Die Konferenz der Solipsisten - Stefan Lüders - E-Book

Die Konferenz der Solipsisten E-Book

Stefan Lüders

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Beschreibung

Ein Fernsehteam lädt vier besondere Menschen auf ein schottisches Schloss ein: einen Philosophen, eine Neuropsychologin, einen indischen Mönch und eine Samuraikriegerin. So verschieden die Teilnehmer sind - sie alle haben eines gemeinsam: Alle glauben, dass die Außenwelt eigentlich nur eine Illusion ist. Jeder von ihnen ist sogar davon überzeugt, dass es im Grunde nur ihn selbst gibt. Daher stellt das Fernsehteam die Gruppe vor eine knifflige Aufgabe: Sie sollen herausfinden, wer von ihnen derjenige ist, der als einziges wirklich existiert. Ein vergnüglicher Text, der das Thema vor einer spannenden Kulisse beleuchtet und in einen völlig neuen Kontext stellt. Leserstimmen: "Packend. Witzig. Voller Überraschungen." "Wer hätte gedacht, dass ich mich mal für Philosophie interessiere." "Kopfkino vom Feinsten!"

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Seitenzahl: 58

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Über das Buch

Ein Team von Fernsehmachern sucht einen Weg aus dem Sommerloch.

Da läuft ihnen der Aufruf zur Konferenz der Solipsisten über den Weg. Die Fernsehleute beschließen, die Konferenz selbst auszurichten, ohne genau zu wissen, worauf sie sich da einlassen. Von den vier eingeladenen Teilnehmern ist einer eigenwilliger als der andere. Noch dazu stellt sich heraus, dass die Teilnehmer nicht die sind, für die sie sich ausgeben. Doch am Ende wird alles gut. Ein spannendes Lesevergnügen, das den Geist fordert.

Über den Autor

Stefan Lüders ist Autor, Yogalehrer und Musiker. Sein Hauptinteresse gilt der Frage, wie sich der Infotainment-Gedanke in Literatur übersetzen lässt.

Was passiert, wenn inhaltlich anspruchsvolle Themen auf eine packende Handlung treffen? Nach „Aus Versehen erleuchtet“ und „Die Kunst des Vergessens“ liegt mit diesem Buch seine dritte Erzählung vor. Weitere Bücher sind in Planung.

Für Max und Hannes

INHALT

Die Fernsehredaktion

Das Sommerloch

Die Redaktionssitzung

Die Vorbereitung

Das Sendungsformat

Die Teilnehmer

Die Wünsche

Der Konferenzort

Die Konferenz

Die Ankunft

Die Interviews

Der heiße Stuhl: Runde 1

Die Mittagspause

Der heiße Stuhl: Runde 2

Die Unterbrechung

Das Projekt

Die Abwägung

Die Entscheidung

Die Abschlussstatements

Die Überraschung

KAPITEL 1

Die Fernsehredaktion

DAS SOMMERLOCH

„Geiger, recherchieren Sie mal, ob das was für uns ist!“ Sascha Geiger ist neu in der Redaktion und bekommt von seiner Chefin Frau Morelli eine Zeitschrift auf den Tisch geknallt. Darauf steht: Für mich! Frau Morelli schnürt sich ihre weißen Turnschuhe fester zu und erklärt währenddessen: „Meine Tochter dachte, das wäre ein Lifestyle-Magazin. War aber ein Fehlkauf.“ Sascha liest stockend den Untertitel vor: Weltweit einziges Magazin für Solipsismus. Dann schaut er Sabine Morelli fragend an.

Sie bemerkt spöttisch: „So, wie Sie vorlesen, ist Moderation wohl eher nichts für Sie. Da sind Sie bei uns in der Redaktion schon ganz richtig.“ Sascha denkt laut nach: „Solipsismus? Nie gehört. Muss irgendeine Subkultur sein, oder?“ Frau Morelli zieht die Anzugjacke über ihrem T-Shirt aus, hängt sie an den Haken und gibt ihm folgenden Auftrag: „Finden Sie mal heraus, ob sich daraus etwas machen lässt. Das Recherchieren haben Sie doch bestimmt im Studium gelernt, oder? Wir sind mitten im Sommerloch und brauchen dringend Sendematerial!“

Dann joggt sie in ihr Büro, weil dort das Telefon klingelt. Beim Telefonieren zeigt sie Sascha mit einer Geste, dass er loslegen soll und schließt ihre Bürotür. Zu diesem Zeitpunkt wissen beide noch nicht, was sich alles aus diesem Zufallsfund entwickeln wird.

Sascha ist 25 Jahre alt und versucht mit seinem Vollbart Erfahrung und Kompetenz auszustrahlen – beides Eigenschaften, an denen es dem Jungredakteur eigentlich mangelt. Auf der Suche nach dem Wort „Solipsismus“ klickt er sich durch verschiedene Internetseiten. Während der Recherche macht sich Sascha eilig Notizen, weil in einer halben Stunde die Redaktionssitzung beginnt, in der alle ihre neuen Themenvorschläge vorstellen. Mit Sicherheit kommt auch er an die Reihe und muss sich bis dahin etwas überlegen.

Der Jungredakteur sagt ein paar Mal leise das Wort „Solipsismus“ vor sich hin, um sich nicht wieder mit einer stockenden Aussprache zu blamieren. Er findet eine Definition: „Solipsismus bezeichnet die Ansicht, nach der nur die Existenz des eigenen Ichs gewiss sein kann. Das Wort leitet sich ab von lateinisch ‚sōlus‘ (allein) und ‚ipse‘ (selbst).“ Frau Morellis Tochter hatte sich also ein Philosophie-Magazin zugelegt. Versehentlich. Und nun muss er daraus eine Idee fürs Privatfernsehen machen. Da prallen Welten aufeinander.

Sascha blättert einige Male durch die Seiten als wären sie ein Daumenkino und genießt den kühlen Luftzug an diesem warmen Sommertag. Sabine Morelli schaut kurz aus ihrem Büro: „Geiger, das verstehen Sie unter Recherche?“

„Ich verschaffe mir erstmal einen Überblick“, raunt er durchs Großraumbüro. Die Kollegen freuen sich über seine Schlagfertigkeit. Da fällt ihm eine Ankündigung ins Auge: „Ideen für Konferenz gesucht“ steht auf einer der hinteren Seiten. Offenbar ist ein Treffen geplant. „Das wäre doch immerhin etwas, wo man mit einem Kamerateam hinfahren könnte“, denkt Sascha bei sich. Er liest weiter: „Art, Ort und Teilnehmer der Konferenz stehen noch aus. Finanzierung bisher ungeklärt.“

Einige weitere Beiträge kann Sascha noch lesen, da kommt Frau Morelli auch schon aus ihrem Büro, klatscht drei Mal in die Hände und ruft: „Redaktionssitzung im Konferenzraum. Auf geht’s, alle miteinander!“

DIE REDAKTIONSSITZUNG

Sabine Morelli eröffnet die Sitzung in ihrer dynamischen Art:

„So, Leute – ich hoffe, ihr habt etwas für mich. Wir müssen zurzeit schon Wiederholungen alter Serien ausstrahlen, so dünn ist unsere Materialdecke. Wir sind darauf angewiesen, dass irgendetwas geschieht, um genügend Themen zu haben. Wenn nichts passiert, dann müssen wir zur Not dafür sorgen, dass etwas passiert.“

Sascha runzelt die Stirn. Was Frau Morelli da andeutet, widerspricht allen Regeln des Journalismus. Niemand der anderen scheint daran Anstoß zu nehmen. Nacheinander berichten die ersten von ihren Ideen für neue Beiträge und Sendungen, doch Frau Morelli unterbricht die Runde:

„Ihr wisst, dass wir neue Wege gehen wollen. Ich persönlich bin immer eine Freundin von Trashformaten. Promi Big Brother, Bachelor, Dschungelcamp, Love Island, Sommerhaus der Stars. Ihr wisst, was ich meine. Aber der Sender will sein Image verändern und sich breiter aufstellen. Wir wollen jetzt auch mehr ins Bildungsfernsehen einsteigen. Vielleicht sogar beide Sparten gleichzeitig bedienen. Die Vorstandsetage ist da momentan bereit zu experimentieren. Nun lasst mal hören, was eure kreativen Hirne diese Woche noch ausgebrütet haben.“

Rainer, das Urgestein der Abteilung, ist an der Reihe stellt seine Idee vor: „Also, ich hätte ein Crossover zwischen verschiedenen Formaten anzubieten. Wie wäre es mit: Ich bin Virologe, holt mich hier raus?“ Ein Lachen geht durch die Runde. Frau Morelli freut sich: „Ja, genau solche Ideen brauchen wir!“ Der nächste Vorschlag kommt von Julia, die auch als Gerichtsreporterin arbeitet: „Nach dem Shitstorm – Politiker hautnah.“ Die Augen der Chefin beginnen zu leuchten: „Jetzt sind wir auf der richtigen Spur!“

Die Sitzungsteilnehmer verstehen allmählich, wohin die Reise gehen soll: „Akademiker sucht Frau!“ ist zu hören und: „Immer Stress mit dem Koalitionspartner – Zoff hinter den Kulissen.“ Als nächstes: „Intendantentausch“ sowie: „Bares für Aktien“. Der letzte Vorschlag, bevor Sascha an der Reihe ist, lautet: „Das große Quarks-Backen.“

Alle Augen sind nun auf Sascha gerichtet: „Ja, also…“, beginnt er. „Ich habe hier so eine Konferenz gefunden. Die ist gerade noch in der Planung.“ Frau Morelli hakt nach: „Was ist das für eine Konferenz?“ Sascha blättert in seinen Aufzeichnungen: „Also, von so Leuten, die denken, es gäbe nur sie selbst.“ Frau Morelli: „Egozentriker? Oder Autisten?“ Sascha kann die Definition in seinen Notizen nicht finden und versucht es mit seinen eigenen Worten zu erklären: „Nein, von so Philosophen. Die nennen sich Solipsisten und behaupten, die Welt um uns herum könnte auch nur ein Traum sein. Also, dass sie nicht real existiert. Nur über unsere Sinneseindrücke kriegen wir etwas von der Welt mit. Wir könnten also auch nur ein Gehirn in einem Tank sein, das elektrische Signale empfängt.“

Sabine Morelli wiegt den Kopf hin und her: „Hört sich eher nach Telekolleg an. Ich sehe den Unterhaltungswert noch nicht.“