Die Farben der Lichtschatten - Anita Adam - E-Book

Die Farben der Lichtschatten E-Book

Anita Adam

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Beschreibung

Sarah Mai ist eine junge Frau Anfang zwanzig, die ihren chaotischen Alltag zu meistern versucht. Dabei stößt sie immer wieder an scheinbar unüberwindbare Grenzen ihres Selbst. Ist sie nur etwas neben der Spur oder steckt vielleicht noch etwas anderes dahinter?

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

1

Ich wache an diesem Sonntagmorgen mit Kopfschmerzen in meiner kleinen Einzimmerwohnung auf. Ich wohne alleine mit meinem schwarzen Kater Mephisto in einer eher bescheidenen Gegend. Meine Wohnung liegt in einem großen Wohnblock, wo die unterschiedlichsten Persönlichkeiten zusammenleben. Ich kenne meine Nachbarn kaum, nur die eine alleinstehende Nachbarin, Rebecca Winter, die drei Wohnungen weiter links den Gang entlang wohnt. Irgendwie sind wir mal vor dem Müllraum ins Gespräch gekommen und haben uns mit der Zeit angefreundet. Die anderen Nachbarn kenne ich sonst nur vom Sehen.

Mein schwarzer Kater Mephisto springt auf mein Bett und schaut mich erwartungsvoll an. Seine liebevollen Tritte auf meiner Bettdecke sollen mir signalisieren, dass es nun Zeit für mich ist aufzustehen und ihm sein Frühstück vorzubereiten. Es ist nun mal so, Hunde haben Herrchen und Katzen Personal.

Ich stehe also auf und gehe ins Bad, um mich für den Tag fertigzumachen. Ich schaue in den Spiegel und betrachte mein müdes Gesicht. Die Augenringe verdeutlichen mir den Schlafmangel der vergangenen Nacht. Ich greife Richtung Zahnputzbecher. Wo ist nur meine Zahnbürste hin? Ich suche sie, kann sie aber nirgends finden. Es ist für mich nicht untypisch, dass ich Sachen verlege; diese Schusseligkeit scheint mir in die Wiege gelegt worden zu sein.

Ich bin gefühlt immer auf der Suche nach Dingen, Ereignissen und, oftmals habe ich das Gefühl, auch nach mir selbst. Andererseits überraschen mich oft Situationen und fremde Gegenstände in meiner Wohnung. Ich glaube, ich kenne tatsächlich niemanden, der so verplant ist.

Aber wo ist denn jetzt nur diese Zahnbürste? Ich gebe auf und nehme mir eine neue aus dem Badezimmerschrank. Zum Glück habe ich mir da einen kleinen Vorrat angelegt, sodass ich immer ausgerüstet bin, falls mal wieder etwas verschwindet. Mein Kater schmiegt sich um meine Beine und miaut. Er möchte, dass ich schneller bin. Wenn er nur wüsste, was für eine Überwindung schon das Zähneputzen für mich bedeutet. Jede Bewegung fällt mir so schwer, als hätte ich mindestens einen Sack Blei um meine Schultern gelegt. Als ich endlich fertig bin, gehe ich in die Küche und mache mir erstmal einen Kaffee. Zwei schwarze Knopfaugen fixieren mich dabei.

„Ja Mephisto, du bekommst jetzt auch endlich dein Frühstück“, sage ich zu meinem Kater, während ich ihm etwas in seinen Napf gebe. Damit hätte ich meine erste Pflichtaufgabe für heute erledigt.

Angestrengt überlege ich, was heute noch ansteht und bereite mir dabei mein Frühstück zu.

Ich schaue in meine Müslischale und spüre eine undefinierbare Veränderung. Mir ist leicht schwindelig und die Schale wirkt plötzlich ganz anders, irgendwie bunter. Meine Gedanken sind mit einem Mal ganz klar und ich voller Elan. Das wird ein toller Tag werden. Ich nehme mir für heute eine Fahrradtour mit meiner besten Freundin Lisa vor. Ich werde sie gleich mal anrufen und fragen, ob sie heute Zeit hat. Ich ziehe mich fix um und habe das Bedürfnis vorher nochmal Zähne zu putzen. Zähneputzen nach dem Frühstück erscheint mir auf einmal wesentlich sinnvoller. Ich gehe ins Bad und wundere mich, dass eine neue Zahnbürste im Becher steht. Dabei hatte ich die alte gestern noch aus Versehen im Wohnzimmer liegen gelassen. Ich sollte nicht immer beim Zähneputzen durch die Wohnung rennen. Das ist keine gute Angewohnheit. Aber ich hatte eigentlich keine neue genommen. Vielleicht habe ich das irgendwann in der Nacht doch gemacht. Ich habe schon langsam die Vermutung, dass ich schlafwandele. Immer liegen die Sachen nicht da, wo ich mich erinnern kann, sie zuletzt hingelegt zu haben. Ich rufe jetzt bei Lisa an. Es klingelt zweimal, beim dritten Mal geht sie ran.

„Hi Lisa, wie geht es dir? Ich dachte, da das Wetter heute so schön sein soll, könnten wir vielleicht zusammen eine kleine Fahrradtour unternehmen. Hast du Zeit und Lust?“

„Hi Sarah, du bist aber gut gelaunt heute. Das freut mich. Zuletzt hattest du ja nicht wirklich Lust etwas zu machen, wolltest nicht einmal mit mir um den Block spazieren gehen.“

Ich wundere mich, dass ich anscheinend vor kurzem noch lethargisch war, denn das ist eigentlich überhaupt nicht meine Art, zumindest fühlte ich mich nicht so. Wir verabreden uns für den Nachmittag und ich soll sie zu Hause mit dem Fahrrad abholen.

Als ich bei Lisas Haus ankomme, sehe ich sie schon von Weitem im Garten. Sie wohnt, im Gegensatz zu meiner Bleibe, in einem wunderschönen Haus gemeinsam mit ihrem Mann. Ich habe noch nicht mal einen Freund, aber das stört mich nicht weiter.

Die Unterschiede tun unserer Freundschaft keinen Abbruch, auch wenn wir in verschiedenen Welten beheimatet sind.

Lisa und ich kennen uns noch aus der Schulzeit. Wir lebten damals in der gleichen Gegend, lediglich drei Häuser voneinander entfernt und verbrachten die Nachmittage regelmäßig zusammen. Wir kletterten auf Bäume und klauten den Nachbarn die Früchte aus dem Garten. Ich hatte eine schöne Kindheit, soweit ich mich an sie erinnern kann.

Ich wuchs bei meiner Tante auf. Meine Eltern sind beide früh gestorben. Ich kann mich da nicht mehr daran erinnern. Es ist, als gäbe es da eine Art unsichtbare Erinnerungsmauer. Meine Geschichte beginnt für mich mit fünf Jahren. Ich glaube aber, dass das nicht unbedingt ungewöhnlich ist. Ich denke so kleine Kinder vergessen schnell. Ich habe auch nie ein Bild meiner Eltern gesehen, habe mich aber komischerweise auch nie dafür interessiert. Meine Tante war eine entfernte Verwandte von meiner Mutter. Sie hat sehr gut für mich gesorgt und war meine engste Bezugsperson. Leider ist sie dann verstorben, als ich vierzehn Jahre alt war. Danach bin ich in ein tiefes Trauerloch gefallen. Zudem musste ich dann in ein betreutes Jugendwohnheim ziehen, was sich aber in der Situation als heilsam erwies. Die Ablenkung, die neue Umgebung und Freundschaften taten mir wirklich gut. Manchmal hatte ich aber auch immer noch sehr dunkle Phasen, wo ich mich mit verschiedenen Leuten auf der Straße herumtrieb. Man sammelte mich dann regelmäßig an den ungewöhnlichsten Orten ein und so kam es, dass ich beim Jugendpsychologen vorstellig werden musste. Die konnten aber auch nichts feststellen, außer, dass ich gelegentlich an Depressionen litt.

Die Freundschaft mit Lisa hatte sich damals etwas auseinandergelebt und wir hatten uns eine Zeit lang aus den Augen verloren. Aber als ich dann schließlich in meine erste eigene Wohnung gezogen bin, habe ich sie wieder kontaktiert und seitdem sind wir unzertrennlich.

Als ich also endlich bei Lisas Haus ankomme, sieht sie mich gleich und winkt mir zu. Sie holt noch schnell ihr Fahrrad aus der Garage und dann fahren wir auch schon los.

Wir kommen an einem Eisgeschäft vorbei und beschließen uns auch ein leckeres Eis zu holen. Bei der Hitze auf jeden Fall nicht verkehrt. In dem Moment höre ich, wie ein Kleinkind fürchterlich schreit, weil ihm sein Eis zu Boden gefallen ist. Ich sehe das Kind