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Zwanzig Jahre lang hat Digby Groat auf sein Erbe gewartet. Nur noch wenige Tage, und er ist einer der vermögendsten Männer in ganz London. Doch dann kommt Dorothy Danton in sein Haus – und die gilt seit zwanzig Jahren als tot …
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Seitenzahl: 265
Aus dem Englischen von Gregor Müller
The blue Hand
PeP eBooks erscheinen in der Verlagsgruppe Random House
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2000by Wilhelm Goldmann Verlag, München,in der Verlagsgruppe Random House
ISBN 3-89480-306-1
www.pep-ebooks.de
1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. Kapitel11. Kapitel12. Kapitel13. Kapitel14. Kapitel15. Kapitel16. Kapitel17. Kapitel18. Kapitel19. Kapitel20. Kapitel21. Kapitel22. Kapitel23. Kapitel24. Kapitel25. Kapitel26. Kapitel27. Kapitel28. Kapitel29. Kapitel30. Kapitel31. Kapitel32. Kapitel33. Kapitel34. Kapitel35. Kapitel36. Kapitel37. Kapitel38. Kapitel39. Kapitel40. Kapitel41. Kapitel42. Kapitel43. Kapitel44. Kapitel45. Kapitel46. Kapitel47. Kapitel48. KapitelÜber das BuchCopyright
Mr. Septimus Salter drückte schon zum dritten Mal die Klingel auf seinem Tisch und brummte unzufrieden.
Er war ein gesetzter, älterer Herr mit großem, rotem Gesicht und weißen Koteletten. Eigentlich glich er mehr einem wohlhabenden Landwirt als einem erfolgreichen Rechtsanwalt. Und doch gab es keinen gescheiteren und tüchtigeren Anwalt in London. Aber in seiner Kleidung und seinem Äußeren blieb er der Zeit treu, in der er jung gewesen war.
Ungeduldig drückte er nochmals auf den Knopf.
»Verdammter Kerl!« murmelte er vor sich hin, erhob sich und ging in das kleine Büro seines Sekretärs hinüber. Er versprach sich zwar nichts davon und erwartete, das Zimmer leer zu finden, doch hatte er sich getäuscht. Die Ellbogen aufgestützt, mit einem Bein auf dem Stuhl kniend, hing ein junger Mann über dem tintenbeklecksten Tisch und war in das Studium eines Schriftstückes vertieft.
»Steele!« rief Mr. Salter scharf.
Der junge Mann schnellte auf und sprang auf die Füße.
Er war groß, breitschultrig und sonnengebräunt. Augenblicklich machte er den verwirrten Eindruck eines ertappten Schülers, so daß man nicht vermutet hätte, daß er Offizier gewesen war, das Viktoriakreuz erhalten und in kühnen Luftkämpfen zwanzig feindliche Flugzeuge heruntergeholt hatte.
»Sie sind wirklich zu unaufmerksam, Steele!« sagte Mr. Salter vorwurfsvoll.
»Es tut mir furchtbar leid«, entschuldigte sich Jim Steele und lächelte Mr. Salter an.
»Was machen Sie denn hier?« Der Rechtsanwalt besah sich die Dokumente, die auf dem Tisch lagen. »Haben Sie immer noch nicht genug vom Fall Danton?« fragte er seufzend.
»Nein, noch nicht – ich habe das Gefühl, daß Lady Mary Danton gefunden werden könnte. Und wenn sie gefunden würde, müßte sich auch ihr damaliges plötzliches Verschwinden aufklären lassen. Allerdings würde dies jemanden sehr außer Fassung bringen ...« Er brach ab, als hätte er schon zuviel gesagt.
Mr. Salter sah ihn tadelnd an.
»Sie mögen Mr. Groat nicht?« fragte er.
»Es ist ja nicht meine Sache, ihn sympathisch oder unsympathisch zu finden. Persönlich kann ich solche Leute nicht leiden.«
Mr. Salter sah wieder auf die Papiere, die auf dem Tisch lagen.
»Legen Sie das ruhig weg, Steele, Sie werden keinen Erfolg damit haben! Wie wollen Sie eine Frau suchen, die verschwand, als Sie noch ein fünfjähriger Junge waren?«
»Ich möchte ...« begann Steele und zögerte. »Sie haben recht, es geht mich nichts an, und ich hatte bis jetzt nie den Mut, Sie direkt zu fragen – trotzdem, wenn Sie einmal etwas Zeit hätten und dazu aufgelegt wären ... Ich würde zu gern Einzelheiten über das Verschwinden jener Frau hören! Wie verschwand sie denn eigentlich?«
Mr. Salter runzelte die Stirn, aber dann hellte sich sein Gesicht auf.
»Steele, Sie sind der schlechteste Sekretär, den ich je hatte. Wenn ich nicht Ihr Patenonkel wäre und mich moralisch verpflichtet fühlte, Ihnen zu helfen, würde ich Ihnen einen kleinen, höflichen Brief schreiben, daß Ihre Dienste ab Ende dieser Woche nicht mehr benötigt werden.«
Jim Steele lachte.
»Das habe ich schon immer erwartet!«
Der Anwalt zwinkerte freundlich. Er mochte Jim Steele recht gut leiden, obwohl er es nach außen nicht eingestand. Der junge Mann war ihm mehr ans Herz gewachsen, als er selbst ahnte. Und nicht nur aus Freundschaft und einem gewissen Verantwortlichkeitsgefühl behielt der alte Salter Jim in seinen Diensten – Steele war ihm auch nützlich. Trotz seiner traurigen Veranlagung, Klingelzeichen zu überhören, wenn er sich mit seinem Lieblingsstudium beschäftigte, war er doch sehr vertrauenswürdig.
»Schließen Sie die Tür!« sagte Salter schroff, doch sichtlich nachgiebig. »Wenn ich Ihnen diese Geschichte erzähle, so tue ich es nicht, um Ihre Neugier zu befriedigen, sondern weil ich hoffe, Ihr Interesse am Fall Danton für immer zu beseitigen! – Lady Mary Danton war die einzige Tochter von Lord Plimstock – als junges Mädchen heiratete sie Jonathan Danton, einen Reeder, der ein Millionenvermögen besaß. Die Ehe war nicht glücklich. Der alte Danton war ein harter, unangenehmer und auch kranker Mann. Er hatte wirklich kein gesundes Herz – übrigens ist auch Digby Groat herzkrank -, und vielleicht war zum, Teil seine Krankheit dafür verantwortlich, daß er seine Frau so schlecht behandelte. Auch das kleine Mädchen, das ihnen geboren wurde, brachte sie einander nicht näher. Danton mußte eine Geschäftsreise nach Amerika antreten. Vor seiner Abreise kam er in mein Büro, und hier an diesem Tisch unterzeichnete er ein Testament, das merkwürdigste, das ich je aufgesetzt habe. Er vermachte sein ganzes Vermögen seiner kleinen Tochter Dorothy, die damals drei oder vier Monate alt war. Im Falle ihres Todes sollte das Vermögen an seine Schwester, Mrs. Groat, fallen, jedoch erst zwanzig Jahre nach dem Tode des Kindes. In der Zwischenzeit sollte Mrs. Groat nur die Einnahmen aus seinem Landgut erhalten.«
»Warum hat er diese merkwürdige Bestimmung getroffen?« fragte Jim verwundert.
»Das ist doch leicht zu verstehen. Vor allem wollte er der Gefahr vorbeugen, daß das Kind beiseite geschafft würde. Anderseits rechnete er damit, daß Lady Mary das Testament anfechten könnte. So aber, wie es aufgesetzt war – ich habe nicht alle Einzelheiten erwähnt -, konnte es während zwanzig Jahren nicht angefochten werden. Es ist auch kein Einspruch dagegen erhoben worden. Als Danton in Amerika war, verschwand Lady Mary mit ihrer Tochter Dorothy. Niemand wußte, wohin, aber die Spur der kleinen Dorothy und ihres Kindermädchens führte nach Margate. Vielleicht war Lady Mary auch dort. Fest steht jedenfalls, daß das Kindermädchen, die Tochter eines dortigen Fischers, die sehr gut rudern konnte, an einem schönen Sommertag das Kind in einem Boot mit aufs Meer nahm. Allem Anschein nach gerieten sie in Nebel und wurden von einem Passagierdampfer überrannt. Die Überreste des zertrümmerten Bootes konnten aufgefischt werden. Eine Woche später wurde die Leiche des Kindermädchens ans Ufer gespült. Was aus Lady Mary geworden ist, hat man nie erfahren. Danton kam zwei Tage nach dem Unglücksfall zurück, und seine Schwester, Mrs. Groat, überbrachte ihm die Nachricht. Es muß ihm den Rest gegeben haben. Er starb bald darauf. – Sie sehen also, mein Junge, selbst wenn Sie durch ein Wunder Lady Mary fänden, so würde dies die Situation für Mrs. Groat oder ihren Sohn nicht im geringsten verändern. Nur Dantons Tochter könnte die Erbschaft antreten – sie aber ...« Salter brach ab und hob bedauernd die Hände.
»Ich verstehe jetzt die Zusammenhänge«, erwiderte Steele, »nur ...«
»Was haben Sie noch?«
»Ich habe stark den Eindruck, daß an der ganzen Sache etwas nicht stimmt, und ich bin überzeugt davon, daß man das Geheimnis lösen könnte. Ich würde zu gerne meine Zeit dieser Aufgabe widmen!«
Mr. Salter sah seinen Sekretär streng an.
»Sie sollten eigentlich Detektiv werden«, meinte er dann ironisch.
»Ich wünschte, ich wäre einer! Vor zwei Jahren habe ich Scotland Yard meine Dienste angeboten, als die Bande der Dreizehn die Banken beraubte, ohne daß einer der Burschen gefaßt werden konnte.«
»Sieh einer an!« rief Salter spöttisch. Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber nochmals um. »Warum habe ich Ihnen eigentlich geklingelt? Ach ja, ich brauche alle Pachtverträge, die sich auf den Grundbesitz des alten Danton in Cumberland beziehen.«
»Will Mrs. Groat die Ländereien verkaufen?«
»Im Augenblick kann sie sie noch nicht verkaufen, aber am dreißigsten Mai erhält sie die Verfügung über das Millionenvermögen Jonathan Dantons, vorausgesetzt, daß kein Einspruch dagegen erhoben wird.«
Jim folgte seinem Chef in dessen Büro. An den Wänden standen vollgestopfte Regale. Das Mobiliar und der Teppich waren abgenutzt. Es roch nach staubigen Akten.
»Detektiv also möchten Sie werden?« fragte Mr. Salter, als er sich hinter seinen Schreibtisch setzte. Er reichte Jim ein Notizblatt und sagte boshaft: »Da, versuchen Sie einmal, mit dem Spürsinn eines Detektivs diese Aktenstücke aufzufinden! Sie liegen unten in der Stahlkammer.«
Jim nahm den Zettel, las ihn und wollte eben eine Frage stellen, als ein Schreiber hereinkam und meldete:
»Mr. Digby Groat – wollen Sie ihn empfangen, Sir?«
»Ja«, sagte Mr. Salter kurz und wandte sich belustigt an Jim, der schnell das Büro verlassen wollte. »Sie können ruhig hierbleiben, Steele! Mr. Groat hat mir geschrieben, daß er die Akten durchsehen will, und wahrscheinlich müssen Sie ihn zur Stahlkammer führen.«
Jim erwiderte nichts.
Die Tür öffnete sich, und der Schreiber ließ einen elegant gekleideten jungen Herrn eintreten.
Jim kannte ihn von früher, aber je öfter er ihn sah, desto weniger konnte er ihn leiden. Er hätte mit geschlossenen Augen das schmale, unfreundliche Gesicht, den kurzen, schwarzen Schnurrbart, die müden Augen und blasierten Züge, das große vorspringende Kinn und die etwas abstehenden Ohren zeichnen können – vorausgesetzt, daß er hätte zeichnen können. Und doch machte Digby Groat in mancher Beziehung einen guten Eindruck, das konnte selbst Jim nicht bestreiten. Er mußte einen erstklassigen Kammerdiener haben, denn von der tadellosen Frisur bis zu den blanken Schuhen war nichts an seiner Erscheinung auszusetzen. Sein Anzug, nach dem modernsten Schnitt gearbeitet, stand ihm außerordentlich gut. Als er ins Zimmer trat, verbreitete sich ein leichter Duft von Quelques Fleurs. Jim verzog die Nase. Er haßte Männer, die sich parfümierten, so dezent sie es auch tun mochten.
»Guten Morgen, Salter!« Digby Groat schaute von einem zum andern, mit dem nachlässigen und doch so unverschämten Ausdruck in seinen dunklen Augen, den weder der Rechtsanwalt noch sein Sekretär vertrugen.
Er zog ein seidenes Taschentuch hervor, wischte damit über einen Stuhl und nahm Platz, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. Seine zitronengelb behandschuhten Hände legte er wirkungsvoll auf den goldenen Knauf eines Ebenholzspazierstocks.
»Sie kennen doch Mr. Steele, meinen Sekretär?« begann Salter. »Nun, Dr. Groat ...«
Aber der elegante junge Mann unterbrach ihn mit einer Handbewegung.
»Nennen Sie mich bitte nicht Doktor«, sagte er mit einem leidenden Ausdruck. »Vergessen Sie, daß ich ein medizinisches Studium absolviert und mein Examen als Chirurg bestanden habe. Ich tat es nur zu meiner eigenen Befriedigung. Es wäre mir sehr unangenehm, eine Praxis ausüben zu müssen. Ich würde es nicht aushalten, zu jeder Tages- und Nachtzeit von Patienten gestört zu werden.«
Für Jim war es neu, daß dieser Stutzer Mediziner sein sollte.
»Ich bin hierhergekommen, um die Pachtverträge der Besitzungen in Cumberland einzusehen, Salter«, fuhr Groat fort. »Es ist mir ein Angebot gemacht worden – ich sollte eigentlich sagen, es ist meiner Mutter gemacht worden, und zwar von einem Syndikat, das ein großes Hotel dort errichten will. Möglicherweise gibt es Klauseln in den Verträgen, die solche Bauten verhindern sollen. Wenn dies der Fall ist, dann war es gedankenlos und niederträchtig vom alten Danton, solche Ländereien überhaupt zu erwerben.«
»Mr. Danton tat nichts Gedankenloses und nichts Niederträchtiges«, antwortete Salter ruhig. »Wenn Sie diese Frage in Ihrem Brief erwähnt hätten, würde ich Ihnen telefonisch darüber Auskunft gegeben haben, und Sie hätten sich nicht hierher bemühen müssen. Aber da Sie nun einmal hier sind, wird Sie Steele in die Stahlkammer führen. Dort können Sie die Verträge einsehen.«
Groat sah mißtrauisch zu Jim hinüber.
»Versteht er denn etwas von Pachtverträgen? Und muß ich tatsächlich in Ihren schrecklichen Keller hinuntersteigen, um mich auf den Tod zu erkälten? Können die Akten nicht für mich heraufgebracht werden?«
»Wenn Sie die Freundlichkeit haben, in Steeles Zimmer zu warten, kann er sie Ihnen ja dort hinbringen«, schlug Salter vor, der Groat sowenig mochte wie sein Sekretär. Außerdem hatte er die Groats in Verdacht, daß sie sich, sobald sie in den Besitz des Dantonschen Vermögens kämen, einen anderen Rechtsanwalt nehmen würden.
Jim nahm die Schlüssel und ging hinunter. Bald kehrte er mit einem Paket Akten zu seinem Chef zurück. Mr. Groat hatte sich inzwischen in Steeles kleines Zimmer hinüberbegeben.
»Erklären Sie Mr. Groat alles, was er über die Pachtbriefe wissen will, und wenn Sie mich dazu brauchen, dann rufen Sie mich!«
Jim fand Digby Groat an seinem Tisch sitzen. Er blätterte in einem Buch, das er sich genommen hatte.
»Was bedeutet Daktyloskopie?« Er sah fragend zu Jim auf. »Das Buch handelt davon.«
»Das ist die Lehre von den Fingerabdrücken«, antwortete Jim kurz. Er haßte diese anmaßende Art und ärgerte sich, daß dieser Mensch einfach seine Privatbücher herausnahm.
»Interessieren Sie sich denn für dergleichen?« fragte Groat und stellte den Band wieder an seinen Platz zurück.
»Ein wenig. Hier sind die gewünschten Pachtverträge. Ich habe sie soeben flüchtig durchgesehen und konnte keine Klausel finden, die die Errichtung eines Hotels ausschließen würde.«
Groat nahm die Dokumente und sah sie Seite für Seite durch.
»Nein«, sagte er schließlich, »es steht nichts davon da – Sie haben recht.« Er legte die Akten auf den Tisch. »Sie interessieren sich also für Fingerabdrücke? Ich wußte nicht, daß sich der alte Salter auch mit Strafprozessen abgibt. – Was ist denn das?« Er zeigte auf ein Bücherbrett neben dem Schreibtisch, das mit schwarzen Heften gefüllt war.
»Das sind meine Privatnotizen.«
Digby Groat lächelte maliziös.
»Worüber machen Sie sich denn Notizen?«
Bevor Jim ihn daran hindern konnte, hatte er eins der Hefte in der Hand.
»Wenn Sie die Güte hätten, mein Privateigentum in Ruhe zu lassen ...« stieß Jim hervor. Er konnte sich im allgemeinen gut beherrschen, aber diese Unverschämtheit ging ihm zu weit.
»Tut mir leid – ich dachte, alles in Salters Kanzlei hätte mit seinen Klienten zu tun.«
»Sie sind aber nicht der einzige Klient!«
»Was wollen Sie mit dem allen?« fragte Groat, als er die Seiten umblätterte.
Jim stand ihm am Schreibtisch gegenüber und ließ ihn nicht aus den Augen. Auf einmal bemerkte er, daß sich das gelbe Gesicht ein wenig verfärbte und der Blick hart wurde.
»Was bedeutet das?« fragte Groat scharf. »Was, zum Teufel, haben Sie da ...« Er brach ab, nahm sich zusammen und lachte. Aber es klang gekünstelt. »Sie sind ein prächtiger Kerl, Steele!« Er nahm seinen alten, nachlässigen Ton wieder auf. »Doch Sie sind töricht, sich über diese Dinge den Kopf zu zerbrechen.«
Er steckte das Heft ins Regal zurück, nahm den zuoberst liegenden Pachtvertrag vom Tisch und begann ihn zu lesen.
»Es ist alles in Ordnung«, erklärte er endlich, legte das Dokument weg und griff nach seinem Hut. »Vielleicht besuchen Sie mich einmal und essen mit mir zu Abend, Steele! Ich habe ein interessantes Laboratorium, das ich an die Rückseite meines Hauses am Grosvenor Square angebaut habe. Der alte Salter nannte mich eben Doktor!« Er lachte, als ob es ein guter Scherz sei. »Nun – auf alle Fälle, wenn Sie zu mir kommen, kann ich Ihnen einiges zeigen, was zum mindesten meinen Titel rechtfertigt.« Dann, schon in der Tür, richtete er seine dunklen Augen nochmals auf Jim. »Nebenbei bemerkt, Mr. Steele – Ihre Privatstudien führen Sie auf ein gefährliches Gebiet, und kein zweites Viktoriakreuz wird Sie für die Unannehmlichkeiten entschädigen können.«
Behutsam schloß er die Tür hinter sich. Jim sah ihm stirnrunzelnd nach.
Was meint er nur damit? überlegte er. Das Notizheft fiel ihm ein, das Mr. Groat in der Hand gehabt und wieder ins Regal geschoben hatte. Das Heft stand ein wenig vor, und Jim hatte sich die Stelle gemerkt. Er zog das Heft heraus, schlug die erste Seite auf und las: Einige Bemerkungen über die Bande der Dreizehn.
Am Nachmittag dieses Tages steckte Jim den Kopf in Mr. Salters Büro.
»Ich gehe jetzt zum Tee!«
Salter schaute auf die altmodische Uhr an der gegenüberliegenden Wand.
»Es ist gut. Sie gehen in letzter Zeit immer sehr pünktlich zum Tee, Steele! – Warum werden Sie denn rot? Handelt es sich um ein Mädchen?«
»Nein«, rief Jim etwas zu laut und schnell. »Ich treffe zwar ab und zu eine Dame beim Tee, aber ...«
»Machen Sie, daß Sie wegkommen – grüßen Sie sie von mir!«
Jim mußte lachen, er eilte die Treppe hinunter und trat auf die Marlborough Street hinaus. Er beeilte sich, es war schon spät. Erleichtert atmete er auf, als er das ruhige Lokal betrat und den Tisch, an dem er gewöhnlich saß, noch unbesetzt fand. Die Kellnerin kam freudig auf ihn zu, um seine Bestellung aufzunehmen.
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