Die Blumen des Bösen - Charles Baudelaire - E-Book

Die Blumen des Bösen E-Book

Charles Baudelaire.

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Beschreibung

mehrbuch-Weltliteratur! eBooks, die nie in Vergessenheit geraten sollten. Les Fleurs du Mal / Die Blumen des Bösen) ist ein Gedichtband Charles Baudelaires, der von 1857 bis 1868 in drei Fassungen wachsenden Umfangs und unterschiedlicher Anordnung herausgegeben worden ist. Die Erstausgabe führte zu einem gerichtlichen Verfahren: Baudelaire wurde wegen Verletzung der öffentlichen Moral verurteilt und die weitere Veröffentlichung von sechs als anstößig bezeichneten Gedichten verboten.

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Die Blumen des Bösen

Charles Baudelaire 

Inhaltsverzeichnis
Inhalt 1
Inhalt 2
Impressum

   Inhalt 1

Wenn nach des Himmels mächtigen Gesetzen

Der Dichter kommt in diese müde Welt,

Schreit seine Mutter auf, und voll Entsetzen

Flucht sie dem Gott, den Mitleid selbst befällt.

»Warum gebar ich nicht ein Nest voll Schlangen,

Statt diesem Spottgebild verwünschter Art!

Verflucht die Nacht, in der mein Bauch empfangen,

Da flüchtiger Lust so bittre Strafe ward!

Was wähltest du mich aus von allen Frauen,

Dem blöden Mann zur ekelvollen Wut,

Was werf' ich nicht die Missgeburt voll Grauen

Gleich einem Liebesbrief in Feuersglut!

Doch ich will deinem Hasse nicht erliegen,

Ich wälz' ihn auf das Werkzeug deines Grolls

Und will den missgeratnen Baum so biegen,

Dass keine Frucht entspringt dem faulen Holz.«

So presst sie geifernd ihren Grimm zusammen,

Nichts ahnend von des Himmels Schluss und Rat,

Und schürt sich in Gehenna selbst die Flammen

Für ihre mütterliche Freveltat.

Indessen zieht ein Engel seine Kreise,

Und der Enterbte blüht im Sonnenschein,

Und zu Ambrosia wird ihm jede Speise

Und jeder Trank zu goldnem Nektarwein.

Zum Spiel taugt Wind ihm, Wolken und Gestirne,

Berauscht von Liedern zieht er durch sein Reich,

Und traurig senkt der Engel seine Stirne,

Sieht er ihn sorglos, heitern Vögeln gleich.

Denn alle, die er liebt, voll Scheu ihn messen;

Weil seine Sanftmut ihren Groll entfacht,

Versuchen sie ihm Klagen zu erpressen,

Erproben sie an ihm der Roheit Macht.

Sie mischen eklen Staub in seine Speisen,

Beschmutzen jedes Ding, dem er sich naht.

Was er berührt, sie heuchelnd von sich weisen,

Und schreien »wehe«, kreuzt er ihren Pfad.

Auf öffentlichem Markt, wie eine Dirne,

Höhnt laut sein Weib: »Da mir sein Beten gilt,

So will ich auch vom Sockel bis zur Stirne

Vergoldet sein gleich einem Götzenbild.

Berauschen will ich mich an Weihrauch und Essenzen,

An Wein und Huldigung mich trinken satt,

Und da er göttergleich mich will bekränzen,

Werd ich beherrschen ihn an Gottes Statt!

Und will die Posse mir nicht mehr gefallen,

Pack' ich ihn mit der schwachen, starken Hand,

Mit meinen Nägeln wie Harpyenkrallen

Zerfleisch ich ihn, bis ich sein Herze fand.

Gleich einem jungen Vogel fühl' ichs zittern,

Zuckend und rot wird's meiner Hände Raub,

Und um mein Lieblingstier damit zu füttern,

Werf ich es voll Verachtung in den Staub!«

Zum Himmel, zu dem ewigen Strahlensitze

Hebt fromm der Dichter seine Hände auf,

Und seines lichten Geistes weite Blitze

Verhüllen ihm des Volks blindwütigen Häuf:

»Dank, dir, o Gott, der uns das Leid liess werden,

Das uns erlöst aus tiefer Sündennacht,

Das reine Elixier, das schon auf Erden

Die Starken deiner Wonnen würdig macht!

Dem Dichter wahrst du deiner Sitze besten

Inmitten seliger Legionen Schar,

Ich weiss, du lädst ihn zu den ewigen Festen

Der Herrlichkeit und Tugend immerdar.

Ich weiss, nicht Welt noch Hölle macht zum Hohne

Den einzigen Adel, den der Schmerz verleiht.

Ich weiss, auf meinem Haupt die Wunderkrone

Muss leuchten über Welt und Ewigkeit.

Ich weiss, dass Schätze, die versunken schliefen,

Dass Gold und Edelstein aus finstrem Schacht,

Dass Perlen, die du hebst aus Meerestiefen,

Nicht würdig sind für dieser Krone Pracht.

Denn sie ward aus dem reinsten Licht gesponnen,

Das der Urflamme heiliger Herd besass,

Des Menschen Blick, die leuchtendste der Sonnen

Erlischt vor ihrem Glanz wie mattes Glas.

Der Albatros

Oft kommt es vor, dass, um sich zu vergnügen,

Das Schiffsvolk einen Albatros ergreift,

Den grossen Vogel, der in lässigen Flügen

Dem Schiffe folgt, das durch die Wogen streift.

Doch, – kaum gefangen in des Fahrzeugs Engen

Der stolze König in der Lüfte Reich,

Lässt traurig seine mächtigen Flügel hängen,

Die, ungeschickten, langen Rudern gleich,

Nun matt und jämmerlich am Boden schleifen.

Wie ist der stolze Vogel nun so zahm!

Sie necken ihn mit ihren Tabakspfeifen,

Verspotten seinen Gang, der schwach und lahm.

Der Dichter gleicht dem Wolkenfürsten droben,

Er lacht des Schützen hoch im Sturmeswehn ;

Doch unten in des Volkes frechem Toben

Verhindern mächt'ge Flügel ihn am Gehn.

Erhebung

Hoch über stillen Wäldern, blauen Meeren,

Hoch über eisiger Gletscher Einsamkeit

Und über Wolkenflügen weltenweit,

Jenseits der sternbeglänzten ewigen Sphären

Dort regst du dich, mein Geist, so frei und jung!

Wie kühne Schwimmer durch die Wellen gleiten,

So ziehst du durch die unermessnen Weiten

Voll grosser, männlicher Begeisterung.

Flieh' aus der Erde giftigtrübem Schlamme,

Steig' auf zum Äther, Seele, werde rein!

Und trink wie einen starken Götterwein

Der lichten Räume himmlischklare Flamme.

Weit hinter dir lass Kummer, Schuld und Streit,

Die dumpf und lastend dich zur Erde zwingen,

Beglückt, wer sich erhebt auf leichten Schwingen

Zu leuchtender Gefilde Heiterkeit!

Wessen Gedanken gleich der Lerche steigen

Des Morgens frohbeschwingt zum Firmament,

Wer überm Leben schwebt und mühlos kennt

Der Blumen Sprache und der Dinge Schweigen!

Zusammenklang

Im Tempel der Natur, in Säulengängen,

Durch die oft Worte hallen, fremd, verwirrt,

Der Mensch durch einen Wald von Zeichen irrt,

Die mit vertrauten Blicken ihn bedrängen.

Wie weite Echo fern zusammenklingen

Zu einem einzgen feierlichen Schall,

Tief wie die Nacht, die Klarheit und das All,

So Düfte, Farben, Klänge sich verschlingen.

Denn es gibt Düfte, frisch wie Kinderwangen,

Süss wie Oboen, grün wie junges Laub,

Verderbte Düfte, üppige, voll Prangen,

Wie Weihrauch, Ambra, die zu uns im Staub

Den Atemzug des Unbegrenzten bringen

Und unsrer Seelen höchste Wonnen singen.

Den Entschwundenen

Den entschwundenen, nackten Zeiten bin ich so hold,

Da Phöbus die Säulen umwob mit lauterem Gold,

Da Mann und Weib ohne Lüge und schamhaftes Bangen

In heiter beweglichem Spiel durch das Leben gegangen,

Und – vom zärtlichen Licht umspielt und umflossen –

Ihrer edlen Leiber kraftvolle Schönheit genossen.

Als Cybele fruchtbar, verschwenderisch fast

Ihre Kinder nicht fühlte als drückende Last

Und wie eine Wölfin mit mütterlich drängenden Lüsten

Die ganze Erde getränkt an den schwellenden Brüsten,

Als der Mensch geschmeidig, voll siegreicher Pracht

Mit stolzem Recht sich zum König der Erde gemacht,

Und die edlen Früchte ohne Flecken und Schaden

Mit frischem und saftigem Fleisch zum Bisse geladen.

Will in unseren Tagen ein Dichter bewundernd schauen

Ursprüngliche Schönheit, da wo Männer und Frauen

In Nacktheit sich zeigen, da fühlt er die Freude entfliehen,

Da fühlt er den eisigen Frost seine Seele durchziehen

Vor dem düsteren Bild dieser Hässlichkeit,

Vor der Missgeburt, die nach Kleidern schreit!

O armselig Zerrbild, für Masken geschaffen!

Ihr mageren Rümpfe, ihr feisten, ihr schlaffen,

Die der Nützlichkeit Gott unerbittlich und fest

Schon als Kinder in eherne Windeln gepresst!

Ihr Frau'n, die ihr bleich seid wie wächserne Kerzen,

Die Wollust nagt euch am Leib und am Herzen,

Jungfraun, durch ererbte Sünden entweiht,

Ihr schleppt schon der Mutterschaft Hässlichkeit!

Wohl ist uns, die wir zum Untergang neigen,

andere Schönheit, den Eilten verschlossen, zu eigen,

Gesichter, drin glühendes Leiden brennt,

Darin man die Schönheit des Siechtums erkennt;

Diese Gabe jedoch, aus der Muse zögernden Händen

Soll uns, des Untergangs Kindern, die Blicke nicht blenden.

Wir huldigen tief und voll Leidenschaft

Der heiligen Jugend, der Jugend voll Klarheit und Kraft.

Deren Auge strahlend und klar wie die fliessende Quelle,

Die überall Leben spendet und sorglose Helle,

Die in des Himmels Leuchten, der Vögel Gesang,

Die Duft ist und Wärme und Farbe und Klang.

Die Leuchttürme

Rubens, der Trägheit Garten, des Vergessens Bronnen,

Ein Lager blüh'nden Fleisches, der Liebe leer,

Doch so von Leben und von Glut durchronnen

Wie von der Luft das All, das Meer vom Meer.

Leonard da Vinci Spiegel tief und dunkel,

Wo Engel lächeln süss und rätselschwer

Aus Fichtenschatten, grünem Eisgefunkel

Von ihrer Heimat Gletschergipfeln her.

Rembrandt, das Haus der Traurigen und Kranken,

Von einem hohen Kruzifix erhellt,

Gebete, Seufzer überm Unrat schwanken,

Ein kalter Schimmer jäh ins Dunkel fällt.

Buonarroti, fern, wo Riesenschatten schweben,

Wo Herkules mit Christus sich verband,

Gespenster steil aus ihrer Gruft sich heben,

Mit starrem Finger fetzend ihr Gewand.

Der in des Pöbels Wut, des Fauns Erfrechen,

Der Schönheit fand selbst in der Schurken Reich,

Puget, du grosses Herz voll Stolz und Schwächen,

Der Sklaven König, kummervoll und bleich.

Watteau, ein Fest, wo Herzen leuchtend irren,

Den Schmetterlingen gleich, ein Faschingsball,

Lieblicher Zierat, Glanz und Lichter schwirren

Und Tollheit wirbelnd durch den Karneval.

Goya, ein Nachtmahr, ferner wirrer Schrecken,

Leichengeruch vom Hexensabbat weht,

Wo, lüsterner Dämonen Gier zu wecken,

Die nackte Kinderschar sich biegt und dreht.

Und Delacroix, Blutsee, wo Geister hausen.

Im Schatten tief, der Himmel schwer wie Blei,

Wo durch die trübe Luft Fanfaren brausen

Seltsamen Klangs, wie ein erstickter Schrei.

Dies alles, Fluch und Lästerung und Sünden,

Verzückungsschrei, Gebet und Todesschmerz

Ist Widerhall aus tausend dunklen Gründen,

Berauschend Gift für unser sterblich Herz.

Ein Schrei ist's, der da gellt in tausend Stürmen,

Die Losung, die von tausend Lippen schallt,

Leuchtfeuer, das da flammt von tausend Türmen,

Des Jägers Ruf, der durch die Wildnis hallt.

Ein Zeichen, Gott, das wir dir bringen wollen,

Vor deinen Herrlichkeiten zu bestehn,

Glühende Tränen, die durchs Weltall rollen

Und an der Ewigkeiten Rand vergehn.

Die kranke Muse

Du arme Muse, was ist dir geschehn?

Im hohlen Blick les' ich die nächtgen Qualen,

Und muss den Wahnsinn und den Schreck, den fahlen

Im stummen, angstgequälten Antlitz sehn.

Gossen sie Lieb' und Furcht aus ihren Schalen,

Die grünen Zwerge und die rosigen Feen?

Hat dich der Alb gepackt mit eisigem Wehn

Und dich erstickt in wilden Zauber quälen?

Ich wollt', dein Atem wäre stets voll Kraft,

Dass er nur starker Dinge Abbild schafft!

Des Blutes Rauschen rhythmischer Gesang,

Wie er in jenen alten Zeiten klang,

Als Phöbus und der grosse Pan regierten,

Des Liedes Vater und der Gott der Hirten.

Die käufliche Muse

O meine Muse, der Paläste Kind!

Wirst du, wenn erst der Winter hetzt die Raben,

Für deinen nackten Fuss ein Feuer haben

In trüber Schneenacht und bei eisigem Wind?

Willst du die marmorkalten Schultern laben

Am nächtigen Strahl, der durch die Läden rinnt?

Willst du, wenn leer dir Tasch' und Gaumen sind,

Verborgnes Gold aus blauen Höhlen graben ?

Allabendlich wird dich der Hunger zwingen,

Chorkindern gleich beim Weihrauchfass zu singen

Den Lobgesang, der deinen Schmerz verhöhnt,

Seiltänzern gleich wirst du zur Schau dich stellen.

Indes dein Lachen, darin Schreie gellen,

Des rohen Haufens Gier und Lüsten frönt.

Der schlechte Mönch

Aus alter Klöster hohem Wandgemälde

Schaut oft der heiligen Wahrheit Angesicht,

Den Brüdern, die der fromme Eifer quälte,

Ein wenig Wärme spendend, Trost und Licht.

Zur Zeit, da Christi Saat geblüht, erwählte

Manch edler Mönch, von dem man heut kaum spricht,

Das Leichenfeld zur Werkstatt und erzählte

In Bildern uns vom Tode stark und schlicht.

Mein Herz gleicht einer finstern Klosterzelle,

Seit Ewigkeiten tritt mein Fuss die Schwelle, –

Mit nichts hab' ich die kahle Wand geschmückt.

Ich träger Mönch, wann werd' ich endlich geben

Aus jenem öden Schauspiel, meinem Leben,

Was meine Hand erschuf, mein Aug' beglückt?

Der Feind

Mein Kinderland war voll Gewittertagen,

Nur selten hat die Sonne mich gestreift,

Und so viel Bluten hat der Blitz zerschlagen,

Dass wenig Früchte nur mein Garten reift.

Nun kommt der Herbst, – ich muss zur Harke greifen,

Die Erde sammeln, die verwüstet schlief,

In die der Regen Risse grub und Streifen

Und manche Holde wie ein Grab so tief.

Doch ob den Blumen, die erhofft mein Träumen,

In dieses wild zerwühlten Ackers Räumen

Die Wundernahrung wird voll Glut und Kraft?

O Schmerz! die Zeit trinkt unsren Lebenssaft,

Der dunkle Feind, der uns am Herzen zehrt

Und sich von unsrem Blute stärkt und mehrt!

Der Unstern

So schwere Lasten zu heben,

Bedarf es des Sisyphus Mut,

Und hätten wir Kraft auch und Glut,

Lang ist die Kunst, flüchtig das Leben.

Fern ruhmreicher Sarkophage,

An des Friedhofs verlassenem Hang,

Wie verdeckter Trommel Gesang

Schlägt mein Herz nun die trauernde Klage.

Manches Kleinod von leuchtender Glut

In finstrer Verborgenheit ruht,

Wohin Sonde und Senkblei nicht gleiten.

Manche Blume der edelsten Art

Strömt Duft wie Geheimnis so zart

In der Wildnis verlorene Weiten.

Das frühere Leben

Ich wohnte lang in weiter Hallen Schweigen,

Die abends in der Meeressonne Glut

Sich stolz erheben und zur blauen Flut

Sich gleich basaltnen Grotten niederneigen.

Das Meer, darauf des Himmels Abbild ruht,

Tönt feierlich beim Auf- und Niedersteigen,

Und der Akkorde übermächt'ger Reigen

Strömt in den Abend voller Gold und Blut.

Dort lebt' ich lang in dämmerstillem Lächeln,

Voll Wollust atmend Glanz und blaue Luft;

Die nackten Sklaven, ganz getaucht in Duft,

Sie mussten mir die müde Stirne fächeln,

Von einer einzigen Sorge nur beschwert,

Das Leid zu finden, das mein Herz verzehrt.

Zigeuner auf der Fahrt

Zum Aufbruch muss der Stamm der Zaubrer rüsten,

Glutäugig Volk. – Es schleppt der Weiber Schar

Bücklings die Kinder, reicht dem Säugling dar

Den stets bereiten Schatz aus braunen Brüsten.

Zu Fuss die Männer, deren Waffen flimmern,

Die Karren rollen langsam nebenher;

Und Aller Augen wandern sehnsuchtsschwer

Zum Himmel, wo die fernen Träume schimmern.

Sie ziehn vorbei, – und im Versteck die Grille

Singt doppeltlaut ihr Lied durch Morgenstille;

Die Erde, die sie liebt, vermehrt ihr Grün,

Lässt Felsen sprudeln, lässt die Wüste blühn

Für sie, die in der Zukunft dunkles Brauen

Wie in vertraute lichte Lande schauen.

Der Mensch und das Meer

Du freier Mensch, du liebst das Meer voll Kraft,

Dein Spiegel ist's. In seiner Wellen Mauer,

Die hoch sich türmt, wogt deiner Seele Schauer,

In dir und ihm der gleiche Abgrund klafft.

Du liebst es, zu versinken in dein Bild,

Mit Aug' und Armen willst du es umfassen,

Der eignen Seele Sturm verrinnen lassen

In seinem Klageschrei, unzähmbar wild.

Ihr beide seid von heimlich finstrer Art.

Wer taucht, o Mensch, in deine letzten Tiefen,

Wer kennt die Perlen, die verborgen schliefen,

Die Schätze, die das neidische Meer bewahrt?

Und doch bekämpft ihr euch ohn' Unterlass

Jahrtausende in mitleidlosem Streiten,

Denn ihr liebt Blut und Tod und Grausamkeiten,

O wilde Ringer, ewiger Bruderhass!

Don Juan in der Unterwelt

Als Don Juan, den schwarzen Fluss erreichend,

Den Fährmann zahlte und bestieg das Schiff,

Ein finstrer Bettler, Antisthenes gleichend,

Mit starkem Rächerarm zum Ruder griff.

Laut stöhnend warfen sich die Frau'n zur Erde,

Mit schlaffen Brüsten und zerfetztem Kleid,

Wie Brüllen einer aufgescheuchten Herde

Klang ihr Geschrei, gedehnt, voll dumpfem Leid.

Sganarell heischte Lohn, sein Lachen schwirrte.

Indes Don Louis, die Greisenhand gereckt,

Der Totenschar, die an den Ufern irrte,

Den Sohn wies, der sein Haupt mit Schmach bedeckt.

Nah ihrem Gatten, fröstelnd, sass Elvire,

In ihrer Trauer aller Anmut bar,

Fleht' um das letzte Lächeln letzter Schwüre,

So süss und falsch wie jenes erste war. –

Ein grosser fremder Mann, in Stahl die Glieder,

Lenkte das Steuer, steinernen Gesichts.

Der bleiche Held beugte aufs Schwert sich nieder,

Betrachtete die Flut und weiter nichts.

An Theodor von Banville

Du hast die Muse so beim Haar ergriffen.

So herrisch sie besiegt voll schöner Lässigkeit,

Dass du ein Held erschienst, ein Bravo, der im Streit

Sein Lieb erdolcht, die Waffe blankgeschliffen.

Dein Blick war feurig und voll junger Kraft,

Und Kühnheit zeigtest du und Stolz und Stärke

Im künstlerischen Wunderbau der Werke,

Aus denen atmet künftige Meisterschaft.

Uns Dichtern starrt das Blut im Glück, im Leid.

War's Zufall, dass man des Kentauren Kleid,

Das Blut und Mark gerinnen liess in Qualen,

Im scharfen Gift getränkt zu dreien Malen,