DIE ERSTEN LENSMEN - Zweiter Roman des LENSMEN-Zyklus - E. E. Smith - E-Book

DIE ERSTEN LENSMEN - Zweiter Roman des LENSMEN-Zyklus E-Book

E. E. Smith

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Beschreibung

Die Menschen der Erde werden in einem galaxisweiten Ringen zwischen Freiheit und absoluter Diktatur zu Schlüsselfiguren. Die Weisen von Arisia unterstützen die Terraner, in denen sie die potentiellen Erben ihrer großartigen Zivilisation erkennen. Arisia erschafft die Lens – und der Mentor vergibt das geheimnisvolle Gerät nur an jene, die es verdienen...

E.E. Smiths sechsbändiger LENSMEN-Zyklus, entstanden Ende der 1920er Jahre, zählt seit Jahrzehnten weltweit zu den Standardwerken der Science Fiction. Der Apex-Verlag veröffentlicht den Zyklus als durchgesehene Neu-Ausgabe in der Reihe APEX SF-KLASSIKER.

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E.E. SMITH

Die ersten Lensmen

Zweiter Roman des LENSMEN-Zyklus

Roman

Apex Science-Fiction-Klassiker, Band 14

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

Der Autor 

 

DIE ERSTEN LENSMEN 

1. 

2.  

3. 

4. 

5. 

6. 

7. 

8. 

9. 

10. 

11. 

12. 

13. 

14. 

15. 

16.  

17. 

18. 

19. 

20. 

 

Das Buch

Die Menschen der Erde werden in einem galaxisweiten Ringen zwischen Freiheit und absoluter Diktatur zu Schlüsselfiguren. Die Weisen von Arisia unterstützen die Terraner, in denen sie die potentiellen Erben ihrer großartigen Zivilisation erkennen. Arisia erschafft die Lens – und der Mentor vergibt das geheimnisvolle Gerät nur an jene, die es verdienen...

E.E. Smiths sechsbändiger LENSMEN-Zyklus, entstanden Ende der 1920er Jahre, zählt seit Jahrzehnten weltweit zu den Standardwerken der Science Fiction. Der Apex-Verlag veröffentlicht den Zyklus als durchgesehene Neu-Ausgabe in der Reihe APEX SF-KLASSIKER.

Der Autor

Edward Ellmer Smith - * 02. Mai 1890, † 31. August 1965.

Edward Elmer Smith (auch E. E. 'Doc' Smith oder Skylark Smith) war ein US-amerikanischer Science-Fiction-Schriftsteller und Chemiker. Er gilt darüber hinaus der Vater der Space Opera.

Smith war nach seinem Chemie-Studium an der Universität von Idaho als Lebensmittelchemiker, als Leiter chemischer Forschungsabteilungen (1936–1941) und in der US-Armee (1941–1945) tätig. In seinem erstmals im Jahr 1934 erschienenen Roman Triplanetary (dt. Die Planetenbasis, 1961) wird deutlich, dass Smith in dieser Zeit genauere Kenntnisse in der Herstellung von Sprengstoffen und Munition erwarb; überdies gilt Die Planetenbasis als erster Science-Fiction-Roman, in welchem ein sogenannter Traktorstrahl thematisiert wird.

Sein Berufsleben beendete er 1957; danach reiste er im Wohnwagen kreuz und quer durch ganz Nordamerika.

Als Schriftsteller wurde Doc Smith durch seine Science-Fiction-Romanzyklen um die Lensmen (sechs Bände, 1934 bis 1969) und die Skylark (vier Bände, 1928 bis 1966) bekannt.

Robert Heinlein und E. E. Smith verband eine enge Freundschaft. Nach Heinleins Beobachtung sind Smiths Helden aus dem wirklichen Leben des Autors entnommen: Smith selbst war großgewachsen, blond, athletisch, intelligent und galant und mit der gutaussehenden, rothaarigen Jeanne Craig MacDougal verheiratet, eine Beschreibung, die auf die Helden der Lensmen-Romane, Kimball Kinnison und Clarissa MacDougal, passt (Clarissa war auch der Name von Smiths Schwägerin).

Doc Smiths literarisches Hauptwerk stellt die ersten und stilbildenden Beispiele der Space Opera dar, in denen die Helden fortwährend Auseinandersetzungen bestehen müssen. Gleichzeitig fallen die Romane in die Kategorie der echten Hard-SF, die seinerzeit bekannte wissenschaftliche Prinzipien und gesellschaftlich-politische Entwicklungen zu extrapolieren versuchte.

Kritiker bezeichnen Smiths Romane häufig als klischeebehaftet, wobei diese Kritiker unberücksichtigt lassen, dass die Romane einige der heute als stereotyp empfundenen Themen erstmals vorstellten.

Robert Heinlein erwähnte, Smith habe einen siebten Lensmen-Roman geplant, der offene Handlungsstränge des 1954 erschienenen sechsten Romans Children Of The Lens (dt. Das Erbe der Lens, 1962) abschließend behandeln sollte. Im Nachlass fand sich allerdings kein Manuskript.

Am 14. Juli 1965, gut einen Monat vor seinem Tode, ermächtigte E. E. Smith den Schriftsteller William B. Ellern, den Lensmen-Zyklus fortzusetzen. Dieser veröffentlichte sodann New Lensman im Jahre 1976.

 Der Apex-Verlag veröffentlicht u.a. Doc Smiths Lensmen-Zyklus als komplett durchgesehene Neu-Ausgabe (übersetzt von Thomas Schlück.)

DIE ERSTEN LENSMEN

1.

Unbemerkt bahnte sich der Fremde seinen Weg durch das belebte Hauptlaboratorium des Hügels und näherte sich einem großen Norweger, der an einem elektronooptischen Gerät saß. Er zog eine automatische Pistole aus der Tasche und schoss auf den offenbar ahnungslosen Wissenschaftler. In schneller Folge gab er sieben Schüsse ab - zwei auf den Kopf des Mannes, fünf in den Rücken.

»Ah, Gharlane von Eddore - ich habe Ihren Besuch erwartet. Nehmen Sie bitte Platz!« Der blonde Dr. Nels Bergenholm, dem die Geschosse offenbar nichts ausgemacht hatten, wandte sich um und deutete auf einen freien Stuhl.

»Aber... aber das waren keine gewöhnlichen Kugeln«, stotterte der Besucher.

Die beiden Männer - wenn man sie so bezeichnen konnte - schienen nicht im Mindesten überrascht, dass niemand sonst von dem seltsamen Zwischenfall Notiz genommen hatte; aber es war offensichtlich, dass der geheimnisvolle Besucher über den Fehlschlag seines Attentats bestürzt war.

»Der von Ihnen beherrschte Körper hätte sich auflösen und Sie zwingen müssen, nach Arisia zurückzukehren - wohin Sie gehören«, sagte er aufgebracht.

»Gewöhnliche Geschosse oder nicht - kommt es darauf an?«, fragte der Wissenschaftler lächelnd. »In der Gestalt Rogers haben Sie einmal zu Conway Costigan gesagt: Ich werde Ihnen diese kleine Schau ausnahmsweise durchgehen lassen, denn einen besseren Beweis für die Sinnlosigkeit Ihres Tuns gibt es nicht - und das möchte ich heute Ihnen sagen. Sie sollten ein für alle Mal wissen, Gharlane, dass Sie gegen die Anhänger der galaktischen Zivilisation nicht mehr direkt Vorgehen können. Auch wir Arisier werden uns nicht persönlich gegen die Eroberung der beiden Galaxien stellen, wie sie von Ihnen geplant ist, denn wir wissen sehr wohl, dass die damit zusammenhängenden Probleme und Mühen für die beteiligten Rassen notwendig sind, um die Art von Zivilisation hervorzubringen, die uns vorschwebt. Aber wir werden es auch nicht zulassen, dass sich die Eddorier einmischen. Sie, Gharlane, werden nach Eddore zurückkehren und dort bleiben!«

»Und das glauben Sie?«, fragte Gharlane höhnisch. »Das glauben die Arisier, die sich zwei Milliarden Jahre lang derart vor uns gefürchtet haben, dass sie sich vor uns verstecken mussten? Die sich derart vor uns fürchteten, dass sie gegen die Vernichtung zahlreicher Rassen nichts unternommen haben! Die immer noch so ängstlich sind, dass Sie, Arisier, es nicht wagen, mir in der Arena des Geistes entgegenzutreten, sondern diese unbefriedigende und langsame mündliche Aussprache vorziehen!«

»Da ich es nicht für möglich halte, dass Ihr Geist so wirr ist, wie es jetzt den Anschein hat, kann ich nur annehmen, dass Sie mich für dumm verkaufen wollen«, erwiderte Bergenholm sachlich. »Ich glaube nicht nur, dass Sie nach Eddore zurückkehren werden, sondern ich weiß es. Auch Ihnen wird es bald bewusst werden. Sie wehren sich gegen das gesprochene Wort, weil Sie genau wissen, dass ich Sie auf diese Weise am leichtesten daran hindern kann, Informationen von mir zu erhalten, die lebenswichtig für Sie sind. Und was eine Begegnung auf geistiger Ebene angeht - wir haben uns in der geistigen Arena bereits gegenübergestanden, und zwar kurz bevor Sie, in der Person Rogers, auf jenes Wissen stießen, das Ihrer Rasse vor so langer Zeit verlorenging. Eine Folge dieser Begegnung war, dass ich Ihre Wesenszüge genau kenne und Sie sogar mit Ihrem Symbol, Gharlane von Eddore, anzureden vermag. Dagegen wissen Sie nicht viel mehr, als dass ich ein Arisier bin - eine Tatsache, die vom ersten Augenblick an offensichtlich war.

Es trifft zu, dass wir unsere Gegenwart über unzählige Zeitzyklen hinweg vor Ihnen verborgen haben«, fuhr Bergenholm fort. »Da der Grund für diese Handlung Ihre Verwirrung noch steigern wird, werde ich nicht damit zurückhalten. Wären die Eddorier früher auf uns aufmerksam geworden, hätten sie bald eine starke Waffe gegen uns ersonnen, mit deren Hilfe sie ihr Ziel mühelos erreicht hätten.

Es ist wahr, dass Ihre Tätigkeit als Lo Sung von Uighar ebenso-wenig behindert wurde wie Ihre Umtriebe als Mithridates, Sulla und Marius im alten Rom, als Hannibal von Karthago, als Dschingis-Khan, als Attila, als deutscher Kaiser, als Mussolini und als Tyrann von Asien. Wir haben Sie ungestört wirken lassen. Und bei Ihrer Tätigkeit auf Rigel IV, auf Velantia III, Palain VII und anderen Planeten wurde Ihnen ebenfalls freie Hand gelassen. Mit dem Erscheinen Virgil Samms' jedoch war die Zeit gekommen, Ihrer zerstörerischen Arbeit ein Ende zu setzen, und so wurde zwischen Ihnen und Ihren normalerweise hilflosen Opfern zum erstenmal eine schützende Barriere errichtet.«

»Aber warum jetzt? Warum nicht schon vor tausend Zeitzyklen? Und warum ausgerechnet Virgil Samms?«

»Wenn ich auf diese Fragen einginge, würde ich Ihnen wertvolle Informationen geben. Vielleicht wird es Ihnen gelingen, sie von selbst zu beantworten - aber diese Antworten werden in jedem Fall zu spät für Sie kommen. Sie klagen mich und damit die arisische Rasse der Feigheit an, was ich als unbegründet zurückweisen möchte. Denken Sie nur daran, wie Sie beim Kampf um Rogers Planetoiden versagt haben! Denken Sie über die Situation nach, in der Sie sich jetzt befinden!

Obwohl das Denken Ihrer Rasse eher auf materialistische und technische Dinge ausgerichtet ist und Sie unsere Haltung als »philosophische und »weltfremde verhöhnen, ist es Ihnen zu Ihrer großen Überraschung nicht gelungen, diesen Körper, den ich besetzt halte, zu vernichten - geschweige denn meinem Ich etwas anzutun.

Ein übersteigertes Selbstvertrauen - die Neigung eines jeden Diktators, seine Gegner zu unterschätzen - hat Sie in eine unvorteilhafte Lage gebracht. Aber ich fürchte fast, dass Sie und Ihre Rasse aus den bisherigen Fehlern schnell lernen werden.«

»Dessen können Sie versichert sein!«, schnaubte Gharlane. »Vielleicht sind Sie und Ihre Rasse nicht feige im eigentlichen Sinne. Aber Ihre Haltung ist der Feigheit ziemlich nahe. Wenn es Ihnen in der Vergangenheit möglich gewesen wäre, wirksam gegen uns vorzugehen, hätten Sie sicherlich keinen Augenblick gezögert. Wenn Sie jetzt etwas gegen uns unternehmen könnten, Würden Sie handeln und nicht reden. Das ist eine Tatsache, und ich stelle fest, dass Sie es bisher nicht geleugnet haben.« Die kalten schwarzen Augen des Besuchers starrten den Norweger an.

»Diese Tatsache leugnen? Keinesfalls! Ich freue mich jedoch, dass Sie das Wort wirksam und nicht das Wort offen verwendet haben. Denn dass wir uns wirksam gegen Sie gewehrt haben, seitdem die Planeten der beiden Galaxien abgekühlt sind und Leben tragen, ist ebenfalls eine Tatsache.«

»Wie sollte das möglich gewesen sein?«

»Auch das sollen Sie zu gegebener Zeit erfahren. Im Augenblick habe ich alles gesagt, was ich sagen wollte. Sie wissen bereits, dass es mehr erwachsene Arisier als Eddorier gibt und dass somit auf jeden Eddorier mindestens ein Arisier kommt, der sich persönlich um ihn kümmern und seine Aktivitäten unterbinden Kann. Aus diesem Grunde ist es mir völlig gleichgültig, ob Sie sich zum Gehen entschließen oder nicht. Ich kann und werde ebenso lange hierbleiben wie Sie, und ich kann und werde Sie begleiten und jeden Ihrer Schritte außerhalb des eddorischen Schutzschirms beobachten. Sie haben die Wahl.«

Gharlane verschwand, und mit ihm der Arisier. Dr. Nels Bergenholm blieb zurück. Er wandte sich um und nahm seine Arbeit wieder auf. Er wusste genau, was er vor dem seltsamen Gespräch getan hatte und was er noch tun musste, um sein Experiment zu  

beenden. Er ließ den unsichtbaren Schutzschirm verschwinden, durch den die übrigen Anwesenden getäuscht worden waren. Niemand ahnte, dass sich etwas Ungewöhnliches ereignet hatte. Er benahm sich völlig normal - ungeachtet der Tatsache, dass der Körper Nels Bergenholms nicht mehr von Drounli, dem Zivilisationsformer, sondern nach dessen plötzlichem Verschwinden von einem arisischen Jugendlichen beherrscht wurde.

Arisia war bereit. Die Arisier warteten auf den Augenblick des Handelns. Obwohl der geplante Angriff völlig außerhalb des Gewöhnlichen lag, hatte man sich seit unzähligen Zeitzyklen und in unzähligen Visionen darauf vorbereitet, so dass niemand nervös war.

»Meine Vision ist noch nicht ganz klar«, machte sich ein junger Wächter namens Eukonidor bemerkbar. »Ich weiß, dass die Zivilisationsformer, zu denen Drounli gehört, Gharlane von Eddore nicht getötet haben, als er noch als Roger auftrat. Aber ich kann mir nicht vorstellen, welche Folgen sich hieraus ergeben. Ist es mir gestattet, meine Gedanken zu diesem Thema kurz darzulegen?«

»Selbstverständlich, Jüngling«, erwiderte der vereinigte Geist der Weisen, der ältesten Wesen auf Arisia.

»Gharlane war damals durch eine gewaltige Entfernung von den anderen Eddoriern getrennt und hätte leicht vernichtet werden können«, begann der junge Arisier zögernd. »Obwohl kein Zweifel bestehen kann, dass sein Tod die Position Eddores wesentlich geschwächt und uns in gleichem Maße geholfen hätte, darf nicht übersehen werden, dass sein Weiterleben uns auf lange Sicht größere Vorteile bringt. Vor allen Dingen werden Gharlane und seine Artgenossen überzeugt sein, dass die arisische Gemeinschaft ihn nicht getötet hat, weil sie zu schwach dazu war, so dass sie vielleicht in Unterschätzung unserer Fähigkeiten davon abgehalten werden, wirklich gefährliche Angriffswaffen zu entwickeln, bis es für die Rettung ihrer Rasse zu spät ist. Außerdem werden sie niemals vermuten, dass wir die bald entstehende Galaktische Patrouille als Hauptwaffe gegen sie einsetzen wollen. Angesichts dieser Tatsachen ist mir unklar, wieso wir jetzt einen Eddorier töten müssen. Auch kann ich mir nicht vorstellen, auf welche Art und Weise die eddorische Rasse schließlich vernichtet werden soll. Ich kann mir allerdings nicht denken, dass meine Visionskraft und mein Gedächtnis so schlecht sind - sollte es daran liegen, dass uns diese Informationen niemals zugänglich waren?«

»Das trifft zu, Jüngling. Obwohl deiner Vision über die Zukunft noch gewisse Einzelheiten fehlen, wissen wir im Grunde nicht mehr als du. Uns die fehlenden Informationen zu beschaffen, ist jetzt unsere vordringlichste Aufgabe.«

»Ich verstehe«, fuhr Eukonidor fort. »Die Vernichtung des Eddoriers ist also lebenswichtig für uns. Aber es wird genügen, wenn wir einen relativ unwichtigen eddorischen Wächter umbringen, dessen Tod den Inneren Kreis nicht misstrauisch macht.«

Dann herrschte Schweigen. Die Arisier warteten - Minuten? Tage? Wochen? Einem Arisier bedeutet die Zeit wenig.

Für einen Gedankenimpuls schrumpfen intergalaktische Entfernungen zu einem Nichts zusammen, und so erreichte Drounli seine Artgenossen Sekundenbruchteile, nachdem er den Hügel verlassen hatte. Er verband seinen Geist mit dem der drei anderen Zivilisationsformer, und kurz darauf setzte sich die vereinigte Geistesmacht sämtlicher Arisier in Bewegung und erreichte Eddores Schutzschirme im gleichen Augenblick wie Gharlane.

Doch während der Eddorier die Schirme ungehindert passierte, wurden die Arisier aufgehalten.

Als vor zwei Milliarden Jahren die unvorstellbare galaktische Begegnung ihren Lauf nahm, die unzählige neue Planeten hervorbringen sollte, waren die Arisier bereits eine alte Rasse und hatten sich seit unzähligen Zeitzyklen von Planeten unabhängig gemacht. Doch die Eddorier konnten, wenn man den alten Überlieferungen glauben darf, auf eine noch längere Geschichte zurückblicken, und während die Arisier aus unserem Kontinuum stammten, stießen die Eddorier aus einer fremden Raum-Zeit zu uns.

Eddore ist ein riesiger und drückend heißer Planet. Seine Atmosphäre besteht aus einer Mischung giftiger Gase, die auf der Erde nur den Chemikern bekannt sind. Seine Hydrosphäre besteht überwiegend aus einem giftigen und stinkenden Sirup.

Und wie ihr Planet, so unterscheiden sich auch die Eddorier von jeder uns bekannten intelligenten Lebensform. Für menschliche Sinne waren sie Ungeheuer - amöbenhaft und absolut geschlechtslos. Und sie waren, soweit sie nicht gewaltsam ums Leben kamen, unsterblich. Denn jeder Eddorier konnte sich, wenn er seine Lebens- und Aufnahmekapazität nach einigen hunderttausend irdischen Jahren erschöpft hatte, in zwei neue Individuen teilen, von denen jedes die Fähigkeiten und das Wissen seines einen Elternteiles mit auf den Weg bekam - und darüber hinaus mit neuen Kräften ein neues Leben begann.

Die Entwicklung der Eddorier war seit frühester Zeit von heftigsten Kämpfen um das höchste Ziel eines jeden Eddoriers begleitet gewesen - um die Macht. Wissen war nur dann zweckmäßig, wenn man dadurch Macht erlangen konnte. In ununterbrochener Folge wüteten Kriege, die an Heftigkeit ihresgleichen suchten.

Jeder Gedanke an Frieden lag den Eddoriern fern; die Kämpfe wurden fortgesetzt, bis den feindlichen Parteien eines Tages zwei Tatsachen schmerzhaft bewusst wurden. Erstens: Die überlebenden Eddorier waren so mächtig und so kampferfahren, dass sie sich nicht mehr gegenseitig umbringen konnten. Zweitens: In den Jahrtausenden der Kriege war die Sonne ihres Planeten langsam abgekühlt. Der Planet musste bald so kalt sein, dass ein weiterer Aufenthalt nicht mehr möglich war. In der Not entschloss man sich zu einer Zusammenarbeit, die nicht ohne Schwierigkeiten zustande kam. Die Eddorier entwickelten Maschinen, mit deren Hilfe sie ihren Planeten mehrere Lichtjahre durch das Weltall zu einer jungen und warmen Sonne dirigierten. Doch kaum war die Gefahr um den gemeinsamen Lebensraum gebannt, flammten die Kämpfe wieder auf. Diesmal entbrannten unvorstellbare geistige Auseinandersetzungen, die sich über mehrere hunderttausend eddorische Jahre hinzogen - Kämpfe, bei denen fast kein Eddorier mehr getötet wurde.

Die Überlebenden kamen bald zu dem Schluss, dass eine Fortführung des Kampfes sinnlos war, und sie vereinbarten eine Art Frieden. Da ihr Machthunger noch weitgehend ungestillt war, wollten sie gemeinsam versuchen, andere Planeten und Galaxien zu erobern, um jedem Eddorier den Lebensraum zu erschließen, den er zur Befriedigung seiner Machtgelüste brauchte.

Was machte es dabei aus, dass es in der eddorischen Raum-Zeit nicht genügend Planeten gab? Es existierten unzählige andere Universen, von denen manche nicht nur zwei oder drei, sondern unzählige Millionen Planeten beherbergen mussten - das war eine mathematisch beweisbare Tatsache! Auf geistigem und mechanischem Wege erforschten sie die benachbarten Systeme und steuerten ihren Planeten wie ein Raumschiff durch das Weltall.

Und kurz nach Beginn der gewaltigen galaktischen Begegnung erreichten sie unsere Raum-Zeit. Und es gefiel ihnen hier, weil bereits unzählige Planeten existierten und weitere im Entstehen begriffen waren. Und so blieben sie. Hier hatten sie endlich gefunden, wonach sie schon immer gesucht hatten. Sie brauchten sich nicht mehr gegenseitig zu bekämpfen, sondern arbeiteten zusammen - solange jeder von ihnen seinen Machtbereich weiter vergrößern konnte.

Ein junger Arisier namens Enphilistor, der seine Gedanken frei durch das All schweifen ließ, sollte als erster mit den Eddoriern in Berührung kommen. Vom Zufall gelenkt, stieß er auf die unbekannten Intelligenzen. Naiv wie er war, überraschte ihn die Unfreundlichkeit des Empfanges sehr; doch ehe er seinen Geist vor den bösartigen Angriffen der Eddorier verschloss, erfuhr er einige wichtige Dinge über sie.

Die Weisen Arisias waren alles andere als überrascht. In ihren Visionen über das Schicksal des Kosmos war die Begegnung mit den Fremden längst vorgezeichnet, und sie wussten, was sie zu tun hatten. Ihre geistige Gemeinschaft drang in die Gehirne der Eddorier ein und löschte das Wissen um die Existenz Arisias restlos aus. Vorsichtig zogen sie sich wieder zurück.

Sie besaßen keine allzu genauen Informationen über die unbekannte Rasse, aber mehr war damals nicht zu erfahren, ohne die Eddorier misstrauisch zu machen. Und das Risiko durften sie nicht eingehen, denn hätten die Eddorier Zeit gehabt, eine wirkungsvolle Waffe gegen die Arisier zu bauen, wären diese aus ihrer Raum-Zeit vertrieben worden. Mit Ausnahme des Ersten Herrschers und den Mitgliedern des Inneren Kreises, die hinter ihrem übermächtigen Schutzschirm sicher waren, hätten die Arisier alle Eddorier beseitigen können. Aber das wäre sinnlos gewesen.

Es sei an dieser Stelle erwähnt, dass die Arisier nicht für sich selbst kämpften. Sie kämpften stattdessen für ein Ideal, für das Ideal einer friedvollen und freien galaktischen Zivilisation, deren Entwicklung sie auf den Myriaden von Planeten der beiden Universell zu verwirklichen hofften. Auch folgten sie dem Ruf einer schweren Verantwortung. Denn sie wussten, dass die existierenden und noch entstehenden Rassen eigentlich arisischen Ursprungs waren und dass sie sie aus diesem Grunde den machthungrigen Eddoriern auf keinen Fall preisgeben durften.

Allerdings konnten sie zunächst noch nicht offen gegen die Eddorier Vorgehen, die eine Welt nach der anderen eroberten und eine Zivilisation nach der anderen zugrunde richteten. Auf zahlreichen Planeten förderten sie jedoch die allgemeine geistige Entwicklung, indem sie Verbindungen zwischen bestimmten Einzelwesen förderten und auch eigene Geschlechter bildeten, deren Entwicklung sie genau verfolgten.

Die vier Zivilisationsformer, Drounli, Kriedigan, Nedanillor und Brolenteen, die als Mentor von Arisia später jedem Lens-Träger zu einem Begriff werden sollten, waren für das arisische Entwicklungsprogramm auf den vier Planeten Sol III, Rigel IV, Velantia III und Palain VII verantwortlich. Drounli schuf auf der Erde zwei voneinander unabhängige Geschlechter. In ungebrochener männlicher Linie ließen sich die Kinnisons in die dunkelste irdische Vergangenheit zurückverfolgen. Kinnexa von Atlantis, Tochter eines Kinnisons und Schwester eines anderen Kinnisons, ist die erste des Geschlechts, die in diesen Annalen erwähnt wird - aber ihre Familie war schon damals sehr alt. Auch das andere Geschlecht stammte aus dieser Zeit. Es war stets durch eine auffallende Körpergröße gekennzeichnet - und durch leuchtendes rotbronzenes Haar und helle, goldgefleckte Augen.

Die beiden Geschlechter vermischten sich nicht, denn Drounli hatte eine besondere psychologische Sperre errichtet, die eine Verbindung erst ermöglichte, wenn das letzte Entwicklungsstadium erreicht war.

Obgleich dieses Stadium noch fern war, machte es Virgil Samms' Auftreten erforderlich, dass sich die Arisier ihrem Gegner offen stellten. Gharlane-Roger wurde angegriffen und besiegt, und die Eddorier mussten feststellen, dass sie in ihrer Bewegungsfreiheit plötzlich eingeschränkt waren.

Wie bereits berichtet, versuchte sich Gharlane seines geistigen Leibwächters mit Waffengewalt zu entledigen. Doch als sein Plan misslang, wusste er, dass hier etwas nicht stimmte - dass zwei Milliarden irdische Jahre ungenutzt verstrichen waren. Und zum erstenmal wirklich beunruhigt, kehrte er nach Eddore zurück - ohne zu ahnen, dass ihm die vereinigte Geistesmacht der Arisier dichtauf folgte.

Arisia traf auf den Außenschirm von Eddore, der sofort zusammenbrach. Im nächsten Augenblick trennten sich die Angreifer - von den Eddoriern unbemerkt. Die Weisen und die Gemeinschaft der Zivilisationsformer konzentrierten sich auf den Wächter des Schirms, umgaben ihn mit einer undurchdringlichen Energieglocke und schleuderten ihn in den intergalaktischen Raum hinaus.

Hier beschäftigten sie sich eingehend mit dem Unglücklichen, und als der Eddorier unter ihren unbarmherzigen Gedankenimpulsen starb, wussten die Weisen Arisias alles, was es über Eddore zu erfahren gab. Anschließend zogen sie sich nach Arisia zurück und überließen es ihren jüngeren und schwächeren Artgenossen, mit der Hauptmacht Eddores fertig zu werden.

Dabei war es gleichgültig, ob der Angriff am zweiten, am dritten oder erst am letzten Schirm gestoppt wurde, oder ob es den jungen Arisiern sogar gelang, den Planeten zu erreichen und einigen Schaden anzurichten. Auf jeden Fall musste es Eddore gestattet werden, die Invasion mühelos abzuwehren, denn in den kommenden Zeitzyklen mussten die Eddorier in dem Glauben leben, dass sie von Arisia nichts zu befürchten hatten.

Der eigentliche Kampf aber war gewonnen. Die arisische Vision konnte um neue Informationen erweitert werden und enthielt nun sämtliche Elemente des sich zuspitzenden Konflikts der Zukunft. Doch es war kein erfreuliches Bild, das sich den Weisen Arisias bot. Ihre Vision enthüllte in aller Deutlichkeit, dass es nur einen Weg gab, der Eddorier Herr zu werden. Und wenn sie diesen Weg beschritten, war ihre Rolle als Wächter der Zivilisation beendet.

  2.

Der sogenannte Hügel, der das irdische Hauptquartier des Liga- Geheimdienstes beherbergte und nun zum Hauptquartier der erst halb organisierten Solaren Patrouille werden sollte, war ein gepanzerter und ausgehöhlter Berg in den Rocky Mountains. Aber da Menschen nicht lange unter der Erde leben können, auch wenn ihre Quartiere noch so sorgfältig beleuchtet und belüftet sind, erhob sich der spiegelglatte Metallberg inmitten eines riesigen Naturschutzgebietes. Außerhalb dieser Sperrzone lagen unzählige Bauernhöfe und eine kleine Stadt. Außerdem gab es einen an diesem strahlenden Maitag besonders gut besuchten Erholungspark mit mehreren Tennisplätzen.

Auf einem der Plätze fand ein Spiel statt, das von Bedeutung zu sein schien, denn die Tribünen waren fast bis auf den letzten Platz besetzt. In einer Loge saßen zwei Männer und verfolgten das gemischte Doppel.

»Ein gutaussehendes Paar, Rod, alles, was Recht ist. Und spielen können sie!«, wandte sich Virgil Samms, seines Zeichens Solarischer Ratsherr, an seinen Begleiter, als die Parteien die Seiten wechselten. »Trotzdem könnte sich das junge Ding etwas vernünftiger anziehen - ich finde, sie sieht in diesen weißen Nylonshorts direkt nackt aus. Schon oft habe ich ihr das gesagt, aber sie will ja nicht auf mich hören.«

»Natürlich«, lachte Roderick K. Kinnison. »Was hast du erwartet? Sie hat deine Augen und dein Haar - warum nicht auch deinen Dickschädel? Aber das muss man ihr lassen - sie kann es sich leisten, so herumzulaufen, was man von den meisten anderen Mädchen nicht sagen kann. Daher kann ich eigentlich nicht verstehen, warum sich die beiden...« Er brach ab.

»Ich auch nicht. Und dabei haben wir den beiden wirklich Gelegenheit dazu gegeben. Jack Kinnison und Jill Samms wären bestimmt ein wunderbares Paar. Aber wenn sie nicht wollen... Na ja, vielleicht wird es noch. Sie sind beide noch sehr jung, und sie sind ja sehr nett zueinander.«

Doch wenn Samms in diesem Augenblick das Gespräch der beiden unten auf dem Platz verfolgt hätte, wäre er sehr erstaunt gewesen. Denn obwohl der junge Kinnison lächelte, bedachte er seine Partnerin mit Worten, die wenig freundlich waren.

»Hör zu, du Blindschleiche!«, sagte er. »Ich sollte dir mit dem Schläger eins über den Schädel geben! Ich habe dir schon tausend Mal gesagt, dass du in deiner Ecke bleiben sollst! Um meine Bälle brauchst du dich nicht zu kümmern - mit denen werde ich schon fertig. Und wenn du aufgepasst hättest, hätte Frank nicht auf 30 aufholen können, und es war nur Glück, dass Lois ihren Ball ins Netz geschossen hat, sonst wäre das Spiel verloren gewesen.«

»Nun hör mir mal zu, Superpilot John K. Kinnison! Wenn du es nicht verwinden kannst, dass zwei gute Freunde mal von Zeit zu Zeit einen Punkt bekommen, ist das noch lange kein Grund...«

»Wenn du anfängst, Punkte zu verschenken, ist es bald um dich geschehen«, unterbrach sie Kinnison. »Eines Tages stellst du dann fest, dass du zu viele Punkte vergeben hast. Ich spiele diese Art Spiel nicht mit, und solange du mit mir auf dem Platz stehst, richtest du dich nach mir, verstanden?«

»Du unausstehlicher Laffe! Ich möchte dir am liebsten mit dem Schläger...«

Das Spiel ging weiter. Lächelnd trat Virgilia Samms an die Grundlinie und begann mit einem brillanten Aufschlag.

Nach dem Spiel trocknete sich Jade Kinnison gerade ab, als ein junger Mann die Garderobe betrat und ihm auf die Schulter schlug.

»Glückwunsch, Jack! Ihr habt prima gespielt. Aber ich komme wegen einer anderen Sache. Ich wollte dich etwas fragen. Du darfst es mir aber nicht übelnehmen.«

»Wieso die plötzliche Zurückhaltung? Haben wir in den letzten Monaten nicht manches Geheimnis miteinander geteilt?«

»Nun... ja... Ich meine, ich habe einen Teil eurer Unterhaltung während des Spiels mitbekommen... ich meine, ich kann Lippen lesen.«

»Natürlich. Das können wir alle.«

»Naja, ich habe also mitbekommen, was du und Miss Samms... Wenn das Liebesgeflüster war, will ich ein venusianisches Schlammtier sein.«

»Liebesgeflüster? Wer hat dir denn den Bären aufgebunden, dass wir verliebt wären? Oh, ich sehe, du hast Vaters Hoffnungssprüche mitbekommen. Ich und dieser rothaarige Teufel...? Niemals!«

»Moment, Jack!«, sagte der große Offizier mit veränderter Stimme. »Da liegst du etwas falsch - das Mädchen ist in Ordnung. Sie ist einsame Klasse hier, und ich...«

»Und du willst sagen, dass du dich bei ihr zurückgehalten hast, nur weil du...« Erstaunt hielt er inne und starrte sein Gegenüber an. Er hatte sagen wollen: weil du mein bester Freund bist.

»Es wäre mir jedenfalls nicht richtig vorgekommen...«, sagte der Offizier zögernd. »Aber wenn du nicht... Ich meine, wen« du nichts dagegen hast...«

»Noch fünf Sekunden, Junge. Ich werde dich gleich mal vorstellen.«

Jack zog sich an, und wenige Minuten später näherten sich die beiden Offiziere, in die schwarz-silbernen Uniformen der Patrouille gekleidet, den Umkleideräumen der Frauen.

»Sie ist eigentlich ganz in Ordnung, wenn man von ein paar Kleinigkeiten absieht«, sagte Kinnison halb entschuldigend. »Aber ich möchte sie nicht auf dem Präsentierteller gereicht bekommen. Und das beruht auf Gegenseitigkeit, kann ich dir sagen. Auch dir wird es nicht anders gehen, Mase. Nach der ersten Woche wirst du sie am liebsten umbringen wollen. Aber das musst du wohl selbst herausfinden.«

Kurz darauf erschien Miss Samms, jetzt etwas hochgeschlossener gekleidet.

»Hallo, Jill. Das hier ist Mase - ich habe dir schon von ihm erzählt. Mein Schiffskamerad Mason Northrop.«

»Ja, ich habe von Ihnen gehört - eine ganze Menge.« Und sie reichte ihm freundlich die Hand.

»Er hat sich nicht an dich herangewagt, weil er der Meinung war, in mein Jagdgebiet zu geraten - kannst du dir das vorstellen? Ich habe ihm jetzt natürlich reinen Wein eingeschenkt, so dass er gegen deine hochvoltigen Ausbrüche hinreichend gewappnet ist.«

»Oh, du hast ihn also vorbereitet. Wie lieb von dir!«

»Ja, er hat unsere kleine Auseinandersetzung mitbekommen.«

»Oha. Wenn ich so groß wäre wie Sie«, wandte sie sich an Mason Northrop und blickte bewundernd an ihm empor, »hätte ich Jack am Knöchel gepackt und in die fünfzehnte Tribünenreihe geschleudert - so wütend war ich. Sein Problem ist leider, dass er einige Jahrhunderte zu spät geboren wurde. Er hätte während des Pyramidenbaus Aufseher sein sollen - das wäre die richtige Zeit für ihn gewesen. Und das mag er auch am liebsten - kleine Sklavenmädchen, die lieb zu ihm aufschauen und geistlos kichern, eh, Jack?«

»Schon gut, schon gut. Ich hab's ja verdient. Lassen wir die Sache jetzt, ja? Ich sehe euch später noch.« Und Kinnison eilte davon.

»Wollen Sie wissen, warum er sich so schnell davonmacht?« lächelte sie. »Er hat den Kampf nicht aufgegeben - im Gegenteil. Sein Interesse gilt der Blonden dort drüben - dem Mädchen in dem grellroten Kleid. Sie heißt Dimples Maynard.«

»Und sie ist ein... äh...«

»Geistloses Sklavenmädchen? Oh, nein. Sie ist ganz in Ordnung. Ich habe nur so dahergeredet. Sie müssen wissen, dass wir beide eigentlich gar nicht meinen, was wir sagen... Jedenfalls...« Ihre Stimme erstarb.

»Das kann ich mir gar nicht vorstellen«, erwiderte Northrop offen. »Bei den Worten, die Sie sich an den Kopf geworfen haben... Es ist mir rätselhaft, dass Sie beide - zwei der intelligentesten Menschen, die ich kenne - so aufeinander losgehen.«

»Von der Seite habe ich es noch gar nicht betrachtet.« Nachdenklich schob Jill ihre Unterlippe zwischen die Zähne. »Er ist eigentlich ganz in Ordnung, und ich mag ihn auch. Wir kommen recht gut miteinander aus und streiten uns nicht, wenn wir nicht zu nahe beieinander sind... aber wenn wir zusammen sind, streiten wir über jede Kleinigkeit... Vielleicht ließe sich das mit zwei Magneten vergleichen, die einander abstoßen. So kommt es mir beinahe vor.«

»Könnte sein«, erwiderte er fröhlich. »Aber ich bin ein anderspoliger Magnet als Jack. Gehen wir!«

In Virgil Samms' ruhigem Büro tief im Innern des Hügels führten die beiden wichtigsten Männer der Zivilisation ein ernstes Gespräch.

»Schwierigkeiten genug, um vier Männer unserer Sorte in Atem zu halten«, sagte Samms mit leiser Stimme. »Mit deinen Problemen wirst du in absehbarer Zeit vielleicht fertig, denn sie beschränken sich überwiegend auf ein einziges Sonnensystem, in dem Sprachen und Sitten relativ einheitlich und zumindest bestens bekannt sind. Aber wie, um Himmels willen, sollen wir Recht und Ordnung durchsetzen, wenn jemand einen Mord begeht oder ein Raumschiff ausraubt und sich schon hundert Parsek entfernt hat, ehe das Verbrechen überhaupt entdeckt ist? Wie können wir einen Verbrecher auf einem fremdartigen Planeten ausfindig machen, dessen Bewohner vielleicht überhaupt keine Sprache kennen und auf dem es Monate dauern kann, bis wir die örtlichen Polizeiorgane entdeckt haben! Aber es muss einen Weg geben, Rod - es muss!«

»Kreuzzügler Samms - du bist und bleibst der Alte«, sagte Kinnison ernsthaft. »Und ich möchte wetten, dass du es schaffst! Deine Interstellare Patrouille, oder wie du sie nennen willst...«

»Galaktische Patrouille. Der Name ist so ziemlich das einzige, was feststeht.«

»...du hast es jedenfalls so gut wie geschafft, Virge. Außerdem kannst du dich wirklich nicht beklagen. Du hast ausgezeichnete Arbeit geleistet. Du hast unser Sonnensystem geordnet, dann hast du Nevia befriedet und die Kolonien auf Aldebaran II, auf Valeria und anderen Planeten gegründet. Übrigens eine seltsame Sache mit Valeria, meinst du nicht auch...? Na ja, wo es Diamanten gibt, sind auch die Holländer nicht fern. Und holländische Frauen sind dort, wo sich ihre Männer aufhalten. Und trotz der ärztlichen Warnungen kommen immer wieder Babys zur Welt. Zwar ist ein Großteil der Mütter gestorben - eine Schwerkraft von drei g ist kein Pappenstiel -, aber praktisch alle Babys haben überlebt. Knochenund Muskelbildung sind normal, und sie laufen mit anderthalb Jahren... Jedenfalls heißt es, dass sich die Kolonisten in der dritten Generation dort wie zu Hause fühlen werden.«

»Was ein neuer Beweis für die Theorie wäre, dass der Mensch anpassungsfähiger ist, als es sich unsere Schulweisheit träumen lässt. Aber du versuchst mich abzulenken, Rod. Du weißt ebenso gut wie ich, womit wir es zu tun haben - vor allen Dingen mit den Problemen, die der interstellare Handel mit sich bringt. Neue Laster, denen ganze Planeten zum Opfer fallen können. Wenn ich nur an dieses Thionit denke! Bis heute wissen wir nicht, woher das Zeug kommt. Abgesehen davon brauche ich dir nicht sagen, welchen Einfluss das Piratenunwesen auf die Versicherungsprämien genommen hat.«

»Da hast du allerdings Recht. Schau dir nur den Preis für aldebaranische Zigarren an! Du scheinst übrigens den Gedanken aufgegeben zu haben, dass Arisia das Hauptquartier der Piraten sein könnte, habe ich recht?«

»Allerdings, denn offenbar haben die Piraten noch mehr Angst vor Arisia als alle anderen Raumfahrer. Der Planet gilt bei ihnen als verbotene Zone, ebenso wie bei meinen Leuten. Wir kennen nur den Namen dieser Welt. Eine seltsame Sache. Völlig unerklärlich. Ich werde mich dort selbst umsehen, sobald ich die Zeit erübrigen kann. Nicht, dass ich etwas zu erfahren hoffe, was meine besten Leute nicht in den Griff bekommen konnten, aber die Berichte sind derart unterschiedlich und widersprüchlich, dass ich mich doch einmal persönlich überzeugen möchte. Jeder erzählt eine andere Geschichte. Die Berichte stimmen allerdings darin überein, dass es unmöglich war, an den Planeten heranzukommen. Willst du mitkommen?«

»Willst du mich etwa davon abhalten?«

»Im Grunde müssen wir uns auf jede Überraschung gefasst machen«, fuhr Samms nachdenklich fort. »Wir beginnen uns an Dinge heranzutasten, die weit außerhalb unseres Erfahrungsbereiches liegen. Wenn du mir vor zehn Jahren gesagt hättest, dass es eine Rasse wie die Rigellianer gibt, hätte ich dich ausgelacht! Du weißt, dass wir es nicht gewagt haben, ein zweites Schiff dorthin zu schicken. Eine Stunde in einer rigellianischen Stadt - eine Minute in einem rigellianischen Fahrzeug - und es ist um dich geschehen.«

»Und dann erst die Palainianer!«, sagte Kinnison. »Wesen - wenn man sie überhaupt so bezeichnen kann -, die auf Pluto leben, und denen es dort gefällt! Sie sind so fremdartig, dass sie für uns und alle anderen Rassen, die wir kennen, unbegreiflich sind. Aber du brauchst gar nicht so weit entfernt suchen, um auf geheimnisvolle Dinge zu stoßen. Wer oder was war Roger - und warum und wie lange hat er sein Unwesen getrieben? Und dein junger Bergenholm steht auch auf der Liste. Übrigens hast du mir noch nicht erzählt, warum der Antrieb, der den intergalaktischen Handel möglich gemacht hat und uns dadurch jetzt so viele Probleme beschert, Bergenholm-Antrieb und nicht Rodebush-Cleveland-Antrieb heißt. Soweit ich weiß, ist Bergenholm nicht einmal Ingenieur.«

»Nein, er ist kein Ingenieur. Hab' ich dir das nicht erzählt? Jedenfalls weißt du, dass der ursprüngliche Rodebush-Cleveland-Antrieb nicht ganz einwandfrei funktionierte und einigen Männern das Leben kostete.«

»Und ob ich das weiß.«

»Monatelang arbeiteten die beiden fieberhaft, ohne weiterzukommen. Da kam eines Tages der junge Bergenholm zu ihnen in die Werkstatt - ein großer, ungeschickter Bursche, der fast über seine eigenen Füße zu fallen schien. Er sah sich die Unterlagen der beiden an und sagte:

»Warum nehmt ihr kein Uran anstelle von Eisen und baut die Sache um, damit wir ein Wellenmuster bekommen... so etwa... und so...« Und er zeichnete einige sehr schöne Kurven auf ein Blatt Papier.

»Warum sollten wir das tun?«, knurrten ihn die beiden an.

»Weil es funktioniert«, erwiderte er gleichgültig und verschwand. Mehr hat er nicht sagen können oder wollen.

Aus reiner Verzweiflung sind die beiden seinem Vorschlag gefolgt, und es funktioniert tatsächlich! Und seitdem haben wir mit dem Bergenholm-Antrieb keine Sorgen mehr gehabt. Rodebush und Cleveland haben natürlich darauf bestanden, dass der Antrieb nach Bergenholm benannt wurde.«

»Ich verstehe. Jedenfalls stimmt das genau mit dem überein, was ich dir vorhin sagte. Wenn er ein solches Genie ist, warum kommt er dann mit seinem Hauptproblem - mit der Schaffung eines neuen Erkennungszeichens - nicht voran? Oder hat er schon Fortschritte gemacht?«

»Nein... jedenfalls bis gestern Abend nicht. Aber meine Sekretärin hat mir die Mitteilung hinterlassen, dass er mich heute sprechen möchte - wollen wir ihn sofort hereinrufen?«

»Natürlich. Ich hätte mich gern einmal mit ihm unterhalten, wenn du nichts dagegen hast.«

Kurz darauf betrat der junge Wissenschaftler das Büro und wurde Roderick Kinnison vorgestellt.

»Bitte lassen Sie sich durch die Anwesenheit von Mr. Kinnison nicht stören, Dr. Bergenholm. Sprechen Sie, als ob Sie allein wären.«

»Wie Sie wissen, hat man mich als Psychopathen bezeichnet«, begann Bergenholm übergangslos. »Es laufen Gerüchte um, dass ich seltsame Visionen und Träume habe und geheimnisvolle Stimmen höre, dass ich nur meinen Ahnungen folge, dass ich ein Genie bin. Was ich auch bin - ein Genie bin ich ganz bestimmt nicht.«

Bergenholm schwieg. Samms und Kinnison warfen sich einen Blick zu.

»Jedenfalls möchte ich noch einmal betonen«, fuhr der junge Mann fort, »dass ich als Wissenschaftler darauf trainiert bin, genau zu beobachten, klar und analytisch zu denken und jede Hypothese sorgfältig zu prüfen. Ich glaube nicht an übernatürliche Dinge. Unser Universum gründet sich in seinem Entstehen und seinem Fortbestehen auf gewisse natürliche und unveränderliche Gesetze. Jedes Ereignis, das jemals stattgefunden hat oder stattfinden wird, ist mit den vorhergehenden und nachfolgenden Ereignissen statistisch verbunden. Wenn ich mir dieser Tatsache nicht sicher wäre, würde ich den Glauben an die wissenschaftliche Methodik schnell verlieren.

Dennoch sehe ich mich im Augenblick dem Tatbestand gegenüber, dass ich persönlich Dinge getan und Ereignisse verursacht habe, die ich weder Ihnen noch einem anderen Menschen in irgendwie bekannten wissenschaftlichen Begriffen erklären kann. Und wegen einer eigentlich noch weniger erklärlichen Ahnung - wenn man sie so nennen kann - habe ich heute um diese Unterredung gebeten.«

»Ihre Argumentation bewegt sich im Kreis«, wandte Samms ein. »Worauf wollen Sie hinaus?«

»Ich möchte nur eine Grundlage für die etwas überraschenden Dinge schaffen, die ich Ihnen gleich berichten werde. Sie wissen natürlich, dass eine Situation, mit der eine Intelligenz nicht fertig wird und aus der sie keinen Ausweg sieht, diese Intelligenz zerstören muss - in einer Art Flucht aus der Wirklichkeit. Und Sie werden mir zustimmen, dass ich mir meiner besonderen Talente natürlich eher bewusst geworden bin als andere Menschen.«

»Ich verstehe. Ja, natürlich.« Samms beugte sich interessiert vor. »Aber Sie machen einen völlig ausgeglichenen Eindruck. Wie haben Sie diese konfliktgeladene Situation gemeistert?«

»Ich nehme an, dass Ihnen meine Eltern bekannt sind?«

»Ja... Oh, ich verstehe... Aber Dr. Kinnison ist mit Ihrer Personalakte nicht vertraut. Fahren Sie bitte fort.«

»Mein Vater war Dr. Hjalmar Bergenholm. Meine Mutter hieß vor ihrer Heirat Dr. Olga Bjornson. Beide arbeiteten erfolgreich auf dem Gebiet der Nuklearphysik, und man hat sie mehr als einmal Pioniere genannt. Man kann behaupten, dass sie sich wirklich mit den Grenzproblemen ihres Arbeitsgebietes beschäftigten.«

»Oh!«, rief Kinnison. »Sie sind also ein Mutant! Sie haben das Zweite Gesicht - oder wie Sie es nennen!«

»Nicht das Zweite Gesicht im landläufigen Sinn. Meine Fähigkeiten liegen auf einem anderen Gebiet. Jedenfalls bin ich der festen Überzeugung, dass es eine Wissenschaft des Geistes gibt, deren Gesetze ebenso unveränderlich sind wie die der physikalischen Wissenschaft. Ich werde jetzt nicht versuchen, Ihnen meine Behauptungen zu beweisen, sondern nur sagen, dass ich von der Existenz dieser Wissenschaft weiß und dass es mir aufgrund einer angeborenen Fähigkeit gelungen ist, in diesen Fragenkomplex einzudringen.

Um nun zum Problem des Meteors zu kommen. Dieses Emblem, das der Patrouille als Erkennungszeichen dient, ist ein rein materielles Symbol. Den Piraten-Wissenschaftlern ist es mehr als einmal gelungen, den Meteor täuschend echt nachzumachen. Was die physikalische Wissenschaft hervorbringt, kann diese Wissenschaft auch analysieren und kopieren. Das ist jedoch auf dem Gebiet der geistigen Wissenschaft unmöglich.

Ich weiß, was der Liga-Geheimdienst braucht - etwas, das die Möglichkeiten des einfachen Meteors weit übersteigt. Ich weiß auch, dass dieses Bedürfnis mit der Vergrößerung der Patrouille weiter zunehmen wird. Ohne ein gutes Erkennungszeichen wird die Patrouille sogar noch mehr behindert sein als der jetzige Geheimdienst und wird ihre Aufgabe vielleicht gar nicht erfüllen können. Wir brauchen etwas, wodurch sich jeder Repräsentant der zivilisierten Welt zweifelsfrei identifizieren kann, ein Erkennungszeichen, das nicht nachgemacht werden kann und das jeden Verbrecher, der es sich unrechtmäßig aneignet, auf der Stelle tötet. Dieses Erkennungszeichen muss als Gedankenübermittler zwischen seinem Träger und jedem anderen intelligenten Wesen dienen können, so dass jederzeit eine mühelose geistige Verständigung möglich ist, ohne dass der schwierige und umständliche Weg eines Sprachstudiums beschritten werden müsste.«

»Haben Sie etwa meine Gedanken gelesen?«, fragte Samms.

»Nein«, erwiderte Bergenholm einfach. »Das ist nicht nötig, denn wenn man denken kann und sich mit dem Problem wirklich beschäftigt, muss man automatisch auf diese Überlegungen kommen.«

»Das mag ja sein. Aber kommen wir zum Thema. Sie scheinen eine Art Lösung gefunden zu haben - sonst wären Sie nicht hier. Wie sieht Ihre Lösung aus?«

»Meine Lösung sieht vor, dass Sie, Ratsherr Samms, dem Planeten Arisia so schnell wie möglich einen Besuch abstatten sollten.«

»Arisia!«, rief Samms.

»Arisia! Bei allen Raumteufeln, warum ausgerechnet Arisia?«, dröhnte Kinnison. »Was soll er denn dort? Und wie soll das überhaupt möglich sein? Wissen Sie denn nicht, dass es bisher keinem Menschen gelungen ist, den Planeten zu betreten?«

Bergenholm zuckte die Schultern und breitete hilflos die Arme aus.

»Aha, wieder eine Ihrer Ahnungen!«, fuhr Kinnison fort. »Oder hat Ihnen jemand etwas zugeflüstert? Wie kommen Sie auf Ihren Vorschlag?«

»Es ist keine Ahnung«, erwiderte der Norweger fest. »Niemand hat mir etwas zugeflüstert. Aber ich weiß, dass die Arisier auf dem Gebiet, das ich die Wissenschaft des Geistes genannt habe, bewandert sind und dass Virgil Samms das gesuchte Symbol erhalten wird, wenn er nach Arisia geht, und dass er es auf andere Weise nicht bekommen wird. Wieso ich das weiß, kann ich Ihnen auch nicht sagen... ich weiß es eben, wie ich Ihnen schon sagte.«

Ohne ein weiteres Wort drehte sich der junge Bergenholm auf dem Absatz herum und verließ den Raum. Samms und Kinnison starrten sich an.

»Nun?«, fragte Kinnison schließlich.

»Ich werde fliegen. Und zwar sofort. Egal, ob man mich hier entbehren kann oder nicht. Ich glaube ihm jedes Wort - außerdem hat er den Bergenholm-Antrieb erfunden. Wie steht es mit dir? Kommst du mit?«

»Ja. Ich kann allerdings nicht sagen, dass er mich überzeugt hat. Aber wie du schon sagtest, der Bergenholm-Antrieb ist ein gutes Argument. Und wir sollten es auf einen Versuch ankommen lassen. Was willst du nehmen?«, fragte er, jetzt wieder Beauftragter für die öffentliche Sicherheit und Oberkommandierender der Streitkräfte. »Ich würde die Chicago vorschlagen - das schnellste und stärkste Schiff, das wir haben.«

»Empfehlung angenommen. Start morgen zwölfhundert Uhr.«

  3.

 

 

Als sich das Superschlachtschiff Chicago der unsichtbaren Grenze näherte, die kein anderes Schiff bisher überschritten hatte, wechselte sie aus dem trägheitslosen in den normalen Flug über und verlangsamte ihre Geschwindigkeit. Die Männer waren auf das äußerste gespannt. Die Berichte über Arisia waren so phantastisch, dass niemand wusste, worauf er sich gefasst machen sollte. Und das Ungewöhnliche, das man erwartete, sollte nicht lange ausbleiben.