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Philipp kann es nicht fassen. Die kostbaren Pokale seiner Mannschaft, der Yetis, sind verschollen. Dabei sollen die gewonnenen Trophäen doch in der frisch sanierten Eishalle ausgestellt werden. Philipp setzt alles daran, die Pokale aufzustöbern. Dabei helfen ihm sein Freund und Torhüter Alex, sowie dessen Schwestern Pauline und Marisa. Die Suche führt sie - oft unerlaubt - an verschiedene Orte, und sogar nachts auf den Friedhof. Dabei schafft es Philipp mit seinem Spürsinn, seiner typischen Beharrlichkeit und mit frechen Sprüchen den Pokalen ziemlich nahe zu kommen. Ob es den Yetis gelingen wird, die Pokale ein zweites Mal zu retten? Bis Klarheit herrscht, warten Eishockeyspiele, Sommertraining, eine Mannschaftsfahrt und ein heimliches Angebot der gegnerischen Eisbären auf die Yetis.
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Seitenzahl: 263
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Yetis im Wasser
Seeungeheuer
Eisdiele, Rathaus und zurück
Sommertraining
Waldlauf
Gruselgarten
Räuberleiter
Filmabend
Mannschaftsfahrt
Sommereis
Turnierbeginn auf Kunsteis
Abendprogramm
Schwimmende Schläger
Taktik und Tore
Philipps Plan
Auf der Jagd nach den Pokalen
Bei den Eisbären
So ein Pech!
Ersatzhockey im Klassenzimmer
Besuch beim Bürgermeister
Schatzsuche in der Eishalle
Ein Streit mit Folgen
Baggerfahrt zum Training
Die Yetis in ihrem Element
Die Strafarbeit
Goldsuche
Prominenter Kabinenbesuch
Die Entscheidung
„Puh, ist das heiß!“, stöhnte Pauline. Sie schob die Sonnenbrille von der Nase auf den Kopf und blinzelte Philipp ärgerlich an. „Hör auf damit!“, schimpfte sie. Philipp kitzelte sie mit einem Grashalm am Rücken. Alexander, Paulines Bruder, betrachtete das Schauspiel ohne einzugreifen. Philipp bewegte den strubbeligen Grashalm erneut gefährlich nah an Paulines Nacken heran. Gleich würde es Streit geben.
„Ich gehe ins Wasser“, sagte Alex, wälzte sich herum und krabbelte auf die Füße. „Los, komm, Philipp. Wir schauen nach, was der Eisbademeister Knut Blume auf dem Hochsitz veranstaltet. Vielleicht sind jetzt ein paar Yetis gekommen. Stefan, Artur oder Lisa oder Emma. Schließlich müssen wir alle fit bleiben. Auch ohne Eis unter den Kufen.“ Alex zerrte die knielange Badehose in Form.
„Endlich passiert was! Ihr seid echt voll die Langweiler“, triumphierte Philipp und ließ den Halm auf Pauline fallen. „Achtung, Wespe!“, brüllte Philipp, der nie leise sprach. „Netter Versuch“, gähnte Pauline. Philipp prustete enttäuscht. „Du könntest dich ruhig ein bisschen ärgern!“, verlangte er und kramte in seiner Tasche herum. Endlich fand er, was er suchte und zog eine ziemlich riesige Schwimmbrille hervor.
Die beiden Jungen bummelten zum großen Becken, das von einem mürrisch aussehenden Knut Blume bewacht wurde. War der Eismeister schon im Winter eher schlecht gelaunt, raubte ihm die Hitze des Sommers den Rest seines Frohsinns. Er blaffte die Kinder an, die von der Seite ins Wasser sprangen und brummte den Yetis einen undeutlichen Gruß zu. „Wie geht es der Eishalle? Können wir dort bald wieder Eishockey spielen? Ohne ist es voll öde“, rief Philipp nach oben zu Knut Blume. „Die Halle steht noch!“, kam eine unklare Auskunft von der Leiter des Bademeisterturmes. „Kommen die Bauarbeiten voran?“, erkundigte sich Alexander höflich. „Ja, es könnte aber schneller gehen. Die Handwerker überarbeiten sich nicht, die machen ständig Pause“, beschwerte sich der Eismeister, der den Sommer über im Freibad seinen Dienst verrichtete. Mit Schirmmütze anstelle der Pudelmütze und am Sprungturm, statt mit der Eismaschine.
„Bist du schon gegrillt da oben?“, fragte plötzlich ein kleiner Junge, der sich völlig selbstverständlich neben Alexander aufgebaut hatte. Es war Tom, der Verteidiger der Yetis. „Für dich fahre ich kein Eis mehr! Ich bin kein Grillhähnchen!“, schimpfte Knut Blume halbherzig, bevor er eilig von der Leiter herunterkletterte. „Ich habe es nicht so gemeint. Ich wollte nett sein. Es ist doch bestimmt total heiß auf dem Sitz. Du hast nicht mal ein Dach. Ich gehe jetzt duschen. Man soll sich vor dem Schwimmen nämlich abkühlen“, plapperte Tom unbeeindruckt. Der widerwillige Bademeister hatte es nicht auf den Yeti abgesehen, sondern marschierte zu zwei Jungen, die an den Startblöcken Unsinn machten. „He, ihr da!“, schimpfte Knut Blume. Philipp nutzte den günstigen Moment. Er machte von der Seite eine Arschbombe ins Becken, dass es nur so spritzte und Tom und Alexander bereits geduscht waren. Letzterer hatte spontan keine Lust mehr auf Schwimmen und auf Philipp. Stattdessen ging Alex am Beckenrand entlang. Sollte Philipp ihn ruhig suchen und eine Weile ohne ihn klarkommen.
Alex wollte zur Eishalle, die direkt an das Freibad grenzte. Die Duschräume und Umkleiden wurden von Besuchern des Schwimmbads und der Eishalle gemeinsam genutzt. Eigentlich auch der Eingang. Weil die Eishalle, die Heimat der Yetis, in der vergangenen Saison plötzlich geschlossen werden musste, gab es einen Behelfseingang vom Parkplatz aus. Man hatte einfach ein Stück vom Zaun herausgeschnitten und ein Tor mit Drehkreuz eingebaut. Die Eishalle durfte nicht betreten werden. Sie war einsturzgefährdet. Weder die Yetis noch die Kunstläufer konnten dort trainieren. Die Yetis hatten während der Eishockey Weltmeisterschaft Spenden für die Erhaltung der Halle gesammelt. Seit einiger Zeit stand fest, dass die Eishalle repariert werden konnte. Allerdings dauerte es. Die Yetis hatten ihr Training ausgelagert und waren während der Saison bei den Eisbären zu Gast. Im Sommer war aber auch in dieser Halle das Eis abgetaut worden. Deshalb hatten die Yetis ihre Schlittschuhe gegen Badeanzüge und Hosen eingetauscht.
Alexander schaute sich unauffällig um. Kein Mensch zu sehen. Alex schob sich in den Schatten der Wand, glitt weiter, bis er zu einem Fenster kam, das zum Sportshop gehörte. Es war mit Brettern vernagelt. Alex wusste allerdings, wie er das Holz ein Stück bewegen und hineinsehen konnte. Er war nicht zum ersten Mal neugierig. Die Scheibe vor ihm war staubig und der Junge entdeckte einen Haufen Bauschutt und liegengelassene Werkzeuge. Was sich auf der ehemaligen Eisfläche abspielte, war nicht zu sehen. Alex schlich weiter, durch die Büsche bis zum Notausgang der Halle. Natürlich war die Tür verschlossen und zusätzlich gesichert. „Betreten der Baustelle verboten. Eltern haften für ihre Kinder“ leuchtete Alex ein gelbes Schild warnend entgegen. „Ja, ja!“, maulte Alex. „Ich als betroffener Yeti muss schon wissen, wie es gerade in der Eishalle ausschaut. Ich gehe nicht hinein, aber die Draufsicht muss einem ja erlaubt werden.“ Sicherheitshalber drehte sich der Junge um. Er wollte bei seiner Aktion nicht beobachtet werden. Ein Stahlgerüst umhüllte diesen Teil der Wand. „Wenn ich mich daran hochziehe, kann ich vielleicht durch die oberen Fenster in die Halle schauen!“, plante Alex. Seine Hände umfassten das kühle Metall, und er spannte seine Muskeln an. Bald wackelten die Beine in der Luft, der nötige Schwung fehlte. Alex startete einen weiteren Versuch und erreichte das Brett. Angestrengt hievte er sich in die Höhe. Von hier konnte er das Schwimmbad gut überblicken. Das hieß allerdings auch, dass er für alle sichtbar war. Und seine Badehose war nicht gerade unauffällig. Sie leuchtete in neongrün. „Ich mache schnell!“, nahm er sich vor. Schmutz rieselte von oben auf ihn herab und blieb in den nassen Haaren kleben.
Mit der Hand rieb Alex am Sicherheitsglas herum. Es quietschte leise. Und es bewegte sich. Alex drückte etwas fester und ruckelte am Rahmen. Ein kleines Teil löste sich und fiel nach unten. Das Fenster schwang nach innen auf. Alex drehte den Kopf. Von hinten kam niemand. Der Junge kniff die Augen zusammen, um etwas im Innenraum zu erkennen. Aus der hellen Sonne kommend, sah er zunächst nur Umrisse und Schatten, die sich nicht bewegten. Vergessen waren die guten Vorsätze. Kurz entschlossen zog sich Alex weiter hoch und kletterte in den Innenraum.
Es war still. Machten die Arbeiter gerade Pause? Alex hoffte es. Sonst hätten sie sich gewiss über den Jungen in der Badehose, der auf einem Mäuerchen unter dem Fenster stand, gewundert. Alex war auf der Tribüne gelandet und sah als erstes die kleine Schraube, die sich aus dem Sicherheitshaken gelöst und den Einstieg für ihn frei gemacht hatte. Alex sprang ab und huschte im Schutz einiger verbliebener Plastiksitze weiter. Ein stechender Geruch kroch in seine Nase. Alex verzog das Gesicht. Endlich gewöhnten sich seine Augen an das Zwielicht. Er bemerkte kleine Berge mit Bauschutt, die auf dem Boden aufgetürmt waren. Das Aussehen der nackten Betonfläche in der Mitte der Halle, wo sie sonst auf ihren Kufen umherflitzten und den Gegnern das Fürchten lehrten, machte ihn traurig. Trister grauer, glatter Boden, kein Eis weit und breit. Die Bande ragte wie ein meterhoher Grenzzaun um das Oval. Jeder Gedanke an Spielspaß, Sport und gute Laune erstickte im Keim.
Alex zwang seinen Blick zu einem anderen Teil der Halle. Eimer, Bretter, Werkzeuge, Leitern und Kisten mit Schrauben in allen Größen standen an der Wand, hinter denen sich ihr Clubraum befand. Wie es darin wohl aussah? Ein Glück, dass sie wenigstens ihre Pokale und Trophäen, die in einer Vitrine ausgestellt waren, aus der Halle gerettet hatten. Wie, daran wollte Alex lieber nicht mehr denken. Seine Augen wanderten zurück: Die ehemalige Eisfläche war zur Betonwüste geworden. Darauf ragten Gerüste und Hebebühnen bis zu den Holzbalken der Decke hoch.
Fachleute hatten bei einer Prüfung festgestellt, dass das Dach der Eishalle einsturzgefährdet war. Jedenfalls wenn zu viel Schnee als zusätzliches Gewicht darauf liegen würde. Alex hatte in der Zeitung gelesen, dass neben anderen Maßnahmen ein spezieller Klebstoff eingebracht werden sollte, um das Holz zu festigen. Wahrscheinlich stank der so und verpestete die Luft. Welche Balken waren fertig und sicher? Wie viele fehlten noch? An manchen waren seltsame Markierungen angebracht. Ausgerechnet in rosa. Alex wurde nicht schlau aus ihnen. Im Dämmerlicht der Halle war es kühl, Staubkörnchen flirrten vor den Fenstern und kitzelten Alex in der Nase.
Der Junge wollte ein bisschen mehr sehen und lief geduckt weiter. Sorgfältig achtete er darauf, wo er seine bloßen Füße absetzte. Der Boden war schmutzig und uneben, Bröckchen aus abgeschlagenem Beton lagen herum. Alex hielt den Atem an, als er versehentlich auf eines trat, das sich unangenehm in seine Fußsohlen bohrte.
Abrupt blieb Alex stehen. Er hörte Stimmen und ein tiefes Lachen. Alex duckte sich. Ein Mann mit einem gelben Bauarbeiterhelm trabte an dem Stützpunkt des Eismeisters vorbei. In einer Hand trug er einen Hammer, in der anderen eine Thermoskanne. Er ging in Richtung des Clubraumes. Alex wartete darauf, dass er darin verschwand. Ein lauter Ruf stoppte ihn erneut. Es hallte zwischen den kahlen Wänden. Alex erschrak. Wenn der Mann sich umwandte, würde der ihn sehen. Deswegen machte sich Alex klein und schlich zum Ende der Tribüne, wo ihm eine Mauer ausreichend Sichtschutz bot.
Der Bauarbeiter kam wirklich zurück und blieb bei dem verwaisten Glaskasten mit den schmutzigen Scheiben stehen. Der Eismeister, der sonst dort residierte, war im Freibad eingesetzt. Alex lauschte. Schritte kamen näher, Hände klatschen gegeneinander. Die Leute da unten schienen sich zu begrüßen. „Wie läuft es? Sind Sie im Zeitplan?“, wollte eine Frau wissen. Die Antwort kam zögerlich. „Nicht ganz. Es gibt Lieferprobleme bei Klebstoff und Holz. Und zwei Mitarbeiter sind krank. Wir tun was wir können. Aber vor dem Herbst wird das nichts mehr. Immerhin fällt bis dahin ja auch kein Schnee und das Dach keinem auf die Hirse!“ Der Mann lachte über seinen eigenen Witz.
Alex dachte: „Der hat doch keine Ahnung. Es geht nicht nur um den Schnee. Es geht um unsere Saison. Wir müssen wieder auf dem Eis trainieren. Sonst haben unsere Gegner viel zu viel Trainingsvorteil! Die Yetis müssen auf die Kufen!“ Er ballte die Hände zur Faust.
„Wir haben Fristen einzuhalten!“, drohte die Frau und schien den Spruch des anderen nicht lustig zu finden. „Ja, ja, atmen Sie mal tief durch, Frau Architektin. Sie arbeiten hier schließlich mit Fachleuten zusammen. Ist nicht die erste Halle, die wir flicken. Notfalls machen wir die Nacht durch“, lenkte der Bauarbeiter ein. „Die Werkzeuge und Gerüste müssen rechtzeitig abgebaut werden, damit das Eis gemacht werden kann“, zählte die Architektin auf und Alex stimmte ihr nickend zu. Die Frau verstand, worum es ging. Es war nicht alles verloren. Aber sein Traum zerplatzte wie eine Seifenblase. Alex wollte doch zum Ausgleich für die verkorkste und zu früh beendete Saison das Eis schon im Sommer. Der Junge war enttäuscht. Dort unten wurde weiterverhandelt. Allerdings ging es nur um langweiligen Kram.
Gerne hätte Alex einmal kurz in die Umkleidekabine geschaut. Leider war der Weg dorthin mit Baustoffen und Müll gepflastert. Das Risiko erwischt zu werden, stieg mit jeder Minute, die er länger hier verbrachte. Alex schaute die Tribüne entlang. War es klug, aus dem Fenster dort oben wieder hinaus zu klettern? Er könnte dabei gesehen werden.
Und wenn er nicht aufpasste, stürzte er vom Baugerüst draußen. Beides wäre kein Spaß. Vielleicht sollte er warten, bis die beiden Erwachsenen ihr Gespräch beendet hatten. Dann könnte er versuchen, einen Hallenausgang zu nehmen.
Alex bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Er durfte nicht erwischt werden. Auf keinen Fall. Sein Vater bekäme einen mittleren Wutanfall, wenn er erfahren würde, dass sein Sohn sich erneut heimlich in die Halle geschlichen hatte, nachdem er hoch und heilig versprochen hatte, so eine gefährliche Nummer nie wieder zu starten. Warum hatte er nicht eher daran gedacht? Wie gelähmt blieb Alex an der Mauer hocken und suchte fieberhaft einen Ausweg. Seine Gedanken rasten. Er ging die Möglichkeiten durch. Waren wirklich alle Außentüren verrammelt? Blieben ihm nur das Fenster und der Abstieg über das Gerüst? Er dachte an die Videos, die er manchmal mit Philipp anschaute. Darin wurden Experimente oder gefährliche Sachen gezeigt. Der Titel lautete: „Nicht nachmachen!“ Gerade kam sich Alex genauso vor. Mitten in einem hochexplosiven Manöver mit offenem Ende. Wäre er doch nur bei Philipp im Schwimmbad geblieben! Jetzt saß er hier fest und konnte sehen, wie er aus der Misere wieder herauskam. Was Pauline wohl gerade machte? Ob Philipp ihn vermisste? Das brachte Alex auf eine verwegene Idee, die vielleicht funktionieren würde.
Die Yetis hatten die Badeinsel mit der aufblasbaren Palme, die im tiefen Becken vor sich hindümpelte, in Besitz genommen. Sie mampften Kekse darauf, die sie verbotenerweise mit hinüber geschmuggelt hatten und rätselten, wo Alex stecken könnte. „Er war auf einmal weg. Verschwunden. Zerknallt oder zerplatzt!“, ereiferte sich Philipp theatralisch und schob seine Schwimmbrille tiefer. Er sah damit aus wie ein Froschmann auf Urlaub und fächelte sich mit einem Palmwedel aus Plastik frische Luft zu. Pauline schaute versonnen Richtung Eishalle und murmelte: „Hoffentlich macht der nichts Dummes. Manchmal hat Alex schon blöde Ideen.“
„Kekse her!“, verlangte Philipp. Emma versetzte ihm statt einer Antwort einen heftigen Stoß. Philipp hatte nicht damit gerechnet, ruderte vergeblich mit Armen und Beinen und kippte rücklings von der Badeinsel. Emma nahm sich ein Plätzchen und erklärte genüsslich: „Nur so lernt er, dass er höflich sein muss!“ Pauline kicherte und schnappte sich die Rolle. „Bitte, danke, lecker!“
Sie hatten Philipp unterschätzt. Der protestierte nicht, sondern war abgetaucht. Wie ein Seeungeheuer durchbrach er nun die Oberfläche und erbeutete die Kekse aus Paulines Hand.
Leider hatte er zu viel Schwung und rutschte ab. Er platschte seitlich ins Wasser und flutete die Kekse. Krümel schwammen durch das Becken. Mit hocherhobenem Arm transportierte Philipp die nasse Fracht zum Rand, kletterte hinaus und lief zum Sprungturm. Auf dem Einmeterbrett machte er es sich gemütlich und schlang die pappigen Kekse in sich hinein.
„Igitt!“, rief Emma. „Die kannst du nicht mehr essen. Die sind voll Chlorwasser!“ „Und stell dir vor, es hat jemand ins Becken gepieselt!“, setzte Pauline schadenfroh einen drauf. Philipp schaute ein wenig zweifelnd auf die Packung, mampfte aber unerschrocken weiter. „Schmecken grandios. Wollt ihr auch welche? Kommt und holt sie euch!“
Stefan winkte ab. „Du machst mir echt zu viel Alarm, Philipp. Dir ist von der Hitze wohl eine Sicherung durchgebrannt.“ Tom maulte: „Ich hatte erst ein Plätzchen. Ich finde, Philipp sollte mit uns teilen. Wir sind eine Mannschaft!“ Lisa hatte Mitleid. „Ich habe Müsliriegel dabei. Davon schenke ich dir gleich einen. Der schmeckt besser als die Pipiplätzchen.“
„Nach Pipi stinkt das Rathaus, hat mein Papa erzählt. Und nach Schlimmeren. Die hatten da einen Wasserschaden.“ Pauline lenkte die Insel wieder zur Mitte des Beckens. Sie war dem Sprungturm und dem unberechenbaren Philipp gefährlich nahegekommen. Nicht, dass der auf die Idee kam, von oben auf die Palme zu springen. „Wieso, es hat seit Wochen nicht geregnet. Wie soll da Wasser ins Rathaus kommen?“, schrie Philipp herunter, der ungeniert lauschte und sich dafür weit über die Kante des Brettes beugte. „Es gibt Rohre in den Wänden, die zu den Waschbecken führen oder vom Klo nach unten in die Kanalisation. Wenn die kaputt gehen, kommt die Suppe überall heraus und versaut den Boden und die Mauern und alles“, brachte Pauline ihr Wissen ein.
„Quatsch mit Soße!“, brüllte Philipp. „Im Rathaus sitzt der Bürgermeister. Der ist wichtig. Da geht nichts kaputt. Habe ich erzählt, dass man bei ihm leckere Limo trinken kann? Einfach so, wenn man ihn besucht!“, rief Philipp und stopfte eine weitere Ladung der Plätzchenpampe in seinen Mund. Er kaute und schluckte und schien nachzudenken.
Entsetzt sprang Philipp auf. „Ist das Rathaus wirklich kaputt? Da sind unsere Pokale. Mensch, wir müssen hin!“ Die Kekspackung segelte durch die Luft. Geistesgegenwärtig fing Philipp sie wieder auf und kletterte rasch wie ein Äffchen die Leiter hinunter. „Mist, was sind die Steine heiß!“, schimpfte er. Er hob abwechselnd seine Füße, um die Sohlen kurz abzukühlen. „Los, alle mitkommen. Wir müssen zum Bürgermeister! Zum Chef von ganz Südfeld und viel mehr. Der wollte auf unsere Trophäen aufpassen und sie in einen Glaskasten im Rathaus stellen, damit niemand sie klaut oder anfasst. Wehe, wenn die Pokale im Wasser rosten. Ich raste aus!“
Die anderen Yetis machten keine Anstalten, die schwimmende Insel zu verlassen. „Das Rathaus ist gesperrt!“, sagte Pauline. „Da kommst du nicht rein.“ „Die Feuerwehr ist bestimmt mit den Pumpen beim Bürgermeister. Ich kenne die Feuerwehrmänner. Die helfen mir!“, behauptete Philipp. „Also, schwingt euch her und ab durch die Mitte.“ „Philipp, es ist zu heiß!“, stöhnte Stefan.
In diesem Moment flitzte Alex heran. Er schaute sich noch einmal um, dann gelangte er mit einem eleganten Kopfsprung ins Wasser. Prustend kam er an der schwimmenden Badeinsel zum Vorschein. „Ich war drin!“, sagte er. „Die reparieren unsere Eishalle. Aber es gibt Probleme!“ Alex berichtete von seinen Erkenntnissen und wie er dreist durch eine Nebentür, die für eine Materiallieferung geöffnet worden war, hinausspazierte. „Ich hätte gesagt, dass ich meinen Freund suche und mich verlaufen habe!“, beruhigte er seine Schwester, die ihn wütend anfunkelte. „Du musst Papa ja nichts davon verraten!“
Philipp war sauer. Alex hatte ihm die Show gestohlen. Hier ging es um mehr als Eis. Philipp hüpfte zu jeder Silbe auf und ab und verlangte lautstark: „Leute, das ist nicht wichtig. Wir müssen ins Rathaus und uns um unsere Trophäen kümmern!“
„Du hast uns die Kekse weggenommen. Wir haben keine Wegzehrung mehr!“, beschwerte sich der kleine Tom. „Und ich darf alleine nicht woanders hin. Meine Mama hat es gesagt.“ Alex verstand nicht, wovon sein Freund redete. Philipp drohte: „Ihr seid schuld, wenn die kostbaren Eishockeypokale für immer verschwunden sind!“ Seine Worte verpufften. „Na, gut. Ich, der grandiose Philipp, gehe alleine und trinke meine Limo mit dem Bürgermeister. Eisgekühlt. Und ich rette das Gold und das Silber. Und glaubt nicht, ich würde euch etwas davon abgeben. Die Pokale kommen alle in mein Zimmer. Ich, Philipp, der Yeti, passe richtig auf sie auf, bis die Eishalle wieder aufmacht! Ich bin echt enttäuscht von euch. Wo ist euer Mannschaftsgeist?“
Barfuß und in Badehose rannte Philipp zum Ausgang. Seine Schwimmbrille warf er in hohem Bogen hinter sich. Verblüfft schauten die anderen Yetis ihm nach.
Philipp raste mit Schwung durch das Drehkreuz und wurde beinahe hinauskatapultiert. Auch auf dem Parkplatz hatte sich der Asphalt aufgeheizt, und Philipp lief schneller. „Heiß! Heiß! Heiß!“, keuchte er bei jedem Schritt. „Warum habe ich keine Schuhe angezogen? Ich nehme den Weg durch den Park und laufe über das Gras. Das schont meine Füße.“
Philipp schwenkte ab, lief über eine schmale Brücke und dankbar ein Stück durch die Wiese, bevor er eine steile Treppe hoch zur Altstadt nahm. Bisher war ihm niemand begegnet. Alle saßen im Schatten oder lagen am Wasser, niemand rannte durch die Straßen. Es war einfach viel zu heiß. An der Eisdiele warteten ein paar Kunden, die Philipp erstaunte Blicke zuwarfen. „Wie, noch nie einen coolen Jungen in Badehose gesehen?“, schnauzte Philipp die Gaffer an. „Gucken kostet ein Eis!“, kicherte Philipp plötzlich. Er schnappte einem kleineren Mädchen die Waffel aus der Hand und gab Gas. Das Kind war so fassungslos, dass es erst losheulte, als Philipp schon den Brunnen am Rathausplatz erreicht hatte und begann, seine Beute gierig zu verschlingen.
Das Eis war erfrischend gewesen, und Philipp fühlte sich bereit für neue Taten. „Unsere Pokale! Wir haben sie gewonnen! Auf den Turnieren! Wir haben das Gold für unsere Mannschaft erkämpft, und das müssen alle sehen! Nicht die lächerlichen Näpfe von den Kringeldrehern sollen in der Eishalle ausgestellt werden! Nein, unsere Trophäen! Na, und die von der ersten Mannschaft. Die Schalen sind nicht zu verachten. Richtig fette Dinger. Aber am tollsten ist der ‚Man oft the Match Pokal‘, den uns der Nationalspieler Philipp Lukenthal bei der WM geschenkt hat. Also, ran an den Bürgermeister und seinen Kühlschrank! Gold, ich komme! Philipp, der schon einmal alles geklärt hat, regelt dieses Mal den Notfall völlig alleine.“
Zu Philipps Entsetzen war das Rathaus geschlossen. Ein Schild informierte die Bürger über den Wasserschaden. Eine Handynummer für den Notfall stand dabei. „Das ist ein Notfall!“, brüllte Philipp entschlossen. Er sah an sich herunter. Natürlich hatte er kein Mobiltelefon dabei. Und kein Passant kam um die Ecke, den Philipp danach fragen konnte.
Er rüttelte an der Tür, die zwar rappelte, aber sich wirklich nicht öffnen ließ. „Hallo, ist jemand hier? Ein Feuerwehrmann an der Pumpe oder ein Bauarbeiter oder ein Reiniger oder ein Stellvertreterbürgermeister? Hier ist Philipp von den Yetis. Ich muss unsere Pokale holen. Und ein paar Medaillen waren auch dabei. Es geht um Leben und Tod!“
Geschlagen gab Philipp nach einer Weile das Rütteln und Rufen auf. Mit hängenden Schultern und den Blick zu Boden gerichtet machte er sich auf den Rückweg. Um die Eisdiele schlug er einen weiten Bogen und lief langsam durch das Gras der Parkanlagen in Richtung des Schwimmbades. Was sollte er den anderen Yetis sagen, wenn er ohne Erfolg wiederkam? Sie würden sich bestimmt über ihn lustig machen.
Das taten sie allerdings nicht. Sie konnten es nicht. Denn sie bekamen Philipp nicht zu Gesicht. Er hatte weder seine Eintrittskarte noch Geld dabei, um das Schwimmbad wieder zu betreten. Daran hatte Philipp bei seinem überstürzten Aufbruch nicht gedacht. In seiner Badehose stand er vor dem Automaten und dem Drehkreuz. An der Kasse war niemand zu sehen. Philipp legte seine Hände an den Mund und rief die Yetis. „Die haben wohl Tomaten auf den Ohren!“, brummte er verärgert. Er unternahm mehrere vergebliche Kletterversuche am Zaun, bis er seine Knie aufgeschürft hatte. Schließlich blieb ihm nichts anderes übrig, als ohne seine Badesachen nach Hause zu gehen und dort an der Tür zu klingeln. Hoffentlich waren seine Schwester und seine Mutter da und machten ihm auf.
Die anderen Yetis warteten auf Philipp, bis es Zeit für den Heimweg war. „Philipp hat einen kugelrunden Limonadenbauch und kann sich nicht mehr auf seinen Beinen halten!“, vermutete Alex und stopfte sein Handtuch in die Sporttasche. Pauline faltete ihres ordentlich, nachdem sie die Grashalme abgeschüttelt hatte. „Sollen wir Philipps Klamotten mitnehmen? Das Bad schließt gleich. Der Eisbademeister Herr Blume hat es schon zwei Mal über den Lautsprecher verkündet.“ Alex blickte unentschlossen auf das zerknüllte Frotteelaken, die Sonnenbrille mit dem abgebrochenen Bügel und Philipps Sandalen. Wo war nur die Schwimmbrille geblieben? „Ja, mach schon. Papa holt uns gleich ab. Dann halten wir bei Philipp und bringen ihm das Zeug. Oder wir lassen es auf unserer Terrasse stehen. Sollen sich die Ameisen daran freuen.“ Pauline zog den Reißverschluss zu und schlüpfte in ihre Flipflops. „Ich wüsste zu gerne, was Philipp im Rathaus erfahren hat“, dachte Alex laut und schaute zerstreut nach, ob er wirklich alles eingepackt hatte. Merkwürdigerweise, obwohl er immer sorgfältig sein wollte, fehlte häufig am Ende ein Teil seiner Sachen. Alex hatte den Verdacht, dass sie sich heimlich wegschlichen und ihn in Wirklichkeit keine Schuld traf. Seine Eltern wollten von dieser Vermutung nichts wissen. Sie wurden ungemütlich und schimpften, wenn Alex seine Sachen vergaß.
Dieses Mal schien alles gut zu gehen und die beiden Kinder marschierten zum Parkplatz. Ihr Vater wartete bereits. Er drückte auf einen Knopf, und der Kofferraum des Wagens öffnete sich wie von Zauberhand. Drei Taschen flogen hinein. „Kein Wort!“, warnte Alex seine Schwester, damit sie sein Eishallenabenteuer bloß nicht erwähnte. Pauline gab ihm keine Antwort. „Hallo, da sind wir. Es war toll im Schwimmbad!“, begrüßte Pauline ihren Vater. „Wir müssen kurz bei Philipp halten. Der hat seine Tasche stehen lassen!“, erklärte Alex. Herr Putzig stöhnte: „Bei dem wundert mich bald gar nichts mehr!“ Das klang schlecht gelaunt. Schweigend legten sie die Strecke zurück, und Alex übernahm es kommentarlos, die Sachen auszuliefern.
„Wo bleibst du denn so lange?“, murrte Herr Putzig, nachdem er drei Mal gehupt hatte und Alex die Treppen herunter hüpfte. „Philipp musste kurz etwas erzählen“, gab Alexander Auskunft. „Kurz? Ja, haben wir gemerkt. Ich bin hungrig und will duschen. Ich war nach der Arbeit noch nicht zu Hause“, klagte Herr Putzig. „Ihr habt doch eine Klimaanlage in der Kanzlei“, brummte Alex und dachte an die angenehm kühlen Büroräume. Im Gegensatz zur stickigen Schule konnte man dort super sitzen und nachdenken, ohne vor Hitze zusammenzubrechen. „Ach ja, aber ich arbeite dort seit sieben Uhr dreißig am Morgen, während ihr in den Ferien lange ausschlafen dürft und danach gemütlich im Schwimmbad abhängt.“ Herr Putzigs Laune ging weiter auf Tauchfahrt. „Wann kommt Mama nochmal wieder?“, erkundigte sich Alex vorsichtshalber. „In drei Tagen!“, knurrte Herr Putzig. „Wir könnten uns etwas zu essen bestellen“, schlug Pauline vor. „Ich rufe an, du gehst duschen, Papa, und Alex deckt den Tisch.“
Normalerweise hätte Alex widersprochen, weil er die meiste Arbeit haben würde. Da ihr Vater ohnehin mies drauf war, würde ihn ein weiterer Streit der Geschwister garantiert auf die Palme bringen. Außerdem hatte Pauline diese gute Idee. Alex dachte an Pizza mit Schinken und viel Käse und stimmte zu.
Bald saßen sie in versöhnlicher Stimmung auf der Terrasse und genossen den lauen Sommerabend. Sie telefonierten mit ihrer kleinen Schwester Marisa, die lauter langweilige Sachen von den Eiskunstläufern erzählte. Die Kringeldreher machten ein Trainingscamp. Marisa war dabei und Frau Putzig ebenfalls. „Ja, aber ehrlich, Marisa, ohne Schläger mit den falschen Schlittschuhen auf dem Eis, wozu soll das gut sein?“ Über den Lautsprecher des Telefons kam ein empörter Laut. „Marisa! Glaub‘ Alex kein Wort!“, widersprach Herr Putzig hastig. „Eiskunstlauf ist ein toller Sport. Genauso gut wie Eishockey. Und deine Schlittschuhe sind nicht verkehrt. Sie haben diese Zacken vorne, damit du dich besser abstoßen kannst. Ich habe dich lieb, Maus. Viel Spaß morgen, gute Nacht! Grüße an Mama.“
„Papa!“, rügte Pauline. „Du kannst Marisa nicht anschwindeln. Kringeldrehen ist albern, Eishockey ist cool. Marisa muss in die richtige Mannschaft, zu den Yetis.“ „Genau!“, bestätigte Alex, „du findest Hockey doch auch besser als dieses Herumgehopse zu der lahmen Musik. Hast du selbst bei der WM gesagt.“ Alex rülpste leise. Das war ein willkommener Anlass für seinen Vater, das Thema zu wechseln und schlechte Manieren anzusprechen. „Entschuldigung“, schob Alex nach. Pauline verdrehte die Augen und nörgelte. „Manchmal bist du genauso schlimm wie Philipp!“
***
Am nächsten Morgen waren alle Daheimgebliebenen der Familie Putzig ungewöhnlich früh auf den Beinen. Herr Putzig stand schimpfend in der Küche. Er durchbohrte die moderne Kaffeemaschine mit seinen Blicken, als würde sie dadurch ein köstliches, heißes Getränk ausspucken. „Ich verstehe das Teil nicht!“, stöhnte er. Pauline rührte gerade Himbeeren in ihr Müsli. „Was denn? Wie die Maschine funktioniert? Ich kann dir einen Kaffee kochen. Oder möchtest du einen Cappuccino oder einen Espresso?“ „Kaffee, einfach nur Kaffee“, brachte Herr Putzig hervor und glaubte seiner Tochter nicht wirklich. Pauline hantierte gekonnt an dem Gerät, füllte Wasser ein, drückte auf verschiedene Tasten und stellte eine Tasse an die richtige Stelle. „Ist doch ganz einfach, Papa“, sagte Pauline und präsentierte das dampfende Ergebnis.
„In der Kanzlei wird der Kaffee von unserem Sekretär, Herrn Meierlein, gekocht. Und hier macht es Mama für mich“, entschuldigte Herr Putzig die Sauerei aus Pulver, wie auch seine Unkenntnis. „Woher kannst du es? Trinkst du heimlich Kaffee? Das ist nicht gesund!“ „Nein, der schmeckt widerlich. Die Maschine kann Milch schäumen. Das gibt leckeren Kakao“, erklärte Alex im Bademantel und ging ebenso lässig mit der Maschine um, wie zuvor seine Schwester. „Ihr macht mich fertig. Am Ende könnt ihr auch den Putzroboter programmieren und den automatischen Rasenmäher starten“, witzelte Herr Putzig. „Klar! Bestellen wir dann heute Abend wieder etwas zu essen? Oder müssen wir den ultragesunden Auflauf, den Mama im Kühlschrank hinterlassen hat, verspeisen? Vielleicht ist der schon schlecht!“, hoffte Alex. „Ach, den habe ich ganz vergessen. Mama killt uns. Okay, ich habe eine Idee. Ihr esst heute Mittag eine kleine Portion davon und lasst mir eine übrig. Wir erzählen eurer Mutter, wie nett es war, für uns vorzukochen und ich bringe nach der Arbeit etwas vom Chinesen mit. Habt ihr heute Training? Wenn ja, vergesst es nicht!“ Herr Putzig nippte genießerisch an seinem Kaffee.
Alex blätterte in der Zeitung, um den Comic zu finden. „Da ist ein Bild vom Rathaus“, rief Pauline. „Was steht denn da? Ist es wegen der kaputten Rohre?“ Alex stöhnte. „Ich habe Ferien. Da will ich nicht lesen.“ Pauline riss ihm die Blätter aus der Hand und überflog die Zeilen. „Der Schaden ist gewaltig und es stehen Trocknungsmaschinen in den Sälen und Räumen, die betroffen sind. In einigen Zimmern müssen sie die Wände aufmeißeln und die Rohre erneuern“, fasste Pauline zusammen. „Beschädigte Möbel wurden entsorgt, die anderen Sachen ausgelagert. Das wird Philipp nicht gefallen“, sagte Pauline. Dabei hatte auch sie kein gutes Gefühl. Sollten ihre Pokale, die Schalen und Medaillen in irgendeiner Kiste gelandet sein? Vielleicht bekamen sie beim Transport Beulen oder die Kartons weichten durch? Am Ende brachen sogar Teile ab, ein Henkel oder ein aufgeklebter Puck? Pauline hatte einen besonderen Pokal vor Augen: Der mit den Griffen aus angesetzten silbernen Schlägern. Auf einer Platte stand die Eins für den ersten Platz bei einem Turnier, das die Yetis gewonnen hatten. Pauline hatte in jedem Spiel drei Tore geschossen. Und nun war die Trophäe in einem dunklen Keller gestrandet? Oder sie lagerte sogar im feuchten, stinkenden Rathaus? Das Schlimmste wäre, wenn ihre Schätze in einem Müllcontainer gelandet wären.
Alex stützte seinen Kopf auf den Händen ab. „Kannst du die Leute im Rathaus mal anrufen, Papa? Ganz offiziell. Gibt es so etwas wie einen Eismeister, also Hausmeister? Die sagen dir bestimmt, wo die Pokale sind und dann können wir sie abholen.“ „Warum denn dieser Umstand? Die Sachen sind ganz bestimmt an einem guten Platz untergebracht. Mir reicht eure Aktion wegen der Pokale im Winter. Ich habe keine Zeit, Detektiv zu spielen, um irgendwelchen Kram aufzuspüren. Ich muss arbeiten.“ Herr Putzig hatte seine Tasse geleert und schaute traurig hinein. Pauline zischte empört: „Kram?! Unsere Pokale?“ Sie sprang auf. Dabei kippte ihr Stuhl nach hinten und knallte auf den Boden. Pauline kümmerte sich nicht darum und stürmte aus dem Raum. Scheppernd schlug oben ihre Zimmertür ins Schloss.
Ratlos blickte Herr Putzig seiner Tochter nach. „Äh, in diesem Haus werden keine Türen zugeknallt!“, sagte er schließlich lahm. Alex nickte. „Genau. Und deshalb wäre es besser, wenn du deine Beziehungen zum Rathaus spielen lässt, damit Pauline es nicht wieder tut!“ Damit stand Alex auf und klopfte seinem Vater auf die Schulter. Der blieb völlig verdattert in der Küche zurück. Ohne zweiten Kaffee. Da blieb ihm nur übrig, zur Arbeit in die Kanzlei zu fahren.
Es würde wieder heiß werden. Draußen surrte der Mähroboter über die Wiese und hielt das Gras kurz. „Sollen wir ins Freibad?“, fragte Alex und suchte den Obstkorb nach einem knackigen Apfel ab.