Die Eishockey Yetis: Halle in Gefahr! - Elke Pfesdorf - E-Book

Die Eishockey Yetis: Halle in Gefahr! E-Book

Elke Pfesdorf

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Beschreibung

Mitten in der laufenden Eishockey Saison bekommen die Yetis riesige Probleme: Ihre Eishalle wird wegen akuter Einsturzgefahr geschlossen. Um die Halle zu retten, setzen Pauline, Philipp und der Torhüter Alex alle Hebel in Bewegung. Das Training wird zwischenzeitlich in die Halle der "Eisbären" verlegt, wo die Yetis ausgerechnet mit ihren größten Gegnern trainieren müssen. Während der Eishockey Weltmeisterschaft in Deutschland laufen die Yetis zur Höchstform auf, was ihnen, bei dem Versuch ihre Halle zu retten, sogar Unterstützung von prominenter Seite einbringt... Das Jugendbuch zur Eishockey Weltmeisterschaft!

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Auch erschienen:

Band 2: Die Eishockey Yetis

… und die verschwundenen Pokale

Die Eishockey Yetis – Das große Malbuch

Inhaltsverzeichnis

1 : 0 für die Yetis

Es läuft nicht so wie es soll

Ein verheißungsvolles Plakat

Rot-weißes Flatterband

Besuch beim Bürgermeister

In der Höhle der Eisbären

Ein verbotener Ausflug

In Finsternis und Kälte

Schnee, Schnee und noch mehr Schnee

Lautlose Gefahr

Philipp und Philipp

Bärenkloppe

WM-Feeling

Kabinenparty

Nachtschicht

Das Geständnis

Die Eishockey Weltmeisterschaft

Yetis im Dauereinsatz

Jede Menge Münzen

Philipp schmiedet Pläne

Eishockeylexikon

Eishockeyfeld

1 : 0 für die Yetis

„Mädchen! Mädchen sind total doof! Und Hockeyspielen können sie kein bisschen!“ Ein Junge mit einem blauen Eishockeyhelm1 auf dem Kopf zischte Pauline boshaft an. Sein Atem dampfte in der kalten Luft. Er schlug den Schläger gegen die Kufen. Pauline gab dem Eisbären im gelb-grünen Trikot keine Antwort. Sie stand ihm genau gegenüber. Die beiden Stürmer warteten mit gebeugten Knien im Bullykreis. Der Schiedsrichter würde den Puck zwischen die Schlägerkellen werfen, der Beginn des Duells zwischen Yetis und Eisbären. Zu dem Duell käme es nur, wenn Pauline den Gegner mit ihren wütenden Gedanken nicht vor Zorn zu Staub und Asche verwandeln würde. Die Chancen des Eisbären standen jedoch nicht schlecht. Die Trainerin Katrin hatte Pauline und ihrer Mannschaft eingeschärft, sich nicht reizen zu lassen. Das war leichter gehört als getan. Pauline knirschte ärgerlich mit den Zähnen und kniff die Augen zusammen. Sie spielte schon ein paar Jahre für die Yetis Eishockey. Und sie war die Beste. Ihre Sprints hatten es in sich, sie dribbelte jeden Abwehrspieler schwindelig und schlenzte den Puck meistens formvollendet ins Tor.

„Mädchen können nicht Hockey spielen!“ Die Worte hallten durch Paulines Kopf, hinterließen eine zornige Spur. Und sie forderten Pauline heraus. Der Eisbär würde sich gleich wundern. Endlich ließ der Schiedsrichter die runde Hartgummischeibe fallen. Pauline reagierte blitzschnell, schoss den Puck nach rechts. Dort hielt Lisa ihre Position. Sie ergatterte den Puck und stieß sich ab. Ein Eisbär wollte ihr den Weg versperren. Pauline hatte sich längst freigelaufen und nahm Lisas Rückpass entgegen. Rasant fuhr Pauline in die Kurve, deckte die Scheibe mit der Kelle ab. Pauline näherte sich dem Tor. Rote Metallstangen und weißes Netz. Unbeweglich wartete der Torhüter auf der Linie.

Pauline grinste ein wenig verächtlich. „Mädchen können nichts - pah - aber die stellen eine lahme Keule ins Tor. Der Goalie kommt mir nicht einmal entgegen. Er bleibt stocksteif stehen, statt mir Angst einzujagen.“ Lisa war mitgesprintet und lauerte in aussichtsreicher Position vor dem gegnerischen Gehäuse.

„Das schaffe ich alleine!“, dachte Pauline und holte aus. Sie traf den Puck nicht genau. Haarscharf pfiff er neben dem Pfosten vorbei. Der Torhüter wackelte mit der Fanghand. „Und schießen können Mädchen auch nicht!“, höhnte er.

Lisa keifte sauer: „Pass doch zu mir. Ich stand frei!“ Sie raste grantig hinter der Scheibe her. Lisa hob den Kopf. Sie suchte einen Anspielpartner. Pauline wurde von einem Eisbären bewacht. Energisch schob sie ihn zur Seite. Von hinten kam plötzlich der pummelige Stefan angerauscht. Wer sich ihm in den Weg stellte, wurde gnadenlos weggeräumt. Stefan klopfte seine Schlägerkelle kräftig auf das Eis, ein Zeichen, dass er den Puck annehmen wollte. Auch Pauline wollte die Scheibe. Stefan stand besser. Mit einem „Klack“ landete der Puck an seiner Kelle. Und mit einem wuchtigen Schlag hämmerte er diesen ins Netz. „Geht doch!“, kommentierte er trocken. Lisa kam strahlend auf ihn zu. Sie umarmten sich. „Sauber!“, lobte sie. Stefan glitt gemächlich zur Mannschaftsbank. Die anderen Yetis hatten sich an der Bande aufgebaut und jubelten ihm zu. Lisa klatschte im Vorbeifahren die entgegengestreckten Handschuhe ihrer Mannschaftskameraden ab. Pauline schwieg zickig und fuhr alleine zum Bullykreis. „Ich werde es ihnen zeigen. Ich hätte auch getroffen!“, maulte sie.

Als wären die Eisbären durch das frühe Gegentor geweckt worden, zeigten sie, dass sie nicht umsonst Spitzenreiter der Liga waren. Blitzschnell tauchten sie vor dem Tor der Yetis auf. Ohne sich aufhalten zu lassen, schoss der Bärenstürmer. Der Puck hob ab, sauste durch die Luft.

„Achtung!“, schrie Stefan. Der Yeti-Torhüter Alexander ließ nichts anbrennen. Sicher schnappte er den Puck mit der Fanghand. Mit zwinkerndem Auge foppte er seine Schwester Pauline, die heran gesaust kam: „Ich erledige meinen Job und halte unseren Kasten sauber. Wie wäre es denn, wenn du ebenfalls Deinen Job erledigen würdest und vorne für uns Tore machst? Oder brauchst du wieder 20 Chancen, um einmal zu treffen?“

Pauline verzog mürrisch den Mund. „Nur weil du einmal die Scheibe festgehalten hast, brauchst du nicht den Dicken zu machen!“, zischte sie ihren jüngeren Bruder sauer an. Alexander lachte nur und überreichte dem Schiedsrichter den Puck. Hinter sich hörte Alex die Stimme seines Vaters über die Bande schallen. Laut klang es: „Kein Schwätzchen halten auf dem Eis. Es geht weiter. Aufpassen jetzt!“

Pauline zuckte ein wenig zusammen, dann verdrehte sie die Augen. „Gut, dass der nicht unser Trainer ist!“, kommentierte Alexander und stellte sich parat. Er bekam alle Hände voll zu tun. Die Eisbären schossen aus allen Lagen. Die Yeti-Abwehr schwitzte. Philipp, der sonst immer einen lockeren Spruch auf Lager hatte, keuchte nur. „Ey, ein bisschen langsamer! Am besten, ihr Eisbären macht mal Winterschlaf!“, stieß er hervor. Er hetzte von vorne nach hinten und zur Seite, versuchte den übermächtigen Stürmern die Scheibe abzujagen.

Wieder und wieder kamen die Bären heran. Eine Angriffswelle nach der anderen rollte auf das Yeti-Tor zu. Die Eisbärenstürmer zielten und zogen ab, zielten und zogen ab. Bei Alexander war Endstation. Er lehrte ihnen das Fürchten. Nicht einen Puck ließ er über die Linie. Zur Halbzeit stand es noch immer 1 : 0 für die Yetis.

In die Kabine gab es Obst zu essen und Zeit, sich zu erholen. Pauline zerrte den Helm vom Kopf. „Das sind Ober-Angeber!“, maulte sie. Stefan hatte bereits zwei Apfelstücke, eine Orange und eine Möhre gleichzeitig zwischen die Lippen geschoben und mampfte: „Aber spielen können sie. Wenn Alex nicht so ein toller Goalie wäre, lägen wir meilenweit zurück!“ Paulines Augen schleuderten wütende Blitze. „Ich habe auch gut gespielt!“, zischte sie.

„Jeder muss alles geben, sonst stampfen uns die Eisbären zu Haferbrei. Die Bären spielen bärig!“, versuchte Stefan mit einem Witz Pauline zu beruhigen. Die wurde nur wütender. Sie sah sich in der Kabine um. Da saßen sie alle ausgepumpt, aber gut gelaunt. Die roten Trikots mit dem Yeti-Aufdruck nass und durchgeschwitzt. Der Torhüter Alex, der kleine Tom, Lisa, Arthur und Emma, die anderen beiden Stürmer. Celina, Nils und Julian. Die Yetis spielten mit mehreren Reihen. Nach ungefähr einer Minute verließ die erste Reihe das Eis und andere Yetis nahmen das Duell auf.

„Denen zeige ich es gleich!“, flüsterte Pauline entschlossen. Sie beugte sich nach vorne, um die Schlittschuhbänder fester zu ziehen. In der vollen Ausrüstung war das gar nicht einfach. Schienbeinschützer, eine mit Kunststoffplatten versehene Hose, der Brustpanzer und die Ellbogenschoner schützten bei Stürzen oder Pucktreffern, waren aber ziemlich umständlich. Alexander schimpfte am meisten über den Halsschutz, der ihm die Luft abschnitt, wie er meinte. Als Torhüter trug er Schienen aus Leder, die seine Beine verdeckten. Die Trainerin Katrin baute sich mit einer Taktiktafel vor ihnen auf. Sie malte einige Kreise auf das weiße Feld, erklärte und redete. Pauline schenkte ihr keine Aufmerksamkeit. Sie wollte wieder aufs Eis und den Bären zeigen, wie gut sie schießen konnte. Grimmig knurrte sie vor sich hin.

„Spiel ab, mach nicht immer alles alleine. Eishockey ist ein Mannschaftssport. Zusammen könnt ihr die Eisbären besiegen!“ Diese Ansage war an Pauline gerichtet.

„Du brauchst gar nicht zu meckern!“, nörgelte Pauline pampig zurück. „Mäh, mäh, Meckerziege! Wenn ich gleich den Puck mal kriege, schieße ich ein Tor, das kommt sehr selten vor!“ Alex konnte es nicht lassen, seine Schwester zu ärgern. Der vorlaute Philipp mit der Rückennummer 12 setzte einen drauf: „Die Bären hau’ n wir heut zu Mus und Brühe, das macht den Yetis keine Mühe! Keine Sorge, noch zehn Mal daneben oder auf den Torhüter schießen, dann erzielst du ein Trefferchen, Paulinchen!“

Die streckte Philipp die Zunge heraus. „Kleiner Mickerling!“ motzte sie. „Wenn du mal groß bist, kann ich verstehen, was du sagen willst!“ Die Trainerin beendete das Wortgefecht: „Helme aufziehen. Ein bisschen ruhig werden, gleich geht es weiter!“

1 Die schräg gedruckten Wörter sind Eishockeybegriffe, die am Ende des Buches erklärt werden. Schau auf Seite → nach.

Es läuft nicht so wie es soll

Die Eisbären hatten die Pause gut genutzt. Direkt nach dem Pfiff des Schiedsrichters gaben sie richtig Gas. Sie setzten sich vor Alexanders Tor fest und ließen den Puck mit gezielten Pässen von Kelle zu Kelle wandern. Schuss von rechts. Alex ließ die Scheibe an seinem breiten Torhüterschläger abprallen. Ein Eisbär, dessen rote Haare aus dem Helm herausragten wie Antennen auf Empfang, stand passend zum Nachschuss. Alex hechtete in die andere Ecke, traf die Scheibe mit dem Ellenbogen, konnte sie gerade noch abwehren. Wieder setzte ein Eisbär nach. Dieses Mal gelang es Alex, den Puck mit der Fanghand abzudecken. Der Schiedsrichter pfiff ab. Es würde Bully in Tornähe gehen. Alexanders Gesicht glühte. Ihm war heiß. Auf dem Tornetz lag seine Flasche. Gerne hätte er einen Schluck daraus genommen, doch er hatte keine Zeit. Schon griffen die Eisbären wieder an. „Euch Yetis schießen wir zum Himalaya!“, brüllte ein Spieler angriffslustig.

Auf der großen Uhr an der Wand wurden die gespielten Minuten angezeigt. Alexander wagte ab und an einen kurzen Blick dort hin. Schon fünf Minuten gespielt, und er hatte noch kein Tor kassiert.

„Wir müssen den Vorsprung unbedingt halten!“, japste Pauline. Sie fing einen ungenau gespielten Pass der Eisbären ab.

„Lauf!“, brüllte die Stimme ihres Vaters über das Eis. Und Pauline raste los. Sie umspielte einen Eisbären mit einem langen Dribbling. Ein anderer nahm ebenfalls die Verfolgung auf. Pauline war schnell. Völlig alleine tauchte sie vor dem Eisbären-Tor auf.

„Schieß!“, schrie ihr Vater. Pauline blendete alles aus, sah nur noch das Tor, den Puck. Der Torhüter stand genau in der Mitte. „Rechts oder links?“, fragte sich das Mädchen. Wieder traf sie die Scheibe nicht richtig und platzierte ihren Schuss genau auf den Bauch des Goalies. Mit einem dumpfen Schlag prallte der Puck ab. „Nachschuss!“, hörte Pauline aus Katrins Mund. Pauline stocherte mit ihrer Kelle, wollte die Scheibe um den Torhüter herum zirkeln. Jetzt kamen die anderen Abwehrspieler zur Hilfe, drängten Pauline zur Seite. Die Torchance war vertan.

„Meine Güte!“, schimpften Schlachtenbummler auf der Tribüne. „Das hätte die Entscheidung sein können!“ Eine einzelne Hupe erklang, belohnte die Abwehrleistung der Eisbären.

„Uaaah!“, heulte Philipp. „Wie ungeschickt kann man sein? Das haben wir schon hundertmillionenbillionenmal im Training geübt. Immer schießt sie die armen Torhüter ab. Wir sind hier beim Eishockey und nicht beim Dosenwerfen!“

„Mach es besser!“, pampte Pauline zurück, als sie zur Bande fuhr, um sich mit ihren Mannschaftskameraden auf der Ersatzbank abzuwechseln.

„Darauf kannst du wetten!“, trompetete Philipp. „Der Goalie kann gar nichts. Wenn ich mal da vorne aufkreuze, haben die Eisbären aber Pech gehabt!“

Alexander nutzte die kurze Unterbrechung für eine Trinkpause. Er schielte zur Uhr. Noch vier Minuten! „Das schaffe ich!“, machte er sich Mut. Philipp und der kleine Tom waren nun in der Abwehr. Auch die Stürmer halfen hinten aus. Die Eisbären kannten keine Gnade. Sie spielten richtig gut.

„Ich sehe nichts!“, brüllte Alex, um Tom zur Seite zu scheuchen. Der lieferte sich einen Zweikampf mit einem Gegenspieler, der viel größer war, als er selbst. Der Puck rutschte über das Eis, wurde wieder nach vorne gespielt.

„Zur Seite!“, rief Alex erneut. Zu spät. Der Puck kam auf ihn zu - in einem Affenzahn! Alex schob seinen breiten Torhüterschläger dazwischen, dennoch rutschte die Scheibe merkwürdig trudelnd über die Torlinie. „Nein!“, stöhnte Alex auf.

„Yeti-Kacke und Scheibendreck!“, fluchte Philipp unfein. „Ihr Tölpel! Warum passt ihr denn nicht auf!“

Tom stiegen die Tränen in die Augen. „Der Puck ist an meiner Kufe abgeprallt!“, flüsterte er leise.

Philipp hörte nicht zu und Alex stand zu weit entfernt. Betroffen ließ er den Kopf hängen. „Der war nicht unhaltbar!“, ärgerte er sich. Die Eisbären jubelten. Katrin, die Yeti-Trainerin, rief nur: „Egal! Weiterspielen! Wir schaffen es!“ Das Tor schien den Bären Flügel zu verleihen. Noch schneller liefen sie über die Fläche, bremsten rasant und eroberten die Scheibe zurück, wenn wirklich einmal ein Yeti dazwischen gehen konnte. Wieder stand ein Spieler der Bären völlig frei vor dem Tor. Und er bekam den Pass. Der Bär brauchte nur seinen Schläger hinhalten und der Puck flog in Alex’ Richtung. Der stellte sich parat, hatte die Scheibe immer im Auge. Philipp warf sich in den Schuss, fälschte die Flugrichtung ab. Im oberen Winkel schlug der Puck ein. Führung für die Bären!

Alex konnte es nicht fassen. Philipp stampfte vor Wut mit den Kufen auf den Boden. Noch zwei Wechsel! Zwei Minuten kämpfen! Alex’ Beine begannen zu zittern. Der Schläger in seiner Hand wackelte. Er fühlte sich wie durch eine Müllpresse gedreht. Noch immer tröteten die Hupen und Pfeifen der Zuschauer über die Tribüne. Die Trommel eines Fans schlug ein dumpfes, unaufhörliches Staccato. Und die Eisbären wollten mehr, sie gaben sich nicht mit einem knappen Sieg zufrieden.

„Wir gewinnen!“, sangen die Fans. Die Yetis hielten dagegen. Stefan stand wie ein Fels in der Brandung der Verteidigung. Gerade schlug er die Scheibe über die Bande weit nach vorne. Pauline hatte es vorausgeahnt und war durchgestartet. Sie eroberte den Puck. „Dieses Mal treffe ich!“, flüsterte sie leise. „Ein Tor für uns!“ Das schnelle Spiel kostete Kraft. Längst nicht mehr so spritzig wie zu Beginn hetzte Pauline über das Feld.

„Lauf!“, brüllte ihr Vater. Seine Stimme schnappte über. Pauline konnte nicht mehr. Das Tor lag in unerreichbarer Ferne. Hinter sich hörte sie schon einen Verfolger. Dessen Kufen kratzten über das Eis, der Schläger klopfte drohend. Pauline wollte schneller werden, doch es ging nicht. Ihre Beine waren schwer wie 100 Mathebücher. Heftiges Keuchen kam immer näher. Pauline glaubte, den Atem ihres Verfolgers zu spüren.

„Ich kriege dich!“, schien der Luftzug in der eisigen Halle zu drohen. „Mädchen können kein Hockey spielen!“ Der Spruch schob sich in Paulines Kopf und nährte die alte Wut. Der Zorn machte ihren müden Schritten Beine. Sie stieß sich kräftig mit den Füßen ab, blickte kurz zum gegnerischen Torhüter. Eine Schlägerkelle stocherte schon zwischen den Schlittschuhen, zerrte und zog.

Mit einem Ruck holte der Eisbär Pauline von den Kufen. Wehrlos ließ sich Pauline fallen. Sie hatte keine Kraft mehr, den Sturz mit stolpernden Schritten abzufangen. Bäuchlings rutschte sie über das Eis. Sie blieb einfach liegen. Völlig verwundert sah sie, dass der Schiedsrichter abgepfiffen und auf Penalty entschieden hatte. Die Eisbären schrien empört, die Schlachtenbummler johlten oder schimpften. Langsam kam Pauline auf die Füße. Alle Spieler mussten das Spielfeld verlassen. Nur der Torhüter der Eisbären und der Penalty Schütze der Yetis durften auf dem Eis bleiben.

Pauline fuhr zur Mannschaftsbank. „Ich will den Penalty schießen! Es ist meiner! Ich war schon durch! Es ist mein Tor!“, verlangte sie von Katrin. Die schüttelte den Kopf. „Stefan wird schießen. Er ist ein sicherer Schütze!“ Pauline starrte den Jungen böse an. Zickig warf sie den Kopf in den Nacken. „Dann spiele ich gar nie mehr!“, drohte sie Richtung Katrin. Die beachtete das wütende Mädchen nicht.

Philipp brüllte: „Alle herkommen. Torspruch!“ Er begann die Yetis einzuschwören: „Wo sind wir?“ „Hier, hier, hier!“, rief die Mannschaft. „Wer gewinnt hier?“, schrie Philipp. „Wir, wir, wir!“ antworteten alle bis auf Pauline. Alex rempelte sie ärgerlich an. „Yetis!“, forderte Philipp. „Go!“ dröhnte es laut und sogar Pauline flüsterte ein wenig mit.

Stefan löste sich aus dem Pulk und lief zur Mittellinie. Lässig winkte er einmal zurück. In der Halle war es fürchterlich still. Alex mochte gar nicht hinsehen. Stefan fuhr völlig unbeeindruckt an. Der Schläger lag ruhig in seiner Hand. Eine Trommel begann rhythmisch zu schlagen. Die Yetis traten mit ihren Schlittschuhen gegen die Bande. „Du schaffst es!“, murmelte Alex beschwörend.

„Versenk‘ die Scheibe mit deinem Granatschuss und mach bloß keinen Mist!“, brüllte Philipp. Pauline sagte nichts. Fast wünschte sie sich, dass Stefan nicht traf. Sie hätte auf den Sieg verzichtet, um ihren persönlichen Triumph zu haben. Alles würde sie geben, um den Penalty selbst zu schießen. Vielleicht konnte sie gleich sagen: „Hättet ihr besser mich genommen!“ Sie starrte auf Stefan. Der lief weiter, nicht schnell, das machte er nie. Aber ganz bestimmt und sehr sicher. Die Eisbären versuchten ihn mit Pfiffen nervös zu machen.

„Yetis! Go!“, schrie Philipp. Stefan war in guter Position. Er holte aus und schickte den Puck mit einem Mordsschuss auf die Reise. Der Torhüter hatte keine Chance, die Scheibe festzuhalten.

Der Ausgleich! 2 : 2 und nur noch wenige Sekunden zu spielen. Die Fans in der Halle tobten. Hupen und Paukenschläge, Jubel und Applaus! Durch das Mikrofon wurden der neue Spielstand und auch der Torschütze bekannt gegeben. Erneut lauter Beifall! Stefan fuhr an der Bank entlang. Alle klatschten ihn ab. Alle, bis auf Pauline. Die verschränkte bockig ihre Arme und blickte grimmig vor sich hin.

Alex machte sich wieder auf den Weg zu seinem Tor. Ein eiliger Schluck aus der Flasche und verbissene Eisbären stürmten los. Alex war auf dem Posten, hetzte von rechts nach links, verrammelte sein Tor. Die Eisbären fanden kein Durchkommen. Die Sekunden verrannen. Keiner wagte einen Blick auf die Uhr, alle konzentrierten sich. Sie wollten die mächtigen Eisbären in die Knie zwingen. Die Sirene der Uhr ertönte und beendete das Spiel mit einem 2 : 2, einer kleinen Sensation. Die frechen Yetis hatten den Favoriten der Liga einen Punkt abgeknöpft. Entsprechend frostig fiel die Verabschiedung aus. Missmutig stellten sich die Bären in der Mitte auf, warteten auf die Young-Yetis. Langsam fuhren sie aneinander vorbei, klatschten sich höflich ab.

„Mist-Mädchen!“, konnte sich der gegnerische Torhüter nicht verkneifen und grinste provozierend, als er an Lisa und Pauline vorbeifuhr. Ein anderer Eisbär verkantete seinen Schläger, so dass Emma stolperte.

„Unsportlicher Bärendreck!“, kommentierte Philipp und kassierte dafür einen Knuff mit dem Ellenbogen. Normalerweise hätte der Junge sich das nicht gefallen lassen, aber der Erfolg stimmte ihn gnädig. Pauline hatte schlechte Laune. Sie war sauer auf sich, auf die Bären und auf alle, die an ihr vorbeikamen. „Mann, Lisa, du musst deine Pässe ein bisschen genauer spielen!“, pflaumte Pauline ihre Mannschaftskollegin an. „Und ein bisschen fester. Die Scheiben, die du schießt, kriechen über das Eis, als hätten sie Schlaftabletten genommen!“

Lisa rauschte beleidigt vom Eis. Alex schüttelte den Kopf und fuhr zurück zum Tor. Er holte seine Trinkflasche und das Maskottchen, einen kleinen Yeti aus weichem Plüsch, den sie zu jedem Spiel mitnahmen. Alex beobachtete, wie der Trainer der Eisbären Katrin auf die Schulter klopfte. „Der ist wenigstens sportlich!“, dachte Alex und ging zur Umkleidekabine. Er freute sich auf eine warme Dusche und frische Klamotten.

Ein verheißungsvolles Plakat

Bewaffnet mit ihren großen Taschen, den Schlägern und Brötchen in der Hand bummelten Philipp und Alex aus der Halle. Der Eismeister, Knut Blume, stand vor dem Ausgang. Seine Kappe hing schief auf dem Kopf. Er sah schwer beschäftigt aus und so, als würde man ihn besser nicht ansprechen. Die Laune des Eismeisters ließ manchmal zu wünschen übrig. Philipp fragte dennoch unbeeindruckt: „Was hast du da?“ Der Eismeister brummte etwas Unverständliches vor sich hin.

„Hä?“, bohrte Philipp weiter. Ungeschickt rollte Knut Blume eine Röhre aus Papier auseinander. Er zog eine Rolle Klebeband aus der Hosentasche. „Ein Poster!“, gab er sparsam Auskunft.

Philipp hakte nach: „Gibt es ein Knallerspiel?“ Ihn konnte man nicht so leicht abschrecken. Er mochte den Eismeister, irgendwie. Und der Eismeister ließ Philipp merkwürdigerweise einiges durchgehen, so, als hätte er den lautstarken Verteidiger in sein kauziges Eismeisterherz geschlossen.

„Ich kann dir helfen, weil du immer das Eis so schön glatt für uns machst!“, bot Philipp an. Der Eismeister klebte das Plakat an die Glasscheibe der Eingangstür. „Ein bisschen schief. Warte mal, jetzt!“, griff Philipp unterstützend ein. Mehrere Streifen durchsichtiges Klebeband hielten die Ecken fest. „Cooles Match!“, kaute Philipp. Ein Krümel flog aus seinem Mund und blieb an der Glasscheibe der Tür haften.

Alex schaute genauer hin. „Ey, du hast einem Profi aus der Nationalmannschaft ins Gesicht gespuckt!“ Philipp trat einen Schritt nach vorne, schob Alex zur Seite und wischte respektlos mit seinem Ärmel das große Plakat sauber. Knut Blume brummelte etwas und zog sich in den Sportshop zurück. Dort konnte man alles kaufen, was das Herz eines Eishockeyspielers begehrte. Schlittschuhe, Pucks, Schläger, Trikots, Tape, aber auch die Eiskunstläufer kamen nicht zu kurz. Kürkleider und Kufenschoner oder weiße Schlittschuhe mit scharfen Zacken vorne waren im Sortiment. Philipp begann vertieft zu lesen. Das Plakat faszinierte ihn.

„Philipp komm, wir wollen nach Hause! Mein Papa wartet schon!“, drängelte Alexander. Philipp las stur weiter. „Eishockey Weltmeisterschaft in Deutschland“, entzifferte er. Seine Finger fuhren ehrfürchtig über das schwarz-rotgoldene Logo. „Krass, hier stehen alle Termine und wo die Knaller-Spiele ausgetragen werden! Im Eispalast, der Eisbärenarena, finden auch Begegnungen statt. Deutschland gegen die Schweiz. Und das Eröffnungsspiel! Da will ich hin!“

Alex lachte ein wenig spöttisch. „Träum weiter, Kumpel. Bis zum Eispalast hat man ziemlich weit zu fahren. Außerdem sind die Karten bestimmt teuer und wahrscheinlich längst ausverkauft!“