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Digitale Neuausgabe des Buches aus dem Jahr 1840, für eBook-Reader geeignet. +++ Aus dem Inhalt: "...Merkst du denn nicht, dass wir mit beiden Füßen recht in der Mitte der Schiller'schen Räuber stehen? - Der Schauplatz ist ein altes Schloss in Böhmen, mithin die Dekoration richtig. Als spielende Personen treten auf: Maximilian, regierender Graf, Franz sein Sohn, Amalia, seine Nichte. - Nun, und Carl mag der Hauptmann der Räuber sein, die uns anfielen. Es freut mich sehr, die Begebenheit endlich einmal in der wirklichen Welt anzutreffen... Willibald lachte sehr über Hartmanns närrischen Gedanken, meinte aber doch, dass in der Tat ein merkwürdiges Spiel des Zufalls hier die wichtigsten Personen aus jenem Trauerspiel, wenigstens dem Namen nach, bis auf den Haupthelden zusammengebracht, so dass nur noch ein Herrmann und ein alter Daniel fehle..."
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Seitenzahl: 67
Original:
Hoffmann, E. T. A.: Die Räuber - Abenteuer zweier Freunde auf einem Schlosse in Böhmen. New-York: Verlag der Buchhandlung von W. Radde, No. 322, Broadway. 1840.
Brigitte Hirschmann (geb. Groth) wurde in den Kriegsjahren geboren und wuchs in Lützen auf. Früh zeigten sich verschiedene Begabungen, spielte sie unter anderen mehrere Instrumente, doch galt ihr hauptsächliches Interesse der Literatur sowie Leipziger Stadtgeschichte. Als geschätzte Lehrerin und herzensgute Mutter vermittelte sie stets, den ideellen Wert in den Dingen zu sehen und zu schätzen. So setzte sie sich leidenschaftlich für die Bewahrung historischer Zeitzeugnisse ein und war maßgeblich am Entstehen der Buchreihe »Auf historischen Spuren« beteiligt.
In Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe setzen ihre Kinder die Reihe fort, um die ihnen geschenkte Liebe zu Büchern und zur Stadt Leipzig weiterzutragen und ihr Wirken über heutige Generationen hinaus lebendig zu halten.
Brigitte Hirschmann lebte viele Jahre in ihrer geliebten Stadt Leipzig, die sie für ihre Kinder mit ihnen verließ und bis zum letzten Tag auf eine gemeinsame Rückkehr hoffte. Leider war ihr das zu Lebzeiten nicht gegönnt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Familiengrab auf dem Friedhof in Leipzig-Gohlis.
Mit der Reihe »Auf historischen Spuren« hat sich die Autorin zur Aufgabe gemacht, Literatur vergangener Jahrhunderte für heutige Leser aufzubereiten und wieder zur Verfügung zu stellen.
Dabei wird der Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert übernommen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten. Gleichwohl werden Änderungen, die sich beispielsweise aus der Überprüfung historischer Fakten ergeben, schonend eingearbeitet.
Das vorliegende Buch enthält gegenüber vorangegangenen Ausgaben unter anderen Berichtigungen kleinerer Irrtümer.
Leipzig, den 22.03.2020
Claudine Hirschmann
Zwei junge Leute, mögen sie Hartmann und Willibald genannt werden, hatte von Kindheit auf ein gleicher Sinn verbunden. Beide in Berlin hausend, pflegten, von jugendlicher Lebenslust beseelt, jedes Jahr wenigstens auf kurze Zeit dem drückenden Dienstgeschäft, das sie belastete, zu entfliehen und gemeinschaftlich irgendeine Reise zu unternehmen. Wie es den Norddeutschen überhaupt eigen, sehnten sie sich stets nach dem Süden, und so hatten sie schon das südliche Deutschland in manchen Richtungen durchstrichen, die herrliche Rheinfahrt gemacht, und die vorzüglichsten Städte gesehen. Diesmal war es ihnen aber gelungen, das Dienstjoch auf längere Zeit als gewöhnlich abzuschütteln, und nun sollte der Plan ausgeführt werden, mit dem sie sich längst herumgetragen. Italienische Luft wollten sie einatmen, wenigstens bis Mailand vordringen. Sie wählten den Weg über Dresden, Prag und Wien nach dem Wunderland, dessen Erscheinung so mancher im träumenden Sinne hegt, wie ein buntes romantisches Märlein.
Das Herz ging ihnen erst recht auf in frischem Lebensmut, als sie hinaus waren aus dem Tor der Residenz – wie es denn zu geschehen pflegt, dass wir das schöne Ziel der Reise erst dann recht lebendig vor Augen erblicken, wenn der Wagen hinausrollt ins Freie. Alle kleinlichen Sorgen des Lebens liegen hinter uns, vorwärts strebt der fröhliche Sinn, weit wird die Brust und wunderbare Ahnungen erwachen, wenn jauchzender Posthornschall hinausruft in die blaue Ferne. Glücklich ohne irgendeinen Unfall hatten die Freunde Prag erreicht, und nun sollt' es fortgehen in einen Strich, Tag und Nacht, bis nach Wien, wo sie einige Tage zu verweilen gedachten. Gleich hinter Prag vernahmen sie dumpfe Gerüchte von auf offener Straße vorgefallenen Räubereien, ja, von einer Bande, die die Wege unsicher machen sollte. Da sich indessen nicht das Mindeste ereignete, das jene Gerüchte bestätigt haben sollte, so achteten sie nicht weiter darauf. Der Abend begann schon zu dämmern, als sie nach Sudonieschitz kamen. Hier riet ihnen der Posthalter, ihre Reise wenigstens auf der Stelle nicht fortzusetzen, da vor ein paar Tagen das seit vielen Jahren Unerhörte geschehen. Zwischen Wesseli und Wittingau sei nämlich der Postwagen von Raubgesindel angefallen, der Postillion erschossen, zwei Passagiere schwer verwundet und diese sowie der Wagen rein ausgeplündert worden. Schon sei das Militär, das die waldige Gegend durchstreifen sollte, in Bewegung, und er, der Posthalter, hoffe anderen Tags nähere Nachricht zu erhalten, die abzuwarten ihnen guttun würde. Willibald zeigte sich geneigt, den Rat des Posthalters zu befolgen. Hartmann dagegen, der stets gern beherzt und solche Gefahr nicht achtend erschien, bestand darauf weiter zu reisen, da sie noch vor Einbruch der Nacht das nur vier Stunden entfernte Tabor erreichen könnten und es über dem gar nicht denkbar, dass das Raubgesindel, schon vom Militär verfolgt, den Mut haben solle, bis in diese Gegend vorzudringen, vielmehr anzunehmen sei, dass es sich in seine Schlupfwinkel geflüchtet. Als nun Willibald die Pistolen in schussfertigen Stand setzte und das Doppelgewehr lud, lachte Hartmann und meinte, Willibald schicke sich schlecht zur Reise nach Italien, da solch ein Abenteuer, wie das gefürchtete, dort jedem Reisenden begegnet sein müsse, um den wahren Charakter in die Reisebeschreibung zu bringen. Willibald ließ sich gar nicht abhalten, auch Hartmanns Pistolen, die dieser zwar zu seinem Schutz mitgenommen, aber ungeladen sehr sorgfältig im Reisekoffer verschlossen, hervorzuholen und zu laden, indem er seinerseits meinte, dass, reise man Abenteuern entgegen, es auch dienlich sei, sich zeitig genug darauf vorzubereiten, sie zu bestehen.
Immer dunkler und dunkler zogen die Abendwolken auf, die Freunde waren begriffen im lebhaftesten Gespräch und dachten an keine Gefahr, als plötzlich ein Schuss fiel, und aus dem dicken Gebüsch einige Kerle von wildem Ansehen sprangen, wovon der eine den Pferden in den Zügel fiel, während ein zweiter sich bemühte, den Postillion herunterzuziehen von seinem Sitz. Indem es aber dem Postillion gelang, sich durch einen Peitschenschlag ins Gesicht des Räubers von dem Angriff zu befreien, hatte Willibald mit seinem guten Doppelgewehr den anderen so richtig aufs Korn gefasst, dass er wohl getroffen niederstürzte. Hartmann wollte seine Pistolen auf den Räuber abdrücken, der auf den Wagen zusprang, fühlte sich aber in demselben Augenblick von einem Schuss verwundet. Willibald schoss den zweiten Lauf seines Gewehrs auf diesen Räuber ab, indem der Postillion die Pferde anpeitschte und fortjagte in gestrecktem Galopp. Nun hörten sie hinter sich Schuss auf Schuss fallen, und ein wildes wütendes Geschrei. »Ho-ho«, jauschte der Postillion auf, als sie eine gute Strecke davon waren, »ho-ho, nun ist's gut, nun ist's gut, die Jäger des Herrn Grafen sind heran!«
Alles war der Vorgang eines Moments, und überrascht von der bedrohlichen Gefahr, stets gespannt, eines wiederholten Angriffs gewärtig, kamen sie erst zur Besinnung, als der Postillion schon anhielt auf der neuen Station. Ungeachtet, dass die Kugel nur Hartmanns rechten Arm gestreift, blutete die Wunde doch so stark und schmerzte so heftig, dass an Weiterreisen gar nicht zu denken war. Ein elendes Wirtshaus, das kaum die gewöhnlichste Bequemlichkeit darbot, und kein ordentlicher Wundarzt in der Nähe, alles dieses setzte die Freunde in nicht geringe Verlegenheit, die bei Willibald zur ängstlichen Sorge wurde, als nach dem Verband, den ein elender Bartscherer ungeschickt genug angelegt, Hartmann in ein nicht gar leichtes Wundfieber verfiel. Willibald verwünschte Hartmanns Herzhaftigkeit oder vielmehr seinen Leichtsinn, der sie nun plötzlich fest bannte in ein verwünschtes Loch, sodass bloß dieser Aufenthalt nun doch, da sie dem mörderischen Angriff glücklich entronnen, Hartmanns Leben in Gefahr setzte, und vielleicht gar die ganze Reise vereitelte.
Am anderen Morgen, als eben Hartmann erklärte, dass er zur Not die Reise fortsetzen könne, und Willibald hin und her überlegte, was nun geratener sei, zu bleiben oder zu reisen, ohne zum Entschluss zu kommen, wandte sich die Sache unvermutet ganz anders.
Seitwärts von dem Moldaufluss durchströmt, lag nämlich die reiche weitläufige Herrschaft des Grafen Maximilian von C., und von diesem an die Freunde abgesandt, erschien ein Diener, der sie auf das dringendste einlud, sich auf das Schloss des Grafen zu begeben, das nur wenige Stunden entlegen. Der Herr Graf, fügte der Diener hinzu, habe vernommen, dass die Herren Reisenden auf seinem Gebiet von Raubgesindel angefallen und der eine von den Herren bei tapferer Gegenwehr sogar verwundet worden. Zu spät wären seine Jäger herbeigeeilt, um die Gefahr ganz abzuwenden, oder wenigstens den Herren beizustehen. Für seine Pflicht halte es daher der Herr Graf, die Herren Reisenden so lange aufzunehmen in seinem Schloss, bis der verwundete Herr völlig hergestellt sein werde und seine Reise fortsetzen könne.
Die Freunde mussten diese Einladung für eine besondere Gunst des Schicksals halten, und nahmen daher umso weniger Anstand, ihr zu folgen.