Die Gefangene des Highlanders - Megan MacFadden - E-Book
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Die Gefangene des Highlanders E-Book

Megan MacFadden

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Beschreibung

„Sie ist seine Geisel – doch ihre Schönheit schlägt sein Herz in Ketten.“ Schottland, Ende des 12. Jahrhunderts. Als der tapfere Kreuzritter Braden MacDean aus dem Heiligen Land nach Hause zurückkehrt, steht er vor dem Nichts: Seine Familie wurde getötet, die Burg zerstört, das Land vom Clan der MacArons erobert. Braden bleibt nur eine Möglichkeit: Er entführt die schöne Marian MacAron, um seine Feinde unter Druck zu setzen. Natürlich glaubt der Highlander, dass seine Geisel Widerstand leisten wird – aber er ist nicht darauf vorbereitet, welche Gefühle die temperamentvolle Rothaarige in ihm weckt… „Ein unterhaltsamer Highlander-Roman mit hohem Romantik-Faktor.“ www.test.happy-end-buecher.de Jetzt als eBook: „Die Gefangene des Highlanders“ von Megan MacFadden. dotbooks – der eBook-Verlag.

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Über dieses Buch:

Schottland, Ende des 12. Jahrhunderts. Als der tapfere Kreuzritter Braden MacDean aus dem Heiligen Land nach Hause zurückkehrt, steht er vor dem Nichts: Seine Familie wurde getötet, die Burg zerstört, das Land vom Clan der MacArons erobert. Braden bleibt nur eine Möglichkeit: Er entführt die schöne Marian MacAron, um seine Feinde unter Druck zu setzen. Natürlich glaubt der Highlander, dass seine Geisel Widerstand leisten wird – aber er ist nicht darauf vorbereitet, welche Gefühle die temperamentvolle Rothaarige in ihm weckt…

„Ein unterhaltsamer Highlander-Roman mit hohem Romantik-Faktor.“ www.test.happy-end-buecher.de

Über die Autorin:

Megan MacFadden ist das Pseudonym einer Autorin, die bereits viele Erfolge im Bereich der Unterhaltungsliteratur vorweisen kann. Ihr Spektrum reicht von historischen Liebesromanen über erotische Literatur bis hin zu humorvollen Ratgebern.

Bei dotbooks erschienen außerdem die Megan-MacFadden-Romane Die Geliebte des Kosaken und In den Fesseln des Wikingers.

***

Überarbeitete Neuausgabe April 2013

Copyright © der Originalausgabe 2009 Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Copyright © der Neuausgabe 2013 dotbooks GmbH, München.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Nicola Bernhart Feines Grafikdesign, München

Titelbildabbildung: oben © Coka – Fotolia.com / unten © vichie81 – Fotolia.com

ISBN 978-3-95520-187-6

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Megan MacFadden

Die Gefangene des Highlanders

Roman

dotbooks.

Kapitel 1

Schottisches Hochland, Ende des 12. Jahrhunderts

In Sithas dunklen Augen spiegelte sich die schmale Mondsichel. Ihre Lippen waren tiefrot und wölbten sich verführerisch, während sie ihm leise zuflüsterte: „Du bist mein Herr und Gebieter, Sidhi. Du hast mein Leben gerettet. Ich gehöre dir.“

Er ahnte den Sinn ihrer Worte mehr, als dass er ihn verstand, denn er kannte ihre Sprache nicht. Die schöne Sarazenin lag vor ihm auf dem Rücken, das Gewand halb geöffnet, das ausgebreitete schwarze Haar malte ein geheimnisvolles Schlangenmuster in den hellen Sand. Man hatte die Tücher des Zelteingangs weit zurückgeschlagen, um die nächtliche Kühle einzulassen, der rötliche, unstete Schein des Lagerfeuers zitterte auf Sithas nackter Haut.

„Du wirst mit mir gehen, Sitha“, flüsterte er, sich über sie beugend. „In meine Heimat weit im Norden in den Bergen Schottlands. Dort wirst du meine Königin sein …“

Hatte sie verstanden? Sie lächelte und hob sanft eine Hand, schlang sie um seinen Nacken und zog ihn zu sich herab. Der süße Duft ihres Körpers berauschte ihn, ließ ihn den Kopf verlieren und alle Warnungen der Kameraden vergessen. Nie hatte sie sich ihm so willig dargeboten, er spürte, wie ihre weichen Brüste sich an ihm rieben, wie ihr Schoß ihm entgegenstrebte, er umfasste ihre Lenden und grub seine Hände in ihren Hintern. Roter Nebel senkte sich über das Lager, während seine Sinne explodierten, Feuer schienen ihn zu umlodern, während sie ihm bereitwillig alle Liebeswonnen des Orients bereitete. Gesättigt und erschöpft schlummerte er an ihrer Seite ein, das Gesicht in ihrem Haar, die Arme um ihren heißen, bloßen Körper geschlungen. Kleine Flämmchen tanzten im Zelt, zuckten blau und gelb wie blitzende Klingen, zischten tückisch neben seinem Ohr und mischten sich mit Sithas leisem, zärtlichem Flüstern. Er spürte, wie sie sich aus seinen Armen löste, mit einer leichten Bewegung über ihn glitt …

An diesem Punkt des Traumes versuchte Braden jedes Mal verzweifelt aufzuwachen. Er kniff sich in die Arme, riss an seinem Haar, knirschte mit den Zähnen, schlug um sich … Doch der Traum war boshaft und hartnäckig, er ließ sein Opfer nicht aus den Fängen, zwang ihn mit sich bis zum bitteren Ende. Kalt bohrte sich Sithas Dolch in seinen Rücken, drang so tief ein, dass er spürte, wie das Leben aus ihm entwich. Danach kam Dunkelheit und das Geräusch eines Brunnenlaufes, aus dem unaufhörlich das Wasser quoll …

Als er die Augen öffnete, erblickte er über sich ein fleischiges, verschwitztes Gesicht. Der Wirt starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an, in denen sich Angst und Mitleid spiegelte.

„Wir glaubten schon, ein Dieb sei über Euch hergefallen“, stammelte er. „Seid Ihr wohlauf, Herr?“

Braden blinzelte in den Schein der Laterne, die der verängstige Mann dicht über ihn hielt, und er verfluchte die elende Nachtmahr, die an ihm klebte wie ein Schatten. Er schämte sich – offensichtlich hatte er im Schlaf wie ein Verrückter um sich geschlagen, denn er war von Scherben umgeben, und ein Hocker, der neben seinem Bett gestanden hatte, war auch zu Bruch gegangen.

„Mir fehlt nichts“, sagte er, sich zu einem beruhigenden Lächeln zwingend. „Ich bin ein unruhiger Schläfer, das ist alles.“

Er war der einzige Gast in dem strohgedeckten Schlafraum, der den gesamten Dachboden der Herberge ausfüllte. Durch die Ritzen dämmerte der erste, graue Morgenschein, ein Hahn krähte noch etwas müde, der Geruch des Torffeuers und der Hafergrütze durchzog das Haus. Braden liebte diesen Duft, denn es war der Geruch seiner Kindheit.

An der Tür sah Braden die Wirtin stehen, ein paar dünne, helle Haarsträhnen stahlen sich unter der nicht mehr ganz sauberen Haube hervor, im halboffenen Mund waren nur zwei Zähne zu erkennen. Sie hatte sich ganz offensichtlich nicht in den Raum hineingetraut, denn der große, muskelbepackte Kerl mit dem düsteren Blick, der spät am Abend bei ihnen abgestiegen war, hatte einen wenig vertrauenerweckenden Eindruck gemacht. Jetzt starrte sie auf die Scherben, und Braden wusste, was sie dachte.

„Ich werde alles ersetzen.“

Braden erhob sich von seinem Lager – wobei der Wirt eilig beiseite stolperte, als der Gast sich zu seiner vollen Höhe aufrichtete – und begann in aller Ruhe sich anzukleiden und seine wenigen Habseligkeiten zusammenzupacken.

Viel war dem Morgenlandfahrer nicht geblieben. Nachdem ihn Kameraden mit der tiefen Wunde im Rücken bei einem arabischen Arzt abgeliefert hatten, nahmen sie seinen Anteil an den in Akkar erbeuteten Schätzen freundlicherweise an sich. Immerhin hatte man dem Arzt Geld gegeben, und er erwies sich als ein Meister seines Fachs und zudem als eine ehrliche Haut, denn er pflegte den fremden, blonden Ritter gesund. Braden veräußerte seinen letzten Besitz, um zurück in die Heimat zu reisen, sein gutes Pferd, seinen Kettenpanzer, die kostbaren, im Kampf um Akkar erbeuteten Waffen. In Bari erwarb er einen betagten Wallach, der ihn durch Italien und das Frankenreich trug. An der normannischen Küste verkaufte er das Tier, um nach der Überfahrt auf einer altersschwachen Stute durch England bis hinauf in seine schottische Heimat zu reiten.

Braden MacDean, der vor drei Jahren voller Enthusiasmus ins Heilige Land aufgebrochen war, um Jerusalem aus den Händen der Heiden zu befreien, kehrte arm und verbittert zurück. Er hatte bei sengender Sonne gekämpft und seine Kameraden sterben sehen, hatte erlebt, wie Unschuldige bestialisch ermordet wurden, wie Brutalität und Gier die Ideale der Kreuzritter aushöhlten. Am Ende hatte hinterhältiger Verrat gestanden – Braden MacDean war sich sicher, dass er in diesem Leben niemandem mehr trauen würde. Vor allem keiner Frau.

Erst in dem Augenblick, als er die Berge seiner schottischen Heimat erblickte, war wieder Hoffnung in ihm aufgekeimt. Hier gehörte er hin, hier war sein Land, der Besitz der MacDeans, der einst sein Erbe sein würde, hier waren seine Familie, seine Pflichten und seine Aufgaben.

Die Wirtsstube war stickig vom Rauch des Feuers, ein zottiger Hund schlief neben dem offenen Herd und hob den Kopf, als Braden eintrat. Wirt und Wirtin flüsterten miteinander und warfen ihm scheue Blicke zu, vermutlich stritten sie um den Wert der zerschlagenen Töpfe. Er ließ sich unbeeindruckt am Kopfende des langen Tisches nieder und wartete geduldig auf das Frühstück. Es bestand aus dünnem Brei und einem Kanten hartem Haferbrot – viel Aufwand wurde wegen ihm nicht getrieben. Jeder Bauer hätte ein besseres Mahl erhalten, von den Lairds und Clanchefs einmal ganz abgesehen.

Er bezwang den aufsteigenden Ärger – schließlich hatte er auf seiner langen Reise schon weitaus schlechter gegessen. Schweigend löffelte er die hölzerne Schale leer – das Zeug schmeckte nach weniger als nichts, und die Vorstellung, dem Wirt seine Schüssel samt Inhalt gegen den Kopf zu werfen, war verlockend. Doch er wollte seine Heimkehr nicht gleich mit einem Gewaltakt beginnen, er war friedfertig und sehnte sich nach Ruhe.

Nachdem er sein Mahl beendet hatte, trat der Wirt mit zögernden Schritten an den Tisch. Braden sah dem Mann an, dass er sich vor ihm fürchtete, vermutlich kam er nur, weil ihm seine Frau, die sich an den Kesseln über dem Feuer zu schaffen machte, keine Ruhe ließ.

„Ein Krug, Herr“, sagte er und räusperte sich, weil er heiser war. „Aus hart gebranntem Ton und bemalt. Dazu eine Schale mit gezacktem Rand, ein Erbstück meiner Frau. Der Schemel war nicht viel wert, schon etwas wackelig …“

Braden konnte sich an die Schale nicht erinnern, ein Krug hatte wohl auf dem Schemel gestanden, bemalt war er nicht gewesen.

„Wie viel willst du haben?“

Der Wirt zog die Schultern zusammen und machte einen Buckel, er hatte vorhin die stählernen Muskeln seines Gastes gesehen – der bärtige Kerl konnte ihn ohne Zweifel mühelos mit einer Hand zu Boden schlagen. Doch ein rascher Blick zum Herd hinüber machte ihm klar, dass er keine Wahl hatte.

„Ich überlasse es Eurer Großmut, Herr …“

Braden zog seinen Beutel hervor und warf ihn auf den Tisch. Es war nur noch eine einzige, kleine Münze darin, alles, was er besaß. Er schob die leere Schüssel beiseite und erhob sich wortlos, um hinauszugehen. An der Schwelle wandte er sich um und sah, wie der Wirt den Beutel ratlos in den Händen drehte.

„Wenn es dir zu wenig erscheint – frag nach Braden MacDean. Dann wirst du bekommen, was dir zusteht.“

Draußen war die Dämmerung heraufgezogen, die ersten Vögel begrüßten den Morgen, im Osten brach weißes Licht durch die Wolken. Er führte die Stute aus dem Verschlag, die sich hungrig auf das frische Gras am Wegrand stürzte. Eine Weile ließ er sie grasen, zornig, dass man das Tier so schlecht versorgt hatte, dann schwang er sich in den Sattel und ritt davon ohne sich umzusehen.

Die Wirtin war zu ihrem Mann gelaufen, hatte ihm den Beutel aus der Hand gerissen und die Münze herausgeholt. Ihr Gesicht war verschwitzt und rot vor Ärger, die Haarsträhnen klebten an Wangen und Stirn.

„Wertloses Zeug!“, schalt sie und warf die kleine Münze auf den Boden. „Keiner nimmt dir so was ab. Warum hast du nicht seinen Mantel verlangt? Oder seine Stiefel?“

„Bist du verrückt?“, schimpfte er und kroch unter den Tisch, um das Geldstück zu suchen. „Hast du nicht gehört, was er gesagt hat? Braden MacDean!“

„Du lässt dir auch jeden Bären aufbinden“, gab sie zurück und wischte sich das Gesicht mit dem Ärmel. „Braden MacDean ist tot!“

„Und wenn nicht? Wenn ich’s recht bedenke, sah er ihm verflucht ähnlich.“

„Du träumst. Braden war ein fröhlicher, junger Kerl, ein Draufgänger und Bruder Leichtsinn.“

„Eine Reise ins Heilige Land hat schon so manchen Mann verändert.“

Die Wirtin zuckte die Schultern und betrachtete den ledernen Beutel. Er war abgeschabt, doch im Lampenschein erkannte sie, dass er über und über mit eingepressten Ornamenten bedeckt war. Halbmonde waren zu sehen, ineinander verschlungene Pflanzen, Sterne. Das Ding war auf keinen Fall in der Gegend hergestellt worden.

„Wenn das wirklich Braden MacDean gewesen ist“, sagte sie langsam und sog die Luft ein, „dann gnade ihm Gott.“

***

„Nein, nein und nochmals nein!“

Marian stand vor ihrem Vater, mit glühenden Wangen und glänzenden Augen, alles an ihr war Aufruhr und Widerspruchsgeist. Eine ihrer roten Locken war aus dem Haarband gerutscht und hing ihr keck in die Stirn.

Noch vor drei Jahren hätte David MacAron solchen Starrsinn mit einer kräftigen Ohrfeige quittiert. Doch die Schicksalsschläge der Vergangenheit hatten seinen Jähzorn gedämpft, so dass er seine Tochter jetzt nur wütend anstarrte, während er die Finger in die Lehne seines Stuhls grub.

„Du weigerst dich also, deinem Vater zu gehorchen? Deine Pflicht gegenüber der Familie zu erfüllen?“, zischte er sie an.

Marian sah in die gefährlich schmalen Augen ihres Vaters, und sie wusste, dass sie sich auf dünnem Eis bewegte. Doch sie war viel zu empört, um klein beizugeben. Auch sie war eine MacAron, und den Starrsinn hatte sie von ihrem Vater.

„Ich gehorche dir blind, Vater“, rief sie aufgeregt. „Befiel mir, von der Spitze des Turms herunterzuspringen, und ich werde es ohne zu zögern tun. Schick mich in ein Kloster, und ich werde dir gehorchen. Aber ich werde unter keinen Umständen Graham MacBoylls Frau werden!“

Das war nun vollkommener Blödsinn. Vom Turm springen! Ins Kloster gehen! Heiraten sollte das Mädchen und einen männlichen Nachkommen in die Welt setzen. Alle Hoffnung des alten MacAron ruhte darauf, nachdem ihr Bruder Ewan getötet worden war. Aber Marian, die sich in den letzten Jahren zu einer verlockenden, rothaarigen Schönheit entwickelt hatte, war widerspenstig. Diesen nicht und jenen auch nicht – verflucht, vermutlich war es ihr zu Kopf gestiegen, dass jeder Mann sie anglotzte und seinen Verstand dabei einbüßte.

David MacAron zog fröstelnd den Mantel um die Schultern, denn der Wohnbereich der alten Burg war zugig, und er war in den letzten Jahren empfindlich geworden. Es ging in den Herbst hinein, bald würde man die Fenster wieder mit hölzernen Läden verschließen, damit die Kälte nicht eindringen konnte. Er hasste die dunklen Tage, die Zeit, in der man bei Fackelschein und Talglichtern am Ofen saß und düstere Gedanken über ihn herfielen. Diese verdammte, sture Person hatte sich zu fügen. Er wollte Graham zum Schwiegersohn haben und seine Enkel sehen. Vor allem das – es sollte wieder Leben in der Burg einkehren, Kinderlachen, herumtobende Bengel, helle, fröhliche Stimmen …

„Du hast drei Tage Zeit um nachzudenken, Marian.“

Sie bewegte sich nicht von der Stelle, schob nur trotzig das Kinn vor, genau so, wie sie es schon als Kind gemacht hatte.

„Es gibt nichts, worüber ich nachdenken könnte, Vater. Jeden anderen, aber nicht Graham MacBoyll.“

„Schweig“, herrschte er sie an. „Du hast zu gehorchen – oder du bist nicht mehr meine Tochter!“

Die Drohung war hart und auch gefährlich, denn dieses dickköpfige Mädchen war zu allem Möglichen fähig. Aber er konnte schließlich nicht nach der Pfeife seiner Tochter tanzen. Die ganze Geschichte war schon peinlich genug, da Graham MacBoyll, der seinen Antrag vor zwei Tagen vorgebracht hatte, dringend auf Antwort wartete. Graham MacBoyll war ein guter Freund und Waffenbruder gewesen, deshalb war David bereit, ihm eine seiner Töchter zur Frau zu geben. Das Land der MacBoylls lag im Norden und grenzte an den der MacArons – seine Enkel würden über einen beträchtlichen Besitz verfügen. Vor allem seitdem David MacAron auch das Land der MacDeans an sich gebracht hatte …

„Denk also gut nach, Marian!“, knurrte er und stand mühsam aus dem Lehnstuhl auf, um draußen auf dem Hof nach dem Rechten zu sehen. Seit einiger Zeit plagten ihn Schmerzen in allen Knochen, besonders die Beine machten ihm zu schaffen. Manchmal wurden sie sogar taub beim Reiten, so dass man ihm vom Pferd hatte helfen müssen und er nur mit knapper Not den Eingang zum Turm erreichte. Dabei war er noch kein Greis, auch wenn sein Haar damals in jener schlimmen Nacht, als man ihm Ewan brachte, schlohweiß geworden war.

Marian blieb mit gemischten Gefühlen im Raum zurück. Himmel – sie liebte ihren Vater doch, und sie wäre zu allem Möglichen bereit gewesen um ihm Freude zu bereiten. Sie sah schließlich, wie verbittert und krank er war, sie wusste nur zu gut, wie sehr er einen Erben ersehnte. Aber weshalb musste er sich ausgerechnet auf Graham versteifen?

Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und ging hinüber zu dem durch Holzwände abgeteilten Bereich, in dem die Familie des Burgherrn wohnte. Die Bettstatt der Eltern war von dem übrigen Raum abgetrennt, dicke Vorhänge verhinderten jeden Blick auf das eheliche Lager. Der übrige Raum gehörte ihr und ihrer Schwester, auch die Mutter hielt sich dort auf, wenn ihre täglichen Verpflichtungen es ihr erlaubten.

Fia lag auf ihrem Lager und hatte die Augen geschlossen. Die zarte, blonde junge Frau war seit ihrer Krankheit noch durchscheinender und blässer geworden, sie hatte sich von dem ausgestandenen Schrecken nicht wieder erholt. Marian trat leise zu ihr und hockte sich neben sie auf den Boden.

„Schläfst du, Fia?“

Sie hatte ein schreckliches Bedürfnis, mit jemanden zu sprechen, am besten mit Fia, denn die Mutter war sowieso immer auf der Seite des Vaters.

Fias Lider zitterten leicht, dann schlug sie die Augen auf und lächelte schwach. Sie hatte große, hellblaue Augen, die unglaublich sanft und ein wenig kindlich blickten.

„Bei dem Lärm, den ihr beide gemacht habt? Ich fürchte, man hat euch bis auf den Hof hinunter gehört, Marian.“

„Und wenn schon“, gab Marian trotzig zurück und schürzte die Lippen. Es fehlte noch, dass auch Fia, die immer verständnisvolle, ihr jetzt Vorwürfe machte.

„Es ist wirklich schade, dass du Graham nicht leiden kannst“, seufzte Fia. „Ich finde, dass er sich in letzter Zeit zu seinem Vorteil verändert hat.“

„Weil du ein dummes Schaf bist und dich täuschen lässt“, regte sich Marian auf. „Ich kenne Graham – er ist ein hinterhältiger Mistkerl und wird sich niemals ändern.“

Marian hatte alle möglichen Gründe für ihre Ablehnung hervorgeholt – den wahren Grund hatte sie nicht einmal Fia erzählt. Nur ihrer Mutter hatte sie heimlich gestanden, dass Graham sie letztes Jahr im Wald vom Pferd gezogen und ihr das Kleid zerrissen hatte. Sie war ihm nur entkommen, weil sie ihm fast die Augen ausgekratzt und ihm dann einen festen Tritt verpasst hatte. Dorthin, wo es ihm verdammt wehgetan hatte. Ihre Mutter musste die Sache dem Vater erzählt haben, doch scheinbar kümmerte es ihn wenig. Er hatte ihr nur verboten, allein auf die Jagd zu reiten.

Fia nickte bereitwillig. Natürlich – Marian hatte sicher ihre Gründe. Allerdings hatte sie bisher an jedem Bewerber herumgemäkelt – und nun war der Bogen überspannt. Marian war immer der Liebling des Vaters gewesen, die wilde Göre, die vor nichts Angst hatte, die wie ein Mann reiten und sogar mit Pfeil und Bogen umgehen konnte. Marian und Ewan waren sich so ähnlich gewesen, beide so mutig und klug und rasch in ihren Entschlüssen. Fia liebte Marian über alles, und sie litt mit ihr, weil sie jetzt in einer so scheußlichen Zwangslage steckte.

„Unser Vater wird dich nicht verstoßen“, sagte sie tröstend und nahm Marians Hand. „Er liebt dich, und er braucht dich, Marian.“

Davon wollte Marian im Moment jedoch nichts hören. Stattdessen beschloss sie das Thema zu wechseln, denn Fia würde ihr doch nicht helfen können. Sie musste die Sache eben allein durchstehen. Ach, wenn Ewan noch lebte, der wäre ganz sicher auf ihrer Seite gewesen. Aber ihr Bruder Ewan lag drüben auf dem kleinen Friedhof bei der Kapelle des heiligen Patric, er war nur zweiundzwanzig Jahre alt geworden.

„Geht es dir heute besser?“, erkundigte sie sich, denn Fias Hand war heiß, als habe sie wieder Fieber.

„Mir geht es gut.“

Marian wusste genau, dass es Fia nicht gut ging. Es ärgerte sie, dass ihre Schwester sich so wenig bemühte, gesund zu werden. Zum Donnerwetter noch einmal – das Leben ging weiter, sie war jung und überhaupt nicht hässlich – warum konnte sie nicht endlich vergessen?

„Was hältst du von Druce“, fragte Marian listig. „Ist er nicht ein netter Kerl?“

Die Frage traf ins Schwarze, denn Fias blasses Gesicht überzog sich mit einer feinen Röte. Hatte sie es sich doch gedacht – der große Bär mit dem gutmütigen Wesen hatte Eindruck auf ihre Schwester gemacht.

„Er ist sehr unterhaltsam …“

Fia bemühte sich, gleichmütig zu erscheinen. Aber sie hatte damit bei Marian keine Chance.

„Er ist ein großartiger Erzähler, Fia. Wenn er von seinen Erlebnissen aus dem Heiligen Land berichtet, habe ich das Gefühl, den heißen Sand zu spüren und die schimmernden Paläste der Sarazenen vor mir zu sehen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass er immer wieder zu dir hinübersieht, Fia.“

„Ach Marian …“

„Druce wäre der richtige für dich. Du solltest ihm öfter ein Lächeln schenken, anstatt immer auf deine Näharbeit zu starren!“

„Druce ist zurück zu seiner Familie geritten. Und ich bin ganz sicher, dass seine Eltern längst eine Braut für ihn ausgesucht haben.“

„Und wenn schon. Druce ist nicht der Mann, der sich eine ungeliebte Frau aufzwingen lässt, Fia. Er wird zurückkommen, da bin ich ganz sicher.“

Fia drehte den Kopf zur Seite und schwieg. Warum musste Marian sie quälen? Sie bekämpfte tapfer die Tränen des Selbstmitleids, die ihr in die Augen steigen wollten und schluckte, bevor sie sprechen konnte.

„Ich werde niemals Kinder haben, Marian. Das hat die alte Sorcha damals, als ich krank war, gesagt. Wie sollte ich da an eine Heirat denken?“

Marian packte die Wut. Verflixt noch mal – wollte Fia überhaupt nicht mehr ins Leben zurückkehren?

„Wieso glaubst du dieser alten Hexe!“, fauchte sie. „Was ist, wenn sie sich geirrt hat? Willst du dein Glück wegwerfen, nur weil diese dumme alte Gans dir Lügen erzählt?“

Fia musste wider Willen lächeln. Für Marian war alles immer so einfach, sie vertraute auf ihre Stärke und war fest davon überzeugt, dass sich alles zum Guten wenden würde. Ach, wenn sie nur solches Vertrauen zu sich selbst haben könnte, wie Marian es hatte.

„Ich fürchte, sie hat recht, Marian. Ich habe es geträumt.“

„Du und deine dummen Träume!“, schimpfte Marian aufgebracht. „Das kommt nur davon, weil du immer hier herumliegst und Trübsal bläst. Geh hinaus an die frische Luft, reite mit mir über die Berge …“

„Ich habe auch von Braden geträumt …“

„Großer Gott!“

Marians Brauen zogen sich zusammen. Braden MacDean war vor vier Jahren mit ihr verlobt worden – damals war sie noch eine dralle, kleine Göre, kaum 15 Jahre alt, vorlaut und aufsässig. Der gut gewachsene, blonde Braden hatte ihr gefallen – doch leider schien er ihre Gefühle nicht zu erwidern. Kurz nach der Verlobung war er ins Heilige Land aufgebrochen, dieser verdammte Dummkopf!

„Zuerst habe ich ihn nicht erkannt, Marian“, fuhr Fia leise flüsternd fort. „Er schien mir größer als früher, über seine Schultern zogen sich wulstige Muskeln, und seine Haut hatte einen schimmernden Bronzeton. Er war unglaublich stark und männlich.“

„Fia!“

„Er trug einen blonden Vollbart, Marian, und seine Augen – erinnerst du dich, er hatte helle graublaue Augen – sie blickten hart und düster. Ich bekam fast Furcht vor ihm.“

„Du liebe Güte – wer weiß, wer dir da im Traum erschienen ist. Braden war das ganz gewiss nicht.“

Es gefiel ihr wenig, dass ihre Schwester von Toten träumte. Denn Braden MacDean war im Heiligen Land gestorben. Das hatte Druce erzählt, der mit ihm dorthin gezogen war. Er hatte auch berichtet, dass Braden sich mit einer Sarazenin verheiratet hatte. Marian hatte dabei einen Stich empfunden, einen heftigen Schmerz, den sie eifrig mit Empörung überdeckt hatte. Er hatte ihr, seiner schottischen Verlobten, eine Heidin vorgezogen, eine Ungläubige, eine Sarazenin. Geschah ihm nur recht, dass er jetzt tot war.

„Denkst du noch an Braden?“, fragte Fia verträumt.

„Kein bisschen“, knurrte Marian. „Hör bitte auf, von ihm zu träumen, ja? Steh jetzt auf und geh mit mir ein paar Schritte durch den Garten.“

Fia schüttelte den Kopf und zog sich die Decke über den Körper.

„Sei nicht böse, Marian, aber ich bin sehr müde. Später vielleicht, wenn ich ein wenig geschlafen habe.“

„Später essen wir zu Abend, und dann ist es zu dunkel!“, schimpfte Marian.

Aber Fia hatte sich auf die Seite gedreht und die Augen geschlossen. Wahrscheinlich träumte sie schon wieder. Wenn sie wenigstens Druce im Traum sehen würde, das wäre immerhin ein Fortschritt.

Ärgerlich erhob sich Marian. Es war wie verhext – nichts wollte ihr gelingen. Ihr Vater, ihre Mutter und jetzt auch noch Fia – alle waren gegen sie und machten ihr Schwierigkeiten. Und dann musste Fia sie auch noch an den untreuen Braden erinnern. Als ob sie nicht auch so schon genug Probleme hätte.

Sie lehnte sich aus einem der kleinen Fenster des Wohnraums und sah hinaus. Die Sonnenscheibe stand tief über den Bergen, und ihr Licht ließ das Heidekraut im Tal braunrot aussehen. Früher hatte man geglaubt, die rotgoldene Scheibe würde auf einem Pferdewagen über den Himmel gezogen. Wie schade, dass es nicht die Wahrheit war, sie hätte den Wagen mit den feurigen Rossen gern gesehen.

Trotzig stieß sie sich vom Fenster ab. Nachdenken sollte sie, hatte er gesagt. Na schön. Sie würde früh am Morgen, wenn noch alle schliefen, auf die Jagd reiten. Allein. Dabei konnte sie am besten nachdenken.

Kapitel 2

Braden rieb sich die Augen. Es musste eine Sinnestäuschung sein, ein böser Traum, Hexenwerk. Er schärfte den Blick, trieb die müde Stute an, gab ihr die Sporen. Dann begriff er, dass das, was er sah grausame Wirklichkeit war.

Auf dem Hügel, wo einst die Burg seines Vaters gestanden hatte, war nichts als ein Haufen Steine zu sehen. Verkohlte Balken lagen herum, von Regen und Wind gebleicht, niedriges Buschwerk und Gräser wuchsen dazwischen, wollten die Reste der ehemaligen Feste überwuchern.

Er spürte trotz des warmen Herbsttages eisige Kälte, sein Herz hämmerte, während er vom Pferd stieg und den Hügel erklomm, das erschöpfte Tier hinter sich herziehend.

Was, um Gottes willen, war hier geschehen?

Der untere Teil des Wohnturmes war noch erhalten, man hatte ihn mit Balken und Brettern abgedeckt und das provisorische Dach mit Steinen beschwert. Zwei Schafe weideten zwischen den Trümmern, ein hölzerner Eimer lag herum, die Reste einer frischen Feuerstelle er schöpfte Hoffnung.

Hallo? Ist jemand da?

Keine Antwort. Wer auch immer dort hauste, schien keine Besucher zu mögen. Der Eingang der Ruine war mit Brettern notdürftig verschlossen worden, er schlug laut mit der Faust dagegen.

Macht auf! Hier ist Braden MacDean.

Nichts rührte sich. Er begriff, dass weder Robin noch seine Eltern dort drinnen sein konnten, sonst wären sie längst auf ihn zugestürzt, um ihn zu umarmen und willkommen zu heißen. Ungeduldig riss er die Bretter herunter und sah sich im nächsten Augenblick von zwei Männern angegriffen.

Sie mussten hinter der Ruine auf ihn gelauert haben, hatten ihn von beiden Seiten gepackt und schienen die ehrliche Absicht zu haben, ihn ums Leben zu bringen. Er brauchte eine kleine Weile, um den jüngeren der beiden niederzuringen, ohne ihn allzu sehr zu verletzen. Den lächerlichen Holzspieß hatte er ihm mit einer einzigen, gut gezielten Bewegung aus der Hand geschlagen. Den älteren schüttelte er einfach ab, so dass er zwischen die Balken stürzte und dort liegen blieb.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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