Die Legende vom heiligen Trinker - Joseph Roth - E-Book

Die Legende vom heiligen Trinker E-Book

Joseph Roth

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Beschreibung

Die Legende vom heiligen Trinker ist eine Novelle des österreichischen Schriftstellers Joseph Roth. Das Werk wurde erstmals 1939 veröffentlicht, ein Jahr nach Roths Tod. Die Geschichte spielt in Paris und handelt von einem obdachlosen Mann namens Andreas, der auf der Straße lebt und von einer unerwarteten Wohltat profitiert.

Joseph Roth, der selbst ein bewegtes Leben führte und Zeuge der politischen und sozialen Veränderungen seiner Zeit war, schuf mit dieser Novelle ein eindringliches Porträt eines Mannes am Rande der Gesellschaft, der trotz seines guten Willens und der Hilfe, die er erhält, Schwierigkeiten hat, sein Leben zu ändern.

Die Legende vom heiligen Trinker ist ein berührendes Werk, das Roths feinfühligen Schreibstil und seine Beobachtungsgabe für die menschliche Natur widerspiegelt.

Moses Joseph Roth (* 2. September 1894 in Brody, Ostgalizien, Österreich-Ungarn; † 27. Mai 1939 in Paris) war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist.

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Joseph Roth

Die Legende vom heiligen Trinker

The sky is the limit

UUID: 3f7e6515-de12-40f5-90de-8e30b8c12766
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Inhaltsverzeichnis

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An einem Frühlingsabend des Jahres 1934 stieg ein Herr gesetzten Alters die steinernen Stufen hinunter, die von einer der Brücken über die Seine zu deren Ufern führen. Dort pflegen, wie fast aller Welt bekannt ist und was dennoch bei dieser Gelegenheit in das Gedächtnis der Menschen zurückgerufen zu werden verdient, die Obdachlosen von Paris zu schlafen, oder besser gesagt: zu lagern.

Einer dieser Obdachlosen nun kam dem Herrn gesetzten Alters, der übrigens wohlgekleidet war und den Eindruck eines Reisenden machte, der die Sehenswürdigkeiten fremder Städte in Augenschein zu nehmen gesonnen war, von ungefähr entgegen. Dieser Obdachlose sah zwar genauso verwahrlost und erbarmungswürdig aus wie alle die anderen, mit denen er sein Leben teilte, aber er schien dem wohlgekleideten Herrn gesetzten Alters einer besonderen Aufmerksamkeit würdig; warum wissen wir nicht.
Es war, wie gesagt, bereits Abend, und unter den Brücken, an den Ufern des Flusses, dunkelte es stärker als oben, auf dem Kai und auf den Brücken. Der obdachlose und sichtlich verwahrloste Mann schwankte ein wenig. Er schien den älteren wohlangezogenen Herrn nicht zu bemerken. Dieser aber, der gar nicht schwankte, sondern sicher und geradewegs seine Schritte dahinlenkte, hatte schon offenbar von weitem den Schwankenden bemerkt. Der Herr gesetzten Alters vertrat geradezu dem verwahrlosten Mann den Weg. Beide blieben sie einander gegenüber stehen.
»Wohin gehen Sie, Bruder?« – fragte der ältere wohlgekleidete Herr.
Der andere sah ihn einen Augenblick an, dann sagte er:
»Ich wüßte nicht, daß ich einen Bruder hätte, und ich weiß nicht, wo mich der Weg hinführt.«
»Ich werde versuchen, Ihnen den Weg zu zeigen« – sagte der Herr. »Aber Sie sollen mir nicht böse sein, wenn ich Sie um einen ungewöhnlichen Gefallen bitte.«
»Ich bin zu jedem Dienst bereit« – antwortete der Verwahrloste.
»Ich sehe zwar, daß Sie manche Fehler haben. Aber Gott schickt Sie mir in den Weg. Gewiß brauchen Sie Geld, nehmen Sie mir diesen Satz nicht übel! Ich habe zuviel. Wollen Sie mir aufrichtig sagen, wieviel Sie brauchen? Wenigstens für den Augenblick?«
Der andere dachte ein paar Sekunden nach, dann sagte er: »Zwanzig Francs.«
»Das ist gewiß zu wenig« – erwiderte der Herr. »Sie brauchen sicherlich zweihundert.«