Gesammelte Werke - Edgar Allan Poe - E-Book

Gesammelte Werke E-Book

Edgar Allan Poe

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Beschreibung

Fünfte, überarbeitete Auflage mit zusätzlichen Texten Über 1000 Seiten Edgar Allan Poe ist einer der wichtigsten und einflussreichsten Schriftsteller, der auch weit nach seinem Tod großen Einfluss auf Autoren, Filmemacher und Künstler unserer Zeit hat. Dieses Buch wird Sie ein Stück begleiten bei der Entdeckung dieses großartigen Künstlers. Lesen Sie eine spannende Auswahl aus seinem Werk. Darunter die bekanntesten Gedichte wie "Leonore", "Der Rabe", "Annabel Lee" und Geschichten wie "Der Untergang des Hauses Usher", "Der Doppelmord in der Rue Morgue", "Die schwarze Katze" und viele mehr. Insgesamt erwarten sie auf 1217 Seiten 38 Gedichte, 45 Geschichten, 4 Novellen, Poes einziger Romen "Die denkwürdigen Erlebnisse des Artur Gordon Pym" und ein einführender Aufsatz zu Leben und Werk. Viel Vergnügen bei diesem frühen Meister seines Fachs, der leider viel zu früh verstorben ist. Ausschnitt aus "Der Rabe" Hastig stieß ich auf die Schalter - flatternd kam herein ein alter, Stattlich großer, schwarzer Rabe, wie aus heiliger Zeit hervor, Machte keinerlei Verbeugung, nicht die kleinste Dankbezeigung, Flog mit edelmännischer Neigung zu dem Pallaskopf empor, Grade über meiner Türe auf den Pallaskopf empor - Saß - und still war's wie zuvor. Null Papier Verlag

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Edgar Allan Poe

Gesammelte Werke

Edgar Allan Poe

Gesammelte Werke

Veröffentlicht im Null Papier Verlag, 2024Klosterstr. 34 · D-40211 Düsseldorf · [email protected] 6. Auflage, ISBN 978-3-943466-95-9

null-papier.de/newsletter

Inhaltsverzeichnis

Ed­gar Al­lan Poe

Ge­dich­te

Der Rabe

Ge­bet

Ula­lu­me

Die Glo­cken

An­na­bel Lee

An mei­ne Mut­ter

Das Ko­los­se­um

Das Geis­ter­schloß

Le­no­re

Is­ra­fel

An Ma­rie Loui­se Shew

An He­le­ne

Ero­be­rer Wurm

An Fran­ces S. Os­good

An Eine im Pa­ra­dies

Das Tal der Un­rast

Die Stadt im Meer

Die Schla­fen­de

Schwei­gen

Ein Traum in ei­nem Traum

Traum­land

An Zan­te

Eu­la­lie

El Do­ra­do

Für An­nie

An --

Braut-Bal­la­de

An F --

An den Fluß

Ein Traum

Ro­man­ze

An M. L. S.

An --

So­nett an die Wis­sen­schaft

Hym­ne

Lied

Mär­chen­land

Der See

Ge­schich­ten

Der Un­ter­gang des Hau­ses Us­her

Der Mann der Men­ge

Hin­ab in den Mael­ström

Die Mas­ke des ro­ten To­des

Was­ser­gru­be und Pen­del

Das schwat­zen­de Herz

Der ent­wen­de­te Brief

Be­richt über den Fall Val­de­mar

Der alte Mann mit dem Gei­er­au­ge

Die Ra­che des Zwer­ges

Eine Ge­schich­te aus dem Fel­sen­ge­bir­ge

Schwei­gen

Schat­ten

Mo­rel­la

Met­zen­ger­stein

Eleo­no­ra

Eine Er­zäh­lung aus den Rag­ged Moun­tains

Du bist der Mann

Die läng­li­che Kis­te

Die In­sel der Fee

Der Teu­fel der Ver­kehrt­heit

Der Herr­schafts­sitz Arn­heim

Das ova­le Por­trät

Be­re­ni­ce

Eine Ge­schich­te aus Je­ru­sa­lem

Bon-Bon

Das Ma­nu­skript in der Fla­sche

Kö­nig Pest

Das Stell­dich­ein

Vier Tie­re in ei­nem

Li­geia

Der Teu­fel im Glo­cken­stuhl

Wil­liam Wil­son

Die schwar­ze Kat­ze

Die Bril­le

Der Duc de l’O­me­let­te

Le­ben­dig be­gra­ben

Des wohl­acht­ba­ren Herrn Thing­um Bob

Das Sys­tem des Dr. Teer und Prof. Fe­der

Die Tat­sa­chen im Fal­le Wal­de­mar

Die Sphinx

Das Faß Amon­til­la­do

Hopp-Frosch

Von Kem­pe­len und sei­ne Ent­de­ckung

Lan­dors Land­haus

Ro­man & No­vel­len

Die denk­wür­di­gen Er­leb­nis­se des Ar­tur Gor­don Pym

Der Dop­pel­mord in der Rue Morgue

Der Gold­kä­fer

Das un­ver­gleich­li­che Aben­teu­er ei­nes ge­wis­sen Hans Pfaall

Das Ge­heim­nis der Ma­rie Ro­gêt

In­dex

Dan­ke

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Ru­dyard Kip­ling - Ge­sam­mel­te Wer­ke

Ril­ke - Ge­sam­mel­te Wer­ke

und wei­te­re …

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Edgar Allan Poe

Ed­gar Al­lan Poe (* 19. Ja­nu­ar 1809 in Bo­ston, Massa­chu­setts, USA; † 7. Ok­to­ber 1849 in Bal­ti­mo­re, Ma­ry­land) präg­te ent­schei­dend die Gen­res der Kri­mi­nal­li­te­ra­tur, der Science Fic­ti­on und der Hor­ror­ge­schich­te. Sei­ne Poe­sie bil­de­te die Ba­sis des auf­kei­men­den Sym­bo­lis­mus und da­mit der mo­der­nen Dich­tung.

Ed­gar Al­lan Poe wur­de als Sohn der in Eng­land ge­bo­re­nen Schau­spie­le­rin Eli­z­abeth Ar­nold Poe und des aus Bal­ti­mo­re stam­men­den Schau­spie­lers Da­vid Poe in Bo­ston ge­bo­ren. Der Va­ter ver­ließ die Fa­mi­lie früh, die Mut­ter starb jung mit 23 Jah­ren an der Tu­ber­ku­lo­se. Der zwei­jäh­ri­ge Poe, sein zwei Jah­re äl­te­rer Bru­der Wil­liam Hen­ry Leo­nard und sei­ne ein Jahr jün­ge­re Schwes­ter Ro­sa­lie blie­ben mit­tel­los zu­rück.

Ed­gar Al­lan Poe und sei­ne Ge­schwis­ter wur­den von ver­schie­de­nen Fa­mi­li­en auf­ge­nom­men. Und ob­wohl er sich nicht im­mer in sei­ner Pfle­ge­fa­mi­lie ak­zep­tiert fühl­te, nahm er de­ren Fa­mi­li­enna­me Al­lan als Zweit­na­me an.

1815 zog die gan­ze Fa­mi­lie we­gen ge­schäft­li­cher Ver­pflich­tun­gen nach Eng­land, wo Poe von 1816 bis 1817 ein In­ter­nat be­such­te. Die Wirt­schafts­kri­se von 1819 be­las­te­te die Fa­mi­lie sehr, so dass man sich ge­zwun­gen fühl­te, 1820 wie­der in die Ve­rei­nig­ten Staa­ten zu­rück­zu­keh­ren.

Da­heim in Rich­mond ge­noss Poe wei­ter­hin eine gute Er­zie­hung, zeig­te eine hohe Be­ga­bung für Spra­chen und ent­wi­ckel­te sich zu ei­nem her­vor­ra­gen­den Sport­ler, ins­be­son­de­re Schwim­mer.

Im Al­ter von 14 Jah­ren ver­lieb­te sich Poe in Jane Stanard, die 30-jäh­ri­ge Mut­ter ei­nes Schul­freun­des. Jane Stanard starb ein Jahr spä­ter, und Poe be­such­te wie­der­holt ihr Grab. 1825 ent­wi­ckel­te sich eine Be­zie­hung zwi­schen Poe und der etwa gleich­alt­ri­gen Sa­rah El­mi­ra Roys­ter. Die­se en­de­te je­doch, als Poe die Uni­ver­si­tät be­such­te und El­mi­ras Va­ter, der die Be­zie­hung ab­lehn­te, Poes Brie­fe an sie ab­fing. Als Poe von der Uni­ver­si­tät zu­rück­kehr­te, war El­mi­ra mit ei­nem An­de­ren ver­lobt.

Im Fe­bru­ar 1826 im­ma­tri­ku­lier­te sich Poe im Al­ter von 17 Jah­ren an der kurz zu­vor von Tho­mas Jef­fer­son ge­grün­de­ten Uni­ver­si­tät von Vir­gi­nia in Char­lot­tes­ville. Dort stu­dier­te er alte und neue Spra­chen. In die­ser Zeit ver­tief­te Poe sein Fran­zö­sisch und lern­te ver­mut­lich auch et­was Ita­lie­nisch und Spa­nisch.

An der Uni­ver­si­tät ver­schul­de­te sich Poe, be­gann zu spie­len und zu trin­ken. Die ge­nau­en Hin­ter­grün­de sind nicht klar. Nach nur acht Mo­na­ten Stu­di­um hat­te Poe Schul­den von 2000 US-Dol­lar. Als Re­sul­tat ver­schärf­ten sich die Span­nun­gen zwi­schen ihm und sei­nem Zieh­va­ter. Was schließ­lich dazu führ­te, dass Poe die Fa­mi­lie ver­ließ und nach Bo­ston ging -- wahr­schein­lich auch, um Gläu­bi­gern zu ent­ge­hen. Mit­te des Jah­res 1827 ver­öf­fent­lich­te er sei­nen ers­ten Ge­dicht­band »Ta­mer­la­ne and Other Poems« -- al­ler­dings auf ei­ge­ne Kos­ten. Kurz dar­auf ver­pflich­te­te sich Poe 5 Jah­re zur Ar­mee.

Poe wur­de mehr­mals be­för­dert, 1829 zum Ser­geant Ma­jor, dem höchst­mög­li­chen Rang für einen ein­fa­chen Sol­da­ten. Nach zwei Jah­ren kauf­te sich Poe vor­zei­tig aus der Ar­mee frei. Das Geld dazu hat­te ihm sein Zieh­va­ter nach an­fäng­li­chem Wi­der­stand ge­ge­ben.

Poe woll­te spä­ter je­doch sei­ne Kar­rie­re als Of­fi­zier bei der Ar­mee fort­set­zen. Er muss­te ein Jahr war­ten, um auf Emp­feh­lung sei­nes Zieh­va­ters auf der Aka­de­mie West Point auf­ge­nom­men zu wer­den. 1830, in den ers­ten Mo­na­ten dort zeich­ne­te er sich durch her­vor­ra­gen­de Leis­tun­gen aus. Es flamm­te je­doch der alte Kon­flikt zwi­schen ihm und sei­nen Zieh­va­ter er­neut auf, wor­auf Poe sei­nen un­eh­ren­haf­ten Raus­wurf aus der Aka­de­mie pro­vo­zier­te, um sei­nen Zieh­va­ter zu de­mü­ti­gen.

Am 1. Au­gust 1831 im Al­ter von 24 Jah­ren starb Poes Bru­der Wil­liam Hen­ry an den Fol­gen sei­ner Al­ko­hol­krank­heit.

Über Ed­gar Al­lan Poes Le­ben in Bal­ti­mo­re zwi­schen 1831 und An­fang 1835 ist nur sehr we­nig be­kannt. Si­cher ist, dass er in die­ser Zeit be­gann, Er­zäh­lun­gen zu schrei­ben, um so ein Ein­kom­men zu er­zie­len.

Am 16. März 1836 hei­ra­te­te Poe of­fi­zi­ell sei­ne Ku­si­ne Vir­gi­nia. Auf der Ur­kun­de wird ihr Al­ter mit 21 an­ge­ge­ben. Tat­säch­lich war Vir­gi­nia zu die­ser Zeit 13 Jah­re alt, Poe 27.

In Rich­mond, wo­hin die klei­ne Fa­mi­lie mitt­ler­wei­le ge­zo­gen war, ent­stand 1836 Poes Essay »Mael­zel’s Chess-Player« über den auch als Schachtür­ken be­kann­ten Au­to­ma­ten. Zwar war Poe nicht der Ers­te, der nach­wies, dass sich in dem ver­meint­li­chen Ro­bo­ter ein klein­wüch­si­ger Mensch ver­ber­gen muss­te, aber die de­tail­lier­te Tech­nik sei­ner Be­weis­füh­rung be­rei­te­te sei­ne spä­te­ren De­tek­tiv­ge­schich­ten vor.

Im Fe­bru­ar 1837 zog Poe für etwa 15 Mo­na­te nach New York. Sei­ne Hoff­nun­gen, in New York eine An­stel­lung bei ei­ner Zeit­schrift zu fin­den, viel­leicht so­gar ein ei­ge­nes Ma­ga­zin zu grün­den, er­füll­ten sich nicht.

1838 schlug Poe sich mit Ar­bei­ten für ver­schie­de­ne Zeit­schrif­ten durch. In Phil­adel­phia wur­de Poe im Juni 1839 Re­dak­teur und spä­ter Mither­aus­ge­ber von »Bur­ton’s Gent­le­man’s Ma­ga­zi­ne«, für das er Ar­ti­kel über die ver­schie­dens­ten The­men schrieb.

Im De­zem­ber 1839 er­schi­en die ers­te Er­zähl­samm­lung Poes un­ter dem Ti­tel »Ta­les of the Gro­tes­que and Ara­bes­que«. Das Buch wur­de über­wie­gend po­si­tiv be­spro­chen.

An­fang 1841 er­schi­en Poes ers­te De­tek­tiv­ge­schich­te »The Mur­ders in the Rue Morgue« (»Der Dop­pel­mord in der Rue Morgue«), für die er den Pa­ri­ser De­tek­tiv C. Au­gus­te Du­pin er­fand. Das Wort »de­tec­ti­ve« kam durch Poe in die eng­li­sche Spra­che.

Im März 1842 lern­te Poe in Phil­adel­phia Charles Di­ckens ken­nen, des­sen Wer­ke er schätz­te und wie­der­holt po­si­tiv be­sprach.

Im April 1844 ver­ließ Poe Phil­adel­phia wie­der in Rich­tung New York -- in der Hoff­nung, auf dem dor­ti­gen Zeit­schrif­ten­markt ein bes­se­res Ein­kom­men er­zie­len zu kön­nen.

In New York ar­bei­te­te Poe für den Eve­ning Mir­ror, wo er vor al­lem jour­na­lis­ti­sche Kurz­tex­te un­ter­schied­lichs­ter Art ver­öf­fent­lich­te und Ar­ti­kel an­de­rer Jour­na­lis­ten re­di­gier­te. Wäh­rend die­ser Zeit ent­stan­den u.a. die Ge­schich­te »The Pur­loi­ned Let­ter« (»Der ent­wen­de­te Brief«) und sein wohl be­kann­tes­tes Ge­dicht »The Ra­ven« (»Der Rabe«).

In sei­ner New Yor­ker Zeit be­trieb Poe wei­ter­hin Li­te­ra­tur­kri­tik und ver­stei­ger­te sich in teils po­le­mi­sche Brief­wech­seln mit an­de­ren er­folg­rei­che­ren Au­to­ren. Die­se Feh­den lie­ßen Poe bei Ver­le­gern und Kol­le­gen in Un­gna­de fal­len. Ein Um­stand, der noch lan­ge nach sei­nem Tode droh­te sei­ne li­te­ra­ri­schen Fä­hig­kei­ten und Schöp­fun­gen in Ver­ges­sen­heit ge­ra­ten zu las­sen.

1847 starb Vir­gi­nia, de­ren Ge­sund­heit schon seit Jah­ren an­ge­grif­fen war, im Al­ter von 24 Jah­ren. Poe brach­te sei­ne Trau­er un­ter an­de­rem in dem Ge­dicht »An­na­bel Lee« zum Aus­druck.

1849 traf Poe in Rich­mond sei­ne Ju­gend­lie­be El­mi­ra Roys­ter wie­der. Sie war mitt­ler­wei­le ver­wit­wet. Nach kur­z­er Wer­bung ak­zep­tier­te sie Poes An­trag, und die bei­den ver­lob­ten sich.

Poe starb am 7. Ok­to­ber 1849 in Bal­ti­mo­re. Die Um­stän­de sei­nes To­des sind un­klar, die To­des­ur­sa­che ist un­be­kannt. Es gibt hier­zu zahl­rei­che Theo­ri­en, be­wie­sen ist je­doch kei­ne. Nach­ge­wie­sen ist nur, dass er auf dem Weg zu Hoch­zeits­vor­be­rei­tun­gen für meh­re­re Tage ver­schol­len ging. Be­reits stark ge­schwächt tauch­te er am 03. Ok­to­ber 1849 in Bal­ti­mo­re wie­der auf, wo er vier Tage spä­ter trotz ärzt­li­cher Für­sor­ge verstarb.

In sei­nem Hei­mat­land lan­ge Zeit als trunk­süch­ti­ger Streit­su­cher ver­schrie­en, wur­de er für die eu­ro­päi­sche Li­te­ra­tur­sze­ne durch sei­ne Über­set­zer Charles Bau­de­laire und Sté­pha­ne Mall­ar­mé ent­deckt. Schließ­lich fand er auf die­sem Um­we­ge auch die spä­te, aber ver­dien­te Aner­ken­nung in den USA.

Im deutsch­spra­chi­gen Raum wur­de er An­fang des 20. Jahr­hun­derts po­pu­lär, als eine zehn­bän­di­ge Aus­ga­be der Wer­ke Poes zwi­schen 1901 und 1904 her­aus­ge­ge­ben wur­de.

Poe hat­te großen Ein­fluss auf die Wer­ke von Ju­les Ver­ne, Ar­thur Co­nan Doy­le und H. G. Wells. Eben­falls von großer Be­deu­tung ist sein ly­ri­sches Werk. Poes Lieb­lings­the­ma, das in vie­len Ge­schich­ten im­mer wie­der auf­taucht, ist der Tod ei­ner schö­nen Frau. Nicht sel­ten Ver­fal­len sei­ne zu­rück­ge­las­se­nen, männ­li­chen Pro­tago­nis­ten dar­auf­hin dem Wahn.

Poe ver­fass­te Sa­ti­ren, Essays, Ly­rik und Er­zäh­lun­gen, li­te­ra­tur­wis­sen­schaft­li­che und auch kom­ple­xe na­tur­wis­sen­schaft­li­che Ab­hand­lun­gen. Es ist schwer, ein Ober­be­griff für sein Werk zu fin­den.

Seit 1922 er­in­nert das Ed­gar Al­lan Poe Mu­se­um in Rich­mond, Vir­gi­nia an Le­ben und Werk des Au­tors.

Gedichte

Der Rabe

Einst in dunk­ler Mitt­nacht­stun­de, als ich in ent­schwund­ner Kun­de Wun­der­li­cher Bü­cher forsch­te, bis mein Geist die Kraft ver­lor Und mir’s trü­be ward im Kop­fe, kam mir’s plötz­lich vor, als klop­fe Je­mand zag ans Tor, als klop­fe -- klop­fe je­mand sacht ans Tor. Ir­gend­ein Be­su­cher, dacht ich, pocht zur Nacht­zeit noch ans Tor -- Wei­ter nichts. -- So kam mir’s vor. Oh, ich weiß, es war in grim­mer Win­ter­nacht, ge­spens­ti­schen Schim­mer Jag­te je­des Scheit durchs Zim­mer, eh es kalt zu Asche fror. Tief er­sehn­te ich den Mor­gen, denn um­sonst war’s, Trost zu bor­gen Aus den Bü­chern für das Sor­gen um die ein­zi­ge Le­nor, Um die wun­der­bar Ge­lieb­te -- En­gel nann­ten sie Le­nor --, Die für im­mer ich ver­lor. Die Gar­di­nen rausch­ten trau­rig, und ihr Ra­scheln klang so schau­rig, Füll­te mich mit Schreck und Grau­sen, wie ich nie er­schrak zu­vor. Um zu stil­len Her­zens Schla­gen, sein Er­zit­tern und sein Za­gen, Mußt ich mur­melnd noch­mals sa­gen: Ein Be­su­cher klopft ans Tor. -- Ein ver­spä­te­ter Be­su­cher klopft um Ein­laß noch ans Tor, Sprach ich mei­nem Her­zen vor. Al­so­bald ward mei­ne See­le stark und folg­te dem Be­feh­le. »Herr«, so sprach ich, »oder Dame, ach, ver­zei­hen Sie, mein Ohr Hat Ihr Po­chen kaum ver­nom­men, denn ich war schon schlaf­be­nom­men, Und Sie sind so sanft ge­kom­men -- sanft ge­kom­men an mein Tor; Wuß­te kaum den Ton zu deu­ten...« Und ich mach­te auf das Tor: Nichts als Dun­kel stand da­vor. Starr in die­ses Dun­kel spä­hend, stand ich lan­ge, nicht ver­ste­hend, Träu­me träu­mend, die kein ir­di­scher Träu­mer je ge­wagt zu­vor; Doch es herrsch­te un­ge­bro­chen Schwei­gen, aus dem Dun­kel kro­chen Kei­ne Zei­chen, und ge­spro­chen ward nur zart das Wort »Le­nor«, Zart von mir ge­haucht -- wie Echo flog zu­rück das Wort »Le­nor«. Nichts als dies ver­nahm mein Ohr. Wand­te mich zu­rück ins Zim­mer, und mein Herz er­schrak noch schlim­mer, Da ich wie­der klop­fen hör­te, et­was lau­ter als zu­vor. »Sollt ich«, sprach ich, »mich nicht ir­ren, hör­te ich’s am Fens­ter klir­ren; Oh, ich wer­de bald ent­wir­ren die­ses Rät­sels dunklen Flor -- Herz, sei still, ich will ent­wir­ren die­ses Rät­sels dunklen Flor. Tanzt ums Haus der Win­de Chor?« Has­tig stieß ich auf die Schal­ter -- flat­ternd kam her­ein ein al­ter, Statt­lich großer, schwar­zer Rabe, wie aus hei­li­ger Zeit her­vor, Mach­te kei­ner­lei Ver­beu­gung, nicht die kleins­te Dank­be­zei­gung, Flog mit edel­män­ni­scher Nei­gung zu dem Pal­las­kopf em­por, Gra­de über mei­ner Türe auf den Pal­las­kopf em­por -- Saß -- und still war’s wie zu­vor. Doch das wich­ti­ge Ge­ba­ren die­ses schwar­zen Son­der­ba­ren Lös­te mei­nes Geis­tes Trau­er, und ich schalt ihn mit Hu­mor: »Al­ter, schä­big und ge­scho­ren, sprich, was hast du hier ver­lo­ren? Nie­mand hat dich her­be­schwo­ren aus dem Land der Nacht her­vor. Tu mir kund, wie heißt du, Stol­zer aus Plu­to­ni­schem Land her­vor?« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« Daß er sprach so klar ver­ständ­lich -- ich er­staun­te drob un­end­lich, Kam die Ant­wort mir auch we­nig sinn­voll und er­klä­rend vor. Denn noch nie war dies ge­sche­hen: über sei­ner Türe ste­hen Hat wohl kei­ner noch ge­se­hen sol­chen Vo­gel je zu­vor -- Über sei­ner Stu­ben­tü­re auf der Büs­te je zu­vor, Mit dem Na­men »Nie du Tor«. Doch ich hört in sei­nem Kräch­zen sei­ne gan­ze See­le äch­zen, War auch kurz sein Wort, und brach­te er auch nichts als die­ses vor. Un­be­weg­lich sah er nie­der, rühr­te Kopf nicht noch Ge­fie­der, Und ich murr­te, mur­melnd wie­der: »Wie ich Freund und Trost ver­lor, Werd ich mor­gen ih­n ver­lie­ren -- wie ich al­les schon ver­lor.« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« Sei­ne schroff ge­sproch­nen Lau­te klan­gen pas­send, daß mir grau­te. »Aber«, sprach ich, »nein, er plap­pert nur sein ein­zig Kön­nen vor, Das er sei­nem Herrn ent­lausch­te, des­sen Pfad ein Uns­tern rausch­te, Bis er letz­ten Mut ver­tausch­te ge­gen trüber Lie­der Chor -- Bis er trost­los trau­er­klag­te in ver­stör­ter Lie­der Chor Mit dem Kehr­reim: ›Nie du Tor.‹« Da der Rabe das be­drück­te Herz zu Lä­cheln mir be­rück­te, Roll­te ich den Pols­ter­stuhl zu Büs­te, Tür und Vo­gel vor, Sank in Samt­sitz, nach­zu­sin­nen, Traum mit Träu­men zu ver­spin­nen Über sol­chen Tiers Be­gin­nen: was es wohl ge­wollt zu­vor -- Was der alte un­ge­stal­te Vo­gel wohl ge­wollt zu­vor Mit dem Kräch­zen: »Nie du Tor.« Saß, der See­le Brand be­schwich­tend, kei­ne Sil­be an ihn rich­tend, Sei­ne Feu­er­au­gen wühl­ten mir das In­ners­te em­por. Saß und kam zu kei­nem Wis­sen, Herz und Hirn schi­en fort­ge­ris­sen, Lehn­te mei­nen Kopf aufs Kis­sen licht­be­gos­sen -- das Le­nor Pres­sen soll­te -- lila Kis­sen, das nun nim­mer­mehr Le­nor Pres­sen soll­te wie zu­vor! Dann durch­rann, so schien’s, die scha­le Luft ein Duft aus Weih­rauch­scha­le Ed­ler En­gel, de­ren Schrei­ten rings vom Tep­pich klang em­por. »Narr!« so schrie ich, »Gott be­scher­te dir durch En­gel das be­gehr­te Glück Ver­ges­sen: das ent­behr­te Ru­hen, Ru­hen vor Le­nor! Trink, o trink das Glück: Ver­ges­sen der ver­lo­re­nen Le­nor!« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« »Wei­ser!« rief ich, »son­der Zwei­fel Wei­ser! -- ob nun Tier, ob Teu­fel -- Ob dich Höl­len­ding die Höl­le oder Wet­ter warf her­vor, Wer dich nun auch trost­los sand­te oder trieb durch lee­re Lan­de Hier in dies der Höll ver­wand­te Haus -- sag, eh ich dich ver­lor: Gib­t’s -- o gib­t’s in Gi­lead Bal­sam? -- Sag mir’s, eh ich dich ver­lor!« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« »Wei­ser!« rief ich, »son­der Zwei­fel Wei­ser! -- ob nun Tier, ob Teu­fel -- Schwör’s beim Him­mel uns zu Häup­ten -- schwör’s beim Gott, den ich er­kor -- Schwör’s der See­le so voll Grau­en: soll dort fern in Edens Gau­en Ich ein strah­lend Mäd­chen schau­en, die bei En­geln heißt Le­nor? -- Sie, die Himm­li­sche, um­ar­men, die bei En­geln heißt Le­nor?« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« »Sei dies Wort dein letz­tes, Rabe oder Feind! Zu­rück zum Gra­be! Fort! zu­rück in Plu­tons Näch­te!« schrie ich auf und fuhr em­por. »Laß mein Schwei­gen un­ge­bro­chen! Dei­ne Lüge, frech ge­spro­chen, Hat mir weh das Herz durch­sto­chen. -- Fort, von dei­nem Thron her­vor! Heb dein Wort aus mei­nem Her­zen -- heb dich fort, vom Thron her­vor!« Sprach der Rabe: »Nie du Tor.« Und der Rabe rührt sich nim­mer, sitzt noch im­mer, sitzt noch im­mer Auf der blas­sen Pal­las­büs­te, die er sich zum Thron er­kor. Sei­ne Au­gen träu­men trun­ken wie Dä­mo­nen traum­ver­sun­ken; Mir zu Fü­ßen hin­ge­sun­ken droht sein Schat­ten tot em­por. Hebt aus Schat­ten mei­ne See­le je sich wie­der frei em­por? -- Nim­mer­mehr -- oh, nie du Tor!

Gebet

Am Mor­gen -- am Mit­tag -- im Abend­licht Ver­nahmst Du, Ma­ria, mein Lob­ge­dicht. In Lust und Leid -- in Won­ne und Weh, Gott-Mut­ter, auch fer­ner­hin mit mir geh! Als strah­len­de Stun­den hei­ter ent­wi­chen Und kei­ne Wol­ken den Him­mel durch­stri­chen, Führ­test Du gnä­dig die See­le mir Hin zu den Dei­nen, hin zu Dir. Nun, da Schick­sals­stür­me schre­cken, Dun­kel mein Heu­te, mein Ges­tern be­de­cken, Laß mein Mor­gen strah­lend schei­nen Im hol­den Hof­fen auf Dich und die Dei­nen!

Ulalume

Der Him­mel war düs­ter um­wo­ben; Ver­flammt war der Bäu­me Zier -- Ver­dorrt war der Bäu­me Zier; Es war Nacht im ent­leg­nen Ok­to­ber Ei­nes Jahrs, das ver­mo­dert in mir; War beim düs­te­ren See von Au­ber, In den neb­li­gen Grün­den von Weir -- War beim duns­ti­gen Sumpf von Au­ber, In dem spuk­haf­ten Wald­land von Weir. Durch Zy­pres­sen­al­lee, die ti­ta­nisch, Bin ich mit mei­ner See­le ge­gan­gen -- Bin hier einst mit Psy­che ge­gan­gen -- Zur Zeit, da mein Herz war vul­ka­nisch Wie die schla­cki­gen Strö­me, die lan­gen, Wie die La­va­bä­che, die lan­gen, Die rast­los und schwef­lig den Yaa­n­ek Hin­ab bis zum Pole ge­lan­gen -- Die rol­lend hin­ab den Berg Yaa­n­ek Zum nörd­li­chen Pole ge­lan­gen. Un­ser Wort war von Dun­kel um­wo­ben, Der Ge­dan­ke ver­dorrt und stier -- Das Ge­den­ken ver­dorrt und stier; Denn wir wuß­ten nicht, daß es Ok­to­ber, Und der Jahr­nacht ver­ga­ßen wir -- Der Nacht al­ler Jahr­näch­te wir! Wir ver­ga­ßen des Sees von Au­ber (Ob­gleich wir ge­wan­dert einst hier), Des duns­ti­gen Sumpfs von Au­ber Und des spuk­haf­ten Wald­lands von Weir. Und nun, da in al­tern­der Nacht Die Stern­uhr gen Mor­gen sich schob -- Da die Stern­uhr gen Mor­gen sich schob -- Ward am End uns­res Pfa­des ent­facht Ein Schim­mern, das Ne­bel um­wob, Aus dem mit wach­sen­der Pracht Ein Halb­mond sein Dop­pel­horn hob -- Astar­tes de­man­te­ne Pracht Deut­lich ihr Dop­pel­horn hob. »Sie ist wär­mer«, so sag­te ich, »Als Dia­na: sie schwärmt durch ein Meer Von Seuf­zern -- ein Seuf­zer­meer; Sie sah es: die Trä­ne wich Von die­sen Wan­gen nicht mehr, Und vor­bei am Lö­wen­bild strich Als Len­ker zum Him­mel sie her, Als Lei­ter zu Le­the sie her; Trotz des Lö­wen ge­trau­te sie sich, Uns zu leuch­ten so hell und so hehr -- Durch sein La­ger hin­durch wag­te sich Ihre Lie­be, so licht und so hehr.« Doch Psy­che hob war­nend die Hand: »Für­wahr, ich miß­traue dem Schein Die­ses Sterns -- sei­nem blei­chen Schein. O flie­he! o hal­te nicht stand! Laß uns flie­gen -- denn oh! es muß sein!« Sprach’s ent­setzt, und es san­ken ge­bannt Ihre Schwin­gen in schluch­zen­der Pein -- Ihre Schwin­gen schleif­ten ge­bannt Die Fe­dern in Staub und Stein -- Voll Kum­mer in Staub und Stein. Ich er­wi­der­te: »Traum ist dies Grau­en! Laß uns wei­ter in Lich­tes Pracht -- Laß uns ba­den in sei­ner Pracht! Es läßt mich die Hoff­nung er­schau­en In kris­tal­le­ner Schön­heit heut nacht -- Sieh! es fla­ckert gen Him­mel durch Nacht! Oh! man darf sei­nem Schim­mern ver­trau­en, Es führt uns mit wei­sem Be­dacht -- Oh! man muß sei­nem Schim­mern ver­trau­en, Es lenkt uns mit treu­em Be­dacht, Da es fla­ckert gen Him­mel durch Nacht!« Ich be­ru­hig­te Psy­che und gab Ihr Küs­se und lock­te sie vor -- Aus Be­den­ken und Dun­kel her­vor; Und wir schrit­ten den Baum­gang hin­ab, Bis am Ende uns an­hielt das Tor Ei­ner Gruft -- ein mär­chen­haft Grab. »Schwes­ter«, sprach ich, »was schrieb man aufs Grab -- An das Tor von dem Wun­der­tu­me?« »Ula­lu­me!« sprach sie; »in dem Grab Ruht ver­lo­ren für dich Ula­lu­me!« Und mein Herz wur­de düs­ter um­wo­ben, Wur­de dürr wie der Bäu­me Zier -- Wur­de welk wie der Bäu­me Zier; Und ich schrie: »Es war si­cher Ok­to­ber In der näm­li­chen Nacht, da ich hier Im Vor­jahr ge­wan­dert -- und hier Eine Last her­trug, fürch­ter­lich mir! Die­se Nacht al­ler Jahr­näch­te mir, Wel­cher Dä­mon ver­führ­te mich hier? Gut kenn ich den See jetzt von Au­ber -- Die­se neb­li­gen Grün­de von Weir -- Gut kenn ich den Dunst­sumpf von Au­ber -- Die­ses spuk­haf­te Wald­land von Weir.«

Die Glocken

I.

Hört der Schlit­ten­glo­cken Klang -- Sil­ber­klang! Wel­che Welt von Lus­tig­keit ver­heißt ihr hel­ler Sang! Wie sie klin­gen, klin­gen, klin­gen In die Nacht voll Schnee und Eis, Wäh­rend sprüh die Ster­ne sprin­gen, Zwin­kernd sich zum Rei­gen schlin­gen Im kris­tall­nen Him­mels­kreis: Hal­ten Schritt, Schritt, Schritt, Tan­zen Ru­nen­rhyth­men mit Zu der klei­nen kla­ren Glo­cken süßem Sin­ge­sang, Zu dem Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang -- Zu dem Sin­gen und dem Schwin­gen in dem Klang.

II.

Hört der Hoch­zeits­glo­cken Klang -- Gold­nen Klang! Wel­che Welt von Se­lig­keit ver­heißt ihr vol­ler Sang! Wie ihr Läu­ten lau­ter lacht Durch den Bal­sam­duft der Nacht! Aus dem hol­den gold­nen Schwall, Wie alt­ge­wohnt, Flie­gen leicht die Töne all Hin zur Tur­tel­tau­be, die beim fro­hen Schall Schaut zum Mond. O wie schwillt im Über­schwang Ein Guß von ho­hem Fei­er­klang so voll die Nacht ent­lang! Hoch­ge­sang -- Hoff­nungs­sang Auf der Zu­kunft hei­tern Gang! Freu­de treibt zu schnel­lerm Drang Die­ses Rin­gen und das Schwin­gen In dem Klang, Klang, Klang -- In dem Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang -- Die­ses Quel­len und das Schwel­len in dem Klang.

III.

Hört der Feu­er­glo­cken Klang -- Bronz­nen Klang! Welch ein Aufruhr stürmt dar­aus so schre­cken­voll und bang! Wie ihr Schrei­en Schreck ent­facht In durch­beb­ter Luft der Nacht! Zu ent­setzt, um klar zu sein, Kön­nen sie nur schrein, nur schrein, Ohne Takt Ru­fen sie in lau­tem Lär­men um Er­bar­men an das Feu­er, Zan­ken in ver­rück­tem To­ben mit dem tol­len tau­ben Feu­er. Hö­her, hö­her, un­ge­heu­er Springt ver­lan­gend auf das Feu­er; In ver­zwei­fel­tem Be­mühn, Bis zum Mond em­por­zu­sprühn, Sind die Flam­men steil­ge­zackt. Oh, der Klang, Klang, Klang! Wie er grau­en­voll und bang Al­les schreckt! Wie er schau­ert, schallt und braust, Daß den Lüf­ten bangt und graust, Wie er al­ler Or­ten läh­men­des Ent­set­zen weckt! Den­noch hört das Ohr sie gut Durch das Schal­len Und das Hal­len: Ebbe der Ge­fahr und Flut; Den­noch nimmt das Ohr es wahr Durch das Zan­ken Und das Schwan­ken: Flu­tet oder ebbt Ge­fahr -- Durch das Sto­cken und das Schwel­len in dem schnel­len Glo­cken­klang, In dem Klang -- In dem Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang -- Durch das Här­men und das Lär­men in dem Klang.

IV.

Hört der Ei­sen­glo­cken Klang -- Ei­sen­klang! Wel­che Welt von Trau­er trägt ihr mo­no­to­ner Sang! In der Gra­bes­ruh der Nacht Wie er uns er­schau­ern macht Durch das Trau­ern und das Dro­hen in dem Ton! Denn die Klän­ge, die ent­rol­len Ros­ti­gen Glo­cken­keh­len, tol­len Grol­lend fort. Oh, die We­sen, die dort oben In dem Glock­en­tur­me to­ben -- Ein­sam dort Mit den mo­no­to­nen Glo­cken -- Die da tol­len, tol­len, tol­len, Voll ver­schlei­er­tem Frohlo­cken Ei­nen Stein aufs Herz uns rol­len -- Lei­chen­fres­sen­de Dä­mo­nen Sin­d’s, die in den Glo­cken woh­nen, All im Sold Ihres Kö­nigs, der da tollt, Der da rollt, rollt, rollt, Rollt Tri­umph aus Glo­cken­klang! Und sein Bu­sen schwillt im Drang Des Tri­um­phs aus Glo­cken­klang. Joh­lend tanzt er zu dem Sang: Hal­tend Schritt, Schritt, Schritt, Tanzt er Ru­nen­rhyth­men mit Zum Tri­umph aus Glo­cken­klang, Glo­cken­klang. Hal­tend Schritt, Schritt, Schritt, Tanzt er Ru­nen­rhyth­men mit Zu dem Dröh­nen in dem Klang, In dem Klang, Klang, Klang -- Zu dem Stöh­nen in dem Klang. Hal­tend Schritt, Schritt, Schritt, An der To­ten­glo­cke Strang Tanzt er Ru­nen­rhyth­men mit Zu dem Tol­len in dem Klang, In dem Klang, Klang, Klang, Zu dem Rol­len in dem Klang, In dem Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang, Klang -- Zu dem Trau­ern und dem Schau­ern in dem Klang.

Annabel Lee

Ist ein Kö­nig­reich an des Mee­res Strand, Da war es, da leb­te sie -- Lang, lang ist es her -- und sie sei euch ge­nannt Mit dem Na­men An­na­bel Lee. Und ihr Le­ben und Den­ken war ganz ge­bannt In Lie­be -- und mich lieb­te sie. In dem Kö­nig­reich an des Mee­res Strand Ein Kind noch war ich und war sie, Doch wir lieb­ten mit Lie­be, die mehr war denn dies -- Ich und mei­ne An­na­bel Lee -- Mit Lie­be, daß strah­len­de Se­ra­phim Be­gehr­ten mich und sie. Und das war der Grund, daß vor Jah­ren und Jahr Eine Wol­ke Win­de spie, Die fros­tig durch­fuh­ren am Mee­res­s­trand Mei­ne schö­ne An­na­bel Lee; Und ihre hoch­e­de­le Sip­pe kam, Und ach! man ent­führ­te mir sie, Um sie ein­zu­schlie­ßen in Gruft und Grab, Mei­ne schö­ne An­na­bel Lee. Die En­gel, nicht halb so glück­lich als wir, Wa­ren nei­disch auf mich und auf sie -- Ja! das war der Grund (und alle im Land Sie wis­sen, ver­ges­sen es nie), Daß der Nacht­wind so rauh aus der Wol­ke fuhr Und mor­de­te An­na­bel Lee. Weit stär­ker doch war uns­re Lie­be als die All de­rer, die äl­ter als wir -- Und man­cher, die wei­ser als wir -- Und die En­gel in Hö­hen ver­mö­gen es nie Und die Teu­fel in Tie­fen nie, Nie kön­nen sie tren­nen die See­len von mir Und der schö­nen An­na­bel Lee. Kein Mon­den­licht blinkt, das nicht Träu­me mir bringt Von der schö­nen An­na­bel Lee, Je­des Stern­lein das steigt, hell die Au­gen mir zeigt Mei­ner schö­nen An­na­bel Lee; Und so jede Nacht lieg zur Sei­te ich sacht Mei­nem Lieb, mei­nem Le­ben in bräut­li­cher Pracht: Im Gra­be da küs­se ich sie -- Im Gra­be da küs­se ich sie.

An meine Mutter

Weil tief ich füh­le, daß in Him­meln dort Die En­gel, wenn sie Lie­be-Wor­te nen­nen, Kein hei­lig-hei­ßer und kein in­ni­ger Wort Als »Mut­ter« zu­ein­an­der flüs­tern kön­nen, Drum gab ich die­sen liebs­ten Na­men dir -- Die -- mehr denn Mut­ter mir in mei­nen Schmer­zen -- Der Tod, als er Vir­gi­ni­as Geist von hier Be­freit, zum Hor­te setz­te mei­nem Her­zen. Die eig­ne Mut­ter, die schon früh mir starb, War mir nur Mut­ter, du hin­ge­gen bist Von ihr die Mut­ter, die mein Lie­ben warb; Und so viel mehr, als mei­ner See­le ist Mein Weib denn mei­ner See­le eig­nes Le­ben, Muß ich auch dir denn eig­ner Mut­ter ge­ben.

Das Kolosseum

Ur­bild des al­ten Rom! Re­li­qui­en­schrein Für Schaun und ho­hen Traum, den in die Zeit Jahr­hun­der­te von Pracht und Macht ge­stellt! Nun end­lich -- end­lich -- nach so vie­len Ta­gen Von Wan­der­mü­dig­keit und gie­rem Durst (Von Durst zum Quell des Wis­sens, den du birgst) Ein and­rer und de­mü­ti­ger kniee ich In dei­nem Schat­ten nun und trin­ke ein Dein ra­gend Düs­ter, dei­nen Glanz und Ruhm. Unend­lich­keit und Öde! Schwer­mut, Schwei­gen! Ural­ter Zeit Erin­nern -- düs­te­re Nacht! Ich fühl euch jetzt -- fühl eure gan­ze Wucht -- O Zau­ber, stär­ker als Ju­dä­as Kö­nig Vor­einst ge­lehrt im Berg Geth­se­ma­ne! O Wun­der, macht­vol­ler als der Chal­dä­er Je­mals ver­zückt aus stil­len Ster­nen zog! Hier, wo ein Held einst stürz­te, stürzt die Säu­le. Hier, wo ein gold­ner to­ter Ad­ler glänz­te, Hält mit­ter­näch­tig Wacht die Fle­der­maus. Hier, wo der Da­men Roms ver­gol­det Haar Im Win­de weh­te, wogt nun Ried und Dis­tel. Hier, wo auf gold­nem Thron der Herr­scher lehn­te, Schlüpft geis­ter­haft aus ih­rem Mar­mor­haus, Vom Schein des zwie­ge­hörn­ten Monds be­leuch­tet, Die flin­ke Ech­se schwei­gend über Stei­ne. Doch halt! Die Mau­ern -- die­se Bo­gen­gän­ge, Hochauf von al­tem Efeu ein­ge­klei­det, Die schwar­zen brö­cke­li­gen Säu­len­so­ckel Und düs­tern Schäf­te, dunklen Ka­pi­tel­le, Zer­fal­len­den und fast ver­blaß­ten Frie­se, Zer­sprung­nen Kranz­ge­bäl­ke -- die­ses Wrack -- All die­se Stei­ne -- ach, die grau­en Stei­ne -- Sind sie denn al­les, was der Zahn der Zeit Von all dem Ruhm und un­ge­heu­ren Glanz Für mich und für das Schick­sal üb­rigließ? »Nicht al­les«, ge­ben mir die Echos Ant­wort, »Nicht al­les, nein! Pro­phe­ti­sche Klän­ge stei­gen -- Und lau­te Klän­ge -- ewig von uns auf, Von al­len Trüm­mern zu den Wei­sen auf, Wie Me­lo­die von Mem­non steigt zur Son­ne. Wir lei­ten alle rie­sen­haf­ten Geis­ter. In un­um­schränk­ter Macht be­herr­schen wir Mit un­serm Schwung die Her­zen al­ler Gro­ßen. Wir sind nicht leb­los -- wir erb­lich­nen Stei­ne. Nicht alle Macht ist hin -- nicht al­ler Ruhm -- Nicht al­ler Zau­ber uns­res ho­hen Ru­fes -- Nicht all das Wun­der, das uns rund um­faßt -- Nicht all Ge­heim­nis, das in uns ver­bor­gen -- Nicht all Erin­nern, das wie ein Ge­wand Uns rund um­hängt und über­all be­deckt, Und das uns hüllt in mehr als Herr­lich­keit.«

Das Geisterschloß

In der Tä­ler grüns­tem Tale Hat, von En­geln einst be­wohnt, Gleich des Him­mels Ka­the­dra­le Gold­durch­strahlt ein Schloß ge­thront. Rings auf Er­den die­sem Schlos­se Kei­nes glich; Herrsch­te dort mit rei­chem Tros­se Der Ge­dan­ke -- kö­nig­lich. Gel­ber Fah­nen Fal­ten­schla­gen Floß wie Son­nen­gold im Wind -- Ach, es war in al­ten Ta­gen, Die nun längst ver­gan­gen sind! -- Da­mals kos­ten süße Lüf­te Lind den Ort, Zo­gen als be­schwing­te Düf­te Von des Schlos­ses Wäl­len fort. Wand­rer in dem Tale schau­ten Durch der Fens­ter lich­ten Glanz Ge­ni­en, die zum Sang der Lau­ten Schrit­ten in ge­meß­nem Tanz Um den Thron, auf dem er­ha­ben, Mar­mor­schön, Wür­dig sol­cher Wei­he­ga­ben, War des Rei­ches Herr zu sehn. Per­len- und ru­bi­nenglu­tend War des stol­zen Schlos­ses Tor, Ihm ent­schweb­ten flu­tend, flu­tend Süße Echos, die im Chor, Weit­hinklin­gend, froh be­san­gen - - Süße Pf­licht! -- Ihres Kö­nigs heh­res Pran­gen In der Weis­heit Him­mels­licht. Doch Dä­mo­nen, schwar­ze Sor­gen, Stürz­ten roh des Kö­nigs Thron. -- Trau­ert, Freun­de, denn kein Mor­gen Wird ein Schloß wie dies um­lohn! Was da blüh­te, was da glüh­te - - Herr­lich­keit! -- Eine wel­ke Mär­chen­blü­te Ist’s aus längst be­grab­ner Zeit. Und durch glu­ten­ro­te Fens­ter Wer­den heu­te Wand­rer sehn Un­ge­heu­re Wahn­ge­spens­ter Grau­en­haft im Tanz sich drehn; Aus dem Tor in wil­dem Wel­len, Wie ein Meer, La­chend ekle Geis­ter quel­len -- Weh! sie lä­cheln nie­mals mehr!

Lenore

Zer­schellt die gold­ne Scha­le, ach! Der Geist so fern ent­flo­gen! Schickt Glo­cken­schall der See­le nach, die fort zum Styx ge­zo­gen! Und Guy de Vere, weinst du nicht mehr? Jetzt oder nie sei trü­be! Da liegt, sieh her, und liebt nie mehr Le­no­re, dei­ne Lie­be. Komm! laß voll­ziehn mit from­mem Wort des Gra­bes Hei­li­gung -- Nichts Kö­nig­lichres stirbt hin­fort als sie, die starb so jung -- Man sin­ge, bete im­mer­fort für sie, die starb zu jung. »Wich­te! ihr Reich­tum war euch lieb, ihr Stolz war euch ver­haßt, Und da die Zar­te fiel und blieb, das Grab ihr seg­nen laßt! Das Ri­tu­al und Re­quiem, wie fromm­t’s der Hei­li­gung? Durch euch -- durch euch: den bö­sen Blick? Durch euch: die Läs­te­rung, Die die­se Un­schuld tot­ge­hetzt, die starb -- und starb so jung?« Pec­ca­vi­mus; doch laß Ver­druß! Sing wie am Fei­er­tag Ein Lied zu Gott, daß kei­ne Qual die Tote füh­len mag. Le­no­re schritt vor­an, und mit ihr flog die Hoff­nung traut - - Die un­be­dacht und toll dich macht -- auf die er­ko­re­ne Braut: So sanft sie war und wun­der­bar, er­lag sie dem Ge­schick -- Das Le­ben noch im gel­ben Haar, doch nicht in ih­rem Blick -- Noch im­mer­dar im gel­ben Haar, doch Tod in ih­rem Blick. »Hin­weg! Leicht wacht mein Herz heut nacht: Kein Schmerz­lied will ich kla­gen, Tri­umph soll mei­nen En­gel sacht im hei­li­gen Flu­ge tra­gen. Kein Glo­cken­schlag! daß nicht noch zag die süße See­le wer­de Bei sol­chem Ton, auf­glei­tend schon von der ver­fluch­ten Erde: Zu Freun­den hin, von Fein­den hier, laßt frei die Tote ge­hen -- Aus Höl­le auf zu ho­hem Rang hoch oben in den Hö­hen -- Aus Gram und Groll auf gold­nen Thron zum Herrn der Him­mels­hö­hen.«

Israfel1

Ein Geist wohnt in den Höhn, »Des­sen Herz ei­ner Lau­te gleicht«; Wie Is­ra­fel so schön Singt kei­ner in den Höhn; Die Ster­ne, die sich krei­send drehn, Ver­stum­men im Vor­über­gehn, Wenn der Klang sie er­reicht. Und wenn im Welt­ge­trie­be Der wech­seln­de Mond Am höchs­ten thront, Er­glüht er von Lie­be; Und hor­chend ver­har­ren der rote Blitz Und die sie­ben Ple­ja­den sto­cken­den Schritts Auf ih­rem Him­mels­sitz. Und sie sa­gen (der ster­ni­ge Rat Und alle Lau­scher in sei­nem Ge­lei­te), Daß Is­ra­fel sein Feu­er Ver­dan­ke je­ner Lei­er, Die sei­ne Stim­me weih­te -- Dem be­ben­den le­ben­den Draht Je­ner un­ge­wöhn­li­chen Sai­te. Doch die Höhn, wo der En­gel wohnt, Wo hohe Ge­dan­ken, Pf­licht und Zoll, Wo, er­wach­se­ne Gott­heit, die Lie­be thront, Wo die Huri blickt, sind nah und fern Von all der Schön­heit voll, Die wir schät­zen an ei­nem Stern. Drum gehst du recht in dei­nem Drang, O Is­ra­fel, du wei­ser Bar­de! Ver­ach­tend glu­ten­lo­sen Sang Gab dir der Ruhm den höchs­ten Rang, Dein ist der Lor­beer, bes­ter Bar­de! Hei­ter lebe und lang! Und die Ver­zückun­gen drü­ben, Sie pas­sen zu dei­nem feu­ri­gen Rei­gen, Dei­nem Gram, dei­ner Lust, dei­nem Haß, dei­nem Lie­ben, Sind ganz dei­ner In­brunst zu ei­gen -- Wohl mö­gen die Ster­ne schwei­gen! Ja, der Him­mel ist dein! Doch die­ser Welt Ist Süß und Sau­er ge­mein; Uns­re Blu­men kön­nen nur -- Blu­men sein; Der Schat­ten dei­ner Won­ne fällt Auf uns als Son­nen­schein. O wär ich schnell, Wo Is­ra­fel Ge­wohnt, und er wär ich -- Er säng wohl nicht so flam­mend hell Ein sterb­lich Lied; doch ich, Ich säng aus sol­cher Lei­er Quell Ein Lied, dem kei­nes glich!

Und der En­gel Is­ra­fel, des­sen Herz eine Lau­te ist und der die sü­ßes­te Stim­me hat von al­len Got­tes­krea­tu­ren. -- Koran.  <<<

An Marie Louise Shew

Noch un­längst pries der Schrei­ber die­ser Zei­len, Sich brüs­tend mit be­son­de­rem Ver­stand, »Die Schöp­fer­kraft der Wor­te« und be­stritt, Daß je Ge­dan­ken jen­seits des Ge­biets Der Men­schen­zun­ge Men­schen­hirn ent­sprän­gen; Und jetzt ge­steht er, sei­nen Stolz ver­höh­nend: Zwei Wor­te sind, zwei selt­sam frem­de Sil­ben, Ita­li­ens Töne, die von En­geln nur In Mond­licht­traum sich flüs­tern las­sen, »Tau, Der per­len­gleich auf Her­mons Hü­gel hängt«, Aus sei­nes Her­zens tiefs­tem Grund be­weg­te Ge­dan­ken, die, wie un­ge­dacht, die See­le Nur von Ge­dan­ken sind, weit rei­cher, wil­der Und gött­lich-vi­sio­närer, als sie selbst Der Se­ra­ph­harf­ner Is­ra­fel (der doch »Die sü­ßes­te der Stim­men hat von al­len Ge­schöp­fen Got­tes«) je­mals äu­ßern könn­te. Und ich! Ach, mei­ne Zau­ber sind ge­bro­chen. Kraft­los ent­sinkt die Fe­der mei­ner Hand. Ob du auch ba­test drum, ich kann es nicht, Mit dei­nem teu­ren Na­men et­was schrei­ben. Ich kann nicht spre­chen oder den­ken, ach, Nicht füh­len mehr; denn das ist kein Ge­fühl, Dies star­re Ste­hen auf der gold­nen Schwel­le Weitoff­nen Traum­tors, da ich re­gungs­los, Ent­zückt vom präch­ti­gen Aus­blick und durch­schau­ert So auf dem rech­ten wie dem lin­ken Weg, Weit­hin den gan­zen Weg, in Pur­pur­dunst Bis fern ans Ende sehe -- dich al­lein.

An Helene

Ich sah dich ein­mal -- ein­mal nur -- vor Jah­ren: Ich sage nicht wie vie­len -- doch nicht vie­len. Es war in Ju­li­nacht, und aus dem vol­len Kreis­run­den Mond, der gleich wie dei­ne See­le Den steils­ten Weg hin­auf zum Him­mel such­te, Fiel sanft ein sil­ber­seid­ner Schlei­er Licht -- Fiel still und schwül und schlum­mer­se­lig nie­der Auf tau­send Ro­sen, die nach oben schau­ten Und die in ei­nem Zau­ber­gar­ten wuch­sen, Wo Wind auf Ze­hen nur sich rüh­ren durf­te -- Auf Ro­sen fiel er, die nach oben schau­ten, Die ihre See­len in ver­zück­tem Ster­ben Als Duft aus­hauch­ten in das Lie­be-Licht -- Auf Ro­sen fiel er, die nach oben schau­ten, Die lä­chel­ten und star­ben, wie ver­zau­bert Von dir und dei­nes We­sens Poe­sie. Ich sah dich ganz in Weiß, auf Veil­chen­beet; Auf off­ne Ro­sen, die nach oben schau­ten, Fiel hell der Mond -- und auch auf dein Ge­sicht, Das auf­wärts schau­te -- schau­te, ach, in Leid. War das nicht Schick­sal, das in die­ser Nacht -- War das nicht Schick­sal (das auch Lei­den heißt), Das mir vorm Gar­ten­to­re Halt ge­bot, Den Schlum­mer­duft der Ro­sen ein­zuat­men? Kein Schritt: in Schlaf lag die ver­haß­te Welt; Nur du und ich -- (o Gott, wie schlägt mein Herz, Da ich zu­sam­men die zwei Wor­te nen­ne!) -- Nur wa­chend du und ich. Ich stand, ich blick­te -- Und plötz­lich lo­schen alle Din­ge aus. (Be­denkt es wohl, es war ein Zau­ber­gar­ten!) Der Per­lenglanz des Monds er­losch, die Bee­te, Die moo­si­gen Bee­te und ge­wund­nen Pfa­de, Die fro­hen Blu­men, säf­te­vol­len Bäu­me -- Nichts sah man mehr; und selbst der Duft den Ro­sen Erstarb im Arm an­be­tend stil­ler Lüf­te. All al­les au­ßer dir ver­schied, ver­hauch­te, Nichts blieb als du -- als we­ni­ger denn du: Als nur das Him­mels­licht in dei­nen Au­gen -- Als dei­ne See­le nur in dei­nen Au­gen. Ich sah nur sie -- sie wa­ren mir die Welt. Ich sah nur sie -- sah stun­den­lang nur sie -- Sah nichts als sie, bis daß der Mond sich senk­te. Welch wun­der­sa­me Herz­ge­schich­ten spra­chen Aus je­nen himm­li­schen kris­tall­nen Ku­geln! Welch dunkles Weh! Und doch welch heh­res Hof­fen! Welch hei­ter schwei­gend Meer er­hab­nen Stol­zes! Welch küh­ne Ehr­be­gier! Und doch welch tie­fe -- Un­faß­bar tie­fe Lie­be-Fä­hig­keit! Doch jetzt, doch end­lich sank Dia­na hin In west­li­ches Ge­wit­ter­wol­ken-Pfühl; Und du ent­glittst wie Geist dem Gra­bes­schat­ten Der Bäu­me dort. Nur dei­ne Au­gen blie­ben! Sie gin­gen nicht -- sie sind nie mehr ge­gan­gen! In je­ner Nacht mir sorg­sam heim­wärts leuch­tend Ver­laß’­nen Pfad, ver­lie­ßen sie mich nie -- Nie mehr (wie all mein Hof­fen doch ge­tan). Sie fol­gen mir -- sie lei­ten mich durchs Jahr. Sie sind mir Die­ner -- den­noch ich ihr Skla­ve. Ihr Amt ist: zu be­leuch­ten, zu ent­flam­men -- Mein Dienst: be­se­ligt sein durch ih­ren Glanz, Ge­rei­nigt sein durch ihr elek­trisch Feu­er, Ge­hei­ligt sein in ih­rem Him­mels­feu­er. Sie fül­len mir mein Herz mit Schön­heit an (Die Hof­fen ist) und sind im Him­mel dro­ben Das Ster­nen­paar, vor dem ich kni­end lie­ge Im trau­rig­stum­men Wa­chen mei­ner Nacht; In­des so­gar im Mit­tags­glanz des Ta­ges Ist noch sie sehe -- hol­de Zwil­lings­schwes­tern, Ve­nus­se, die kein Son­nen­licht ver­löscht!

Eroberer Wurm

O schaut, es ist fest­li­che Nacht In­mit­ten ein­sam letz­ter Tage! Ein En­gel­chor, schluch­zend, in Flü­gel­pracht Und Schlei­er­flor sieht zage Im Schau­spiel­haus ein Schau­spiel an Von Hoff­nung, Angst und Pla­ge, Der­weil das Or­che­s­ter dann und wann Mu­sik haucht: Sphä­ren­kla­ge. Schau­spie­ler, Got­tes Eben­bil­der, Mur­meln und brum­meln dumpf Und has­ten plan­los, im­mer wil­der, Sind Pup­pen nur und fol­gen stumpf Ge­wal­ti­gen düs­te­ren Din­gen, Die um­ziehn ohne Form und Rumpf Und dunkles Weh aus Kon­dor­schwin­gen Schla­gen voll Tri­umph. Dies när­ri­sche Dra­ma! -- O für­wahr, Nie wird’s ver­ges­sen wer­den, Nie sein Phan­tom, ver­folgt für im­mer­dar Von wil­der Rot­te ra­sen­den Ge­bär­den, Ver­folgt um­sonst -- zum al­ten Fleck Kehrt stets der Kreis­lauf neu zu­rück -- Und nie die Toll­heit, die Sün­de, der Schreck Und das Grau­sen: die See­le vom Stück. Doch sieh, in die mi­men­de Run­de Drängt schlei­chend ein blut­rot Ding Her­vor aus ödem Hin­ter­grun­de Der Büh­ne -- ein blut­rot Ding. Es win­det sich! -- win­det sich in die Bahn Der Mi­men, die Angst schon tö­tet; Die En­gel schluch­zen, da Wur­mes Zahn In Men­schen­blut sich rö­tet. Aus -- aus sind die Lich­ter -- alle aus! Vor jede zu­cken­de Ge­stalt Der Vor­hang fällt mit Wet­ter­braus: Ein Lei­chen­tuch fins­ter und kalt. Die En­gel schla­gen die Schlei­er zu­rück, Sind er­bleicht und ent­schwe­ben in Sturm, »Mensch« nen­nen sich sie das tra­gi­sche Stück, Sei­nen Hel­den »Ero­be­rer Wurm«.

An Frances S. Osgood

Dein Herz sucht Lie­be? -- So möge es nie Vom jet­zi­gen Pfa­de wei­chen, Sei, was du bist, und wol­le nie Dem, was du nicht bist, glei­chen -- So wird die Welt dei­nem sanf­ten Sein, Dei­ner An­mut ein un­end­lich Und freu­de­vol­les Preis­lied weihn, Und Lie­be wird selbst­ver­ständ­lich.

An Eine im Paradies

Du warst für mich all die­ses, Lieb, Was See­le füllt und Sein, Warst In­sel­grün im Mee­re, Lieb, Spring­brunn und Al­tar­stein Voll Frucht- und Blu­men­wun­der, Lieb, Und all das Blühn war mein! O Traum, dem Ster­ben kam! O Ster­nen­hof­fen, des­sen Licht Sturm­wol­ke mir be­nahm! Ein Ru­fen aus der Zu­kunft spricht: »Voran! Voran!« -- Doch Gram Um das, was war, nimmt Zu­ver­sicht, Macht müd und flü­gel­lahm. Denn weh! des Le­bens war­mer Glanz Er­strahlt für mich nicht mehr! Die Woge raunt im Bran­dungs­tanz Zum Sand: nie mehr -- nie mehr Wird wund­ge­schoss­ne Schwin­ge ganz, Dürr bleibt der Baum und blät­ter­leer, Dem jäh ein Blitz zer­schlug den Kranz. Und Tag ist Traum, der zu dir wacht, Und Nacht ist Traum und lei­tet Hin, wo dein dunkles Auge lacht Und wo dein Fuß hin­schrei­tet, Der in äthe­ri­schen Tän­zen sacht -- Auf wel­chen Strah­len glei­tet?

Das Tal der Unrast

Einst­mals war ein stil­les Tal, Un­be­wohnt; mit Schild und Stahl Zog das Volk in Krie­ge fort; Hiel­ten mil­de Ster­ne dort Vom ar­zur­nen Turm zur Nacht Über all die Blu­men Wacht, Über de­nen je­den Tag Rot und faul die Son­ne lag. Jetzt wird je­der Wand­rer se­hen Un­rast die­ses Tal durch­we­hen, Nichts ist da, das nicht sich regt, Luft nur brü­tet un­be­wegt Ob der Zau­ber-Ein­sam­keit. Ach, kein Lüft­chen weit und breit Rührt der Bäu­me Blät­ter­kleid, Die da pul­sen ohne Frie­den Gleich dem Eis­meer der He­bri­den. Ach, kein Lüft­chen jagt und bauscht Das Ge­wölk, das ruh­los rauscht, Rast­los rauscht von früh bis spät Über My­ria­den­beet Blau­er Veil­chen, sor­gen­reich, My­ria­den Au­gen gleich, Über Li­li­en, die so weich We­hend, wei­nend schaun her­ab Auf ein na­men­lo­ses Grab! We­hend: aus dem Duft her­aus Kom­men Trop­fen ewi­gen Taus. Wei­nend: von den zar­ten Zwei­gen Ewig Trä­nen nie­der­stei­gen, Die gleich Edel­stei­nen schwei­gen.

Die Stadt im Meer

Weh! wun­der­li­che, ein­sa­me Stadt, Drin Tod sei­nen Thron er­rich­tet hat, Tief un­ter des Wes­tens düs­te­rer Glut, Wo Sün­de bei Güte, wo Schlecht bei Gut In letz­ter ewi­ger Ruhe ruht. An Sch­lös­sern, Al­tä­ren und Tür­men hat (Zer­freß­nen Tür­men, die nicht be­ben!) Nichts Glei­ches eine uns­ri­ge Stadt. Von Win­den ver­ges­sen, die wüh­len und he­ben, Stehn un­term Him­mel die Was­ser rings­um, Schwer­mü­ti­ge Was­ser, er­ge­ben und stumm. Kein Strah­len vom Him­mel kommt her­ab Auf je­ner Stadt lang­näch­ti­ges Grab. Doch steigt ein Licht aus dem Mee­re her­auf, Strömt schwei­gend an küh­nen Zin­nen hin­auf, Hin­auf an Tür­men bis zum Knauf, Hin­auf an Pa­läs­ten, an Zi­ta­del­len, An Tem­peln hin­auf und an Ba­by­lon­wäl­len, Hin­auf an ver­ges­se­nen Lau­ben­gän­gen Mit ein­ge­mei­ßel­ten Frucht­ge­hän­gen, Hin­auf an man­chem Op­fer­stein, Auf des­sen Frie­sen zu en­gem Ve­rein Ver­floch­ten Vio­la, Vio­len und Wein. Stehn un­term Him­mel die Was­ser rings­um, Schwer­mü­ti­ge Was­ser, er­ge­ben und stumm. Die Mau­ern und Schat­ten wie Ne­bel­duft -- Es scheint, als hän­ge al­les in Luft. Vom Turm, der herr­schend ragt und droht, Schaut rie­sen­haft her­ab der Tod. Ge­öff­ne­te Tem­pel und To­ten­grüf­te Gäh­nen auf leuch­ten­de Mee­res­schlüf­te. Doch nicht die blit­zen­den Ju­we­len In gold­ner Göt­zen Au­gen­höh­len Und nicht der rei­che Tod ver­füh­ren Die star­ren Was­ser, sich zu rüh­ren: Kein kleins­tes Well­chen kommt in Gang Die glä­ser­ne Ein­öde ent­lang; Kein Kräu­seln er­in­nert, daß we­ni­ger leer Von Wind ist ir­gend­ein an­de­res Meer, Nichts sagt, daß je ein We­hen war Auf Mee­ren, die we­ni­ger grau­en­haft klar. Doch, oh -- es regt sich leis wie Wind! Ein Wel­len durch das Was­ser rinnt -- Als ob die Tür­me im sach­ten Sin­ken Die Flut ver­schö­ben zur Rech­ten und Lin­ken -- Als ob schon die Spit­zen in­mit­ten des blas­sen Him­mels Lücken zu­rück­ge­las­sen. Ein ro­te­res Glim­men steigt her­an -- Die Stun­den hal­ten den Atem an -- Und wenn die Stadt hin­ab, hin­ab Von hin­nen sinkt mit un­ir­di­schem Stöh­nen, Wird ihr von ein­tau­send Thro­nen her­ab Der Gruß der Höl­le tö­nen.

Die Schlafende

In tie­fe Ju­ni­mit­ter­nacht Der mys­ti­sche Mond her­nie­der­wacht. Ein­schlä­fern­de Ne­bel duns­ten lei­se Heraus aus sei­nem gold­nen Krei­se Und trie­fen sanft wie Schlum­mer­lie­der Trop­fen um Trop­fen sach­te nie­der Auf Hö­hen, schim­mernd wie Opal, Und in das all­um­fas­sen­de Tal. Auf ei­nem Grab nickt Ros­ma­rin, Träg lehnt die Li­lie drü­ber hin. Von lee­rem Ne­bel über­dacht Fault die Rui­ne hin­ein in Nacht. Wie Le­the sieh den Wei­her ruhn, Scheint tie­fen, tie­fen Schlaf zu tun, Nicht um die Welt er­wach­te er nun. Alle Schön­heit schläft! -- und ach! wo liegt (Ihr Fens­ter den Him­meln ge­öff­net) -- wo liegt Ire­ne, vom Schick­sal ein­ge­wiegt! O Schöns­te! -- ach! ich steh’ be­trof­fen: Das Fens­ter weit dem Nacht­wind of­fen? Die Lüf­te fal­len im Mon­den­schein Vom Baum her­ab durchs Git­ter ein -- Sie flüch­ten flüs­ternd wie Geis­ter­schar Durch dein Ge­mach und sto­ßen gar Am Bett den bun­ten Bal­da­chin So schau­rig her, so schau­rig hin Über des Au­ges ge­schlos­se­ne Glut, Dar­un­ter die schlum­mern­de See­le ruht, Daß Schat­ten gleich Ge­s­pens­tern we­ben Und Wand und Bo­den irr be­le­ben. O lie­be Dame, ban­get dir? Wa­rum und was nur träumst du hier? Ge­wiß, du kamst von ferns­tem Meer, Ein Wun­der, in die­sen Gar­ten her! Selt­sam dei­ne Bläs­se! Selt­sam dein Kleid! Die Lo­cken län­ger als je­der­zeit! Selt­sam die düs­te­re Fei­er­lich­keit! Sie schläft! Und wie sie dau­ernd ruht, So ruhe sie auch tief! Und gut Hab Him­mel sie in hei­li­ger Hut! Hei­li­ger sie jetzt und der Raum, Schwer­mü­ti­ger sie als je ihr Traum. O Gott! laß nie ih­ren Schlaf ver­gehn, Ihr Auge nie sich öff­nen und sehn, In­des die Ge­s­pens­ter vor­über­wehn! Mei­ne Lie­be, sie schläft! Wie dau­ernd sie ruht, So ruhe sie auch tief und gut; Leis krie­che um sie die Wür­mer­brut! Mög fern im Forst, in Düs­ter und Duft, Für sie sich auf­tun eine Gruft -- Eine Gruft, die oft das schwar­ze Tor Auf­warf vor ban­gem Trau­er­chor, Tri­um­phie­rend über den Wap­pen­flor Der To­ten aus ih­rem er­ha­be­nen Hau­se -- Eine Gruft, ent­le­gen wie Ein­siedler­klau­se, De­ren Tor ihr einst beim kind­li­chen Spiel Für man­chen Stein ge­dient als Ziel -- Ein Grab, aus des­sen tö­nen­dem Tor Sie nim­mer­mehr zwingt ein Echo her­vor, Das dröh­nend dem Kind in die Ohren roll­te, Als sei es der Tod, der da drin­nen groll­te.

Schweigen

In Eins ver­leibt, in engs­ter In­nig­keit Sind Kräf­te: dop­pel­le­big -- so ge­schweißt Ein Bild von je­ner Zwil­lings-We­sen­heit Aus Stoff und Licht, die Kör­per ist und Geist. Da ist ein zwei­fach Schwei­gen -- Strand und Meer -- Kör­per und See­le. Ei­ner wohnt am Ort, Jüngst über­grünt; ein trä­nen­vol­les Wort, Ge­den­ken und Ehr­zei­chen, ernst und hehr, Ver­hül­len al­les Graun -- er heißt: Nie mehr! Er ist ver­ei­nigt Schwei­gen; fürcht ihn nicht, Da ihm zum Bö­sen alle Macht ge­bricht. Doch soll­test du be­geg­nen (trau­rig Los!) Sei­nem Ge­s­penst (dem Ko­bold Na­men­los, Der spukt auf nie vom Mensch be­tret­nen Pfa­den Der Ein­sam­keit), be­fiehl dich Got­tes Gna­den.

Ein Traum in einem Traum

Auf die Stirn nimm die­sen Kuß! Und da ich nun schei­den muß, So be­ken­ne ich zum Schluß Dies noch: Un­recht habt ihr kaum, Die ihr meint, ich leb­te Traum; Doch, wenn Hoff­nung jäh en­f­lohn In Tag, in Nacht, in Vi­si­on Oder an­derm Sinn und Wort -- Ist sie dar­um we­ni­ger fort? Schaun und Schei­nen ist nur Schaum, Nichts als Traum in ei­nem Traum! Mit­ten in dem Wo­gen­brand Steh’ ich an ge­quäl­tem Strand, Und ich hal­te in der Hand Kör­ner von dem gold­nen Sand -- We­nig, den­noch ach, sie rin­nen Durch die Fin­ger mir von hin­nen -- Wei­nen muß ich, wei­nend sin­nen! Ach, kann ich nicht fes­ter fas­sen, Um sie nicht hin­weg­zu­las­sen? Ach, kann ich nicht eins in Hut Hal­ten vor der Woge Wut? Ist all Schaun und Schein nur Schaum -- Nichts als Traum in ei­nem Traum?

Traumland

Auf Pfa­den, dun­kel, vol­ler Grau­sen, Wo nur böse En­gel hau­sen, Wo ein Dä­mon, Nacht ge­nannt, Auf schwar­zem Thron die Flü­gel spannt, Aus letz­tem düs­term Thu­le fand Ich jüngst erst her in die­ses Land -- Aus Zau­ber­reich, so wild und weit, Fern von Raum, fern von Zeit. Ewig bo­den­lo­se Schlün­de, Klüf­te, Schlüf­te ohne Grün­de, Un­be­grenz­te Was­ser­mas­sen, Die sich nie in Ufer fas­sen, Wäl­der, die kein Ende neh­men, Die -- ti­ta­nen­haf­te Sche­men -- Trop­fend stehn in Ne­bel­tau, End­los wuch­tend, end­los grau! Ber­ge, end­los nie­der­fal­lend, Mee­re, in kein Ufer wal­lend, Mee­re, die urewig flu­ten, Him­mel, die urewig glu­ten, Wei­her, die un­end­lich brei­ten Stum­mer Was­ser Ein­sam­kei­ten, Die in Tod und Stil­le lie­gen Und den Schnee der Li­lie wie­gen. Bei den Wei­hern, die da brei­ten Stum­mer Was­ser Ein­sam­kei­ten, Die in Tod und Trau­er lie­gen Und den Schnee der Li­lie wie­gen; Bei den Ber­gen, bei den Flüs­sen, Die so ruh­los mur­meln müs­sen; Bei den Wäl­dern, bei den Sümp­fen, Wo bei schwarz­ver­faul­ten Stümp­fen Molch und Krö­te lau­ernd schlei­chen; Bei den Pfuh­len und den Tei­chen, Wo ge­frä­ßi­ge Dä­mo­nen Gie­rig bei den Lei­chen woh­nen; Bei den trü­ben Sün­den­quel­len, Die in gif­ti­gen Düns­ten schwel­len -- Trifft der Wand­rer vol­ler Ban­gen Al­les, was schon lang ver­gan­gen: To­ten­hem­den, die sich blä­hen, Sche­men, die aus Schat­ten spä­hen, Freun­de, lang schon aus dem Le­ben, Erd -- und Him­mel über­ge­ben. Für das Herz voll tau­send We­hen Ist es hier ein fried­voll Ge­hen -- Für den Geist, den Schat­ten bannt, Ist’s ein pa­ra­die­sisch Land! Doch wer wan­dert durch dies Grau­en, Wage nie­mals auf­zu­schau­en, Nie den schwa­chen Blick zu he­ben In das We­ben und das Be­ben, Sen­ke das be­wim­pert Lid, Daß es kein Ge­heim­nis sieht. So des Kö­nigs Macht­be­feh­le. Und so darf die trü­be See­le Hier nur im Vor­über­ge­hen Durch ge­trüb­te Glä­ser se­hen. Auf Pfa­den, dun­kel, vol­ler Grau­sen, Wo nur böse En­gel hau­sen, Wo ein Dä­mon, Nacht ge­nannt, Auf schwar­zem Thron die Flü­gel spannt -- Aus je­nem letz­ten Thu­le fand Ich jüngst erst heim in die­ses Land.

An Zante

O schö­ne In­sel, die den schö­nen Na­men Sich von der sü­ßes­ten der Blu­men nimmt, Ach, daß bei dei­nem Schaun mich über­ka­men All jene Stun­den, die einst froh ge­stimmt! Wie vie­le Sze­nen lang ver­sunkner Won­ne! Wie viel Ge­den­ken an be­grab­nen Traum -- Ach, an ein Mäd­chen, das in dei­ner Son­ne Nie mehr hin­schrei­tet durch den Bra­dungs­schaum! Nie mehr! Das ist der zau­brisch trü­be Klang, Der al­les wan­delt! Nie soll dein Ge­den­ken Mehr mei­ner See­le eine Freu­de schen­ken! Ver­flucht er­scheint mir nun dein blu­mi­ger Hang, O hya­zinth­ne In­sel! pur­purn Zan­te! »Isol d’o­ro! Fior di Le­van­te!«

Eulalie

Ich weil­te al­lein In der Welt voll Pein, Und mein Herz war wie Sumpf so seicht, Bis die schö­ne und sanf­te Eu­la­lie mir er­rö­tend die Hand ge­reicht -- Bis die blon­de und jun­ge Eu­la­lie mir lä­chelnd die Hand ge­reicht. Ach, we­ni­ger klar Die Ster­nen­nacht war Als die Au­gen der strah­len­den Maid! Und nim­mer ist Hauch Vom zar­tes­ten Rauch, Dem Mond sei­nen Ster­nenglanz leiht, So schön wie der Lo­cke Eu­la­lies be­schei­de­ne Lieb­lich­keit -- So schön wie der Lo­cke Eu­la­lies gleich­gül­ti­ge Lieb­lich­keit. Nun Zwei­fel -- nun Pein Kehr nim­mer­mehr ein, Denn Seuf­zer um Seuf­zer strebt Ihre See­le mir zu, Und all Tag in Ruh Astar­te am Him­mel schwebt, In­des­sen zu ihr lieb Eu­la­lie ihr müt­ter­lich Auge hebt -- In­des­sen zu ihr jung Eu­la­lie ihr Veil­chen­au­ge hebt.

El Dorado

Ein Rit­ter, hehr Von Art und Ehr’, Durch Son­nen­schein zog und Schat­ten. Er ritt gar lang Durchs Land und sang Und such­te El Do­ra­do. Doch wur­de alt Die Re­cken­ge­stalt, Ihm sank ins Herz ein Schat­ten, Denn nir­gends er fand Ein Fleck­chen Land, Das aus­sah wie El Do­ra­do. Und als er gar Ent­kräf­tet war, Da traf er Pil­ger Schat­ten -- Den sprach er an: »Schat­ten, wo kann Es lie­gen: El Do­ra­do?« »Reit im­mer­zu Über Mond­ber­ge du Hin­ab ins Tal des Schat­tens, Reit fort und fort« -- War Schat­tens Wort -- »Dort fin­dest du El Do­ra­do.«

Für Annie

Gott­lob! die Ge­fahr Ist nun end­lich vor­bei, Von schlep­pen­der Krank­heit Ward end­lich ich frei -- Ward sieg­haft vom Fie­ber, Dem »Le­ben«, nun frei. Ich weiß es, ich kann Kei­ne Ta­ten mehr tun, Kei­nen Mus­kel mehr re­gen, Nur lang­ge­streckt ruhn -- Was tut es! Jetzt fühl’ ich Mich bes­ser im Ruhn. Und ich lie­ge so fried­lich, Er­ret­tet von Not, Daß wer an mein Bett tritt, Ver­meint, ich sei tot -- Ersch­rickt bei dem An­blick Und meint, ich sei tot. Das Äch­zen und Kräch­zen, Die seuf­zen­de Plag’ Ist nun end­lich vor­bei Mit dem schreck­li­chen Schlag, Mit des Her­zens ent­setz­li­chem Schreck­li­chem Schlag! Das Übel -- der Ekel -- Die ruh­lo­se Not -- Hör­te auf mit dem Fie­ber, Das im Hirn mir ge­loht -- Mit dem Fie­ber, dem »Le­ben«, Das wahn­voll ge­loht. Und von al­len Fol­tern Ich je­ner ge­nas, Die am schreck­lichs­ten quäl­te, Am furcht­bars­ten fraß: Des Durs­tes nach Lie­be, Nach Lieb ohne Maß -- Nun trank ich ein Was­ser, An dem ich ge­nas. Ein Was­ser, das flu­tet Mit schlä­fern­dem Klang, Das nah un­term Bo­den Sich gräbt sei­nen Gang -- We­nig Fuß in dem Grun­de Sich gräbt sei­nen Gang. Und ach, daß doch nim­mer Die Dumm­heit es spricht, Daß enge mein Bet­te, Ohne Luft, ohne Licht -- Denn in an­de­ren Bet­ten Da ruht es sich nicht, Und zum Schla­fen be­darfst du Solch Bett ohne Licht. Die ge­mar­ter­te See­le, Hier ruht sie sich aus, Ver­gißt, und ver­mißt nicht Den duf­ten­den Strauß Von Myr­ten, von Freu­de -- Den Ro­tro­sen­strauß. Denn drun­ten da ruht sie In hei­li­germ Hauch, In sü­ßes­tem Duf­ten Von Ros­marin­strauch -- In Blau­veil­chen­duf­ten Und Ros­ma­rin­hauch -- In Trau­er und Treue Von Ros­marin­strauch. Und da liegt sie nun hei­ter In Träu­me ge­bannt Von Treue und Schön­heit Von An­nie, ge­bannt In Träu­me von An­nie, Von Lo­cken um­spannt. Sie küß­te mich in­nig, So zärt­lich be­wußt, Dann fiel ich in Schlum­mer Dort an ih­rer Brust -- In traum­tie­fen Schlum­mer An himm­li­scher Brust. Als das Licht dann er­lo­schen, Da deck­t’ sie mich warm, Und sie bat zu den En­geln, Mich zu hü­ten vor Harm -- Zu der Her­rin der En­gel, Mich zu schir­men vor Harm. Und ich lie­ge so fried­lich, Er­ret­tet von Not (Denn ich weiß ihre Lie­be), Daß ihr meint, ich sei tot -- Und ich ruh’ so ge­las­sen, Er­ret­tet von Not (Ihre Lie­be im Bu­sen), Daß ihr meint, ich sei tot -- Nur schau­dernd mich an­schaut Und denkt, ich sei tot. Doch mein Herz das strahlt hel­ler, Als am Him­mels­thron sprüht Der Ster­ne Ge­wim­mel, Da von An­nie es glüht -- In der Lie­be von An­nie Er­strah­let und glüht, Im Ge­dan­ken an An­nies Lichtau­gen er­glüht.

An --

Ich sor­ge nicht, daß mein Er­den­los We­nig von Erde trägt, Daß Haß in Mi­nu­te er­bar­mungs­los Jah­re der Lie­be schlägt. Ich kla­ge nicht, daß mehr an Glück Der Ein­sa­me hat denn ich -- Doch daß Du sorgst um mein Ge­schick -- Um die­sen Wand­rer -- mich!

Braut-Ballade

Der Ring an mei­ner Hand, Der Kranz aufs Haar ge­setzt -- Mein ist nun Prunk und Tand Und wun­der­bar Ge­wand, Und ich bin glück­lich jetzt. Und mein Herr, er liebt mich sehr; Doch sein Schwur hat mich ent­setzt -- Sein Wort klang dumpf und schwer Wie Gr­ab­ge­läu­te her Und klang, als sprä­che er, Der kämp­fend fiel im Heer -- Und der wohl glück­lich jetzt. Doch er be­ru­hig­te mich Mit sanf­tem Kuß zu­letzt, In­des ein Träu­men mich Zum Kirch­hof trug und ich D’Elor­mie, dem To­ten, mich Ver­mähl­te in­ner­lich. »O ich bin glück­lich jetzt!« Und so war das Wort ge­spro­chen Und der Schwur, der Pf­lich­ten setzt; Und sei auch die Treu’ ge­bro­chen, Und sei auch mein Herz ge­bro­chen -- Der Ring, er hat ge­spro­chen, Er zeigt mich glück­lich jetzt. Woll­t’ Gott, ich könn­te las­sen Den Traum, der so mich hetzt! Mei­ne See­le kann’s nicht fas­sen, Ich muß in Reu erb­las­sen, Daß der Tote, so ver­las­sen, Nicht glück­lich sein mag jetzt.

An F --

Ge­lieb­te! mit­ten in der Qual, Die mei­nen Er­den­pfad um­drängt (Ach, trüber Pfad, den nicht ein­mal Ein­sam er­hellt ei­ner Rose Strahl), Mei­ne Seel’ an ei­nem Tros­te hängt: An Traum von dir -- der al­le­mal Mir Frie­den bringt aus Edens Tal. So ist das Dein­ge­den­ken mir Wie fern ver­wun­sch­nes In­sel­land In­mit­ten auf­ge­wühl­ter Gier Des Ozeans: ein Meer-Re­vier In Sturm -- in­des doch un­ver­wandt Ein heit­rer Him­mel blaus­te Zier Grad über je­nes Ei­land spannt.

An den Fluß

Du schö­ner Fluß mit dei­ner Flut, Die nie­mals stil­le hält. Du bist ein Bild von Ju­gend­mut, Von ei­nem Her­zen un­ver­stellt. Doch wenn in dein kris­tall­nes Blau, Das trü­be Au­gen scheu­en, Die Liebs­te blickt, gleichst du ge­nau Mir selbst, ih­rem Ge­treu­en. Denn dies Herz birgt wie du so rein Ihr Bild und strahlt be­wegt, Wenn es den teu­ren Wi­der­schein In sei­nen Tie­fen hegt.

Ein Traum

Oft fand ich mein ent­schwund­nes Glück In ei­nem nächt­li­chen Ge­sicht, Doch ließ mich hoff­nungs­los zu­rück Ein wa­cher Traum im Ta­ges­licht. Ach, was ist nicht ein sol­cher Traum Für ihn, der mit­ten in der Flucht Der Din­ge über Zeit und Raum Der See­le einen Stütz­punkt sucht! O die­ser Traum -- die­weil in Qual Und Wirr­nis um mich lag die Welt -- Hat wie ein Schutz­geist man­ches Mal Sich zu mir Ein­sa­men ge­sellt. Was durch der Täu­schung Däm­mer­licht So trös­tend schim­mer­te von fern -- War es dem Her­zen teu­rer nicht, Als selbst der Wahr­heit Ta­ge­s­stern?

Romanze

Ro­man­ze, die am Nach­mit­tag Gern traum­haft nickt und singt im Hag, Wo überm schat­ten­dunklen Teich Die Zwei­ge säu­seln sacht und weich -- Einst warst du, da ich wild und frei, Ein Kind, doch wis­send, Tag für Tag Dir lau­schend un­term Bau­me lag, Ein selt­ner bun­ter Pa­pa­gei Aus ei­nem frem­den Wun­der­land, Den ich doch Laut für Laut ver­stand. Doch nun um­kreist den Wel­ten­bau Der Kon­dor­flug der Zeit so rauh, Daß in der to­sen­den Ge­fahr Ich al­ler se­li­gen Muße bar. Und wenn mit sanf­te­rem Flü­gel­schlag Den un­ruh­vol­len Geist ein Tag Auch wohl ent­führt in Träu­me­rei’n -- Dann lit­te mei­ne See­le Pein, Wenn sie bei Lei­er und Ge­sang Nicht beb­te mit dem Sai­ten­strang.

An M. L. S.

Von al­len, die dich prei­sen wie den Mor­gen, Die, wenn du fern bist, wäh­nen, es sei Nacht, Am Him­mel er­lo­schen sei die Son­ne -- Von al­len, die dich un­ter Trä­nen seg­nen, Daß du die Hoff­nung ih­nen wie­der­gabst, Ja, mehr noch, ih­ren tief be­gra­be­nen Glau­ben An Wahr­heit -- Tu­gend -- Men­sch­lich­keit; Von al­len, die vom Bet­te der Verzweif­lung, Wo hin­ge­streckt sie la­gen, sich er­ho­ben Bei dei­nem sanft­ge­sproch­nen Wort: »Es wer­de Licht!« Dem sanft­ge­spro­ch’­nen Wort, das sich er­füll­te Im en­gel­rei­nen Schim­mer dei­ner Au­gen; Von al­len, die dir dan­ken, de­ren Dank An­be­tung gleich­kommt -- o ge­den­ke Des Wahrs­ten, in­nigst dir Er­ge­be­nen, Der, wäh­rend er dies nie­der­schreibt, er­bebt zu den­ken, Daß er mit ei­nem En­gel Zwie­sprach hal­te.

An --

Die Kel­che, oft im Traum er­schaut, Wo Sing­vö­gel sich wie­gen, Sind dei­ne Lip­pen -- und der Laut Me­lo­disch draus ent­stie­gen -- Dein Au­gen­strahl, mir sanft er­glüht, Fällt mit­ten in dem Dun­kel Auf mein un­düs­ter­tes Ge­müt Wie ei­nes Sterns Ge­fun­kel. Dein Herz -- dein Herz, seuf­z’ ich ge­preßt Und träu­me bis zum Tage Vom Glück, das sich nicht grei­fen läßt. Doch will, daß man es wage.

Sonett an die Wissenschaft

O Wis­sen­schaft! Du Sproß der Grei­sin Zeit, Vor des­sen Spä­her­blick nichts si­cher ist! Du Gei­er, flug­lahm vor der Wirk­lich­keit, Was spürst du nach dem Dich­ter so voll List? Wie soll­te er -- wenn schon du wei­se bist -- Dich lie­ben, die ihm sei­ne Wan­de­rung, Mit der er Ster­nen­ge­gen­den durch­mißt, Miß­gönnt und sei­nen adl­er­glei­chen Schwung? Ver­triebst du nicht die Göt­ter­lie­bes­paa­re? Aus Fluß und Hain die Nym­phen und Na­ja­den, Daß sie sich flüch­te­ten ins Un­sicht­ba­re? Ver­scheuch­test du nicht von den Wie­sen­pfa­den Die El­fen -- und von mir den Som­mer­traum Des Mit­tags un­term Ta­ma­rin­den­baum?

Hymne

Wenn ich des Mor­gens mich er­hob, Ma­ria! hör­test du mein Lob. Leg­te ich mich zum Schlum­mer hin. Pries ich dich, Him­mels­kö­ni­gin. Als noch die Stun­de hell ent­flog, Den Him­mel kein Ge­wölk um­zog, Nahmst du, wie eine Mut­ter tut, Mein schwa­ches Herz in dei­ne Hut. Nun, da die Tage freud­los fliehn, Mein Le­ben Stür­me über­ziehn, Mach mei­ne Zu­kunft wie­der licht Durch Hoff­nung und durch Zu­ver­sicht.

Lied

Ich sah dich un­term Myr­ten­kranz Er­rö­ten tief und zag, Da noch die Welt in ei­tel Glanz Und Lie­be vor dir lag. Von al­lem Prunk und Flacker­licht In dei­nem Braut­ge­leit Sah mein ge­blen­de­tes Ge­sicht Nur dei­ne Lieb­lich­keit. Mag sein, daß jene scheue Glut Nur flüch­tig dich be­rührt, Mir aber ward da­von das Blut Zur Flam­me an­ge­schürt. Da ich dich un­term Myr­ten­kranz Er­rö­ten sah so zag, Ob­wohl die Welt in ei­tel Glanz Und Lie­be vor dir lag.

Märchenland

Strö­me und dunkle Tä­ler und Tie­fen, In wol­ken­glei­chen Wäl­dern ver­steckt, De­ren For­men uns ganz ver­deckt, Weil sie von blei­er­nen Ne­beln trie­fen. Rie­si­ge Mon­de, die wach­sen und schwin­den Des Nachts drü­ber her ohne Un­ter­laß, Von de­ren Atem, fros­tig und naß, Die Ster­ne er­lö­schen oder er­blin­den. Ihr Kern sinkt auf die Ber­ge­ss­pit­zen, Doch ihre Licht­krei­se wo­gen schwer Über dem großen Wäl­der­meer Und drin­gen in alle Schlün­de und Rit­zen, Bis alle Irr­gän­ge weit und breit Umspon­nen sind von Mü­dig­keit Und sie des Schla­fes Lei­den­schaft Um­fängt mit zau­ber­tiefer Haft. Des Mor­gens aber ent­schwe­ben Die Mon­des­hül­len, wirr zer­flos­sen Zu­gleich mit den Stür­men, und er­he­ben Sich gleich rie­si­gen Al­ba­tros­sen, Die in den Lüf­ten als ge­trenn­te Ato­me wie­der her­nie­der­fal­len, Und so (nie ru­hen­de Ele­men­te) In ei­nem ewi­gen Zir­kel wal­len Und auf ih­ren zit­tern­den Schwin­gen Zur Erde Him­melss­pu­ren brin­gen.

Der See

In mei­nen jun­gen Jah­ren trieb Mich Sehn­sucht oft an einen Ort, Der mich ge­bannt hielt wie ein Hort. So war die Ein­sam­keit mir lieb Von ei­nem See, um des­sen Rand Ein schwar­zes Fels­ge­mäu­er stand. Doch wenn die Nacht ihr Bahr­tuch warf Auf die­se Stel­le und auf mich, Und mys­tisch durch die Wel­len strich Der Wind, bald kla­gend und bald scharf, Dann -- ja -- er­schreck­te mich oft jäh Die Ein­sam­keit am dunklen See. Doch die­ser Schre­cken war nicht Grau’n; Nein, eine Lust, die Schau­er barg, So zit­ternd und dä­mo­nisch stark, Wie sie in un­ter­ir­di­schen Gau’n Der spü­ren mag, der einen Schein Er­hascht von flim­mern­dem Ge­stein. Tod war um je­nen gif­ti­gen Strand -- Und in der Flut ein Grab für ihn, Der dort für sei­ne Phan­tasi­en Be­sänf­ti­gen­de Trös­tung fand Und den sein Träu­men wan­deln hieß Das fin­stre Reich zum Pa­ra­dies.

Geschichten

Der Untergang des Hauses Usher

Son cœur est un luth sus­pen­du; Sitôt qu’on le tou­che il ré­son­ne.

De Beran­ger

Ich war den gan­zen Tag lang ge­rit­ten, einen grau­en und laut­lo­sen me­lan­cho­li­schen Herbst­tag lang -- durch eine ei­gen­tüm­lich öde und trau­ri­ge Ge­gend, auf die er­drückend schwer die Wol­ken her­ab­hin­gen. Da end­lich, als die Schat­ten des Abends her­nie­der­san­ken, sah ich das Stamm­schloß der Us­her vor mir. Ich weiß nicht, wie es kam -- aber ich wur­de gleich beim ers­ten An­blick die­ser Mau­ern von ei­nem un­er­träg­lich trü­ben Ge­fühl be­fal­len. Ich sage u­ner­träg­lich,