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Fichtes Schrift markiert einen frühen Höhepunkt in der Geschichte der philosophischen Anthropologie. Die von Kant formulierte Grundfrage nach dem Wesen des Menschen wird hier von Fichte auf Basis seiner, bereits in der Wissenschaftslehre gewonnenen Erkenntnisse, weiterentwickelt und von ihm in eine eigenständige und auch für Nicht-Philosophen verständliche Richtung gelenkt. Konsequent vollzieht er aus seiner Erkenntnistheorie eine Wendung ins Lebenspraktische. Fichtes Philosophie ist geprägt vom Appell die Grenzen des Denkens und Wahrnehmens zu sprengen. "Die Französische Revolution, Fichtes Wissenschaftslehre und Goethes Meister sind die größten Tendenzen des Zeitalters." August Wilhelm Schlegel Dies kleine Bändchen zählt zu den persönlichsten, verstiegendsten und auf jeden Fall zu den literarisch schönsten Werken des deutschen Idealismus. Der Titel verweist auf eine Doppeldeutigkeit: Mit dem Begriff der Bestimmung fragt Fichte einerseits nach dem Wesen des Menschen, nach dem was ihn einzigartig macht und von anderen Dingen der Welt unterscheidet. Andererseits kann sich der Begriff auf den Zweck und die Berufung, also letztlich auf die Verantwortung des Menschseins beziehen. In einer Zeit, in der flache Selbstfindungsliteratur Konjunktur hat, tut man vielleicht gut daran Fichte zu folgen und der allgemeinsten aller Fragen auf den Grund zu gehen: was es bedeutet ein Mensch zu sein. Was ist von einem Wesen zu erwarten, das sich seines Bewusstseins bewusst ist und seiner Freiheit ohne Einschränkungen gegenüber sieht?
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Seitenzahl: 287
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JOHANN GOTTLIEB FICHTE wurde 1762 in Rammenau geboren und starb 1814 in Berlin. Er wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Sein Studium der Theologie finanzierte er sich größtenteils als Hauslehrer. 1790 kam er mit den Schriften Immanuel Kants in Kontakt, die seine Wissenschaftslehre stark beeinflussten. Kants Einfluss war dabei so stark, dass man Fichtes Buch Critik aller Offenbarung für ein Werk Kants hielt.
PROF. DR. CHRISTOPH ASMUTH, geb. 1962 in Bochum, Studium in Bochum, 1992 M.A. in Philosophie, 1995 Dr. phil. im Fach Philosophie, 1996-1998 Lehrbeauftragter am Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum, 1998-2004 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Philosophie der TU Berlin, 2003 Habilitation, seit 2009 apl. Prof., Dozent am IUC Dubrovnik 2001-2006, 2007 Gastprofessur LMU München, 2009 Gastprofessur Basel; Leitung des Internationalen Forschungsnetzwerks Transzendentalphilosophie/Deutscher Idealismus, seit 2012 Stellvertretender Präsident der Internationalen J.G.Fichte-Gesellschaft.
Zahlreiche Publikationen, Herausgeberschaften, über 100 Aufsätze, Rezensionen, Lexikonartikel.
Fichtes Schrift markiert einen frühen Höhepunkt in der Geschichte der philosophischen Anthropologie. Die von Kant formulierte Grundfrage nach dem Wesen des Menschen wird hier von Fichte auf Basis seiner, bereits in der Wissenschaftslehre gewonnenen Erkenntnisse, weiterentwickelt und von ihm in eine eigenständige und auch für Nicht-Philosophen verständliche Richtung gelenkt. Konsequent vollzieht er aus seiner Erkenntnistheorie eine Wendung ins Lebenspraktische. Fichtes Philosophie ist geprägt vom Appell die Grenzen des Denkens und Wahrnehmens zu sprengen.
„Die Französische Revolution, Fichtes Wissenschaftslehreund Goethes Meister sind diegrößten Tendenzen des Zeitalters.“August Wilhelm Schlegel
Dies kleine Bändchen zählt zu den persönlichsten, verstiegendsten und auf jeden Fall zu den literarisch schönsten Werken des deutschen Idealismus. Der Titel verweist auf eine Doppeldeutigkeit: Mit dem Begriff der Bestimmung fragt Fichte einerseits nach dem Wesen des Menschen, nach dem was ihn einzigartig macht und von anderen Dingen der Welt unterscheidet. Andererseits kann sich der Begriff auf den Zweck und die Berufung, also letztlich auf die Verantwortung des Menschseins beziehen. In einer Zeit, in der flache Selbstfindungsliteratur Konjunktur hat, tut man vielleicht gut daran Fichte zu folgen und der allgemeinsten aller Fragen auf den Grund zu gehen: was es bedeutet ein Mensch zu sein. Was ist von einem Wesen zu erwarten, das sich seines Bewusstseins bewusst ist und seiner Freiheit ohne Einschränkungen gegenüber sieht?
Johann Gottlieb Fichte
Die Bestimmung des Menschen
Johann Gottlieb Fichte
Herausgegeben und eingeleitetvon Christoph Asmuth
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
https://dnb.d-nb.de abrufbar.
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Alle Rechte vorbehalten
Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2013
Der Text basiert auf der Ausgabe marixverlag, Wiesbaden 2013
Lektorat: Dr. Bruno Kern, Mainz
Covergestaltung: Nicole Ehlers, marixverlag GmbH
Bildnachweis: akg-images GmbH, Berlin
eBook-Bearbeitung: Bookwire GmbH, Frankfurt am Main
ISBN: 978-3-8438-0385-4
www.marixverlag.de
Zweifel – Wissen – Glaube
Johann Gottlieb Fichtes „Bestimmung des Menschen“
Einleitung von Christoph Asmuth
Vorrede
Erstes Buch. Zweifel
Zweites Buch. Wissen
Drittes Buch. Glaube
Literaturverzeichnis
Ich empfing »durch Perthes, das neue Buch, die Bestimmung des Menschen. Dieses habe ich in einigen erträglichen Stunden, die mir meine Krankheit ließ, mit Begierde durchgelesen, und mich nicht genug über den Verfaßer wundern können, der diese Schreiberey für populär hält, und sich einbildet, dadurch die Frucht meines Briefes an ihn dem Publico rein abzutreiben. Die zwey ersten Bücher zu lesen, ist mir sehr leicht geworden, und sogar hat das zweyte, gegen Ende, mich wahrhaft ergötzt, und mich fast gesund gemacht durch herzliches Lachen […]. Aber nun im 3ten Buche, wo sich der kalte Geist warm macht, glüht, predigt, singt, betet, und sogar das Evangelium lehrt – da war es aus bei mir mit dem Lachen; mir wurde übel und weh […]. Ich war vorher, in der ersten Hälfte der Glaubenslehre schon so müde geworden über dem unsäglichen Gewäsche. […] Allein nun erst, da es losgieng mit den schönen Stellen, und philosophiert wurde mit Pauken und Trompeten, und geläutet wurde dazu mit allen Glocken, und die Orgel gieng mit allen ausgezogenen Registern, Kanonendonner dazwischen und Psalmen und Hymnen, und Posaunen, Zinken und Harfen, Tromeln und Pfeifen – wahrlich, ich glaubte, ich würde toll, mir vergieng hören und sehen, und da das Buch aus war, fand ich mich halb ohnmächtig.« Friedrich Heinrich Jacobi an Jean Paul, 13. Februar 1800.1
Fichtes Bestimmung des Menschen ist eine in Form und Inhalt merkwürdige Schrift. Bereits kurz nach ihrem Erscheinen gab sie Anlass zu verschiedenen und zugleich sehr unterschiedlichen Interpretationen. Dieses Buch wurde später herangezogen, um eine Gesamtdeutung der Philosophie Fichtes zu untermauern, nach der der Philosoph seine Lehre um das Jahr 1800 völlig umgebaut habe. Darum ist sie für das Verständnis der Philosophie Fichtes und seiner Zeit eine sehr wichtige Schrift. Außerdem ist sie literarisch spannend, denn Fichte spricht zunächst in einem inneren Monolog, dann folgt ein Gespräch mit einem Geist, dann wieder ein innerer Monolog, und es entsteht die Frage, wie Inhalt und Form aufeinander bezogen sind. Für einen heutigen Leser wirkt manches, was Fichte seinen Erzähler sagen und seufzen lässt, übertrieben pathetisch. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Fichte seine Worte einer Figur in den Mund legt. Es ist die Zeit des Klassizismus. Es ist eine Modeerscheinung, dass vor allem philosophische Autoren, wenn sie populär reden wollen, eine literarische Verkleidung benutzen. Das kann manchmal eine an antike Texte angelehnte Sprache sein, wie man es bei Schelling, einem weiteren Vertreter der klassischen deutschen Philosophie, findet. Es kann aber auch ein starker pathetischer Ton sein wie in der oder ein biblisch-lutherischer Ton wie in der Leben, einer späteren Schrift Fichtes. Ich möchte im Folgenden versuchen, zuerst die historischen Rahmenbedingungen der zu beschreiben, um dann, in einem zweiten Schritt, auf den Inhalt und die Bedeutung dieses Buchs einzugehen.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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