Der verkorkste Suizid - Klaus Otersen - E-Book

Der verkorkste Suizid E-Book

Klaus Otersen

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Beschreibung

Vor einiger Zeit plante ich aufgrund von Depressionen den Selbstmord. Ich wollte einfach nicht mehr leben. Zu diesem Zweck reiste ich nach Südfrankreich, um von einer Brücke über den Verdon zu springen, eine der größten Schluchten Europas. 200 Meter auf nackten Felsen sollte mir die Garantie geben, dass ich dieses nicht überleben würde. Doch es kam wie so oft anders...

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Die Namen der Personen in diesem Buch wurden abgeändert. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig. Diese Geschichte basiert auf einer realen, authentischen Begebenheit, wurde tatsächlich selbst erlebt und nicht! erfunden.

Inhaltsverzeichnis

Ein kleines Vorwort

Wie es begann – und die Idee dazu

Ein zweiter Versuch

Das Abenteuer beginnt

Ein weiser Entschluss

Es wird schwierig

Schwarz durch die Schweiz

Die Glückssträhne geht weiter

Das Mädchen aus Kenia

Endspurt

Vorwort

Wie kommt jemand dazu ein Buch zu schreiben, wenn er doch sterben möchte? Angst vor dem Jenseits? Noch mal ein letztes Aufbäumen der Lebensgeister? Angst vor der letzten, unabänderlichen Konsequenz? Oder doch noch etwas der Nachwelt hinterlassen zu wollen? Keine Ahnung, ich weiß es nicht wirklich. Vielleicht eine Mischung von allem…

Ich bin vierundsiebzig Jahre alt. Ich hatte bisher ein wunderbares Leben, mit einigen Tiefen, aber die meiste Zeit wohlauf, zufrieden und glücklich. Mir fehlte es an nichts, Das meiste im Leben fiel mir fast in den Schoß, ohne mich groß anzustrengen zu müssen. Ich kannte die halbe Welt, war bisher in einhundertsechs Ländern zu Gast. Der letzte unberührte Kontinent hieß Australien. Der war mir aber zu weit weg, zweiundzwanzig Stunden Flugzeit schlicht zu lang.

Meine Gesundheit war bisher optimal. Natürlich gab es da die üblichen Verdächtigen: mit fünf wurde mir der Blinddarm entnommen, mit zehn musste ich ins Krankenhaus, es wurden mir die Mandeln entfernt. Nicht sehr angenehm, ich hatte zwar Schmerzen, aber es gab wenigstens hinterher tagelang leckeres Eis. Ebenfalls noch im Alter von zehn erwischte mich eine Mittelohrentzündung. Es folgten kleinere Wehwehchen, einmal einen Bruch der Hand, mit dem ich dann, den rechten Arm bis zum Ellenbogen eingegipst, mit dem Fahrrad vom Schwarzwald bis nach Stockholm radelte. Sieben Wochen nach meiner Rückkehr war der Gips schwarz…

Die einzige größere Sache war der Darmkrebs, der vor dreizehn Jahren ausbrach. Alle möglichen Menschen in meiner Umgebung, vor allem aber meine Mutter waren untröstlich, und viele dachten, ich müsse sterben. Aber das Schicksal meinte es auch da gut mit mir: man wollte mich noch nicht im Jenseits. Mich selbst hatte das seltsamerweise überhaupt nicht tangiert. Ich hatte weder Todesangst, noch machte ich mir irgendwelche Sorgen. Für mich war das eine Sache wie Schnupfen oder Nasenbluten. Nach dreiunddreißig Bestrahlungen und anschließender Chemotherapie ohne irgendwelche Nebenwirkungen entließ man mich als geheilt. Ich ging nicht einmal zu den Nachuntersuchungen, fand die völlig überflüssig. Bis heute ist da auch nichts mehr aufgetreten. Nach diesen dreizehn Jahren wusste ich: der Krebs blieb verschwunden.

Später hatte ich einen blöden Motorradunfall. Bei Schrittgeschwindigkeit kam ich an den Bordstein und kippte zur Seite. Obwohl an der Maschine nichts kaputt ging, es gab nicht mal Kratzer, erwischte es mich umso heftiger. Ein angebrochenes Knie und drei Rippenbrücke waren das Resultat. Da gleichzeitig die Augen immer schlechter wurden, verkaufte ich schweren Herzens meine heißgeliebte Honda Bol d’ Or neunhundert. Damit endete meine fast vierzigjährige, ansonsten unfallfreie Motorradzeit.

Was mich im Alter aber mehr und mehr nervte war die zunehmende Oberflächlichkeit der Leute. Als Mann mit vierundsiebzig war man für die meisten Frauen alt, hässlich, zu klein in meinem Fall, zu groß für einige, zu intelligent für wieder andere usw. Schließlich kam Corona. Beziehungen gingen in die Brüche, eine langjährige Freundin und meine zweiundneunzigjährige Mutter verstarben kurz nacheinander. Ich rutschte, zunächst fast unmerklich, in die Einsamkeit, was mir trotz meiner langjährigen Freundin und zahlreicher Hobbies nicht gut bekam. Schließlich erfuhr ich, dass mein Körper unter einem Vitamin B-zwölf-Mangel litt. Mein Magen konnte es nicht aus der Nahrung aufnehmen. Spritzen wiederum ließ ich mir nur gelegentlich geben, weil jedes Mal ein zeitraubender Arztbesuch nötig war. Es kam wie es kommen musste: die Krämpfe in den Beinen meldeten sich immer öfter und wuchsen zuletzt stark an, ebenso das Kribbeln in den Füßen. Magnesium half da auch nur bedingt; die Schmerzen suchten mich vor allem nachts heim. Ich konnte nicht mehr durchschlafen. Das war der Zeitpunkt, an dem ich entschied, mein Leben zu beenden. Ich hatte ja immer gut gelebt und konnte ruhigen Gewissens von der Welt gehen, ich habe so gut wie nichts verpasst.

Auf einer meiner Motorradtouren in den Süden entdeckte ich vor Jahren die Verdon-Schlucht in Südfrankreich, nahe Nizza oder Cannes gelegen. Eine unglaubliche Landschaft: gewaltige Felswände, die bis zu fünfhundert Meter senkrecht in die Tiefe zum vergleichsweise winzigen Flüsschen Verdon hinabreichten. Etwa in der Mitte der Schlucht verbindet eine mächtige Brücke die beiden Steilufer, die Pont de’l Artuby. Mit fast zweihundert Metern Höhe ist sie eine der höchsten in Europa. Von da an plante ich, hier eines Tages meinen Suizid zu begehen. Irgendwann würde ich mir das Leben nehmen indem ich hinunter sprang. Zweihundert Meter Fall auf nackten Felsboden: das gab mir die Garantie, dass ich sofort tot wäre und nicht mal mehr den Aufschlag spüren würde. Meine Einsamkeit, aber vor allem die oft schier unerträglichen Schmerzen in den Füßen waren Motivation genug für diesen Schritt. Dass es aber völlig anders lief als erwartet, ist wiederum Grund genug, die ganze, doch ziemlich abenteuerliche Geschichte nieder zu schreiben. Aus dieser Idee entstand letztendlich das vorliegende Buch.

Ich wünsche trotz der Tragik viel Vergnügen beim Lesen!

Wie es begann und die Idee dazu

Der Auslöser war natürlich meine Beine, speziell der linke Fuß. Eines Nachts waren die Schmerzen kaum auszuhalten, und ich nahm zwei Ibu-Schmerztabletten auf einmal. Ich wusste, dass mir eine allein nicht half. Zudem drückte meine Blase, obwohl sie nicht gefüllt war, wie mir ein schneller Klobesuch zeigte. Ich hatte die Nase voll und dachte: das sei jetzt der richtige Augenblick.

Ich stand auf, es war vier Uhr morgens. Weil ich ohnehin nicht einschlafen konnte setzte ich mich an meinen PC. Für einen Flug nach Südfrankreich hatte ich nicht genug Geld. Ich musste vom Flughafen ja noch irgendwie bis zur Schlucht kommen. Dorthin ging kein öffentlicher Verkehr, keine Bahn, nicht mal ein Bus. Ich war also gezwungen, mir ein Taxi zu nehmen.

Möglicherweise könnte ich mit Touristen dorthin mitfahren, dachte ich, per Trampen, aber wer weiß, ob mich in meinem Alter noch jemand mitnahm. Was ein Taxi kostete ließ sich nicht in Erfahrung bringen, aber ich schätzte mal so um die fünfzig bis achtzig Euro. Das wäre gerade noch zu verkraften.

Also verfiel ich statt auf einen Flug auf die Bahn und kalkulierte mindestens zwei Tage für die über zweitausend Kilometer lange Strecke ein. Gesagt, getan. Ich buchte kurzerhand ein Ticket für den nächsten Tag. Das war bei Gott keine gute Wahl, wie sich sehr bald herausstellen sollte.

Meine geplante Reiseroute sollte mich von Hamburg über Frankfurt, Basel und in die Schweiz nach Grenoble führen. Dort gab es Regionalbahnen und auch Busse, die mich über Annexy, Sisteron schließlich bis nach Castellane bringen würden, dem Ausgangspunkt für die Fahrt in die Schlucht. Ab hier war dann das Taxi gefragt.

Ich buchte nur die Hinfahrt. Das war mein zweiter Fehler. Falls etwas schief ging konnte ich nicht mehr zurück. Das wollte ich ja auch gar nicht. Gepäck brauchte ich für die zwei, drei Tage unterwegs keines, ich dachte, somit wäre das eine leichte Tour. Als Absicherung gegen Schmerzen unterwegs steckte ich lediglich einige Ibu-Tabletten ein, auch Magnesium und einige wenige gegen meinen Bluthochdruck. Ich wollte nicht, dass ich unterwegs litt.