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In ihrem zweiten Märchenband erzählt Mary De Morgan, wie Prinzessin Fiorimonde der vom Vater gewünschten Hochzeit aus dem Weg geht, indem sie alle Prinzen und Könige, die um sie freien, verzaubert ... und natürlich kommt am Ende ein junger Held, der sie alle wieder befreit. In weiteren Märchen geht es um eine lange Wanderschaft, nachdem die verzauberte Geliebte verloren ist, und um einen Prinzen, der viele Jahre schwere Arbeit leistet, um das verzauberte Herz einer Prinzessin zu befreien. Die nächsten Märchen zeigen durchaus humoristische Züge, beispielsweise die klugen Könige, die lieber als Hirten oder Handwerker arbeiten, um von der lästigen Regierungsarbeit verschont zu bleiben. Das letzte Märchen zeigt wieder eine für Mary De Morgan typische starke Frauenfigur, aber das ist ein Märchen ohne das traditionelle Happy End. - Die Halskette der Prinzessin Fiorimonde - Die Wanderschaft des Arasmon - Das Herz der Prinzessin Joan - Das Hausiererpack - Das Brot der Unzufriedenheit - Ihr drei klugen Könige - Die weise Prinzessin Die Märchen sind wundervoll gestaltet mit Illustrationen Walter Crane, der auch heute noch für seine künstlerischen Werke bekannt ist.
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Seitenzahl: 170
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Prinzessin Fiorimonde: Sie ruhte im Garten auf dem Rand eines marmornen Brunnens und fütterte die Goldfische, die im Wasser schwammen.
Vorwort
Die Halskette der Prinzessin Fiorimonde
Die Wanderschaft des Arasmon
Das Herz der Prinzessin Joan
Das Hausiererpack
Das Brot der Unzufriedenheit
Ihr drei klugen Könige
Die weise Prinzessin
Mary De Morgan wurde als jüngste Tochter des bedeutenden Mathematikers Augustus De Morgan am 24. Februar 1850 in London geboren, sie starb am 18. Mai 1907 an den Folgen einer Tuberkulose nahe bei Kairo, wo sie aus gesundheitlichen Gründen lebte und als Leiterin einer Mädchenerziehungsanstalt arbeitete.
Schon als junges Mädchen war sie Berichten zufolge recht eigensinnig und sehr an Kunst interessiert. Durch ihren älteren Bruder William De Morgan kam sie in Kontakt mit der Arts and Craft-Bewegung, einer Künstlergruppe, die sich in der aufkommenden Industriegesellschaft für soziale Themen engagierte und auf traditionelle Handwerkskunst setzte.
Nach dem Tod ihres Vaters 1871 wohnte sie bei ihrem Bruder William bis dieser die Malerin Evelyn Pickering heiratete, die ebenfalls in der Künstlergruppe aktiv war. Danach lebte sie allein und verdiente ihren Lebensunterhalt als Schreibkraft. Freunden und deren Kindern erzählte sie gern ihre Geschichten und Märchen.
Von 1877 bis 1900 veröffentlichte sie drei Bücher mit Märchen: 1877 erschien On a Pincushion (Auf einem Nadelkissen), 1880 wurde The Necklace of Princess Fiorimonde (Die Halskette von Prinzessin Fiorimonde) veröffentlicht und 1900 erschien die Märchensammlung The Windfairies (Die Windfeen).
Ihre von Hans Christian Andersen beeinflussten literarischen Märchen weichen häufig vom sonst üblichen Märchenschema ab: Teilweise sind sie recht sozialkritisch und Reichtum wird nicht unbedingt positiv bewertet – anders als in üblichen Märchen erringt der Held am Ende nicht unbedingt Schätze oder Macht, stattdessen geht es oft darum, immaterielle Werte oder Weisheit zu gewinnen.
Mary De Morgan war übrigens auch Mitglied der Frauenrechtsorganisation Women’s Franchise League und entsprechend sind viele ihrer weiblichen Figuren stark und selbstbewusst. In diesem Band wird das besonders deutlich im ersten Märchen über eine Prinzessin, die nicht verheiratet werden will und deshalb alle Verehrer in Perlen für ihre Halskette verwandelt. Auch das letzte Märchen von der Prinzessin auf der Suche nach Wissen und Weisheit zeigt eine junge Frau, die unbedingt ihren eigenen Weg gehen will.
Illustriert wurden die Märchen dieser Sammlung von Walter Crane, einem der bekanntesten Designer und Illustratoren seiner Zeit. Gewidmet hat Mary De Morgan ihre Märchen ihren sechs Neffen und Nichten, die immer gern ihren Geschichten gelauscht haben, wenn sie sie erzählt hat. Allen Leserinnen und Lesern nun ebenfalls viel Vergnügen mit dem zweiten Band von Mary De Morgans unkonventionellen Märchen.
DIE HALSKETTE DER PRINZESSIN FIORIMONDE
bwohl die Königin früh gestorben war, lebte einmal ein König mit seiner Tochter, einer wunderschöne Prinzessin – sie war so wunderschön, dass jeder dachte, sie müsse auch lieb und gut sein. Aber stattdessen war die Prinzessin, deren Name Fiorimonde war, sehr böse und übte sich in der Schwarzen Magie, die sie von einer alten Hexe gelernt hatte. Diese alte Hexe war niederträchtig und abscheulich und niemand außer der Tochter des Königs wusste, dass sie in einer Hütte an der Seite eines einsamen Berges lebte. Nachts, wenn alle anderen schliefen, besuchte die Prinzessin sie heimlich, um noch mehr Zauberei zu lernen. Es waren die Künste der Hexe, die Fiorimonde so schön gemacht hatten, dass es keine weitere Prinzessin auf der Welt gab, die so schön war wie sie. Zum Dank half die Prinzessin der Hexe bei deren geheimen Künsten und erzählte niemandem davon.
Die Zeit kam, als der König anfing nachzudenken, dass er seine Tochter gerne verheiraten würde. Also berief er seinen Rat ein und sagte: »Wir haben keinen Sohn, der nach unserem Tod regieren soll, also sollten wir am besten einen geeigneten Prinzen suchen, der unsere königliche Tochter heiraten soll, und dann, wenn wir zu alt sind, soll er König an unserer Stelle sein.« Der ganze Rat sagte, das sei sehr weise, und es wäre gut für die Prinzessin zu heiraten. Also wurden Boten zu allen benachbarten Königen und Prinzen geschickt, um zu verkünden, dass der König einen Ehemann für die Prinzessin wählen würde, der nach ihm König sein sollte. Aber als Fiorimonde das hörte, weinte sie vor Wut, denn sie wusste ganz genau, wenn sie einen Ehemann hätte, würde dieser merken, dass sie nachts die alte Hexe besuchte – sie müsste aufhören mit der Magie und würde dann auch ihre Schönheit verlieren.
Als die Nacht kam und alle im Palast fest schliefen, ging die Prinzessin zu ihrem Schlafzimmerfenster und öffnete es leise. Dann nahm sie aus ihrer Tasche eine Handvoll Erbsen, hielt sie aus dem Fenster und zwitscherte leise. Ein kleiner brauner Vogel flog vom Dach herab, setzte sich auf ihren Arm und begann die Erbsen zu fressen. Kaum hatte er sie geschluckt, begann er zu wachsen und zu wachsen und zu wachsen, bis er so groß war, dass die Prinzessin ihn nicht mehr halten konnte, sondern ihn auf das Fensterbrett stellte, und immer noch wuchs er und wuchs und wuchs, bis er so groß wie ein Strauß war. Dann kletterte die Prinzessin aus dem Fenster und setzte sich auf den Rücken des Vogels und sofort flog er geradewegs über die Baumwipfel bis zu dem Berg, wo die alte Hexe wohnte. Dort hielt er vor der Tür ihrer Hütte an.
Die Prinzessin sprang ab und murmelte einige Worte durch das Schlüsselloch, als eine krächzende Stimme von innen rief: »Warum kommst du heute Nacht? Habe ich dir nicht gesagt, dass ich für dreizehn Nächte allein gelassen werden möchte? Warum störst du mich?«
»Aber ich bitte dich, lass mich herein«, sagte die Prinzessin, »denn ich bin in Schwierigkeiten und brauche deine Hilfe.«
»Dann komm herein«, sagte die Stimme; die Tür flog auf, und die Prinzessin trat in die Hütte ein, in deren Mitte, in einen grauen Umhang gehüllt, der sie fast versteckte, die Hexe saß. Prinzessin Fiorimonde setzte sich neben sie und erzählte ihr ihre Geschichte. Wie der König wünschte, dass sie heiratete und den Prinzen der benachbarten Länder mitteilte, sie könnten Angebote für sie abgeben.
»Das ist wirklich eine schlechte Nachricht«, krächzte die Hexe, »aber wir werden sie trotzdem besiegen; und du musst jeden Prinzen abfertigen, der kommt. Möchtest du, dass sie zu Hunden werden, um auf dein Rufen hin zu kommen? Oder zu Vögeln, um in der Luft zu fliegen und von deiner Schönheit zu singen? Oder willst du sie alle zu Perlen machen, den Perlen einer Halskette, wie sie noch keine Frau zuvor getragen hat, damit sie auf deinem Hals ruhen und du sie immer bei dir tragen kannst.«
»Die Halskette! Die Halskette!«, rief die Prinzessin und klatschte vor Freude in die Hände. »Das wird am besten sein, sie auf einem Band zu tragen und um meinen Hals zu hängen. Die Höflinge werden kaum wissen, woher meine neuen Juwelen stammen.«
»Aber das ist ein gefährliches Spiel«, sagte die Hexe, »denn wenn du nicht sehr vorsichtig bist, könntest du selbst zu einer Perle werden und mit den anderen am Band hängen, und dort wirst du bleiben, bis jemand das Band durchschneidet und dich abzieht.«
»Das musst du nicht befürchten«, sagte die Prinzessin, »ich werde vorsichtig sein, sag mir nur, was ich tun soll, und ich werde große Prinzen und Könige haben, die mich schmücken, und all ihre Größe wird ihnen nicht helfen.«
Daraufhin tauchte die Hexe ihre Hand in einen schwarzen Beutel, der neben ihr auf dem Boden stand, und zog einen langen goldenen Faden heraus.
Die Enden waren miteinander verbunden, aber niemand konnte die Verbindungen sehen, und egal wie fest man zog, er würde nicht brechen und er würde auch leicht über Fiorimondes Kopf passen.
Die Hexe legte ihn um ihren Hals und sagte: »Achte darauf, solange dieser hier hängt, bist du sicher genug, aber wenn du einmal deine Finger um das Band legst, wirst du auch das Schicksal deiner Liebhaber erleiden und selbst daran hängen. Was die Könige und Prinzen betrifft, die dich heiraten möchten: Alles, was du tun musst, ist, sie dazu zu bringen, ihre Finger um die Kette zu legen, und sofort werden sie darauf aufgefädelt wie glänzende harte Perlen, und dort werden sie bleiben, bis sie abgeschnitten werden und herunterfallen.«
»Das ist wirklich köstlich«, rief die Prinzessin aus; »und ich kann es kaum erwarten, dass der Erste kommt, damit ich es ausprobieren kann.«
»Und jetzt«, sagte die Hexe, »da du schon hier bist und noch Zeit ist, lass uns einen Tanz einlegen, ich werde gleich die Gäste rufen.« Damit nahm sie aus einer Ecke eine Trommel und ein Paar Trommelstöcke und ging zur Tür und begann darauf zu trommeln. Es machte ein schreckliches Geräusch. In einem Moment kamen alle Arten von Gestalten durch die Luft geflogen. Es gab kleine dunkle Elfen mit langen Schwänzen und Kobolde, die plapperten und lachten, und andere Hexen, die auf Besen ritten. Es gab eine böse Fee in Form einer großen Katze mit leuchtend grünen Augen und eine andere kam wie eine lange glänzende Viper hereingeschlittert.
Als alle angekommen waren, hörte die Hexe auf zu trommeln und ging in die Mitte der Hütte, stampfte auf den Boden, und eine Falltür öffnete sich. Die alte Hexe trat hindurch und führte den Weg durch einen schmalen dunklen Gang zu einer großen unterirdischen Kammer, und all ihre seltsamen Gäste folgten ihr, und hier tanzten und feierten sie alle auf furchtbare Weise – aber beim ersten Hahnenschrei verschwanden alle Gäste mit einem Hauch, und auch die Prinzessin eilte den dunklen Gang wieder hinauf und aus der Hütte heraus zu ihrem großen Vogel, der immer noch auf sie wartete. Sie stieg auf seinen Rücken und flog in einem Augenblick zurück. Als sie durch ihr Schlafzimmerfenster einstieg, goss sie aus einer kleinen schwarzen Flasche ein paar Tropfen magisches Wasser in eine Tasse und gab sie dem Vogel zu trinken, und als er nippte, wurde er kleiner und kleiner, bis er schließlich seine natürliche Größe wiedererlangt hatte und wie zuvor auf das Dach hüpfte. Die Prinzessin schloss ihr Fenster, legte sich ins Bett und schlief ein, und niemand wusste von ihrer seltsamen Reise oder wo sie gewesen war.
Am nächsten Tag erklärte Fiorimonde ihrem Vater, dem König, dass sie bereit sei, jeden Prinzen zu heiraten, den er als ihren Ehemann festlege, worüber er sehr erfreut war. Bald darauf informierte er sie, dass ein junger König aus Übersee kommen würde, um ihr Ehemann zu sein. Er war König eines großen, reichen Landes und würde seine Braut mit nach Hause nehmen. Er hieß König Pierrot. Große Vorbereitungen wurden für seine Ankunft getroffen, und die Prinzessin trug ihr schönes Kleid um ihn zu begrüßen und als er kam, sagten alle Höflinge: »Dies ist wirklich ein angemessener Ehemann für unsere schöne Prinzessin«, denn er war stark und gutaussehend, mit schwarzen Haaren und Augen wie Schlehen. König Pierrot war begeistert von Fiorimondes Schönheit und war glücklich wie der Tag lang ist; und alles lief fröhlich, bis zum Abend vor der Hochzeit. Es wurde ein großes Festmahl abgehalten, bei dem die Prinzessin noch schöner aussah als je zuvor in einem roten Kleid, der Farbe der Innenseite einer Rose, aber sie trug keinen Schmuck oder sonstige Ornamente, nur eine glänzende Goldschnur um ihren milchweißen Hals.
Als das Festmahl vorbei war, entfernte sich die Prinzessin von ihrem goldenen Stuhl an der Seite ihres Vaters und ging leise in den Garten. Dort stand sie unter einer Ulme und betrachtete den glänzenden Mond. Nach wenigen Augenblicken folgte ihr König Pierrot, stand neben ihr, betrachtete sie und staunte über ihre Schönheit.
»Morgen, meine süße Prinzessin, wirst du meine Königin sein und alles mit mir teilen, was ich besitze. Welches Geschenk wünschst du dir von mir an unserem Hochzeitstag?«
»Ich möchte eine Halskette aus feinstem Gold und Juwelen haben, die zu finden ist, und die genau die Länge dieser Goldkette hat, die ich um meinen Hals trage«, antwortete Prinzessin Fiorimonde.
»Warum trägst du eine so schlichte Kette?«, fragte König Pierrot. »Sie ist ohne Schmuck und ohne Verzierung.«
»Aber es gibt keine Kette wie meine auf der ganzen Welt«, rief Fiorimonde und ihre Augen funkelten böse, als sie sprach; »sie ist so leicht wie eine Feder, aber stärker als eine Eisenkette. Nimm sie mit beiden Händen und versuche, sie zu zerbrechen, damit du siehst, wie stark sie ist.« Und König Pierrot nahm die Kette mit beiden Händen, um fest daran zu ziehen; aber kaum hatten sich seine Finger darum geschlossen, verschwand er wie ein Rauchwölkchen und an der Schnur erschien eine leuchtende, wunderschöne Perle – so hell und schön wie noch nie zuvor – klar wie Kristall, aber mit allen Farben schimmernd – grün, blau und gold.
Prinzessin Fiorimonde blickte auf ihre Kette und lachte laut. »Aha, mein stolzer Verehrer! Da bist du?«, rief sie vergnügt aus; »meine Halskette scheint tatsächlich alle anderen in der Welt zu übertreffen«, und sie streichelte die Perle mit den Fingerspitzen ihrer weichen, weißen Finger, aber dabei achtete sie darauf, dass sich ihre Finger nicht um die Schnur schlossen.
Dann kehrte sie in den Bankettsaal zurück und sprach mit dem König. »Bitte, Sire«, sagte sie, »schickt sofort jemanden, um König Pierrot zu finden, denn als er gerade eben mit mir sprach, hat er mich plötzlich verlassen, und ich fürchte, dass ich ihn beleidigt haben könnte oder vielleicht ist er krank.«
Der König befahl den Dienern, König Pierrot im ganzen Schlossgelände zu suchen, und sie suchten ihn, aber nirgendwo war er zu finden, und der alte König sah beleidigt aus. »Wahrscheinlich wird er morgen rechtzeitig zur Hochzeit bereit sein«, sagte er, »aber wir sind nicht erfreut darüber, dass er uns auf diese Weise behandelt.«
Prinzessin Fiorimonde hatte eine kleine Magd namens Yolande. Sie war ein fröhliches Mädchen mit lustigen braunen Augen, aber sie war nicht so schön wie Fiorimonde und sie liebte ihre Herrin auch nicht, denn sie hatte Angst vor ihr und verdächtigte sie ihrer bösen Wege. Als sie ihr an jenem Abend beim Auskleiden half, bemerkte sie den Goldfaden und die eine helle Perle darauf, und als sie der Prinzessin das Haar kämmte, sah sie über ihre Schulter in den Spiegel und sah, wie sie lachte und wie zärtlich sie den Faden betrachtete und die Perle immer wieder mit ihren Fingern streichelte.
»Das ist eine wunderbare Perle an Eurer Hoheit Kette«, sagte Yolande, während sie ins Spiegelbild sah; »sicherlich ist es ein Hochzeitsgeschenk von König Pierrot.«
»Das ist es, kleine Yolande«, rief Fiorimonde fröhlich lachend; »und das beste Geschenk, das er mir machen könnte. Aber ich finde, eine einzelne Perle sieht hässlich und ungeschickt aus; bald hoffe ich, dass ich noch eine, und noch eine und noch eine bekomme, alle so schön wie die erste.«
Daraufhin schüttelte Yolande den Kopf und sagte zu sich selbst: »Das verheißt nichts Gutes.«
Am nächsten Morgen war alles für die Hochzeit vorbereitet, die Prinzessin war gekleidet in weißem Satin mit Perlen, einem langen weißen Spitzen-Schleier und einem Brautkranz auf dem Kopf. Sie stand wartend zwischen ihren ebenfalls prächtig gekleideten Damen, die alle sagten, dass eine so schöne Braut noch nie zuvor auf der Welt gesehen worden sei. Kurz bevor sie sich jedoch aufmachten, um zu der edlen Gesellschaft im Saal zu gehen, kam ein Bote in großer Eile und rief die Prinzessin sofort zu ihrem Vater, denn er war sehr verwirrt.
»Meine Tochter«, rief er, als Fiorimonde in ihrem Brautgewand den Raum betrat, in dem er allein saß, »was sollen wir tun? König Pierrot ist nirgendwo zu finden; ich fürchte, dass er von Räubern überfallen und für seine reichen Kleider feige ermordet wurde oder dass er weggetragen und im Gebirge zurückgelassen wurde, um zu verhungern. Meine Soldaten sind weit und breit gegangen, um ihn zu suchen – undwir werden noch von ihm hören, bevor der Tag zu Ende ist – aber wo kein Bräutigam ist, kann es keine Hochzeit geben.«
»Dann soll es verschoben werden, mein Vater«, rief die Prinzessin, »und morgen werden wir wissen, ob es für eine Hochzeit oder eine Beerdigung ist, für die wir uns kleiden müssen«; und sie gab vor zu weinen, konnte aber kaum das Lachen zurückhalten.
So gingen die Hochzeitsgäste weg, und die Prinzessin legte ihr Brautkleid beiseite, und alle warteten ängstlich auf Nachrichten von König Pierrot; aber keine Nachricht kam. Schließlich gab ihn jeder auf als tot und trauerte um ihn und fragte sich, was sein Schicksal gewesen sein mochte.
Prinzessin Fiorimonde zog ein schwarzes Kleid an und bat darum, einen Monat lang in Abgeschiedenheit leben zu dürfen, um um König Pierrot zu trauern – aber als sie wieder allein in ihrem Schlafzimmer war, saß sie vor ihrem Spiegel und lachte, bis ihr Tränen über die Wangen liefen; und Yolande beobachtete sie und zitterte, als sie ihr Lachen hörte. Sie bemerkte auch, dass die Prinzessin unter ihrem schwarzen Kleid immer noch ihren Goldfaden trug und ihn Tag und Nacht nicht ablegte.
Kaum war der Monat vergangen, als der König zu seiner Tochter kam und verkündete, dass sich ein anderer Freier vorgestellt habe, den er sehr gerne als ihren Ehemann sehen würde. Die Prinzessin stimmte ganz gehorsam allem zu, was ihr Vater sagte; und es wurde vereinbart, dass die Hochzeit stattfinden sollte.
Dieser neue Prinz hieß Prinz Hildebrandt. Er kam aus einem Land weit im Norden, wo er eines Tages König sein würde. Er war groß, fair und stark, mit flachsfarbenem Haar und leuchtend blauen Augen. Als Prinzessin Fiorimonde sein Porträt sah, war sie sehr erfreut und sagte: »Lasst ihn unbedingt kommen, und je früher, desto besser.« Also legte sie ihre schwarzen Kleider ab, und wieder wurden große Vorbereitungen für eine Hochzeit getroffen; und König Pierrot war ganz vergessen.
Prinz Hildebrandt kam und mit ihm viele vornehme Herren und sie brachten wunderschöne Geschenke für die Braut. Am Abend seiner Ankunft lief alles gut, und wieder gab es ein großes Fest, und Fiorimonde sah so schön aus, dass Prinz Hildebrandt entzückt war; und dieses Mal verließ sie nicht die Seite ihres Vaters, sondern saß den ganzen Abend bei ihm.
Früh am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang, als noch alle schliefen, stand die Prinzessin auf, zog sich ein einfaches weißes Kleid an und kämmte ihr Haar über ihre Schultern und schlich leise die Treppe hinunter in den Schlossgarten; dort ging sie weiter, bis sie unter das Fenster von Prinz Hildebrandts Zimmer kam, und hier blieb sie stehen und begann ein kleines Lied zu singen, so süß und fröhlich wie das einer Lerche. Als Prinz Hildebrandt es hörte, stand er auf, ging zum Fenster und schaute hinaus, um zu sehen, wer sang. Als er Fiorimonde sah, die im roten Licht des Sonnenaufgangs stand, was ihr Haar golden und ihr Gesicht rosig scheinen ließ, beeilte er sich, sich anzuziehen und hinunterzugehen, um sie zu treffen.
»Meine Prinzessin«, rief er, als er neben ihr in den Garten trat. »Es ist mir ein großes Glück, dich hier so früh zu treffen. Sag mir, warum kommst du bei Sonnenaufgang heraus, um allein zu singen?«
»Ich komme, um die Farben des Himmels zu sehen – Rot, Blau und Gold«, antwortete die Prinzessin. »Schau, es gibt nirgendwo solche Farben zu sehen, es sei denn, es ist in dieser Perle, die ich hier an meinem goldenen Faden trage.
»Was ist das für eine Perle, und woher kommt sie?«, fragte Hildebrandt. »Sie kam von weither über das Meer, wo sie nie wieder zurückkehren wird«, antwortete die Prinzessin. Und wieder begannen ihre Augen vor Eifer zu funkeln und sie konnte ihr Lachen kaum verbergen. »Du kannst den Goldfaden anheben und aus der Nähe betrachten – hast du so etwas je gesehen?«
Hildebrandt streckte seine Hände aus und griff nach dem Faden, aber kaum hatten sich seine Finger darum geschlossen, als er verschwand – und eine neue leuchtende Perle wurde neben der ersten an Fiorimondes Kette aufgehängt, und diese war noch schöner als die andere.
Die Prinzessin gab einen langen, leisen Lacher von sich, der ganz furchtbar anzuhören war.
»Oh, meine süße Halskette«, rief sie aus, »wie schön du wächst! Ich glaube, ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt.« Dann ging sie leise zurück ins Bett, ohne dass sie jemand hörte, und schlief fest ein. Sie schlief, bis Yolande kam ihr zu sagen, dass es Zeit sei, aufzustehen und sich für die Hochzeit anzuziehen.