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Die GROSSEN FRAUEN UND MÄNNER – egal ob Erfinderin, Weltklassesportler oder Politikerin: Professor Carl von Braitenberg kennt sie alle. Der Professor hat sein ganzes Leben damit verbracht, die GESCHICHTE SEINES LANDES zu studieren und alles darüber zu sammeln. Diese wertvolle Sammlung sollen BRAITENBERGS TÖCHTER nach seinem Tod der ÖFFENTLICHKEIT ZUGÄNGLICH machen. Allerdings kommen dem Professor immer öfter Zweifel, ob die nachfolgenden Generationen überhaupt noch daran interessiert sein werden.Da trifft er auf einen THEATERDIREKTOR, der ihm seine Hilfe dabei anbietet, das großartige Werk bekannt zu machen. Doch es kommt nicht dazu, denn plötzlich überschlagen sich die Ereignisse. Eine sich rasch ausbreitende KRANKHEIT ÜBERROLLT DIE GESELLSCHAFT. Im Trubel der Entwicklungen BRECHEN KONFLIKTE AUF, die offensichtlich nur verschüttet waren. Braitenbergs Tochter Almut, die stets für ihren Vater da war, verliebt sich Hals über Kopf in den Theaterdirektor. Die Ehe der zweiten Tochter Carla mit dem Chefarzt Steffen Bergmann gerät in eine Krise, während die KLINIK, in der Bergmann arbeitet, aufgrund steigender INFEKTIONSZAHLEN immer größerer Belastung ausgesetzt ist und sogar ABGERIEGELT WERDEN MUSS. Die DROGENPROBLEMATIK, in der ihr gemeinsamer Sohn Jochen steckt, wird vor allem für Carla zur großen BELASTUNGSPROBE.Der Plan des Professors, die Zukunft seiner Sammlung in die Hände seiner Familie zu legen, fällt allmählich in sich zusammen. Er, der ein ganzes Netzwerk an Kontakten pflegte und bis in die Politik und die Beamtenschaft des Landes hinein viele Freunde hat, ist plötzlich gezwungen, auf Einladungen zu verzichten. Dann brechen aufgrund der TURBULENZEN AN DEN BÖRSEN auch noch die Kurse seiner Aktien ein.Während also alles darauf hindeutet, dass das großartige Lebenswerk niemals an die Öffentlichkeit gelangen wird, ist Braitenberg überzeugt, dass DAS BEISPIEL "DER GROSSEN VON GESTERN" nur umso mehr an Bedeutung gewinnt, je mehr die POLITISCHE UND GESELLSCHAFTLICHE KRISE sich zuspitzt. Aber wird er es schaffen, auch die GENERATION SEINER KINDER UND ENKEL davon zu überzeugen?
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Seitenzahl: 88
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Luis Zagler
Die Großen von gestern
Drama
Prof. Dr. Benjamin von Braitenberg
Carla Bergmann, seine Tochter
Dr. med. Stefan Bergmann, Carlas Mann
Jan, Sohn von Carla und Stefan Bergmann
Jorinda, seine Geliebte
Almut, Carlas Schwester
Theaterdirektor
Antonio, sein Assistent / Sabrina, eine Freundin von Jan und Jorinda
Ein Park, von dem aus ein verschlossenes Eingangstor in den Innenhof einer Privatklink führt. Links, im ansonsten leeren Bühnenraum, ein abgestorbener, violett gefärbter Baum, aus dem zwei kahle Äste ragen. In der Mitte rückwärts das große Tor. Irgendwo daneben eine Laterne, an der ein Stromkabel herabhängt. Es ist Abend. Carla und Almut kommen, später der Theaterdirektor mit seinem Assistenten. Gegen Ende des Aktes Dr.med. Stefan Bergmann und die ihn begleitende Frau.
Carla: Eigentlich bräucht ich das alles ja nicht. Ich mein, ich weiß, wann er kommt, wann er geht, wann er wo ist; ich weiß im Prinzip alles von ihm. Ich weiß sogar, was sich hinter seinen Worten verbirgt, wenn er mit mir spricht.
Almut: Aber warum sind wir dann hier?
Carla: Ich will ihm nicht Unrecht tun. (Pause) Mein Mann ist ein bekannter, angesehener Arzt, wie du weißt. Ich brauch den absolut sicheren Beweis.
Almut: Gibt es den?
Carla: Im Grunde will ich sie ja eigentlich nur sehn.
Almut: Kennst du sie nicht?
Carla: Er nimmt mich ja nicht mit. Er nimmt sie mit, nicht mich.
Almut: Aber was mach ich dann hier?
Carla: Du bist meine Schwester, Almut! Ich hab diesem Menschen mein Leben geopfert. Ich hab unseren Sohn großgezogen, die Tochter … Ich bin über fünfzig … und in der Krise meines Lebens – und alles nur wegen so einem … Luder, das überhaupt keine Ahnung davon hat, was es zerstört!
Almut: Vielleicht bildest du dir das auch nur ein.
Carla: Nein, nein. Ich mein …, das ist ja nicht einer, der lügt. Das hat der auch gar nicht nötig. Der geht zur Arbeit und … ist mit ihr … ist mittags mit ihr, abends; wer weiß …
Almut: Aber das kannst du ihm doch nicht verbieten!
Carla: Ich verbiet’s ihm ja auch nicht. Er kann mit jeder anderen gehen, wohin er will. Nur nicht mit ihr; diesem …. Luder!
Almut: Du bist anstrengend, Carla. Wirklich anstrengend.
Carla: Schau, Almut …, der sagt mir zum Beispiel …
Almut: Aber du sagst doch, dass er nie mit dir spricht?
Carla: Doch! Er spricht die ganze Zeit mit mir! Der erzählt mir komplett alles! Ich kenn jede einzelne Sehne, die er durchtrennt …, auch was es für den oder die später bedeutet, die er da auf seinem ‚Operationstisch‘ hat.
Almut: Na dann!
Carla: Wie?
Almut: Wenn er alles mit dir bespricht …
Carla: Aber nicht das, was ich will! Er kümmert sich einfach nicht um seine Familie. Das hat er überhaupt nie getan. Unser Sohn … – wir haben die größten Probleme mit ihm. Zum Glück war ich zuhause. Der wäre sonst in einem Kerker, irgendwo auf der Welt … Die Tochter …; in einer Stadt, wo ich nicht weiß, was sie treibt. Im Grunde will ich’s ja auch gar nicht wissen. Nein. Wirklich nicht. Wir haben ganz einfach versagt. Doch anstatt mir zu helfen, geht er mit diesem Luder! Wir können von Glück reden, wenn Jan uns nicht anfängt, Drogen zu nehmen.
Almut: Ach komm, Carla, das sind doch Gespenster.
Carla: Oder er kommt uns mit einer ins Haus, die … –
Almut: Ich weiß.
Carla: Wenn du siehst, wie dein eigenes Fleisch und Blut vor dir vergammelt – und du kannst nichts daran ändern! Weißt du, wie einen das quält? Das zerreißt dich gerade! (Pause) Komm! Hilf mir … ich muss das jetzt klären!
Carla geht auf das Eingangstor zu, möchte es öffnen, das Tor ist verschlossen.
Carla: Was ist da los?! Warum ist das Tor verschlossen? Das ist doch sonst zu jeder Tages- und Nachtzeit offen. Die können doch nicht …
Almut: Vielleicht sind wir zu spät.
Carla: Wir sind nicht zu spät. Das versteh ich nicht! So etwas hat’s doch noch nie gegeben! Sag bloß …, sag bloß, der verbarrikadiert sich … (Pause). Ich ruf an.
Es ertönt das Besetztzeichen. Carla versucht es noch einmal, doch wieder erklingt das Besetztzeichen.
Carla: Wie erklärst du dir das? Wenn er nicht ans Telefon kann, klingelt’s in seinem Büro. Ist der etwa …? Also das wär die Höhe! Der wird doch nicht …? Der wird doch nicht etwa … – im Büro!
Almut: Komm, komm, hör auf, Carla! Mach Schluss jetzt! Schluss! Schluss!!
Carla: Nein, nein! Ich trau ihm das zu.
Almut: Aber Carla!! Wie denkst du von deinem Mann?!
Carla: Ja, wie denk ich von ihm? Du hast keine Ahnung von Männern! Wird Zeit, dass du dir auch einen anlachst, meine Liebe …, der dann aber der Richtige für dich ist.
Almut: Still!
In diesem Moment kommt der Theaterdirektor, hinter ihm sein Assistent, der einen Handwagen zieht, auf dem Reihen von Büchern geschichtlicher Persönlichkeiten sind. Die Ausstellungsflächen auf dem Handwagen ragen pyramidenförmig nach oben, sodass mehrere Reihen von Büchern übereinander, gut sichtbar, ausgestellt sind. Antonio zieht den Wagen mit schmerzverzerrtem Gesicht und blutendem Arm. Theatherdirektor hilft ihm, eilt dann aber plötzlich voraus.
Theaterdirektor:Er braucht Hilfe! (Pause) Wir wurden … angegriffen! Ein Mann … mit Messer, hier, mitten im Park, kaum hundert Meter entfernt.
Almut: Haben Sie die Polizei gerufen?
Theaterdirektor(verwundert):Die Polizei?! Ohne einen Toten kommt doch keine Polizei mehr! Kennen Sie den Fall des Krankenpflegers? Brutalst zusammengeschlagen … – im Krankenhaus! Liegt heute noch … – und der Täter? Läuft frei herum. Möglicherweise war’s sogar der …, der uns attackiert hat.
Carla: Ich würde sie trotzdem rufen.
Theaterdirektor:Trotzdem? (Laut)Was dieser Mann braucht, ist ein Arzt! (Pause) Verzeihung! Ich … ich wollte das nicht. Das ist überhaupt nicht meine Art. Ich hab in meinem ganzen Leben noch nie eine Dame … angeschrien. Warum mir das gerade jetzt passiert? Ich bitt um Verzeihung, gnädige Frau.
Almut: Alles geschlossen.
Theaterdirektor geht zum Eingangstor, schreit, klingelt, ohne Erfolg. Kommt wieder.
Theaterdirektor:Als dieses Monster von einem Menschen heut auf uns zukam … und Antonio, mein Assistent, sich ihm in den Weg stellte …, zog der … sein Messer … – Ich mein, wo sind wir?! Da! Sehen Sie? Nicht wahr? Ich bin erst wenige Wochen in dieser Stadt. Aber so etwas hab ich mir nicht erwartet. Nicht in dieser Stadt.
Antonio wankt, droht das Bewusstsein zu verlieren. Almut eilt ihm zu Hilfe.
Almut: Helfen Sie mir!
Theaterdirektor eilt ihr zu Hilfe, wendet sich dann aber sofort wieder ab, kaum dass Antonio steht. Währenddessen wird Almut auf die Bücher aufmerksam, die auf dem Wagen zu sehen sind.
Almut:Sie haben viele wunderbare Bücher hier auf dem Wagen. Was machen Sie damit?
Theaterdirektor: Das ist unser Projekt.
Antonio: Er ist unser neuer Theaterdirektor.
Almut:Aha!
Theaterdirektor: Interessieren Sie … die Bücher?
Almut:Ich lebe seit Jahren mit einem Menschen unter einem Dach, der sich mit nichts anderem beschäftigt als diesen … ‚Großen von gestern‘.
Theaterdirektor: Darf ich fragen, wer dieser Herr ist?
Almut:Mein Vater.
Theaterdirektor: Ihr Vater? (Zu Antonio:)Antonio! (Zu Almut:)Dann sind Sie die Tochter des berühmten Herrn von Braitenberg!? (Zu Antonio:) Ich hab dir von ihm erzählt!
Antonio:Signor Intendante!
Theaterdirektor: Subito, subito! (Zu Almut:) Ich hab mich mit der Geschichte dieses Landes auseinandergesetzt. Im Grunde verdankt dieses Land ja alles nur diesen ‚Großen von gestern‘. Sie haben den Boden aufbereitet, auf dem wir heute stehn! Ihre Entscheidungen, diese genialen politischen Schachzüge, ihr Mut und die unglaubliche Ausdauer dieses …, dieses … – wie hieß er doch gleich … –; sie sind die Nutznießer davon.
Almut:Sie kennen sich aus.
Theaterdirektor nimmt einige der Bücher in die Hand und präsentiert sie Almut.
Theaterdirektor: Kommen Sie! Sehen Sie! Hier! Und hier! Hier! Alles großartige Männer und Frauen …, Macher, Grübler, Tüftler, Philosophen …, Politiker; ja, auch das … – und zwar gar nicht wenige. Da! Jeder auf seine Art genial! (Pause) Ich bin ja noch immer verwundert … über die Menschen in diesem Land, die jetzt so gar nicht mehr um ihre natürlichen Rechte kämpfen.
Almut:Ach ja?
Theaterdirektor: Es hat mich auf diese Idee gebracht.
Almut: Und was wär das für eine Idee?
Theaterdirektor: Mein Projekt!?
Almut:Ja.
Theaterdirektor: Wir brauchen Schauspieler, die besten, die es gibt. Wahre Künstler, die sich in den Geist dieser ‚Großen von gestern‘ hineinversetzten, bis ihr Wesen vor uns sichtbar wird …, dass wir begreifen, woher alles kommt, die Quellen der Inspiration, ihr Mut, ihr Esprit! Theater ist ein Mysterium, in das wir eintauchen wie in einen See, in dem das Mondlicht sich spiegelt. Ich möchte keine Darsteller nur. Ich brauch Künstler, die sich bis zu den Abgründen vorwagen. Ich will spüren, wie’s war, als sie in die Tiefe starrten. Das sind Bilder, die sich dann in unsere Seele brennen. Stellt euch den Tag vor, an dem dieser eine Altlandeshauptmann erfahren musste, dass sein Stellvertreter, ein Freund und Intimus wohlgemerkt, ihm in den Rücken fiel. Mitten in einer der größten Herausforderung seiner politischen Laufbahn! Und er wankt nicht, steht da wie ein Fels! Während die Hoffnungen, die er in den Mann gesetzt hatte, vor ihm in die Tiefe rasseln. Aber um das darzustellen, brauch ich Künstler. Wir fahren mit diesem Handwagen durch die Stadt, um für dieses Projekt zu werben. Nur …; es interessiert sich niemand. Wir werden angegriffen, verletzt und gedemütigt, bis wir bluten.
Almut:Besuchen Sie uns! Unser Vater wird sich freuen, Sie kennen zu lernen.
Theaterdirektor: Das wäre ja außerordentlich freundlich von ihm.
Almut: Sie werden sich mit unserem Vater bestens verstehn.
Theaterdirektor: Das wäre großartig! (Pause)Antonio!
Antonio bricht zusammen. Aufregung. Alle eilen herbei, möchten helfen.
Theaterdirektor(besorgt): Antonio!!
Carla: Sie haben Ihren Assistenten ja völlig vergessen!
Theaterdirektor: Er ist Italiener!
Carla: Auch das noch!
In diesem Moment öffnet sich das Tor. Ein Mann und eine Frau kommen aus dem Tor. Carla erschrickt. Das Tor schließt wieder.
Carla:Das ist sie!
Almut: Bist du dir sicher?
Carla: Absolut.
Carla wendet sich ab, geht auf ihren Mann zu, der sie jedoch kaum beachtet.
Carla: Was ist los? Warum habt ihr geschlossen?
Dr. med. Bergmann: Erzähl ich dir dann …
Carla: Aber die Menschen hier warten! Er ist verletzt!
Dr. med. Bergmann: Tut mir leid.
Carla: Jetzt sag mal!
Dr. med. Bergmann: Wir stehen vor einer unglaublich großen Herausforderung. Ihr werdet es durch die Presse erfahren. Ich hab leider überhaupt keine Zeit. Tut mir leid. Sag ihnen …, der Platz wird geräumt … –
Dr. med. Bergmann und die Frau, die ihn begleitet, bleiben für einen Moment bei Antonio stehen. Er schaut sich die Wunde kurz an, schickt den Theaterdirektor und Antonio zum Eingangsportier und eilt sofort weiter.
Dr. med. Bergmann: Gehen Sie zum Portier! Der sagt ihnen, wohin!