabei vernichtet worden oder verloren gegangen.
Meine Recherche konzentrierte sich aber, wie immer in solchen Fällen, nicht nur auf Archive. Einen Großteil meiner Arbeit macht das Reden aus. Ich rede mit Menschen, die in der unmittelbaren Umgebung eines Hauses oder eines Ortes, mit dem ich mich befasse, leben. Vor allem in ländlichen Regionen tragen sie oft überliefertes Wissen in sich, das nur teilweise oder gar nicht dokumentiert ist. Manche von ihnen sind redseliger als andere. Die muss ich finden. Dafür brauche ich vor allem Geduld, Zeit und Feingefühl.
Am Ende meiner Recherchen hatte ich aber genug Informationen gesammelt, um zu erkennen, dass sich in dem Haus eine Geschichte immer wieder wiederholt hatte. Menschen, die dort gelebt hatten, hatten mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen gehabt. Sie alle mussten das Haus nach dessen Erwerb bald wieder verkaufen, weil sie in finanzielle Not geraten waren und es sich nicht mehr leisten konnten.
Eine Familie, die in dem Haus gelebt hatte, hatte mit ihrem Unternehmen zur Zeit des Zweiten Weltkrieges Metalldosen für Lebensmittel hergestellt. Man würde aufgrund des damaligen Bedarfes an solchen Produkten davon ausgehen, dass sie die vielen Aufträge kaum bewältigen könnten. Immerhin waren Konservendosen überlebensnotwendig für die Soldaten im Krieg. Aber genau das Gegenteil war der Fall: Die Firma ging bankrott.
Später zog ein Ehepaar mit ihrem Sohn in das Haus. Sie hatten sich davor über Jahre hinweg ein erfolgreiches Geschäft in der Textilbranche aufgebaut, das sie, als sie alt genug waren, um in Rente zu gehen, ihrem Sohn überschrieben. Anfangs lief das Geschäft so erfolgreich wie bisher weiter. Dann aber wendete sich das Blatt. Der Sohn, der nie heiratete und sein Leben mit seinen Eltern in dem Haus verbrachte, wurde drogen- und spielsüchtig und führte das Unternehmen binnen weniger Jahre in die Pleite.
Auch Krankheiten hatten dort in der Vergangenheit eine bemerkenswerte Rolle gespielt. In zwei Familien, die das Haus bewohnt hatten, starben Menschen früh durch dasselbe Krankheitsbild. Sie hatten Probleme mit der Lunge gehabt.
Dann stieß ich noch auf ein bemerkenswertes Ereignis, das sich keinem Muster zuordnen ließ, das ich aber dennoch zur Kenntnis nahm. Zur Zeit des Zweiten Weltkriegs hatte eine Handvoll deutscher Soldaten in der großen Scheune ihr Lager aufgeschlagen. Sie blieben einige Wochen dort. Als sie abzogen, blieb einer von ihnen tot im Schuppen zurück. Niemand erfuhr jemals, ob er einem Verbrechen zum Opfer gefallen oder auf natürliche Weise verstorben war.
»Weißt du auch, was Leya in dem Zimmer angestarrt haben könnte?«, fragte der Notar, als ich ihm alles geschildert hatte, was sich in der Vergangenheit in dem Haus zugetragen hatte.
Ich lächelte. »Das ist dir aufgefallen?«
»Es hat mir zu denken gegeben.«
»Ehrlich, ich habe keine Ahnung«, sagte ich. »Es gibt zwar angeblich Menschen, die mit Tieren kommunizieren können, aber ich gehöre nicht dazu.«
Er blieb ernst. »Ich sollte jedenfalls besser verkaufen, meinst du nicht?«
»Diese Frage kannst du nur selber beantworten«, sagte ich. »Die Geschichte des Hauses weist jedenfalls darauf hin, dass Menschen vor dir hier einander ähnelnde Probleme hatten, vor allem wirtschaftliche.«
»Bist du sicher, dass ich diese Probleme auch haben werde?«
»Nein«, sagte ich. »Es gibt keine wissenschaftliche Evidenz dafür, dass sich solche Muster wiederholen und jeder, der eine solche Evidenz konstruieren würde, wäre ein Scharlatan. Ich kann die Muster bei meiner Arbeit nur erkennen und Schlüsse aus ihnen ziehen, die immer subjektiv bleiben. Ich kann mir die Frage stellen: Was würde es bedeuten, wenn sich diese Muster fortsetzen? Setzt sich das am deutlichsten erkennbare Muster in der Geschichte dieses Hauses fort, erzielst du vielleicht nicht die Rendite, mit der du bei der Verwertung rechnest. Vielleicht zahlst du sogar drauf. Eben weil du keine Mieter findest oder weil Kosten auftauchen, mit denen du nicht gerechnet hattest.«
Besorgt legte er seine Stirn in Falten. »Was würdest du tun?«
»Du kannst deine Entscheidung nur selbst treffen«, sagte ich. »Sie wird nie zu hundert Prozent rational sein und du wirst nie erfahren, ob sie richtig war, nicht einmal dann, wenn du dir die Mühe machen würdest, zu beobachten, was weiter mit und in dem Haus passiert. Ein anderer Mensch kann ein anderes Schicksal haben, das sich dort auf andere Weise erfüllt, als sich deines erfüllt hätte.«
Er überlegte eine Weile. »Meine Frau wird sich wundern«, sagte er schließlich. »Würdest du es ihr erklären?«
Tags darauf aß ich mit seiner ganzen Familie zu Mittag. Die Frau des Notars war eine elegante, zierliche Person mit schulterlangen, blonden Haaren und einem freundlichen Lachen. Ich fand ihre herzliche Art auf Anhieb sympathisch. Auch die beiden Kinder des Ehepaares waren dabei. Ein Junge und ein Mädchen im Teenageralter. Es gab buntes Ofengemüse, Zucchini, Tomaten, Fenchel, alles Mögliche, dazu Salat.
»Mahlzeit«, sagte die Frau, als sie jedem eine große Portion auf den Teller anrichtete. »Lasst es euch schmecken!«
Wir plauderten beim Essen über das Wetter und wir waren alle zufrieden damit. Dieser Herbst war tatsächlich schön. Viel Sonnenschein, kaum Niederschlag. Die Familie plante, in den kommenden Wochen für ein paar Tage zu verreisen. Nicht weit weg, aber raus aus den eigenen vier Wänden, mal wieder etwas anderes sehen, neue Eindrücke sammeln. Ich sagte, dass ich das nachvollziehen könne und dass sie ihren Kurztrip in vollen Zügen genießen sollten.
Dazwischen zog Leya immer wieder die Aufmerksamkeit auf sich, indem sie ihren Kopf schief legte und Streicheleinheiten einforderte. Darin ist sie wirklich gut.
Auf das Thema »Immobilie« kamen wir erst spät zu sprechen, nach dem Essen bei Kaffee und Kuchen. Nachdem es hier um viel Geld ging, war die Anspannung des Notars die ganze Zeit über groß. Vor unserem Treffen hatte er mich darauf hingewiesen, dass er mir ein Zeichen geben würde, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen wäre, um über diese eine bestimme Sache zu reden. Als er mir das Signal gab, sagte ich wie mit ihm abgemacht in die Runde: »Was das Haus betrifft: Ich glaube, es wäre gut, wenn ihr es verkaufen würdet.«
Die Frau riss die Augen weit auf und schlug die Arme über dem Kopf zusammen. Einem Moment der absoluten Stille folgte ein lautes »Endlich!« Sie rief: »Endlich sagt das jemand! Es wird Zeit, dass wir diese Immobilie loswerden. Schnell weg damit!«
Der Mann war genauso verblüfft über ihre Reaktion wie ich. Dann erzählte sie mir, dass ihr Mann seit dem Kauf immer angespannt und nervös war, wenn er zu dem Haus fuhr, auch wenn er ständig behauptete, so begeistert davon zu sein.
»Vielleicht habe ich mir tatsächlich etwas vorgemacht«, überlegte er. »Wahrscheinlich hat mich der Papierwert der Immobilie, ihr vergleichsweise günstiger Preis und die theoretisch erzielbare Rendite abgelenkt. Wenn man dann einmal so viel investiert hat, hört man nicht mehr richtig hin, wenn tief in einem ein Bauchgefühl Alarm schlägt. Man will davon nichts wissen, verdrängt und verkrampft sich. Bloß eine Frage stelle ich mir. Kann ich das Haus überhaupt mit gutem Gewissen verkaufen? Jetzt, wo ich weiß, was mich dort vielleicht erwartet?«
»Diese Frage stellen mir meine Klienten oft«, sagte ich. »Aber ich warne euch vor. Meine Antwort darauf klingt etwas jungianisch und sie ist auch tatsächlich von dem Schweizer Psychiater und Begründer der analytischen Psychologie Carl Gustav Jung, auf den ich später noch zurückkommen werde, geprägt. Sie lautet: Wenn jemand etwas in seinem Leben unbedingt haben möchte, heißt das, dass sein Unterbewusstsein ihn aus irgendeinem Grund dorthin lenkt.
Vielleicht besitzt derjenige, der das Haus kaufen und behalten wird, sogar die Kraft, sich diesen Umständen zu stellen und die Sache zu bewältigen. Oder er sucht unbewusst nach genau diesen Erfahrungen, die er dort machen kann, um daran zu wachsen. So wie du. Jung sagte: ,Bis du dem Unbewussten bewusst wirst, wird es dein Leben steuern und du wirst es Schicksal nennen.‘
Du hast gelernt, dass du besser auf dein Bauchgefühl achten solltest, auch wenn es etwas anderes sagt, als die Zahlen am Papier. Man könnte es so sehen: Du hast mich engagiert, um dir das bestätigen zu lassen.«
Unseren Ahnen war die Wirkung von Orten bewusster als uns selbst. Das dokumentiert unter anderem die Geschichte der Etrusker, die sie bei ihrer Besiedelungsstrategie berücksichtigten und rund um sie bis heute erhaltene Baudenkmäler schufen.
Dass Orte eine Wirkung haben, spüren viele Menschen intuitiv. Wir haben alle schon einmal Sätze gesagt wie: »Ich habe mich dort gleich wohl gefühlt.« Oder im umgekehrten Sinn: »Ich habe mich dort gleich unwohl gefühlt.«
Die meisten Menschen berücksichtigen diese Eindrücke, wenn sie sich beispielsweise für oder gegen eine Wohnung oder ein Haus entscheiden. Viele geben diesen Empfindungen mehr Bedeutung als Kriterien wie Balkon, Raumgröße- und höhe oder Parkplatzangebot. Von der ersten Nacht in einer Wohnung heißt es, man solle die Träume beobachten, denn sie hätten Bedeutung für das Leben dort.
Erst jüngst lief im Bayrischen Fernsehen ein Beitrag über eine uralte Linde, von der die Eltern den Kindern und die wieder ihren Kindern erzählen, dass sie deshalb so mächtig ist, weil sie auf einer Wasserader steht und dass sie aus dem gleichen Grund in zwei Hauptstämme gespalten ist. Im Dorf gehört das genauso zum Wissen wie etwa, wo der nächste Supermarkt liegt oder wo man im Sommer baden geht.
Ich kenne Menschen, die eine Wohnung nicht haben wollen, weil dort früher eine Zahnarztpraxis war, die sie mit Schmerz assoziieren. Ebenso kenne ich eine Frau aus der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz, die ihr Leben lang einen bestimmten Platz in der Innenstadt mied, ohne zu wissen warum, bis ihr jemand erzählte, dass dort einmal eine Synagoge abgebrannt ist. Es war eine schreckliche Katastrophe mit mehreren Toten. Ich kenne auch erfolgreiche Unternehmer, die lange zögern, ehe sie ihren Firmensitz wechseln, weil sie fürchten, an dem neuen Ort könnte die Energie schlechter sein und ihren Geschäften schaden.
Ist das alles wirklich nichts als Aberglaube?
Auch mir selbst war die Wirkung von Orten bewusst, lange bevor ich mich wissenschaftlich damit auseinanderzusetzen begann. So etwa hatte mich als Historikerin schon immer das antike Volk der Etrusker fasziniert. Die Etrusker lebten wahrscheinlich von 800 v. Chr. an im Raum der heutigen italienischen Regionen Toskana, Umbrien und Latium bis ihre Kultur in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. im römischen Reich aufging.
Die Etrusker waren ein in jeder Hinsicht bemerkenswertes Volk und würden viel mehr historische Beachtung verdienen. Nicht nur, weil sie einer alten Überlieferung zufolge die Herrschaftsdauer und das Ende ihres eigenen Volkes ziemlich präzise vorhersagten. Sie waren auch in den Belangen des täglichen Lebens enorm weit. Sie waren ausgezeichnete Seefahrer und besaßen ein langjähriges Monopol auf die sogenannte Metallroute, die von der Ägäis bis in den Nahen Osten reichte. Bearbeitung von Metallen war so auch, neben dem Handel mit Öl und Wein, ein wichtiges Merkmal ihres Wirtschaftssystems, weshalb sie in der Goldschmiedekunst, der Hydraulik, der Architektur und dem Schiffbau glänzten.
Heute sind sie vor allem für die Gestaltung ihrer Gräber bekannt. Die versahen sie mit Malereien, in denen sich ihre Einstellung zum Tod widerspiegelt. Die Bilder zeigen, dass sie in jeder Hinsicht das Leben feierten. Teilweise finden sich in diesen Zeichnungen aus heutiger Sicht sogar pornografische Inhalte.
Interessant sind auch die Tempel der Etrusker, die sie mitten in die Natur errichteten und mit ihr verbanden. Ihre Spiritualität drehte sich um das »Sacer der Erde«, also um die Ur-Energie der Erde, die, gemäß ihren Überzeugungen, alles erschaffen hat, aber ebenso gut alles zerstören kann. Diese Energie verehrten sie als Gottheit.
Für die Etrusker scheint das Bewusstsein, dass Orte auf sie wirken, ganz selbstverständlich gewesen zu sein und ihren Alltag in vielen Fragen des Lebens durchdrungen zu haben. Besonders interessant fand ich schon immer ihren Brauch der »Leberschau«.
Die Leberschau war ein unverzichtbarer zeremonieller Bestandteil eines Festes, das sie einmal im Jahr einberiefen. Und zwar im »Fanum Voltumnae«, was so viel wie heiliger Bezirk, heiliger Ort an Voltumna, einer etruskischen Gottheit gewidmet, bedeutet. Herzstück der Anlage ist ein u-förmiges Areal mit einem Tempel im Zentrum und zwei Brunnen. Prachtstraßen, gesäumt von Kanälen, führten zu dem Tempel und wurden höchstwahrscheinlich für religiöse Prozessionen genutzt. Einmal jährlich, im Frühjahr, trafen sich laut römischen Schriftstücken die führenden Priester und Politiker der Etrusker dort.
Man kann es sich als Volksfest vorstellen, mit allem, was die Antike dafür zu bieten hatte: Theateraufführungen, sportliche Wettkämpfe, Märkte und überall Menschenmassen, Athleten, Musiker, Tänzer, Gaukler, Händler, Gläubige und Pilger. Erstaunlich war auch, dass die etruskischen Frauen damals – ganz gegen die Gewohnheiten der Römer, die darüber auch aus der Ferne die Nasen rümpften – dem bunten Treiben beiwohnten.
Bei diesem jährlichen Treffen fand immer auch eine Leberschau statt. Nur der oberste Priester, genannt Haruspex, durfte sie durchführen. Je nach Beschaffenheit der Leber von unterschiedlichen Opfertieren, erstellte er Prognosen für die Zukunft. Dabei teilte er die Leber in Regionen auf, die Bezeichnungen, wie Berg, Fluss, Straße, Palast, Ohr, Bein, Finger, Zahn, Vulva, Hoden und so weiter bekamen. Ungewöhnliche Löcher in der Leber galten als böses Omen.
Doch die Etrusker nutzten die Leberschau auch bei ihrer Besiedelungs-Strategie, und zwar, um die gute oder schlechte Wirkung von Orten auf Menschen zu klären. Bevor sie eine neue Stadt gründeten oder ein Gebäude errichteten, brachten sie ihre Schafe zu dem betreffenden Ort und ließen sie dort eine Zeit lang weiden. Manche Quellen behaupten, das dauerte ein Jahr lang. Andere meinen, der Zeitraum sei wesentlich kürzer gewesen, im Bereich von nur 14 Tagen.
Nachdem nun die Schafe dort für einen bestimmten Zeitraum geweidet hatten, schlachteten sie eines der Tiere und untersuchten seine Leber. War sie in schlechtem Zustand, töteten sie ein weiteres Schaf, um herauszufinden, ob sie nur zufällig ein krankes Tier erwischt hatten. Wenn auch die Leber dieses Tieres angeschlagen war, hieß das für sie, dass der Ort keine gute Energie hatte und sie verließen ihn.
Alten Berichten zufolge nutzten übrigens auch viel spätere Kulturen Tiere bei ihrer Besiedelungsstrategie. So wie vor mehr als 2000 Jahren die Etrusker ihre Leberschau abhielten, um die Qualität eines Ortes auszukundschaften, trieben Bauern Jahrhunderte später und bis in die Neuzeit hinein ihre Schweine auf ein Grundstück, das sie neu zu bebauen gedachten. Versammelten sich die Tiere an einem bestimmten Punkt, so deuteten die Menschen dies folgendermaßen: Hier können wir das Haus, den Stall etc. errichten, hier ist ein unbelasteter Platz.