Die 3. Alternative - Stephen R. Covey - E-Book

Die 3. Alternative E-Book

Stephen R. Covey

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Beschreibung

Der bahnbrechende Weg, um Konflikte und Probleme zu lösen! Stephen R. Covey ist Autor des millionenfach verkauften Bestsellers "Die 7 Wege zur Effektivität", das als einflussreichstes Managementbuch des 20. Jahrhunderts gefeiert wird. Mit "Die 3. Alternative" stellt er einen bahnbrechenden Ansatz zur kreativen Lösung von Problemen und Konflikten vor. Ob im Beruf, in der Partnerschaft oder in der Familie: Die 3. Alternative lässt die gängigen Techniken für Streitschlichtung, Verhandlungen und Innovationsentwicklung hinter sich. Bei der 3. Alternative gibt es keine aufreibenden Auseinandersetzungen, keine halbherzigen Kompromisse und keine enttäuschten Verlierer. Die 3. Alternative ist nicht dein Weg und nicht mein Weg. Sie ist ein besserer, ein höherer Weg. Dieser Weg ermöglicht es allen, aus einer schwierigen Diskussion oder einem hitzigen Konflikt mit einer weitaus besseren Lösung hervorzugehen, als sie es sich jemals vorgestellt hätten. Bei der 3. Alternative muss niemand zurückstecken – hier gewinnen alle! Anschaulich, lebensnah und mit unzähligen Beispielen beschreibt Stephen R. Covey, wie Sie 3. Alternativen entwickeln. Dabei hat er den Berufsalltag und das Privatleben gleichermaßen im Blick. Ob Konflikte mit Vorgesetzten, Kunden und Kollegen, Meinungsverschiedenheiten in der Partnerschaft, Streitigkeiten im Freundeskreis oder Stress mit pubertierenden Teenagern: Sind Sie bereit, gemeinsam mit allen Beteiligten neue Lösungen zu finden, die für alle ein echter Gewinn sind? Dann sollten Sie die 3. Alternative unbedingt lesen. Sie werden erstaunt sein, was alles möglich ist, wenn Sie das Leben als Feld der Kooperation und nicht als Arena des Wettstreits betrachten!

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»Es gibt keinen besseren Weg,

fortlaufend den Geist zu erweitern,

als es sich zur Gewohnheit zu machen,

regelmäßig gute Literatur zu lesen.«

STEPHEN R. COVEY

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Stephen R. Covey

Die 3. Alternative

Gemeinsam Konflikte klären, Probleme lösen und große Ziele erreichen

Aus dem Amerikanischen von Nikolas Bertheau

Die amerikanische Originalausgabe »The 3rd Alternative« erschien 2011

bei Free Press, New York, USA.

Copyright © 2011 FranklinCovey Company

All rights reserved. No part of this work may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronic or mechanical, including photocopying and recording, or by any information storage or retrieval system.

FranklinCovey and the FC logo and trademarks are trademarks of FranklinCovey Co. and their use is by permission.

© 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf der 3., vollständig überarbeitete Auflage des unter der ISBN 978-3-86936-428-5 erschienenen gleichnamigen Titels. © 2022 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN Buchausgabe: 978-3-96739-099-5

ISBN epub: 978-3-96740-178-3

3., vollständig überarbeitete Auflage des unter der ISBN 978-3-86936-428-5 erschienenen gleichnamigen Titels.

Lektorat: Claudia Franz, Oberstaufen | [email protected]

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Satz und Layout: Das Herstellungsbüro, Hamburg | www.buch-herstellungsbuero.de

Copyright © der Originalausgabe 2011 by FranklinCovey Co.

Copyright © 2022 by GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

www.gabal-verlag.de

www.gabal-magazin.de

www.franklincovey.de

www.franklincovey.com

Inhalt

Die 3. Alternative – ein Herzensprojekt!

    I. Der Wendepunkt

   II. Die 3. Alternative: Der bahnbrechende Weg der Problem- und Konfliktlösung

  III. Die 3. Alternative und das Prinzip der Synergie

  IV. Die 3. Alternative und die 4 Paradigmen der Synergie

   V. Die 3. Alternative und der Prozess der Synergie

  VI. Die 3. Alternative im Beruf

 VII. Die 3. Alternative in der Familie

VIII. Die 3. Alternative in Politik und Gesellschaft

  IX. Die 3. Alternative im eigenen Leben

   X. Von innen nach außen

Anmerkungen

Über die Autoren

Über FranklinCovey

Wann immer Dinge aus mehreren Teilen zusammengesetzt sind, ist das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile.

ARISTOTELES

Synergie ist der einzige Begriff unserer Sprache, der ein Verhalten ganzer Systeme beschreibt, das nicht aus den getrennten Verhaltensweisen separater Bestandteile oder Teilsysteme bestimmt werden kann.

BUCKMINSTER FULLER

Synergie: 1. Energie, die für den Zusammenhalt und die gemeinsame Erfüllung von Aufgaben zur Verfügung steht.

2. (= Synergismus) Das Zusammenwirken von Substanzen oder Faktoren, die sich gegenseitig fördern.

DUDEN FREMDWÖRTERBUCH

Synergie ist, wenn das Ganze größer ist als die Summe seiner Teile.

VIERTKLÄSSLER AN DER A. B. COMBS ELEMENTARY SCHOOL, RALEIGH, NORTH CAROLINA

Für Sandra, meine Frau und ewige Freundin voller Leben, Licht und Hoffnung

Die 3. Alternative – ein Herzensprojekt!

Das Buch, das Sie gerade in den Händen halten, war ein Herzensprojekt meines Vaters. Mit der 3. Alternative wollte mein Vater uns alle dazu ermutigen, völlig neue Wege im Umgang mit Problemen und Konflikten zu beschreiten. Er wollte uns motivieren, unsere Meinungsverschiedenheiten zur Seite zu legen, Hand in Hand zusammenzuarbeiten und gemeinsam kreative Lösungen zu finden, die viel besser und viel größer sind als alles, was jeder von uns allein jemals zustande gebracht hätte.

Der Schlüssel, um 3. Alternativen zu schaffen, ist Synergie. Synergie ist nicht dasselbe wie ein Kompromiss. Bei einem Kompromiss ergibt 1 plus 1 bestenfalls 1,5. Jeder verliert etwas. Synergie ist weit mehr als die Lösung eines Konflikts. Wenn wir gemeinsam Synergie schaffen, wachsen wir über den Konflikt hinaus. Wir entwickeln etwas völlig Neues, das uns alle begeistert und die Zukunft verändert. Synergie ist besser als mein Weg oder dein Weg. Es ist unser Weg.

Mein Vater war überzeugt: Synergie ist nicht nur die Antwort auf unsere Probleme und Konflikte. Es ist das Prinzip, das allen wirklich neuen Dingen auf der Welt zugrundeliegt. Synergie ist der Schlüssel zu wahren Quantensprüngen in unserer Produktivität und die treibende Kraft hinter jeder echten Kreativität.

Wenn Sie sich auf die 3. Alternative einlassen, wird Synergie auch Ihr Denken und Ihr Leben verändern. Denn: Synergie ist ein echter Gamechanger – für jeden Einzelnen von uns, für unsere Unternehmen und für unsere Gesellschaft.

Ich wünsche Ihnen viel Freude und viele überraschend wirksame Lösungen mit der 3. Alternative!

Ihr Sean Covey

Präsident FranklinCovey Education & Autor des New York Times-Bestsellers Die 7 Wege zur Effektivität für Jugendliche

I. Der Wendepunkt

Das Leben ist voller Probleme. Scheinbar unlösbarer Probleme. Persönlicher Probleme. Familiärer Probleme. Beruflicher Probleme. Probleme in unserer Nachbarschaft und in der großen weiten Welt.

Eine Ehe, die einmal so wunderbar begann, wird zunehmend zur Qual. Wir entfremden uns von unseren Eltern, Geschwistern, Kindern. Unsere Arbeit überfordert uns, frisst uns auf. Oder wir werden einer Gesellschaft überdrüssig, in der jeder gegen jeden kämpft und die allgemeine Niedergeschlagenheit jede Initiative im Keim erstickt. Wir fürchten uns vor der Kriminalität und ihrem Einfluss auf unsere Lebenswelt. Wir beobachten täglich die Ohnmacht unserer Politiker. Wir sehen die Spätnachrichten und glauben nicht mehr, dass die ewigen Konflikte zwischen den Menschen und den Nationen jemals gelöst werden können. Wir resignieren, streichen die Segel oder lassen uns zu einem Kompromiss breitschlagen, der uns nicht zufriedenstellt.

Deshalb schreibe ich dieses Buch. Es handelt von einem Prinzip, das so elementar ist, dass es unser aller Leben und die ganze Welt auf den Kopf stellen wird. Davon bin ich überzeugt. Es ist die Essenz dessen, was ich in langen Jahren von den Menschen gelernt habe, die in ihrem Leben wirklich erfolgreich sind. Es ist der Schlüssel zur Lösung der schwierigsten Herausforderungen, die das Leben zu bieten hat.

Alle Menschen schlagen sich mit irgendwelchen Problemen herum. Die meisten ertragen tapfer ihr Schicksal und hoffen auf eine bessere Zukunft. Manche stehen körperlich und seelisch unter Dauerstress – einem Stress, der in jeder Hinsicht real ist. Wer das Prinzip, das ich in diesem Buch beschreibe, verinnerlicht und danach lebt, wird seine Probleme meistern und sich eine Zukunft aufbauen, die seine kühnsten Träume übertrifft. Ich habe dieses Prinzip nicht erfunden – es war schon immer da. Aber wer es für sich entdeckt, für den wird es vielleicht die größte Offenbarung seines Lebens. Hier sind einige Situationen, in denen Sie von diesem Prinzip profitieren können:

ein Konflikt zwischen Ihnen und Ihrem Vorgesetzten;

eine Auseinandersetzung mit Ihren Kollegen;

eine Ehe mit »unüberbrückbaren Differenzen«;

ein Problem mit der Schule Ihres Kindes;

eine finanzielle Notlage;

eine richtungweisende berufliche Entscheidung;

ein Streitfall in Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis;

ein Zwist zwischen Familienangehörigen, die sich ständig in die Haare bekommen;

ein Job, der Ihnen keine Freude macht;

ein schwieriges Problem mit einem Kunden.

Über 40 Jahre lang habe ich Hunderttausende mit dem fundamentalen Prinzip aus diesem Buch vertraut gemacht. Unter ihnen waren Schulkinder, CEOs aus internationalen Großkonzernen, Promotionsstudenten, Staatschefs aus über 30 Ländern und alles dazwischen. Meine Herangehensweise war jedes Mal dieselbe. Auch dieses Buch hat den Kinderspielplatz, die Vorstandsetage und die heimische Küche gleichermaßen im Blick.

Die Lösung für unsere größten Sorgen und Probleme

Bei FranklinCovey haben wir Menschen rund um den Globus nach ihren wichtigsten privaten und beruflichen Schwierigkeiten und den drängendsten Problemen der Welt gefragt. Die Umfrage war nicht repräsentativ. Uns ging es darum, herauszufinden, was Leuten aus den verschiedensten Kontinenten und Berufsgruppen besonders große Sorgen bereitet:

Privat

macht den Menschen am häufigsten Arbeitsüberlastung und Unzufriedenheit im Job zu schaffen. Zudem haben viele Beziehungsprobleme. Eine Führungskraft aus Europa schreibt beispielsweise: »Ich bin gestresst, fühle mich ausgebrannt und habe keine Zeit und Kraft, etwas für mich zu tun.« Ein anderer sagt: »In meiner Familie herrscht Streit, das wirft mich total aus der Bahn.«

Beruflich

sind die größten Sorgenkinder fehlendes Kapital und ausbleibende Gewinne. Viele der Befragten fürchten auch, im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten: »Unsere hundertjährige Unternehmensgeschichte wird zunehmend zur Hypothek. Unsere Bedeutung schwindet von Tag zu Tag. Kreativität und Entdeckergeist haben bei uns einen viel zu geringen Stellenwert.« Aus Afrika berichtet ein Spitzenmanager: »Ich arbeitete für ein internationales Unternehmen, habe aber im letzten Jahr gekündigt. Ich konnte in dem, was ich tat, keinen Sinn mehr erkennen.«

Auf der

globalen Ebene

steht die Menschheit aus Sicht der Befragten vor drei besonders wichtigen Herausforderungen: Krieg oder Terrorismus, Armut und Zerstörung der Umwelt.

Das ist eine Momentaufnahme der Ängste und Sorgen unserer Freunde und Nachbarn. Ich nehme an, dass die Antworten auch bei der nächsten Befragung nicht viel anders ausfallen werden. Der wachsende Druck führt dazu, dass das Klima unter den Menschen rauer wird. Das 20. Jahrhundert war das Zeitalter der unpersönlichen Kriege, während das 21. Jahrhundert von individueller Feindseligkeit geprägt zu sein scheint. Familien streiten sich, aus Kollegen werden Rivalen, Cybermobbing greift immer weiter um sich, die Gerichte sind hoffnungslos überlastet und Fanatiker ermorden Unschuldige. Die wachsenden Spannungen machen uns krank. Wie also lösen wir unsere schärfsten Konflikte? Wie gehen wir unsere schwierigsten Probleme an?

Greifen wir zum Kriegsbeil, nachdem wir beschlossen haben, uns nichts mehr gefallen zu lassen?

Mimen wir das Opfer und warten darauf, dass andere uns aus unserer misslichen Lage befreien?

Treiben wir das »positive Denken« auf die Spitze und verschließen die Augen vor der Wirklichkeit?

Lehnen wir uns stoisch zurück und warten auf bessere Zeiten?

Machen wir einfach so weiter wie bisher, in der trügerischen Hoffnung, dass sich die Dinge schon

irgendwie

regeln werden?

Das führt zu nichts. Im Gegenteil! So wird alles nur noch schlimmer: Krieg bringt neue Kriege hervor; Opfer werden von anderen abhängig; wer die Realität leugnet, wird von ihr schmerzhaft eingeholt; der Zyniker tritt auf der Stelle. Und wer tut, was er immer schon getan hat, und hofft, dass diesmal etwas ganz anderes dabei herauskommt? Der lügt sich selbst in die Tasche. Ich denke, Albert Einstein hatte recht: »Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.« Oder anders gesagt:

Um unsere schwierigsten Probleme zu lösen, müssen wir unser Denken von Grund auf verändern.

Genau darum geht es in diesem Buch. Während Sie es lesen, befinden Sie sich gewissermaßen auf der Schwelle zwischen Ihrer Vergangenheit und Ihrer Zukunft. Einer völlig neuen Zukunft, von der Sie nicht einmal zu träumen gewagt haben. Wenn Sie das Schlüsselprinzip aus diesem Buch konsequent im Alltag umsetzen, werden Sie ein ungeahntes Talent für Veränderungen in sich selbst entdecken. Vielleicht gestalten Sie die Jahre, die vor Ihnen liegen, dann völlig anders als bisher erwartet. Dann werden Sie Barrieren überwinden, die andere für unbezwingbar halten. Die 3. Alternative kann Ihnen die Tür zu einem Leben öffnen, das bis zum letzten Atemzug sinnerfüllt ist. Einem Leben, in dem Sie einen wertvollen Beitrag für andere leisten und ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen.

Die 3. Alternative

II. Die 3. Alternative: Der bahnbrechende Weg der Problem- und Konfliktlösung

Für alle Probleme, auch für die scheinbar unüberwindbaren, gibt es einen Lösungsweg. Dieser Weg zieht sich durch nahezu alle Gräben des Lebens. Es ist ein Weg, der in die Zukunft führt. Es ist nicht Ihr Weg und auch nicht meiner. Es ist ein höherer Weg. Und er ist weitaus besser, als man es je hätte erträumen können. Ich nenne diesen Weg »die 3. Alternative«.

Die meisten Konflikte haben zwei Seiten. Wir sind es gewohnt, »meine Gruppe« gegen »deine Gruppe« zu stellen. Meine Gruppe ist gut – deine ist schlecht oder zumindest »weniger gut«. Meine Gruppe hat recht – deine Gruppe irrt und ist womöglich im Unrecht. Meine Motive sind ehrlich – deine nicht. Meine Partei, meine Gruppe, mein Land, mein Kind, mein Arbeitgeber, meine Meinung: Meine Seite steht gegen deine Seite. Hier gibt es nur ein 2-Alternativen-Denken. Daraus erklärt sich die Aufspaltung in Progressive und Konservative, Mitarbeiter und Arbeitgeber, Anwälte und Gegenanwälte, Kinder und Eltern, Land und Stadt, Käufer und Verkäufer, Partner und Partnerin, Umweltschützer und Bauunternehmer, Sozialisten und Kapitalisten, Fromme und Ungläubige. Und daraus erklären sich Rassismus, Vorurteile und Krieg.

Beide Extreme beruhen jeweils auf einem bestimmten gedanklichen System. Das gedankliche System des Umweltschützers beispielsweise basiert auf der Wertschätzung der Natur. Das gedankliche System des Bauunternehmers stellt menschliche Gemeinschaften und ihre wirtschaftliche Entwicklung in den Mittelpunkt. Meist sind beide Seiten felsenfest davon überzeugt, dass ihr Weg der richtige ist. Woran das liegt? Unser gedankliches System ist eng verflochten mit unserer Identität. Indem ich mich als Umweltschützer, Konservativer oder Lehrer bezeichne, bringe ich meine Überzeugungen und Werte zum Ausdruck. Zudem beschreibe ich, wer ich bin. Wenn Sie meine Seite angreifen, greifen Sie auch mich und mein Selbstverständnis an. Im Extremfall können sich solche Identitätskonflikte zu Kriegen ausweiten.

Wie können wir ein so tief verwurzeltes 2-Alternativen-Denken überwinden? Entweder wir kämpfen oder wir geben uns mit einem Kompromiss zufrieden. Deswegen enden viele Bemühungen um eine Konfliktlösung in der Sackgasse. Denn:

Die wahre Ursache des Problems liegt nicht in der Sache an sich, sondern an unseren unterschiedlichen Denkweisen. Oder anders ausgedrückt: Das wahre Problem sind unsere Paradigmen.1

Sehen – Tun – Erreichen

Das Wort »Paradigma« bezeichnet ein Denkmuster, das sich auf unser Verhalten auswirkt. Es ist wie eine Landkarte, die uns hilft, unsere Marschrichtung festzulegen. Aus dem, was wir sehen, folgt das, was wir tun. Und unser Tun bestimmt am Ende, was wir erreichen. Ändern sich unsere Paradigmen, ändert sich unser Verhalten und damit auch das Ergebnis.

Wenn ich Umweltschützer bin und mein Paradigma, meine mentale Landkarte, mir nur einen schönen unberührten Wald zeigt, möchte ich ihn schützen. Wenn Sie als Bauunternehmer eine mentale Landkarte haben, auf der an derselben Stelle lediglich unterirdische Ölreserven verzeichnet sind, möchten Sie diese anzapfen. Beide Paradigmen sind richtig. Der unberührte Wald existiert ebenso wie die Ölreserven. Das Problem ist, dass keine mentale Landkarte vollständig ist. Manche mentalen Landkarten mögen detaillierter sein als andere, aber keine ist »vollständig«.

Sehen – Tun – Erreichen

Sehen – Tun – Erreichen: Unsere Paradigmen bestimmen unser Verhalten. Das Verhalten wiederum entscheidet über das Ergebnis. Je nachdem, was wir »tun«, »erreichen« wir bestimmte Resultate, während das, was wir »tun«, eine Folge dessen ist, was wir »sehen«.

Solange ich nur die mentale Landkarte der 1. Alternative, also meine eigene unvollständige Karte, vor Augen habe, sehe ich nur einen Lösungsweg: Ich muss Sie von der Richtigkeit meines Paradigmas überzeugen oder Sie dazu zwingen, meine Alternative zu akzeptieren. Nur so kann ich mein Gesicht wahren. Das Resultat? Ich gewinne und Sie verlieren. Wenn ich aber meine Landkarte wegwerfe und mich stattdessen an Ihrer Landkarte – der 2. Alternative – orientiere, stehe ich vor demselben Problem. Auch für die Vollständigkeit Ihrer Landkarte gibt es keine Garantie, sodass ich diesen Schritt möglicherweise teuer bezahlen muss. Dann gewinnen Sie und ich verliere.

Die 3. Alternative

Die 3. Alternative: Die meisten Konflikte haben zwei Seiten. Die 1. Alternative bezeichnet meinen Weg, die 2. Alternative beschreibt deinen Weg. Durch Synergie erschließt sich uns eine 3. Alternative – unser Weg, ein höherer und besserer Weg der Konfliktlösung.

Wir können aber auch beide Landkarten zusammenlegen. Gemeinsam schaffen wir ein umfassenderes Bild, das beide Sichtweisen berücksichtigt. Ich kann Ihren Standpunkt nachvollziehen und Sie meinen. Das ist ein Fortschritt. Dennoch sind unsere Ziele möglicherweise unvereinbar. Ich möchte, dass der Wald nicht angetastet wird, während Sie immer noch nach Öl bohren wollen. Je besser ich Ihre Landkarte kenne, desto besser kann ich Sie verstehen. Und genau hier wird es interessant. Ich könnte Ihnen eine Frage stellen. Eine Frage, die uns den Weg ebnet, um unseren Konflikt aus der Welt zu schaffen:

»Sind Sie bereit für eine Lösung, die besser ist als alles, was jeder von uns beiden bisher im Sinn hatte?«

Hat Ihnen schon mal jemand diese Frage gestellt? Leider tut das fast niemand. Dabei ist diese Frage nicht nur der Königsweg der Problem- und Konfliktlösung, sondern auch der Schlüssel zur Gestaltung unserer Zukunft!

Synergie

III. Die 3. Alternative und das Prinzip der Synergie

Wir gelangen zur 3. Alternative über einen Mechanismus, den wir als Synergie2 bezeichnen. Synergie ist, wenn 1 plus 1 nicht 2, sondern 10, 100 oder sogar 1000 ergibt! Sie entsteht, wenn zwei oder mehr Menschen beschließen, ihre eigene Sicht der Dinge in den Hintergrund zu stellen, um gemeinsam ein schwieriges Problem zu lösen. Dazu gehören Leidenschaft, Energie und die Begeisterung, etwas Neues zu schaffen, das wesentlich besser ist als alles, was wir bislang im Sinn hatten.

Synergie ist kein Kompromiss. Bei einem Kompromiss ergibt 1 plus 1 bestenfalls 1,5. Bei einem Kompromiss verliert jeder etwas. Ganz anders ist es mit Synergie: Synergie ist nicht nur die Lösung eines Konflikts. Synergie bedeutet, dass wir über den Konflikt hinauswachsen und zu etwas Neuem gelangen, mit dem alle Beteiligten große Hoffnungen für die Zukunft verbinden. Synergie ist besser als mein Weg oder dein Weg. Sie ist unser Weg.

Bislang haben nur wenige verstanden, was Synergie wirklich ist. Oft wird der Begriff verwendet, um unschöne Tatsachen zu verschleiern. So spricht man von »Synergien«, wenn Unternehmen fusionieren und Arbeitsplätze abgebaut werden, um den Aktienkurs in die Höhe zu treiben. Deshalb weckt das Wort »Synergie« bei vielen Misstrauen. Neulich sagte mir ein Freund: »Wenn ich aus dem Mund von Krawattenträgern das Wort ›Synergie‹ höre, weiß ich, dass ich mir Sorgen um meine Altersversorgung machen muss.« Die Menschen sind skeptisch. Sie denken, dass mit »kooperativen Synergien« letztlich nur gemeint ist: »Damit können wir euch noch mehr ausbeuten.« Doch wer voller Misstrauen ist, kann weder kreativ noch kooperativ sein.

Synergie

Synergie: Das natürliche Prinzip, wonach das Ganze mehr ist als die Summe seiner Teile. Anstelle meines oder deines Weges beschreiten wir den Weg der Synergie, der uns zu weitaus besseren Ergebnissen führt. Gemeinsam sind du und ich viel mehr, als wir alleine sind.

In Wahrheit ist Synergie ein echtes Wunder. Sie ist ein fundamentales Prinzip der Natur, das wir überall beobachten können. Mammutbäume schlingen ihre Wurzeln ineinander, um dem Wind standzuhalten und in unglaubliche Höhen zu wachsen. Grünalgen und Schwämme bilden Flechten, die auf blankem Fels gedeihen, wo sonst nichts wachsen kann. Vögel fliegen in V-Formationen und können so mit wesentlich weniger Kraftaufwand viel weitere Strecken zurücklegen als im Alleinflug. Kleine Partikel in einem Wassertropfen bilden gemeinsam eine große Schneeflocke. Jedes Mal ist das Ganze weitaus mehr als die Summe seiner Teile.

1 plus 1 ist 2. Das gilt allerdings nicht, wenn Synergie ins Spiel kommt. Dann ist 1 plus 1 viel mehr als 2. Gemeinsam können wir Dinge vollbringen, die weit über unsere individuellen Fähigkeiten hinausgehen.

Wenn Menschen gemeinsam Synergie schaffen, bündeln sie ihre Stärken zu einem Ganzen, das die Leistung des Einzelnen bei Weitem übertrifft. Im Sport sprechen wir in diesem Zusammenhang von »Chemie«. Eine gute Chemie verschafft einer Mannschaft Vorteile gegenüber Teams, die vielleicht bessere Einzelspieler, aber keinen so starken Zusammenhalt haben. Die Leistung einer Mannschaft, in der Synergie herrscht, ist viel besser als die Summe der Fähigkeiten der einzelnen Spieler.

Es gibt unzählige Beispiele, die zeigen, wie stark der Lauf der Welt durch Synergieeffekte bestimmt ist. Auch in Ihrer Arbeit und in Ihrem Leben ist Raum für Synergie. Mehr noch: Ohne Synergie herrscht Stagnation. Sie werden nicht besser und entwickeln sich nicht weiter. Wettbewerb und technologischer Wandel nehmen immer weiter zu. Wer es nicht schafft, Synergien zu schaffen, kann auf Dauer nicht bestehen. Keine Synergie – kein Wachstum. Wer sich auf das allgegenwärtige Preisdumping einlässt, steht am Ende ohne Umsatz da. Wer dagegen auf Synergien setzt, wird seinen Umsatz steigern und sich so den entscheidenden Wettbewerbsvorsprung sichern.

Synergie äußert sich nicht in kontinuierlichen Prozessen. Ein Produkt kann man zwar kontinuierlich verbessern, aber dabei kommt selten etwas wirklich Neues heraus. Nur mit Synergie lassen sich Quantensprünge in der Produktivität erzielen. Synergie ist die Triebfeder hinter jeder echten Kreativität.

Die Kraft der Synergie

Die folgenden Beispiele helfen Ihnen, die Kraft der Synergie zu verstehen:

Kreative Gewaltlosigkeit

Arun Gandhi, der Enkel von Mahatma Gandhi, erzählte mir, wie er über das Leben seines Großvaters dachte:

BEISPIEL

Paradoxerweise hätte es ohne Rassismus und Vorurteile wohl keinen Gandhi gegeben. Die Herausforderung und der Konflikt trieben ihn an. Andernfalls wäre aus ihm vielleicht ein erfolgreicher, gut verdienender Anwalt geworden. So aber genügte eine Woche in Südafrika, um ihn die ganze Wucht der rassistischen Vorurteile spüren zu lassen. Wegen seiner Hautfarbe wurde er aus dem Zug geworfen. Das demütigte ihn so sehr, dass er den ganzen Abend im Bahnhof blieb und darüber nachdachte, wie er sich Genugtuung verschaffen konnte. Seine erste Reaktion war Wut. Seine Wut war so groß, dass er an Rache dachte. Er wollte es den Menschen, die ihn gedemütigt hatten, heimzahlen. Aber dann erkannte er: »Das ist nicht der richtige Weg.« Das hätte ihm keinen Frieden gebracht. Vielleicht hätte es sich einen Augenblick lang gut angefühlt. Aber es hätte ihm keine Gerechtigkeit verschafft, sondern den Konflikt noch weiter verschärft. So begann er, seine Philosophie der Gewaltlosigkeit zu entwickeln. Am Ende blieb er 22 Jahre in Südafrika. Und dann ging er und führte die indische Bewegung an. Diese Bewegung mündete schließlich in der indischen Unabhängigkeit – etwas, das niemand sich je hätte träumen lassen.

Gandhi ist mein Held. Er war nicht vollkommen und er verwirklichte auch nicht alle seine Ziele. Aber er lernte aus sich selbst heraus, was Synergie ist. Er erfand eine 3. Alternative: kreative Gewaltlosigkeit. Gandhi überwand das 2-Alternativen-Denken. Er rannte nicht weg, aber er kämpfte auch nicht. Das tun Tiere. Wenn sie in die Enge getrieben werden, kämpfen oder flüchten sie. Genau das tun auch die 2-Alternativen-Denker. Sie schalten auf Angriff oder sie nehmen Reißaus. Gandhi dagegen entschied sich für die 3. Alternative. Er veränderte die Welt, indem er seine Landsleute ohne Waffen und ohne Gewalt in die Unabhängigkeit führte.

Die Musikstunde

BEISPIEL

Nadjas Tochter kam mit Tränen in den Augen aus der Schule. Die 8-Jährige umklammerte ihren Geigenkasten und brach in Tränen aus. Voller Verzweiflung erzählte sie ihrer Mutter, dass die Lehrerin ab sofort keine Musik mehr in der Schule duldete. Je mehr Nadja, die selbst ausgebildete Geigerin war, darüber nachdachte, desto wütender wurde sie. Sie musste den ganzen Abend an die Tränen ihrer Tochter denken. Nachts konnte sie nicht schlafen und überlegte sich, wie sie der Lehrerin die Meinung sagen würde. Am nächsten Morgen hatte sie sich etwas beruhigt. Sie beschloss, nicht gleich in die Offensive zu gehen, sondern erst einmal herauszufinden, was in der Schule vorgefallen war. Noch vor Unterrichtsbeginn sprach sie mit der Lehrerin:

»Meine Tochter spielt so gern Geige. Sie ist unglaublich traurig, dass sie nicht mehr in der Schule üben darf. Deshalb möchte ich gerne wissen, warum das plötzlich nicht mehr erlaubt ist.« Zu ihrer Überraschung brach die Lehrerin in Tränen aus: »Für Musik reicht die Zeit leider nicht mehr. Wir sind mit grundlegenden Dingen wie Lesen und Rechnen völlig ausgelastet. Deshalb haben wir von ganz oben die Anweisung bekommen, die Musikstunden zu streichen.«

Im ersten Augenblick wollte Nadja wutentbrannt über die Schulbehörde herziehen. Dann aber meinte sie: »Es muss eine Möglichkeit geben, den Kindern Musik und die Hauptfächer beizubringen.« Die Lehrerin überlegte kurz: »Natürlich! Musik ist Mathematik!!!« In Nadjas Kopf begann es zu rattern. Ist es nicht möglich, die Grundfähigkeiten auch über die Musik zu erlernen? Sie sah die Lehrerin an, dann lachten beide los, weil sie denselben Gedanken hatten. Bald verbrachte Nadja so viel Zeit wie möglich in der Klasse ihrer Tochter. Gemeinsam mit der Lehrerin nutzte sie die Musik, um den Kindern die verschiedensten Dinge beizubringen. Zwei Achtelnoten ergeben zum Beispiel eine Viertelnote. Es war also problemlos möglich, Brüche nicht nur mit Zahlen, sondern auch mit Noten zu berechnen. Auch beim Einüben von Gedichten war die Musik ein wunderbares Hilfsmittel. Die Kinder konnten sich die Texte viel besser merken, wenn sie die Gedichte gemeinsam sangen. Geschichte wurde lebendig, nachdem die Schüler die Komponisten und ihre Zeit kennengelernt und ihre Stücke gespielt hatten. Und mit den Sprachen der verschiedensten Länder machten die Schüler hautnah Bekanntschaft, indem sie Volkslieder sangen.

Die Synergie zwischen der musikalischen Mutter und der Lehrerin war genauso wichtig wie die Synergie zwischen der Musik und den Hauptfächern. Die Schüler lernten alles Hand in Hand – und zwar unheimlich schnell. Bald wollten auch andere Lehrer und Eltern den Versuch wagen. Schließlich interessierte sich sogar die Schulbehörde für diese 3. Alternative.

Total Quality

BEISPIEL

In den 1940er-Jahren forderte der Management-professor W. Edwards Deming die amerikanischen Industriellen eindringlich auf, die Qualität ihrer Produkte zu verbessern. Doch sie hörten nicht auf ihn. Im Gegenteil: Die Aussicht auf kurzfristige Gewinne verleitete sie dazu, die Qualität ihrer Produkte zu vernachlässigen. Sie sahen nur 2 Alternativen: entweder hohe Qualität oder niedrige Produktionskosten.

Als Deming in Amerika auf taube Ohren stieß, ging er nach Japan. Seine Grundthese lautete: In jeden Herstellungsprozess schleichen sich Fehler ein, die früher oder später die Kunden vergraulen. Deshalb muss sich die Herstellung permanent um die Reduktion der Fehlerquote bemühen. Die japanischen Industriellen verknüpften Demings Idee mit ihrer Kanban-Philosophie, die den Arbeitern die Qualitätskontrolle im Herstellungsprozess überträgt. So entstand etwas völlig Neues – eine 3. Alternative: »Total Quality Management«. Ziel ist die Qualitätsverbesserung bei gleichzeitiger Kostenreduzierung.

Schon bald konnten die amerikanischen Hersteller, die im 2-Alternativen-Denken gefangen waren, nicht mehr mit den immer zuverlässigeren und erschwinglicheren Produkten aus Japan mithalten. Das führte das zu einem wahren Kahlschlag in der amerikanischen Schwerindustrie.

Das 2-Alternativen-Denken ist allgegenwärtig

Die gerade genannten Beispiele zeigen: Wer keine 3. Alternative zulässt, muss sich mit weniger Synergie zufriedengeben. Menschen, die im 2-Alternativen-Denken verharren, sehen die Konfrontation und nicht die Kooperation. Für sie gibt es nur ein Gegeneinander, aber kein Miteinander. Sie leiden an einer Form der Farbenblindheit, die sie zwar Blau und Gelb, aber kein Grün erkennen lässt.

Das 2-Alternativen-Denken ist allgegenwärtig. Wir finden es bei Politikern, die einfach weghören, wenn Mitglieder anderer Parteien etwas sagen. Wir sehen es bei Managern, die langfristige Interessen gegen kurzfristige Gewinne eintauschen. Und wir stellen es auch bei Unternehmern fest, die sich als »weitsichtige Visionäre« geben, während ihre Firma kollabiert, weil sie den kurzfristigen Problemen keine Beachtung schenken.

2-Alternativen-Denken

2-Alternativen-Denken: In Konflikten denken wir in der Regel in Begriffen wie »mein Vorschlag« und »dein Vorschlag«. Menschen, die Synergie schaffen wollen, verbinden beide Lösungen oder suchen jenseits dieses strengen 2-Alternativen-Denkens nach einer 3. Alternative.

Wer im 2-Alternativen-Denken verhaftet ist, sieht sein Gegenüber nicht als eigenständigen Menschen, sondern lediglich als Vertreter einer Ideologie. Er hat den Wert unterschiedlicher Sichtweisen nicht erkannt und versucht erst gar nicht, sie zu verstehen. Oberflächlich gibt er sich vielleicht respektvoll, aber in Wahrheit hört er nicht zu. Er zielt allein darauf ab, den anderen zu manipulieren. Seine Unsicherheit überspielt er mit einem offensiven Auftreten – schließlich stehen sein Selbstbild und seine Identität auf dem Spiel. Auf Meinungsverschiedenheiten reagiert er mit der Strategie »aufspüren und zerstören«. Für ihn macht 1 plus 1 nur 0 oder sogar noch weniger. In so einem Umfeld kann keine Synergie entstehen.

Das Heimtückische am 2-Alternativen-Denken ist, dass wir uns leicht davon verführen lassen. Damit ist die Welt so wunderbar einfach. Man kann alles in 2 Kategorien einordnen:

Meine Seite

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gut

schlecht

großzügig

herzlos

intelligent

dumm

vernünftig

irrational

ehrlich

unehrlich

Die besten Menschen der Welt

Die schlechtesten Menschen der Welt

Die negativen Auswirkungen des 2-Alternativen-Denkens zeigen sich besonders deutlich, wenn wir vor einem Problem stehen, für das es keine gute Lösung zu geben scheint. Hier ein paar Beispiele:

Ein Politiker sagt: »Eine gute Gesundheitsversorgung für alle Bürger ist unbezahlbar. Aber wir können die Menschen, die nicht selbst dafür aufkommen können, auch nicht im Stich lassen.«

Ein Vertriebsleiter sagt: »Meine zwei Spitzenverkäufer kommen sich ständig ins Gehege. Aber ohne sie verlieren wir unsere besten Kunden.«

Eine Frau sagt über ihren Partner: »Ich halte es weder mit ihm noch ohne ihn aus.«

Das Gefühl, sich zwischen Regen und Traufe entscheiden zu müssen, kann lähmend sein. In diesem Zusammenhang ist oft von den »Hörnern« eines Dilemmas die Rede: Der Bulle spießt uns auf – ganz gleich, nach welchem Horn wir greifen. Was tun? Bei denjenigen, die im 2-Alternativen-Denken gefangen sind, ist die Verunsicherung groß. Manche werfen das Handtuch. Andere stürzen sich auf ein »Horn«. Sie versuchen, alle anderen auf ihre Seite zu ziehen, und verteidigen lautstark ihre Meinung. Ihnen ist nicht bewusst, dass es eine 3. Alternative gibt. Sie glauben, dass sie keine Wahl haben. Deshalb greifen sie nach einem der beiden Hörner – um sich dann den Todesstoß versetzen zu lassen. Doch wer seinen Blick auf die 3. Alternative richtet, findet fast immer einen Weg aus dem Dilemma. Nur suchen wir meist erst gar nicht nach diesem Weg. Wir sind fest im 2-Alternativen-Denken verhaftet.

Vorsicht vor dem Kompromiss!

Eine mögliche Reaktion auf die Ausweglosigkeit des 2-Alternativen-Denkens ist, die Suche nach einer Lösung einfach aufzugeben. So gibt es in jeder großen Debatte ein »breites Mittelfeld« von Menschen, die sich weigern, Partei zu ergreifen. Sie identifizieren sich weder mit der einen noch mit der anderen Extremlösung. Sie glauben nicht, dass die Auseinandersetzung mit dem Vorgesetzten, der Ehekrach oder der juristische Disput eine echte Lösung zulassen. Sie sagen: »Wir machen da nicht mit. Wir sind für dieses System nicht geschaffen. Für uns gibt es hier nichts zu lösen.« Das Optimum dessen, was möglich ist, ist in ihren Augen ein Kompromiss.

Der Kompromiss hat einen guten Ruf. Das Wörterbuch beschreibt ihn als »Übereinkunft durch gegenseitige Zugeständnisse«. Vermutlich ist es dem Kompromiss zu verdanken, dass viele Probleme nicht völlig eskalieren. Doch ein Kompromiss führt nicht zu einer »Gewinn-Gewinn«-Situation.3 Im Gegenteil! Ein Kompromiss mündet in »Verlust-Verlust«:

Ein Kompromiss kann die Beteiligten vielleicht »zufriedenstellen«, aber niemals begeistern. Die Beziehung geht geschwächt aus dem Kompromiss hervor. Oft flammt der Konflikt schon bald wieder auf.

Die breite Mehrheit der Menschen lebt in einer »Verlust-Verlust«-Welt voller Kompromisse. Diese Menschen haben kaum Hoffnung. Häufig erledigen sie jahraus, jahrein ihre Arbeit, ohne sich und ihre wahren Fähigkeiten wirklich einzubringen. Sie sehen das Leben durch die Brille des längst vergangenen Industriezeitalters. Ihr Job beschränkt sich darauf, dass sie ihre Aufgaben mechanisch abarbeiten. Sie versuchen erst gar nicht, etwas zu verändern. Diese Menschen sind austauschbare Teilchen. Optimismus ist schon lange nicht mehr ihre Sache. Bei vielen macht sich Zynismus breit. Jede Form der Begeisterung ist ihnen suspekt. Neuen Ideen bringen sie grundsätzlich Misstrauen entgegen. Allein das Wort »Synergie« ruft schon allergische Reaktionen hervor. Denn: Niemand von ihnen hat den wahren Wert von Synergien jemals kennengelernt.

Die 4 Paradigmen der Synergie

IV. Die 3. Alternative und die 4 Paradigmen der Synergie

Menschen, die das 2-Alternativen-Denken hinter sich lassen und ganz auf Synergie setzen, sind eine seltene, aber höchst einflussreiche und produktive Minderheit. Sie sind Paradigmenwechsler, Erneuerer und Spielgestalter. Wenn wir es ihnen gleichtun wollen, müssen wir unsere Paradigmen in vier wesentlichen Punkten ändern. Diese vier Paradigmenwechsel lenken uns weg von unserem Egoismus – hin zur Wertschätzung des anderen:

Paradigmen des 2-Alternativen-Denkens

Die 4 Paradigmen der Synergie

1

Ich sehe nur meinen Standpunkt oder nur meine »Seite«.

Ich sehe mich – unabhängig von meinem Standpunkt oder meiner »Seite«.

2

Ich stecke dich in eine Schublade.

Ich sehe dich – als Mensch und nicht nur den Vertreter deiner »Seite«.

3

Ich beharre auf meiner Position, weil deine Position falsch ist.

Ich versuche, dich zu verstehen, gerade weil du die Dinge anders siehst.

4

Ich greife dich an. Wir führen gegeneinander Krieg.

Ich schaffe mit dir Synergie. Gemeinsam gestalten wir eine faszinierende Zukunft, die sich keiner von uns hätte träumen lassen.

Vergleicht man die Paradigmen des 2-Alternativen-Denkens mit denen der Synergie, wird klar: Das 2-Alternativen-Denken entfernt sich systematisch von einer kreativen Lösung. Denn: Kreative Lösungen und 3. Alternativen sind ohne die Paradigmen der Synergie unvorstellbar. Weil jedes Paradigma der Synergie auf dem vorhergehenden aufbaut, ist auch die Reihenfolge wichtig. Also, sehen wir uns die 4 Paradigmen der Synergie jetzt einmal genauer an:

1. Paradigma: Ich sehe mich

Beim ersten Paradigma geht es darum, dass ich mich als einzigartigen Menschen wahrnehme, der unabhängig urteilen und handeln kann.

Je weniger wir uns selbst hinter einer Fassade verschanzen, desto größer sind die Chancen, Synergie zu schaffen. Daher lautet das erste Paradigma der Synergie: »Ich sehe mich.« Das heißt, ich bin mir meiner selbst bewusst. Ich bin mir über meine Motive, Unsicherheiten und Voreingenommenheiten im Klaren. Ich weiß, wo ich parteiisch bin. Ich will dir gegenüber ehrlich sein.

Und wen sehen Sie, wenn Sie in den Spiegel schauen? Einen weltoffenen Menschen mit Prinzipien und einer respektvollen Haltung gegenüber anderen? Oder jemanden, der auf alles eine Antwort parat hat? Jemanden, der Leuten, die anderer Ansicht sind, mit Arroganz begegnet? Nutzen Sie Ihren Verstand oder lassen Sie andere für sich denken?

Menschen, die das »Ich sehe mich«-Paradigma verinnerlicht haben, sind in Diskussionen nicht nur »Partei«. Sie sind mehr als die Summe ihrer Voreingenommenheiten und Denkgewohnheiten. Ihre Gedanken sind nicht allein der Spiegel ihrer Herkunft oder ihres Umfelds. Um mit George Bernard Shaw zu sprechen: Diese Menschen sind kein egoistischer kleiner Haufen Elend, der sich beschwert, dass die Welt nicht immer so ist, wie sie es sich vorstellen. Sie können gedanklich aus sich heraustreten und den Einfluss ihrer Paradigmen auf ihr Handeln objektiv analysieren.

1. Paradigma der Synergie: Ich sehe mich

Ich sehe mich: Ich sehe mich als kreativen Menschen, der sich seiner selbst bewusst ist und sich nicht nur als Vertreter einer Seite in einem Konflikt betrachtet. Ich mag die Ansichten mancher Fraktionen teilen oder zu gewissen Gruppen gehören, aber ich definiere mich nicht darüber. Ich entscheide mich für meine eigene Geschichte.

Das Paradigma »Ich sehe mich« steht in krassem Gegensatz zum gängigen Paradigma »Ich sehe meine Seite«. Wer im »Ich sehe meine Seite«-Paradigma verhaftet ist, glaubt: Ich werde von außen definiert. Alles, was mir etwas wert ist, kommt von außen. Definiert bedeutet immer auch festgelegt oder beschränkt. Aber der Mensch hat die Freiheit, das zu tun und zu denken, was er möchte. Das gehört zu seinem Wesen. Wer sich als »Grüner« bezeichnet, will damit sagen, dass er bestimmte Ansichten in Sachen Umweltschutz mit anderen teilt. Er sieht sich aber sicher nicht allein als »Grünen«. Er ist auch Mann oder Frau, Sohn oder Tochter, Partner oder Partnerin. Vielleicht ist er Musiker, Anwalt, Koch oder Sportler. Entscheidend ist, dass keine dieser Rollen ihn vollständig definiert. Wenn er vor dem Spiegel steht und genau hinschaut, sieht er mehr als die Rollen, die er spielt. Er sieht sich selbst. Er sieht einen denkenden, unabhängigen, kreativen Menschen – jenseits jeder Definition von außen.

Ich sehe meine Seite

Ich sehe mich

Was ich sehe

Ich sehe mich vor allem als Mitglied der Gruppe, zu der ich gehöre: meiner Seite, meiner Partei, meines Unternehmens, meines Geschlechts, meiner Rasse. Ich definiere mich als Konservativer, als Arbeiter oder als Feministin, aber nicht als einzigartigen Menschen. Meine Gedanken übernehme ich von anderen – sie kommen von außen.

Ich sehe mich als kreativen, reflektierten Menschen, der mehr ist als die »Seite«, der er angehört. Natürlich teile ich viele Überzeugungen meiner »Seite«. Aber das allein macht mich nicht aus. Meine Gedanken kommen aus meinem Inneren.

Was ich tue

Ich denke, was meine Gruppe denkt. Ich habe recht – weshalb sollte ich meine Ansichten ändern?

Ich mache mir meine Gedanken bewusst. Ich weiß, dass sowohl ich als auch andere voreingenommen sind.

Was ich erreiche

Destruktive Konflikte mit anderen Menschen

Kreative Beziehungen zu anderen Menschen

Wir sind nicht im Alleinbesetz der Wahrheit

Wir alle werden zum Großteil durch unsere Umgebung definiert. Ob Managerin, Künstler, Priester, Politiker oder Polizistin: Wir reden, essen oder denken gerne wie die Menschen, denen wir uns zugehörig fühlen. Wir tragen die Uniform. Wir hören auf die Experten. Wir sagen das, was man in unserer Gruppe eben sagt. Wir verteidigen dieses Selbstbild auch dann, wenn es fast nichts mehr mit uns zu tun hat, sondern nur noch mit dem, was die Außenwelt uns aufzwingt.

Man spricht häufig von Identitätsdiebstahl, wenn jemand eine Brieftasche klaut, sich als der Bestohlene ausgibt und dessen Ausweis oder Kreditkarten nutzt. Ein viel schlimmerer Identitätsdiebstahl liegt jedoch vor, wenn wir ganz in dem aufgehen, wie andere Menschen uns definieren. Dann identifizieren wir uns komplett mit den an uns gestellten Erwartungen und mit den von außen an uns herangetragenen kulturellen, politischen oder gesellschaftlichen Imperativen. Dabei vergessen wir völlig, wer wir eigentlich sind und was wir wirklich aus unserem Leben machen könnten. Das nenne ich den »wahren Identitätsdiebstahl«. Er findet an allen Ecken und Enden statt, weil die Menschen nicht zwischen ihrem eigenen Verstand und den Vorgaben ihrer Umgebung und ihrer Kultur unterscheiden.

Die Vorstellung, dass wir nicht im Alleinbesitz der Wahrheit sind und die anderen auch recht haben könnten, verträgt sich schlecht mit unserem Selbstbild. Doch:

Jeder von uns ist in der Lage, sich von seinem kulturell geprägten Selbstbild zu befreien. Im Gegensatz zu einem Auto, einer Uhr oder einem Computer können wir unsere kulturelle Programmierung hinter uns lassen.

Im Gegensatz zu programmgesteuerten Maschinen sind wir fähig, uns selbst zu beobachten und unsere Überzeugungen und Handlungen auf den Prüfstand zu stellen. Oder anders ausgedrückt: Wir können unser Denken zum Gegenstand unseres Denkens machen. Wir können uns fragen, ob das, was wir für selbstverständlich halten, wirklich selbstverständlich ist. Eine Maschine kann das nicht. Aber wir Menschen sind frei, unsere eigenen Entscheidungen zu treffen.

Wenn ich mich selbst sehe, erkenne ich meine kulturelle Verwurzelung. Mir wird bewusst, welche Einflüsse auf mich einwirken und welche Erwartungen andere an mich haben. Das hilft mir, Klarheit über meine wahren Motive zu bekommen. Ich entdecke, wo ich mich engagieren und einbringen kann. Nach und nach finde ich heraus, wo ich etwas bewirken kann. Dann betrachte ich mich nicht mehr als Opfer der Umstände, sondern als Gestalter der Zukunft. Genau das ist der Schlüssel zur 3. Alternative. Mein Sohn David sucht schon sein ganzes Leben lang nach 3. Alternativen. Dazu sagt er Folgendes:

BEISPIEL

Als Kind kam mir die Idee von der 3. Alternative total irre und mutig vor. Aber dann begann ich, sie anzuwenden. Und ich staunte, wie sehr sie mir half, alles zu bekommen, was ich brauchte. Einmal gab es im Sportunterricht eine richtig schlechte Note für mich. Ich fragte meinen Vater: »Was soll ich machen? Ich kann doch nicht so eine miese Note in meinem Zeugnis haben.« Er riet mir, den Lehrer zu fragen, was ich tun musste, um eine bessere Note zu bekommen. Der Lehrer war zuerst skeptisch. Aber ich ließ nicht locker. Schließlich fragte er: »Was ist dein Spezialgebiet?« Ich sagte ihm, dass ich Läufer im Leichtathletikteam sei. Darauf meinte er: »Wenn du 400 Meter in weniger als 55 Sekunden läufst, gebe ich dir eine 1.« Damals lief ich 400 Meter in 52 Sekunden. Also willigte ich ein. Ich drückte einem Freund die Stoppuhr in die Hand und schaffte die 55 Sekunden mit Leichtigkeit. Dieses Beispiel hat mir wieder einmal gezeigt, wie weit man kommt, wenn man nicht lockerlässt und nach 3. Alternativen Ausschau hält.

Weil mich die 3. Alternative meine ganze Kindheit und Jungend begleitete, habe ich sie komplett verinnerlicht. Ich will nicht unhöflich sein oder andere nerven, aber ich gebe auch nicht schnell auf. Denn ich weiß: Es gibt immer eine bessere Lösung!

Schreiben Sie die Geschichte Ihres Lebens neu!

Das Beispiel von David zeigt, wie das Wissen um die 3. Alternative uns hilft, Probleme zu lösen. Und es macht Mut. Denn: Wir können uns neu definieren, indem wir die Story verändern, die wir uns über uns selbst erzählen. Was heißt das konkret? Aus unseren Paradigmen und unserer kulturellen Konditionierung ergibt sich die Story unseres Lebens. Jede Geschichte hat einen Anfang, eine Handlung und eigene Charaktere. Bisweilen tauchen auch Helden oder Bösewichte auf. Der Hauptstrang besteht aus vielen Untersträngen. Manchmal nimmt die Erzählung eine dramatische Wendung. Natürlich kommen auch Konflikte vor. Ohne Konflikte keine Story. Jede große Story handelt von einem Kampf – vom Gefecht des Helden gegen den Bösewicht; vom Wettlauf gegen die Zeit; vom Ringen mit dem Gewissen; vom Überwinden der eigenen Grenzen. Insgeheim sind wir der Held unserer eigenen Story. In tragischen Fällen auch der Antiheld. Aber da gibt es in der Geschichte noch eine dritte Stimme, die weder dem Helden noch dem Bösewicht gehört. Es ist die Stimme des Erzählers. Dieser Erzähler sind wir selbst. Wir sind Gegenstand und Autor zugleich. Das ermöglicht es uns, unsere Geschichte selbst zu gestalten. Es steht uns frei, unsere eigene Story zu erzählen. Das gilt natürlich auch im Hinblick auf die großen Konflikte unseres Lebens. Auch hier können wir frei entscheiden, wie die Geschichte weitergeht. Leider ist diese einfache Erkenntnis den meisten Menschen fremd. Viele erleben sich als Gefangene eines furchtbaren Konflikts, an dem sie nichts ändern konnten. Aber das stimmt nicht. Denn:

Jeder von uns verfasst das Drehbuch seines Lebens selbst. Sie sind für Ihre Geschichte verantwortlich – und niemand sonst!