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Seitenzahl: 376
16. bis 20. Tausend
1922Im Insel-Verlag zu Leipzig
Copyright 1914 by Insel-Verlag in Leipzig
Lisa Ertel gewidmet
Plötzlich rollten die Fuhrwerke unhörbar auf dem holprigen Pflaster, die Bürger gestikulierten, ihre Lippen bewegten sich — man hörte keinen Laut; Luft und Häuser zitterten, denn die dreißig Kirchturmglocken von Würzburg läuteten dröhnend zusammen zum Samstagabendgottesdienst. Und aus allen heraus tönte gewaltig und weittragend die große Glocke des Domes, behauptete sich bis zuletzt und verklang.
Die Unterhaltungen der Bürger und die Tritte einer Abteilung verstaubter Infanteristen, die über die alte Brücke marschierten, wurden wieder hörbar.
Über der Stadt lag Abendsonnenschein.
Ein roter Wolkenballen hing über der grauen Festung auf dem Gipfel, und im steil abfallenden königlichen Weinberg blitzten die Kopftücher der Winzerinnen — die Weinernte hatte begonnen.
Es roch nach Wasser, Teer und Weihrauch.
Ein paar Knaben, die lachend und schreiend „Nachlauferles“ spielten, um die zwölf mächtigen Brückenheiligen aus Sandstein herum, vom heiligen Kilian zu Totnan, und von da zu Pipinus, standen erschrocken still und versteckten sich hinter Sankt Colonatus, denn Herr Mager, der Volksschullehrer und Tyrann vieler Generationen Knaben, schritt über die Brücke.
Bei jedem Schritt schob er die rechte Schulter vor und stieß mit Vehemenz seinen Spazierstock aus Weichselholz, an dem ein Riemchen hing, aufs Pflaster. Erzürnt sah er sich um, seine kleinen Apfelbäckchen spannten sich. Er hatte einen der Knaben erkannt. Die schlichen betreten davon. Ihr morgiger Sonntag war verhängt von der Schulstunde des Montags.
Der Lehrer war gefürchtet.
Seine Technik im Strafen war aufs feinste ausgebildet. Keiner traf so sicher wie er mit dem Rohrstock die Fingerspitzen, immer genau dieselbe Stelle, daß die Fingerspitzen schwollen und blau anliefen. Unverhofft mit dem Rohrstock auf den Handrücken zu schlagen, liebte er. Und zöbelte er einen Jungen, so faßte er die feinsten Härchen an der Schläfe. Benötigte er einen neuen Rohrstock, dann mußte der Junge, welcher Prügel zu bekommen hatte, selbst eine Anzahl Stöcke zur Auswahl beim Kaufmann holen. Herr Mager untersuchte lange und sorgfältig, beroch die Stöcke, hieb sie durch die Luft und horchte auf das Pfeifen, wählte den dünnsten und zähesten, präparierte ihn erst, indem er das Ende spaltete, und der gewollte Erfolg war, daß der Stock beim Schlagen Blutblasen in die Fingerspitzen zwickte.
Die Furcht der Knaben umgab Herrn Mager wie eine Wolke, sein Leben lang. Und es kam vor, daß vierzigjährige Männer, frühere Schüler von ihm, erschrocken zur Seite wichen, wenn sie ihn des Weges kommen sahen.
Am letzten Tage, wenn er seine Schüler aus der Volksschule entlassen mußte, gab er ihnen die Angst mit auf den Lebensweg: „Wir sind noch nicht fertig miteinander“, sprach er und lächelte. „In der Fortbildungsschule habe ich euch wieder, und wer von euch zu den ‚Neunern‘ einrückt, den bekomme ich noch einmal als Rekrut. Denn auch da unterrichte ich.“ Und dann erst war die Klasse entlassen.
Herr Mager blieb auf der Brücke stehen und sah auf die beleuchtete Uhr vom „Spitäle“, einer kleinen Kirche im Mainviertel, deren Vorderfront gegen den Brückenberg steht.
Nach zwei Jahre langen Verhandlungen und vielem Streit war von den Würzburger Stadtvätern der Jahresetat von zwanzig Mark für die Nachtbeleuchtung der Uhr bewilligt worden.
Heute zum ersten Male leuchtete das Ziffernblatt. Sogar schon am Tage, denn die Sonne war noch nicht unter.
Herr Mager freute sich. Er hatte für Beleuchtung gestimmt. Er war für den Fortschritt.
Ein Fischer mit violett angelaufener Stülpnase und rotem Schnurrbart, der erst bei den Mundwinkeln begann und zwei buschigen Eichhornschwänzchen glich, stand vor dem „Spitäle“ und ein alter Polizeiwachtmeister mit kurzen Säbelbeinen.
„A richtje Uhr muß beleucht sei! Das sag i!“ rief der Fischer und schnitt mit einer Handbewegung jede Erwiderung ab. „Was nützt uns denn a ubeleuchte Uhr! Bei der Nacht sin alle Menschen schwarz . . . Jau, so a Gaudi, zwä Jahre brauche sie dazu.“ Er steckte die Hände in seine gestrickte, blaue Wolljacke, wandte sich weg und sah, die Unterlippe grimmig vorgeschoben, den Brückenberg hinauf.
Auf die Kirche zu kam mühsam atmend ein großmächtiger Pfarrer, dessen ausgeprägte Rückenverlängerung sich stark hin und her bewegte, denn er hatte Plattfüße. Ein kleines Mädchen sprang zu ihm hin: „Gelobt sei Jesus Christus“, knickste und gab ihm die Hand.
„In Ewigkeit. Amen.“ Der Pfarrer schlug das Kreuz und hielt Herrn Mager seine Horndose hin. Herr Mager nahm eine Prise, tat, als schnupfe er, und ließ den Tabak in seine Tasche fallen.
„Gestern nacht ham mir die Sakramentslumpe an dreipfündige Hecht aus mein neue Sandschiff g’stohle, mitsamt’n Blechkaste“, rief der rote Fischer. „Wenn i so ’n Malefizhamml erwisch, dem dreh i . . . rrracks! die Gurgl um.“ Er hielt dem Wachtmeister die Faust unter die Nase. Die Adern an seinem Halse schwollen.
Das silberne Klingeln der Ministranten tönte aus der Kirche. Herr Mager beugte das Knie und hob erbleichend die Arme, taumelte gegen die Kirchenmauer: ein durchgegangenes Pferd war auf ihn zu galoppiert, stieg vor ihm in die Höhe und raste den Brückenberg hinauf.
Der Wachtmeister riß die Waffe heraus und rannte, den Säbel hocherhoben, dem Pferde in großem Abstand über die Brücke nach.
Eine graue Dogge mit heraushängender Zunge überholte ihn und sprang freudig bellend am Pferde empor, das hinter einem hochbeladenen Heuwagen stehen geblieben war und Heu herauszupfte. Dogge und Pferd gehörten einem Besitzer.
Bürger umringten den erhitzten Polizeiwachtmeister. Der Heuwagenkutscher trat auch hinzu, tätschelte dem durchgegangenen Pferde den Hals. Es hob den Schwanz — die Bürger traten zurück. Und wieder zusammen.
Die Dogge umraste den Heuwagen und die Bürger, die das heufressende Pferd umstanden und ihre Pfeifen stopften. Man unterhielt sich weiter.
Drei Brückenheilige entfernt stand ein Knabe, das Gesicht zum Himmel gerichtet, ließ eine Leberwurst in den Mund gleiten und zog die leere Haut langsam wieder heraus in die Höhe.
Ein kleiner Student, die grüne Mütze im Nacken, schritt mit winzigen Schrittchen sehr schnell an ihm vorbei und blickte streng aufwärts zur Festung, deren viele Fenster glühten, vom letzten Sonnenschein getroffen, als müßten unvermittelt die Flammen heraus in den abendlichen Himmel schlagen.
Erschrocken, als habe er unverhofft Sägemehl anstatt Wurstfülle in den Mund bekommen, standen die Kinnbacken des Knaben still. Voller Grauen starrte er auf seine zweite Leberwurst, trat hinter den heiligen Kilian und steckte den Finger in den Mund. Befriedigt blickte er auf den Mageninhalt.
Die über seinem Zeigefinger hängende zweite Leberwurst wie eine gefährliche Giftschlange vor sich hertragend, ging er langsam weiter, den Knaben entgegen, die vor Herrn Mager geflüchtet waren.
„Winnetou, da kommt der Duckmäuser mit einer Leberwurst“, sagte einer der Knaben, und sein Mund blieb offen, rund und schwarz wie ein Mauseloch.
„Wo denn, Rote Wolke? Wo denn?“
„Dort, beim heiligen Kilian.“
„Laßt ihn, der bildet sich sonst noch ein, wir verkehrten mit ihm.“
„Wenn er doch eine Wurst hat.“
„Wer gibt mir was für die Wurst?“ fragte der Duckmäuser zaghaft.
Nachdenklich blickten die Knaben auf die Leberwurst über dem Zeigefinger. Winnetou bot nach langem Besinnen einen Pfennig, zog aber die Hand, mißtrauisch geworden, sofort wieder zurück, als er die Wurst wirklich so billig bekommen sollte. „Gelt, es ist etwas nit richtig mit der Wurst?“
„Sie ist ganz frisch, vom Metzger Fritz. Die andere hab ich schon gegessen.“
„Sag erst: Auf Ehr und Seligkeit; sonst glaub ich’s nit.“
„Auf Ehr und Seligkeit, die Wurst ist frisch.“
„Winnetou, jetzt kannst sie kaufen“, riet man ihm.
Winnetou kaufte die Leberwurst, richtete das Gesicht zum Himmel und wollte sie in den Mund gleiten lassen.
„Halt! Fasttag!“ schrie der Duckmäuser und lachte. „Fasttag ist heute. Sonst hätte ich meine Wurst selber gegessen.“
Bestürzt streckte Winnetou die Wurst zurück.
Aber der Duckmäuser nahm sie nicht.
„Eine Wurst hast du doch schon gegessen? Dann hast du eine Todsünde begangen“, sagte Winnetou langsam, in tiefem Entsetzen.
Winnetous Familie war streng katholisch. In seinem uralten Vaterhause brannten die ewigen Lichtchen Tag und Nacht vor den Betpulten.
„Gegessen hab ich sie, aber wenn du willst, kann ich dir zeigen, wo sie jetzt ist. Beim heiligen Kilian liegt sie.“
Betroffen blickte Winnetou den Duckmäuser an, hing die Leberwurst resolut über die große Zehe des heiligen Kilian. Und stürzte sich auf seinen Gegner.
Der Bürgerkreis öffnete sich. Der Polizeiwachtmeister führte das Pferd heraus und sprang energisch von ihm weg zum Knabenknäuel.
Die Dogge holte die Wurst vom heiligen Kilian herunter. Das Pferd sah sich um, stieg mit dem Hinterteil in die Höhe und galoppierte, von der Dogge umrast, in mutwilligen Sprüngen über die Brücke heim.
Die Knaben waren geflüchtet. Der Polizeiwachtmeister stand plötzlich in einer schwarzen Rauchwolke und schimpfte hustend zum Dampfschlepper hinunter, es sei verboten, bei der Brücke Rauch abzulassen.
Der Schlepper glitt mit gekapptem Schlot langsam durch den Brückenbogen. Der Wachtmeister stieß seinen Säbel in die Scheide und sah sich barsch um. Die Brücke war leer.
In der Werkstatt des Mechanikers Tritt drückten sich die Lehrjungen ängstlich herum und sahen auf die Uhr. Der Geselle war schon lange fortgegangen, die Werkstatt war peinlich sauber aufgeräumt, die drei kleinen Drehbänke blinkten, auf dem Fußboden hätte man essen können.
Aber der Meister war noch immer nicht gekommen, um die Erlaubnis zum Fortgehen zu geben.
„Oldshatterhand“, der jüngste der Lehrlinge, stand Wache, um die anderen benachrichtigen zu können, wenn der Meister ankam. Interessiert holte er aus der Tasche seines Mechanikerkittels eine kleine Feile und feilte an seinen schwarzen Fingernägeln herum. Dann suchte er weiter in der Tasche, zog einen Klumpen ölige Putzwolle heraus, aus der sich eine Pflaume und ein rundes Handspiegelchen schälten. Die Pflaume steckte er in den Mund; das Spiegelchen rieb er heftig am Schenkel sauber und reflektierte damit die Sonne einer Köchin ins Gesicht, die im vierten Stock aus dem Fenster sah.
Erschrocken stürzte er von der Schmiede in die Werkstatt. Der Meister, ein Mann mit gepflegtem rotem Spitzbart und kalten, grünlichen Augen, schritt durch den Hof, mit seiner dreizehnjährigen Tochter am Arm.
Der älteste Lehrling rieb heftiger an einem Stück Werkzeug, das er schon seit einer Stunde rieb, immer wieder mit Öl einstrich und rieb, und sah manchmal von unten herauf nach dem Meister, der jetzt an einer der Drehbänke lehnte und in der Zeitung las. Es war sehr still, man hörte nur das Reiben.
Der Meister sah langsam auf und starr auf den Reibenden, der den Kopf senkte. Die anderen Lehrbuben standen atemlos in den Ecken.
Oldshatterhand verrückte die schon geradeliegenden funkelnden Zangen, Hämmer und Pinzetten auf der Werkbank um Millimeter.
Der Meister schritt auf ihn zu und sah, den Mund schiefgezogen, auf ihn hinunter.
Gebannt ließen Oldshatterhands Hände ab vom Werkzeug.
„Was soll denn das!“
„Ich le . . . leg das We . . . Werkzeug gr . . . gr . . . grad.“
„Ist das eine Arbeit? . . . Stotterndes Kamel!“ Der Meister hatte seinen Blick in Oldshatterhands vergrößerte Augen eingehackt. „Was bist du?“
Oldshatterhand wurde blutrot.
„Was bist du!“
„Ein st . . . stotterndes Ka . . . Ka . . . Kamel.“
„Was reibst du denn! Schafskopf!“ schrie unvermittelt der Meister den ältesten Lehrjungen an und biß auf seine Unterlippe. „Geht doch zum Teufel! . . . Eselsbande!“
Das Mädchen schmiegte sich an ihren Vater an und lächelte höhnisch. Die Jungen entfernten sich lautlos.
Oldshatterhand ging durch die Kaiserstraße. Vor einer Feinbäckerei blieb er stehen, sah die Kuchen an und schloß manchmal die Augen, um besser riechen zu können; denn von unten aus dem Keller, wo der Backofen war, stieg durch das eiserne Gitter der warme, süße Kuchenduft.
Oldshatterhand hatte es schlecht getroffen im Leben. Sein Vater war ein armer Mann. Und vom Schultyrannen Mager war Oldshatterhand zum Tyrannen Tritt geraten.
Nach einem letzten lüsternen Blick auf die Kuchen machte er sich auf den Heimweg.
Vor ihm ging langsam ein Fremder und betrachtete die alten Häuschen. Er hatte einen Gummimantel an. Oldshatterhand blickte auf ihn, ging unauffällig um ihn herum, und immer wenn der Fremde stehen blieb, blieb auch Oldshatterhand stehen, sah auf das Häuschen, auf den Fremden zurück. Seine Wünsche glitten aus der verhaßten Gegenwart in die Zukunft. Seine Sehnsucht ließ ihn zum Fremden werden.
„Bitte schön, wo ist die Domstraße?“ fragte der Fremde einen Bürger und ging in der angezeigten Richtung fort.
Auf den Zehenspitzen balancierend, bewegte Oldshatterhand den Oberkörper hin und her, um den Fremden so lange wie möglich sehen zu können.
Ein Mann mit einem Fensterflügel auf der Schulter kam auf ihn zu.
„Sie . . . Sie!“
Der Mann blieb stehen.
„Kö . . . können Sie mir nicht sagen, wo die Domstraße ist? . . . Ich bin fre . . . fre . . . fremd in Würzburg.“
Verblüfft sah der Mann Oldshatterhand an. „Du bist doch der Sohn vom Schreiner Vierkant . . . Du Lausbub! Dir geb ich . . .“ Er hob die Hand. Oldshatterhand wich zurück und sah zwischen Lachen und Weinen dem Manne nach.
Beim Julius-Echter-Denkmal holte er seine Mutter ein, eine kleine, dicke Frau mit nachdenklichem Gesicht, worin die klugen, guten Augen über Last und Sorgen und Auswegen nachsannen. Unvermittelt konnten die Furchen der Sorge in ihrem Gesicht sich in Linien der Güte verwandeln.
Sie schleppte einen großen Henkelkorb, dessen Deckel klaffte, so daß die Kleider, die der Korb barg, zu sehen waren. „Sechs Mark waren diesmal drauf. Und siebenundzwanzig Pfennig Zinsen hat er mir abgenommen . . . Fünf Mark muß ich dem Vater geben, für Vesper- und Ausgehgeld, bleiben mir von seinem Lohn drei Mark für die ganze Woche. Und damit soll ich Essen für vier Kinder und einen Mann auf den Tisch stellen . . . Die Hausmiete ist auch schon fällig. Wenn ich nur einmal nimmer leben tät.“
Oldshatterhand schwieg eine Weile und fragte dann, was es heute abend gäbe.
„Für’n Vater hab ich a Täuble“, sagte die Mutter und stellte ihren Korb ab. „Er ißt’s doch so gern . . . Ja no, er muß ja die ganze Woche hart arbeiten . . . Und wir, wir trinken halt unsern Kaffee. Trägst mir e bißle helf? . . . Siehst, das ist für dich.“ Sie holte aus dem Korb ein Stückchen Kuchen und legte Oldshatterhand die Hand auf die Schulter. Ihr Gesicht wurde tiefrot, sie lachte, daß ihre Schultern schütterten, und konnte sich gar nicht beruhigen, weil sie ihren Sohn mit Kuchen überrascht hatte.
Mutter und Sohn faßten den Henkel: der Korb schwebte zwischen den beiden nahe dem Boden die Domstraße hinunter und über die alte Brücke.
„Mutter, schau mal die Wolke an über der Festung. Sie sieht aus wie Rom.“
Die Mutter lachte in sich hinein. „Was bist du für einer . . . Wie Rooom!“
Es war elf Uhr nachts.
Der vierzehnjährige Buchbinderlehrling und Hauptmann der Räuberbande, Sohn der vermögenden Gastwirtswitwe Benommen, stand nackt in seiner Dachkammer am offenen Fenster und hielt in jeder Faust ein Bügeleisen. An einem Strick, der um seine Lenden gebunden war, hing vorne ein handgroßes, zinnoberrotes Tüchlein. Sein weißer Körper war vom Mondlicht getroffen. Hinten in der Kammer war tiefschwarze Nacht.
Von der Bierkneipe unten im Hause, die der ältere Bruder des Hauptmanns betrieb, klang der Gesang der Soldaten herauf:
„Ich wollte sie verführen,
Dazu hat sie kein Mut.“
Der Hauptmann, genannt der bleiche Kapitän, fing an zu üben: er reckte den Brustkasten heraus, sog ihn voll mit Luft und zog die ausgebreiteten Arme mit den Bügeleisen kraftvoll zum Körper, schnellte sie auseinander, zog sie an, und so fort. Dabei blickte er, den Kopf zurückgezogen, daß sich ein spärliches Doppelkinn bildete, die Unterlippe vorgeschoben, hinunter auf das Spiel seiner Armmuskeln.
Unten wurde, von Mädchenlachen begleitet, die Wirtschaftstür zugeknallt, und eine Wolke Bierdunst schlug in des Hauptmanns Kammer.
Ein Schakalruf ertönte in die Nachtstille. „U . . . u!“ klang es düster, „U . . . u!“
Der bleiche Kapitän horchte, fuhr in Hose und Rock und schlich, die Schnürstiefel in der Hand, strümpfig die Treppe hinunter.
Vor dem Hause, unter der Gaslaterne, stand ein Junge, elegant auf sein dünnes Spazierstöckchen gestützt, das sich fast zum Halbkreis bog: der Schreiberlehrling des Rechtsanwalts Karfunkelstein.
Die zwei Knaben schlichen dicht an den altersschiefen Häuschen eine enge Gasse aufwärts, die bis an den Fuß des dunklen Schloßberges führte. Auf dem steilen Bergrasen standen mächtige, alte Linden, durch die sich ein Sandweg hinauf zur Festung zog. Achtzehnhundertsechsundsechzig war die Festung von den Preußen genommen und geschleift worden. Seitdem lag eine Kompagnie Trainsoldaten im Schloß, und am äußersten Rand des Berges, bei einem Auslughäuschen, stand eine alte Kanone, die abgefeuert wurde, um Bürger und Feuerwehr zu alarmieren, wenn unten in der Stadt Würzburg ein Brand ausbrach.
Die Knaben standen im schwarzen Schatten, den die Linden warfen. Es war vollkommen still. Der Schreiber sah sich ängstlich um. „Horch . . . hörst du nichts?“
„Da herauf kommt kein Mensch um diese Zeit“, sagte der bleiche Kapitän, sah sich auch um und zog die Schuhe an.
„Es ist eigentlich gar nicht unheimlich . . . Wenn man nur keine Angst hat.“
„Das ist schon wahr . . . Schau, in der Elefantengaß gibt’s Gummiabsätz. Das Paar nur zehn Pfennig. Da hab ich mir fünfzehn Paar kauft.“ Sitzlings streckte der bleiche Kapitän das Bein zum Schreiber in die Höhe. „Die andern vierzehn Paar hat mei Mutter glei’ wieder zurückgetragen und hat g’sagt, die brauchet ich nit . . . Ich trau mich gar nimmer an dem G’schäft vorbei. Als ob man in seinem Leben nit fünfzehn Paar Gummiabsätzli aufbrauchen könnt. Es ist wirklich ganz unglaublich.“
„Das hätt ich mir nit g’fall laß.“
„Gott, was willst denn mach.“ Er stülpte die dicken Negerlippen mürrisch nach außen. „No, lang dauert’s ja nimmer. Die wenn wüßt, was wir vorham . . . Heiliger Gott!“
„Mei Vater hat heut zu mir g’sagt, wenn ich noch einmal mit Oldshatterhand und mit dir und den andern verkehre, könnte ich was erleben . . . Grün und blau wollt er mir ihn schlagen. Er weiß aber ganz genau, daß ich mir das nit g’fall laß.“
„Ja no.“
„Das eine weiß ich“, sprach der Schreiber hochdeutsch, „so saudumm würde ich nicht sein, wenn ich Vater wäre.“
„Gott, die ham ja keine Ahnung. Aber Augen werden die noch machen.“ Der bleiche Kapitän erhob sich und trat prüfend von einem Fuße auf den andern. „Es ist wahrhaftig so, wie wenn man überhaupt keine Schuh anhätt. Ich versteh absolut nit, warum mei Mutter mir die andern vierzehn Paar wieder zurückgetragen hat.“
„So sind sie halt. Da kannst wirklich nix mach. Gehn wir jetzt.“
„Ja, aber leis.“
Sie stiegen den Schloßberg hinauf, bis vor das eisenbeschlagene, wuchtige Bohlentor, durch das man in die Festung gelangt. Um diese Zeit war das Tor geschlossen.
Gebückt schlichen sie auf dem Bergrücken nach links, bis an den Rand vor, von wo aus man tief unten die Stadt liegen sieht, hoben wie auf Kommando die Arme, schüttelten die Fäuste, riefen: „Weh dir!“ zur Stadt hinunter und sprangen in den Festungsgraben.
Von allen Seiten kamen jetzt kleine, dunkle Gestalten den Schloßberg heraufgeschlichen, bis an den Rand vor, riefen: „Weh dir!“ und sprangen, den bequemen Weg verachtend, die hohe Mauer hinunter in den Festungsgraben.
Die Räuberbande, eine Schar vierzehnjähriger Lehrjungen, war versammelt.
Es war eine wunderbar klare Mondnacht im Herbst.
Oben stand dunkel das Schloß. Tief unten lagen die alte Brücke, die Häuser und krummen Gassen von Würzburg. Die dreißig Kirchtürme bebten im Mondlicht. Der Main, der die Stadt in zwei Teile trennt, glänzte. Jeder Stern stand klar und scharf am grünlichen Himmel. Die ganze alte Stadt war aus purem Silber.
Die Räuber saßen im Kreis im Festungsgraben und rauchten ernst die Friedenspfeife: ein langes Stück Schilf, derart viel im Graben wuchs.
Knapp vorbei am Räuberkreis, der noch im Mondlicht saß, fiel der tiefschwarze Schlagschatten, den die Schloßmauer warf.
Ein Vogel erwachte und flatterte im Brombeerbusch. Die Räuber saßen reglos und starrten auf das Lagerfeuer, das in ihrer Mitte flackerte.
Oben auf dem Feuer brannte und rauchte ein gerahmter Straminhaussegen, auf dem „Bet’ und arbeit’, so hilft Gott allzeit“ gestickt war. Die Worte rollten sich zusammen, und Gott und Arbeit gingen in Flammen auf. Winnetou hatte den Haussegen daheim gestohlen.
Er verschluckte den ätzenden Speichel, den auszuspucken als Schande galt, und sprach: „In Südamerika sind die Indianer klein, falsch und furchtsam.“
„Südamerika!“ sagte verächtlich der bleiche Kapitän.
„Und arbeiten sogar für die Weißen. Ich habe nachgesehen.“
„Das neue große Sandschiff vom roten Fischer ist nur mit einem Tau festgemacht, unterm Brückenbogen. Im Frühjahr, wenn das Hochwasser kommt, müßten wir halt mit seinem Schiff hier abfahren. Nur ein paar Tage den Main hinunter, in den Rhein, dann ein Stück den Rhein hinunter und dann zu Fuß nach Hamburg. Da können wir ganz gut in vierzehn Tagen sein!“ rief die Rote Wolke, ein Waisenjunge, der bei seiner alten Tante die Gärtnerei erlernte. Er vertrug sich schlecht mit der Tante; denn er deklamierte, nachdem er einmal bei einer Vereinstheatervorstellung mitgewirkt hatte, den ganzen Tag, während er Kartoffeln hackte oder Leichenkränze band. „Am ewigen Meer . . . da können wir in vierzehn Tagen sein.“ Sein Mund stand offen, rund und schwarz wie ein Mauseloch.
„Und dann?“ fragte der Schreiber und zog lächelnd die Augenbrauen in die Höhe.
„Dann! Was heißt das — dann?“ rief der bleiche Kapitän. „Dann machen wir eben ein Segelschiff los und segeln ganz ruhig über den großen Teich.“
„Segelschiff los? Und die Matrosen, die darauf schlafen, und die Wachen? He? Vielleicht steht sogar der Kapitän selbst die ganze Nacht am Steuer und blickt hinaus aufs Meer, damit sein Schiff nicht gekapert wird. Diese Sachen hab ich schon oft genug gelesen.“
Winnetou hielt seine Hand in die Flammen und blickte, die Zähne zusammengebissen, über die Räuber weg. Langsam zog er die geschwärzte Hand zurück.
„Das werden wir schon sehen. Wir sind zwölf Männer“, rief verächtlich der Hauptmann. „Oder weißt du nicht, Schreiber, was ein Enterhaken ist? Das — mein Lieber, das geht im Handumdrehen.“
Winnetou hielt die schmerzende Hand senkrecht. „Die Hauptsache ist, daß sich in einer einzigen Nacht in allen Urwäldern und Prärien des wilden Westens bei absolut allen Indianerstämmen die Schreckensbotschaft verbreitet, aber wie ein Lauffeuer, daß wir angekommen sind . . . Auf unsere ersten Taten kommt’s an. Die müssen gewaltig sein und furchtbar.“
„Die Weiber werden natürlich verschont“, schloß der bleiche Kapitän und stülpte die Negerlippen nach außen.
„Immer werden die Weiber verschont. Unsere Kontoristin darf auch immer eine halbe Stunde früher fortgehn“, sagte der Schreiber. „Gestern hab ich zum erstenmal Diktat schreiben dürfen. Das macht gewöhnlich nur unser Bureauvorsteher.“
„Gott, Diktaaat . . . Beim Lumpenhändler Ei gibt’s kolossale alte Revolver. Die können wir drüben gut brauchen.“
„Meinst, daß man davon ein paar aushängen kann?“
„Ich glaub, das wird schwer gehn. Aber wen man damit trifft, der is total tot.“
Winnetou nahm ein glühendes Holzstückchen in die Hand, preßte sie zur Faust — und zählte leise für sich bis neun, schleuderte das schwarzgewordene Holz ins Feuer zurück und erzählte gequält: „Ins Zuchthaus käme ich noch, hat der Kaplan vorige Woche zu meiner Mutter gesagt . . . Weil ich in der Religionsstund ein bißchen von der Schultinte für mein Füllfederhalter mitgenommen hab. Jetzt sperren sie mich daheim jeden Tag drei Stunden in die Holzlage . . . Ich! . . . Ich!“ Er sprang auf, drückte die Fäuste an die Wangen, Zorn und Scham wechselten auf seinem Gesicht. „Ich halt’s nimmer aus!“
„Ins Zuchthaus? . . . Das wär doch ganz fein, wenn wir ins Zuchthaus kämen“, sagte der Schreiber erstaunt.
Verwirrt sah Winnetou den Schreiber an, ließ sich langsam nieder und blieb reglos hocken.
„Nun ja . . . warum denn nicht.“ Der Schreiber sah fragend im Kreise herum.
Niemand antwortete. Die Räuber sahen ins flackernde Feuer. Oldshatterhand sah auf die fernen Berge, die im Mondlicht schwammen. Eine Sternschnuppe fiel in den Weltenraum. Oldshatterhand wanderte einem Gedanken nach, über alle Länder, drückte den Oberkörper einige Male angestrengt vor und zurück und begann stark stotternd: „Die Erde ka . . . ka . . . kann ja gar keine Ku . . . Kugel sein, denn wenn man immer weiter geht, müßte man herunterfallen, oder mit dem Ko . . . Kopf nach unten stehen und in die Lu . . . Lu . . . Luft hinunterstürzen . . . Da habt ihr’s, unten ist doch keine Lu . . . Luft, nur oben.“ Und er deutete hinauf, wo Stern an Stern am tiefblauen Himmel stand. „Der Lehrer Ma . . . Mager versteht nichts. Oder wenigstens nicht viel. Die Erde ist keine Ku . . . Kugel. Sie ist flach. Nur viele Bu . . . Buckel hat sie.“
„Natürlich, und wenn man noch so weit geht, nach Rußland, nach China, immer ist der Himmel oben“, sagte der Schreiber und zuckte mit den Schultern.
„Da!“ rief Oldshatterhand und stand schnell auf. Die Räuber blickten empor zu ihm. „Denkt euch halt eine Ke . . . eine Ke . . . eine Ke . . . Kegelkugel — wenn darauf ein ga . . . ganz kleiner Mensch, nur so groß wie der Däumling, nach einer Richtung immer, immer weiterläuft, muß er doch zu . . . muß er doch zu . . . zuletzt herunterfallen. Aaalso kann die Erde auch keine Ku . . . Kugel sein. Das ist doch ganz klar. Ma . . . ma . . . meint ihr nit?“
„Das weiß man halt nit recht.“
Wieder lösten sich Sternschnuppen an mehreren Himmelsstellen und schwebten langsam und lautlos zu den im Mondlicht bebenden Bergen nieder. Vom funkelnden Nachthimmel gehalten, hing der Erdball, und als einzige Bewohner schien der Räuberkreis auf seiner stillsten und letzten Höhe zu sitzen.
Ungeduldig hob Winnetou den feinen Knabenkopf, in dem die großen Augen schwarz wie heißer Asphalt glänzten. „Ach, Unsinn ist alles, was der Mager da von einer Kugel faselt . . . Wenn wir aber Würzburg einäschern“, fuhr er heftig fort, „ehe wir von hier abfahren, und du meinst, dann müßten wir das Herz der Stadt anzünden, so wäre das der Vierröhrenbrunnen, denn der ist in der Mitte. Aber der brennt doch nit.“
„Und das Petroooleum? Ha! Wenn nur drüben auch alles so glatt ginge. Da werden einfach hundert Fässer Petroleum ins Brunnenbassin gefüllt — ich sitze nebenan im Hirschen, tue, wie wenn ich Kaffee tränke, und brenne die Zündschnur an. Es ist eine dunkle Nacht, und ehe du dich versiehst, schlägt eine kirchturmhohe Flamme in den Himmel hinauf . . . Die erfaßt gleich das Rathaus und den Platz, und, o Gott, bis die da droben ihre Kanönle abfeuern, brennt die ganze Stadt . . . derweil wir schon längst in unserm Schiff den Main hinunterfahren. Ha!“ schloß der bleiche Kapitän und spreizte die knochigen Finger, seine hellen Perlmutteraugen glänzten, „da müßte halt mein Bruder in Amerika dabei sein. Dann ginge sicher alles glatt.“
„Das erste, was wir drüben tun, ist, daß wir deinen Bruder aufsuchen.“
„No, allemal.“
Der bleiche Kapitän hatte einen Bruder, der vor ein paar Jahren als Ingenieur nach Amerika gegangen war. Der einzige Mensch, dem sich der bleiche Kapitän nicht ganz ebenbürtig fühlte, und auf den er bei jeder Gelegenheit hinwies, als auf ein nicht erreichbares Ziel.
Ehe der Amerikaner abgereist war, hatte er am Bahnhof zum bleichen Kapitän gesagt: „Ich komme wieder, dann reiße ich die alte Brücke ab und baue dafür eine hundert Meter hohe Hängebrücke hin, aus Eisenkonstruktion. Da werden die Würzburgerli Maul und Augen aufreißen.“
Alle Räuber hatten die gleiche Vorstellung von dem Amerikaner — sie sahen ihn, weit, weit von hier, kühn und wortkarg gewaltige Taten vollbringen; sie sahen ihn am reißenden Mississippi stehen, nur mit einer Zeichenrolle in der Hand: er blickt auf die Zeichnung und streckt den Finger aus — da stürzen seine siebentausend Leute sich auf Eisenschienen und Träger, und alsbald steht ein gigantischer Brückenbogen im Mississippi.
Wortkarg besteigt der Amerikaner den Mustang und reitet durch die Wildnis zurück zu seinem Blockhaus.
„Die Schule geht in Flammen auf“, sagte der Schreiber und hob die Arme. „Und Lehrer Mager verbrennt zu nichts. Hi!“
„Nein, Schreiber, über den wird endlich einmal Gericht gehalten. Der wird ganz einfach gefesselt und in den Festungsgraben geschleppt. Da wird er ausgezogen und an einen Baumstamm gebunden . . . An den wilden Birnbaum dort. Dann wird er gemartert, sieben Stunden lang. Überhaupt die ganze Brandnacht durch. Aber . . . wir lassen ihn am Leben. Wir hetzen ihn lieber nackt durch die brennende Stadt.“
„Letzthin bin ich mit Sa . . . Seidel zum Lehrer gegangen, um die korri . . . um die korri . . . korrigierten Schulhefte abzuholen. Seidel hat einen A . . . A . . . Apfel kriegt, ich eine Ohrfeige, waaa . . . weil so viel Fehler in mein Aufsatz waren. Und die Hefte hab ich auch nit helf tr . . . tr . . . trag dürf.“
„Warum gehst du auch mit dem Seidel zum Mager. Der ist doch sein Liebling. G’schieht dir ganz recht.“
„Ich wollt halt auch einmal die He . . . die He . . . Hefte trag . . . Dann weiß ich aber noch einen, de . . . de . . . der gemartert werden muß. Meee . . . Meee . . . Mechaniker Tr . . . Tr . . . Tr . . . Tritt!“ schrie Oldshatterhand wütend.
„Und die anständigen Leute, es gibt ja sowieso nur ein paar in Würzburg“, sagte sinnend der bleiche Kapitän, „die werden vorher durch Briefe aufgefordert, ihre Kostbarkeiten zusammenzuraffen und mit Weib und Kind aus der Stadt zu fliehen . . . Alles was recht ist.“
„Zum Beispiel dem Rat Häberlein schreiben wir vorher einen Brief. Der hat mich gestern abend sein Garten gießen lassen.“
„Am Silbersee müssen wir unser Blockhaus bauen. Der liegt inmitten von Prärien und Urwäldern“, sagte die Rote Wolke und deutete weit hinaus.
„Einmal kann ich ja meiner Schwester z . . . zwei Pa . . . Pa . . . Papageienflügel schicken? Für ihren H . . . Hut“, sagte Oldshatterhand. „Grü . . . grüne vielleicht.“
„Wenn sie nicht umgekommen ist in der Brandnacht.“
„Die, die . . . muß einen Brief bekommen!“ rief Oldshatterhand erschrocken und gab die Friedenspfeife weiter.
„Wer von uns seine Familie schonen will, kann ja einen Brief schreiben, ich tu’s nit“, sagte der bleiche Kapitän, tat die drei vorgeschriebenen Züge aus der Friedenspfeife und sagte monoton in tiefem Baß: „Falkenauge“, reichte das qualmende Schilfrohr seinem Nachbarn, stand auf und übte mit einem Sandowmuskelspanner.
Falkenauge blickte mit dem einen Auge aufs glimmende Schilfrohr, während das andere gespenstisch und interesselos nach rechts blickte. Es war ein Glasauge.
Eine Kirchturmuhr begann zu schlagen, eine entfernte geiferte dünn und schnell dazwischen, andere mit tiefen Tönen setzten ein; der Zusammenklang währte eine Weile. Da hub die Domuhr voll und dunkel an zu schlagen: töm . . . töm . . . töm . . . zwölf Schläge in die tiefe Nachtstille.
„Nach den Sta . . . tatata . . . tuten mü . . . ssen wir jetzt den heutigen Ra . . . Raubzug beginnen. Oldshatterhand haaa . . . t ge . . . sp . . . sprochen.“
Der Schreiber unterdrückte das Lachen. Winnetou gab ihm einen Rippenstoß. Oldshatterhand errötete und heftete seine wutfunkelnden Augen auf den Schreiber.
Da erschien auf dem Bergrücken plötzlich eine große, dunkle Gestalt, die sich lautlos reckte und schnell wieder zusammenduckte, als ein Räuber den Kopf hob.
„Mit Gott denn!“ rief der bleiche Kapitän.
Die Räuber sprangen auf und tanzten, schwerfällig von einem Fuße auf den anderen hüpfend, im Kreis um das Lagerfeuer herum und sangen gedämpft und monoton dazu:
„Tsching tschang, tsching tschang, bumbetewitschki,
Nang kang killewi, nang kang killewi,
Tsching tschang, tsching tschang, bumbetewitschki,
Nang kang killewi wau.“
Der bleiche Kapitän reckte die Hand in den Nachthimmel — die Räuber standen in ihrer momentanen Stellung still. Die Hand des bleichen Kapitäns sank, und die Räuber stürzten, den bequemen Weg, der aus dem Graben führte, verachtend, zur Mauer, krabbelten hinauf, schlichen vor bis zum Bergrand und riefen: „Weh dir!“ zur Stadt hinunter.
Die Gestalt war hinter einem Baumstamm verschwunden.
Die Knaben standen jetzt auf einem Felsenvorsprung, der, gebüschbewachsen und zerklüftet, dreißig Meter senkrecht in die Tiefe fiel, bis in den Hof einer Malzfabrik, in deren haushohen Schlot die Räuber oben hineinsehen konnten.
Ein Diebabhalter, fächerartig auseinanderstehende, altersmorsche Latten, die aus dem Felsenabhang hinaus in die Luft ragten, versperrte den Weg in die königlichen Weinberge.
Der bleiche Kapitän rutschte auf dem Bauche ein Stück den Felsenabhang hinunter, erfaßte die Latten, schwang ein paarmal wie ein Kirchenglockenschwengel über der Tiefe hin und her — und stand in den königlichen Weinbergen.
Die anderen folgten und waren nach einer Weile alle glücklich drüben, außer Oldshatterhand, der zitternd am Felsenabhang klebte, denn seine freie Hand reichte nicht bis zum Diebabhalter. Er wagte nicht, sich zu rühren.
Der bleiche Kapitän beugte sich, auf dem Bauche liegend und von den anderen gehalten, über den Felsenabhang hinaus, streckte Oldshatterhand die Hand hinüber und riß ihn frei durch die Luft zu sich.
Der Diebabhalter brach und stürzte in die Tiefe.
Der Schreiber grinste: „Hohaho! Oldshatterhand.“
„Still!“ rief der bleiche Kapitän und sah zürnend im Kreise herum.
Falkenauges gläserner Ersatz funkelte im Mondlicht.
Oben lag die mondbeschienene Festung. Vom Fuße der Festung weg, bis zu den ersten Häuschen der Stadt, fiel der königliche Weinberg steil ab, aus dessen Trauben der berühmte Leistenwein gekeltert und in Bocksbeutel abgezogen wird.
„Jeder hat sich unter seinen Weinstock zu setzen und so viel zu fressen, wie er kann“, befahl der bleiche Kapitän. „Und dann erst steckt jeder so viel Trauben ein, wie möglich, für unsere Vorratskammer.“
Die Räuber schwärmten aus und wählten jeder seinen Weinstock.
Der Mond stand jetzt voll am Himmel über der schlafenden Stadt. Die Domuhr schlug eins.
Es raschelte im Weinberg. Kleine, dunkle Gestalten krochen herum. Oldshatterhand hockte in Kniebeuge und horchte, atemlos vor Angst. Ohne hinzusehen, griff er seitwärts in den Weinstock und steckte eine Beere in den Mund. Da glaubte er, die anderen seien schon fort, rutschte erschrocken den steilen Weinberg hinab und prallte gegen Winnetou. „Wenn jetzt jemand kommt!“
Winnetou richtete sich hoch auf und sah zur alten Brücke hinunter, auf der einzelne, verkürzte, zusammengedrückte Menschen traumhaft taumelten, und sagte laut: „Wenn jetzt einer kommt, dann bleibe ich so stehen, daß er mich sieht.“
„Duck dich doch“, flüsterte Oldshatterhand entsetzt.
„Daß ihr mir fei tüchtig Trauben einsteckt“, erklang die Stimme des bleichen Kapitäns laut von seitwärts.
Oldshatterhand war zusammengefahren und riß empfindungslos, ohne noch an etwas zu denken, hastig Trauben vom Stock und stopfte sie in die Taschen.
Winnetou stieg den Weinberg hinauf und verschwand im Schatten der Festungsmauer.
„Mit dem Messer mußt du abschneiden“, schimpfte der bleiche Kapitän Oldshatterhand, „sonst werden sie ja ganz verdrückt.“
Mit zitternden Händen suchte Oldshatterhand nach seinem Messer.
Plötzlich stieß er einen gellenden Schrei aus — über ihm stieg eine klare hohe Stichflamme aus dem Weinberg in den Nachthimmel. Entsetzt blickten die Räuber zur Flamme hin. Der bleiche Kapitän kroch auf sie zu, und die Räuber hörten ihn sagen: „Herrgott, was ist denn das für eine Dummheit! Sollen wir vielleicht alle miteinander erwischt werden. Das sieht man doch von der Stadt drunten.“
Die Räuber waren hinzugelaufen. Die Flamme beleuchtete Winnetous Gesicht. „Und wenn sie’s sehen! Sie sollen’s ja sehen!“ schrie er und trat in Raserei den brennenden Weinstock nieder.
Die Wildheit Winnetous hatte die Räuber stumm gemacht. Seine Lippen zuckten. Die Tränen schaukelten an seinen Wimpern.
„Also, machen wir lieber, daß wir fortkommen . . . Wenn ihr alle genug habt“, sagte der bleiche Kapitän. Die Domuhr schlug dunkel zwei. „Wie ein Mensch so was tun kann, nur damit er erwischt wird, das versteh ich wahrhaftig nit.“
Vollbepackt schlichen die Räuber aus dem Weinberg und gelangten, jetzt auf einem ganz ungefährlichen Weg, den sie herwärts verachtet hatten, zurück in den Festungsgraben. Voran der bleiche Kapitän mit einem Waschkorb voll Trauben, den er schon am Tage vorher leer in den Weinberg geschmuggelt hatte.
„Pst! Da war gerad jemand gestanden“, flüsterte Falkenauge.
„Wo? . . . Wo denn!“
„Jetzt is er weg.“
„Ach, der sieht die ganze Zeit mit sein eine Aug Sachen, die gar nit da sind“, sagte der Schreiber.
Da drückte Falkenauge sein Glasauge heraus, hielt es dem Schreiber hin und rief frohlockend: „Mach das einmal nach!“
Ärgerlich sah der Schreiber zur Seite.
Falkenauge setzte seinen Ersatz wieder ein und blickte im Kreise herum.
Die Räuber hoben einen Steinquader aus der Mauer des Festungsgrabens — ein großes, schwarzes Loch wurde sichtbar. Der Anfang eines unterirdischen Ganges.
Der bleiche Kapitän zündete eine Pechfackel an, die im Gange lag, und ging voran. Fledermäuse klebten an der Decke, flatterten auf, prallten gegen die Räuber, und huschten ins Freie.
Viele Seitengänge führten vom Hauptgang weg. Über jeden Seitengang hatte der bleiche Kapitän ein Täfelchen unter Glas angebracht und mit Druckschrift darauf geschrieben, wohin der Gang führte. Auf einem Täfelchen war zu lesen:
Mördergang! Führt unter die ganze Stadt durch, in den Hinrichtungshof des Justizgebäudes. Vorsicht!
Auf einem anderen Täfelchen stand:
Gang der lebendig eingemauerten Nonnen. Führt eine Stunde weit ins Nonnenkloster Himmelspforten.
Auf dem dritten Täfelchen:
Gang des Mittelalters. Führt hinunter bis in die Mitte des Flusses, zur Wasserfalle, die von Ratten wimmelt. In diesen Gang hat im vierzehnten Jahrhundert der Bischof von Würzburg falsche Priester gestoßen, die in die Wasserfalle gerieten, bis zum Nabel im Wasser standen und lebendigen Leibes von den Ratten aufgefressen wurden. Es wird gebeten, diesen Gang nur bei Lebensgefahr zu betreten.
Der Hauptmann.
Die Räuber tasteten sich den Hauptgang vor, bis zu einem weißen Mullvorhang, den Oldshatterhand seiner Mutter vom Waschseil gestohlen hatte. Das einzige, was er hatte beisteuern können. Der bleiche Kapitän zog den Vorhang zur Seite und ließ seine Leute eintreten, in einen quadratischen Raum, in dem, von den Räubern aus den Felsen herausgehauen, Steinbänke waren.
Das war „das Zimmer“.
Die Rote Wolke zündete die Petroleumlampe an, welche von der niederen Decke herunterhing, und schimpfte: „Die ist wieder nicht geputzt worden.“
Die großen und reifgelben Trauben wurden sorgsam auf die Holzregale gelegt, die an den Mauern angebracht waren, und auf denen schon vielerlei Vorrat aufgestapelt lag: Zigarren in jeder Form und Qualität, von den Räubern den verschiedenen Vätern gestohlen, lagen, mit Zigaretten untermischt, in einer Handschuhschachtel beisammen. Daneben lagen: ein großer, geräucherter Schwartenmagen, Äpfel, Birnen und Eier, in Reihen geordnet, ein Stoß Stearinkerzen, zwölf Paar von den Räubern eigenhändig genähte Sandalen aus dickem Rindleder, welches Falkenauge in dem Ledergeschäft, wo er zum Kaufmann ausgebildet werden sollte, mitgenommen hatte. Er trug sich mit dem Gedanken, von den ersten zwölf Büffeln, die er im wilden Westen erlegen würde, die Häute an seinen Chef zu senden, zum Ersatz.
Die Sandalen waren neu und wurden niemals getragen, aber täglich mit Schweinefett eingerieben, auf daß sie nicht knarrten, wenn man in der Prärie die Rothaut beschliche.
Ein leeres Bierfaß stand in der Ecke und ein volles darauf, vom bleichen Kapitän aus dem Keller seines Bruders mitgenommen. Die Biergläser, sorgfältig gespült, mit blitzenden Zinndeckeln, hingen darüber auf einem Zapfenbrett. Der schwarze Erdboden war festgestampft und mit zertrennten Kartoffelsäcken belegt. Besen und Schaufel und zwölf Vogelstutzen hingen an der Mauer.
Es herrschte musterhafte Ordnung im „Zimmer“.
Auf einem großen Büchergestell standen, Rücken an Rücken, alle Räuber-, Indianer- und Seegeschichten, die es überhaupt gibt: Der Bayrische Hiesl oder Der Herr der böhmischen Wälder, Gesamtausgabe in zweihundertunddreizehn gelben Heftchen à zehn Pfennige, mit einem Pechdraht verschnürt. Räuberhauptmann Rinaldini, in ebenfalls zweihundertunddreizehn Heftchen à zehn Pfennige. Um sieben Millionen oder Der Schurke von Zanzibar. Das Gespensterschiff von Hauff. Und alle Indianergeschichten, die der Herr Buchbinder Männlein, der Meister des bleichen Kapitäns, in seinem Laden führte, standen wohlgeordnet im gepreßt vollen Bücherregal.
Auf einem kleinen Eckbrett lag für sich allein ein dünnes Reclambändchen: „Die Räuber. Drama in fünf Aufzügen von Friedrich von Schiller.“ Das Hausbuch der Bande.
Ein alter, großer Revolver lag unter einer Glasvitrine, die früher das Kruzifix im Schlafzimmer der Witwe Benommen vor Staub geschützt hatte.
Ein mit Totenköpfen verziertes Plakat hing an der Wand. „Heimlicher Versammlungsort der Räuberbande von Würzburg“ stand darauf.
Die Räuber saßen und lagen auf den Bänken.
„Rechnungsführer, bitte die neuen Einkünfte zu registrieren“, sagte der bleiche Kapitän und stülpte die Lippen nach außen.
Der Schreiber schloß ein Schränkchen auf und nahm Tinte und Feder und ein Büchlein heraus.
Oldshatterhand kicherte. Er freute sich immer, wenn der Rechnungsführer an seine Schande erinnert wurde, ein Schreiber zu sein. Was dieser jedoch mit grimmigem, etwas leidvollem Humor ertrug. „Was bin ich? Ein Schreiber bin ich, ein Schrieb“, sagte er, „ein Federfuchser, hohaho!“ Und dabei errötete er stets tief.
„Wieviel soll ich registrieren, Hauptmann?“ fragte er und sah auf die Trauben.
„Nun . . . sagen wir viereinhalb Zentner.“
„Viereinhalb Zentner Weintrauben aus den königlichen Weinbergen. Jahrgang achtzehnhundertneunundneunzig“, notierte der Schreiber. Und deutete auf eine farbige Eidechse aus der Nymphenburger Porzellanmanufaktur. „Und diese Eidechse? . . . Gekauft?“
„Mitgenommen“, gab der bleiche Kapitän an. „Schreib auf: ein Kunstwerk, in Form einer Eidechse.“
„Und das da, Hauptmann?“
„. . . Wer hat da gelacht!“ brüllte erzürnt der bleiche Kapitän. „. . . Wenn noch einmal einer lacht, so wird er ausgeschlossen . . . Da wird ganz einfach ballotiert, mit schwarzen und weißen Kugeln. Und dann ist er draußen. Dann kann er sehen, wo er hinkommt. Glaubt ihr vielleicht, wir sind zum Spaß da! . . . Schreib auf: Ein weißer Stallhase, lebend, gekauft beim Jud Meyerheim, um fünfunddreißig Pfennige.“
Der Stallhase saß auf dem Bücherregal und schnupperte mit der Oberlippe.
Gelacht hatte die Kriechende Schlange. „Der macht uns ja alles voll“, sagte er, fuhr aber schnell fort: „Morgen ist ein Schnelläufer auf dem Sanderrasen. Er läuft im Trikot.“
„Da wird hingegangen“, erwiderte der Hauptmann, „wenn ihr wollt“, setzte er, noch erbost, hinzu. „Morgen mache ich einen Käfig für ‚Das heilige Tier‘. So heißt von heute an der Stallhase.“
Oldshatterhand schritt zum Tisch, der in der Mitte stand, stellte eine Rattenfalle darauf und ging, ohne gesprochen zu haben, zurück an seinen Platz.
Der bleiche Kapitän wandte den Kopf nach ihm hin: „. . . Gekauft?“
„. . . Eigentlich geschenkt bekommen, vom Schmied Gottlieb.“
Der Schreiber notierte die Rattenfalle und den dreipfündigen Hecht, den die Rote Wolke mitsamt dem Blechkasten aus dem neuen Sandschiff des roten Fischers geholt hatte, und schloß das Büchlein wieder in den Schrank.
Der große Fisch schnalzte heftig im Kasten.
Der bleiche Kapitän schlug mit einem Holzklöpfel den Hahn ins Bierfaß. Das donnerte im unterirdischen Gang, wie wenn Felsen gesprengt würden. Er schenkte die zwölf Gläser voll, zündete zwölf Kerzen an, stellte sie auf die Regale und verlöschte die Petroleumlampe.
Die Räuber saßen um den Tisch herum, tranken und rauchten.
„O Felli“, sagte Winnetou. Das hieß: Ich bitte ums Wort.
„Sprich“, erwiderte der bleiche Kapitän.
„Würzburg steht in Flammen . . . brennt nieder und ist dem Erdboden gleichgemacht. Alle Einwohner sind umgekommen. Alle! Auf uns, die einzig Überlebenden, fällt natürlich der Verdacht. Darum sage ich: wir müssen ungeheure Vorräte aufstapeln im Zimmer, um uns vier Wochen lang hier verbergen zu können. Bis die Regierung glaubt, wir seien mitverbrannt. Nicht der geringste Verdacht fällt auf uns, denn es weiß ja niemand, daß wir noch leben . . . Dann schicken wir unsere Kundschafter aus und erfahren alles, was in der zerstörten Stadt vorgeht . . . Und wenn wir uns dann, als Bauernweiber verkleidet, aus dem Staub gemacht haben, sind wir verschollen auf ewig.“
Die Räuber saßen vor Begeisterung erstarrt. Winnetou schwieg und lehnte sich zurück. Die Kerzenflammen standen unbeweglich. Die bleichen Gesichter hingen wie kleine, dunstige Monde im Zigarrendampf.
„Wir müssen nur immer fest zusammenhalten!“ rief Oldshatterhand erregt. „Oh, im wilden Westen . . . Ihr werdet’s schon sehen . . . Wenn einer von uns in Würzburg bleiben will . . ., um vielleicht eine Frau zu heiraten, dann soll er’s lieber gleich sagen.“
Der bleiche Kapitän drückte Oldshatterhand mit einem Blick in die Ecke: „Wie du glauben kannst, daß einer von uns so ein dreckiger Feigling ist, das versteh ich ganz einfach nit.“
Plötzlich sprang wie aus dem Hinterhalt der König der Luft in die Mitte und rief: „Ich, der König der Luft, lese jetzt vor: das hundertundsiebenundneunzigste Kapitel aus ‚Die bleiche Gräfin oder Der Mord im Walde‘. Da sind wir’s letztemal stehen geblieben.“ Der König der Luft war Lehrling in einer Drahtgitterfabrik, sehr ehrgeizig und ein scharfer Rivale des bleichen Kapitäns; er sprang von immer höheren Mauern herunter, um seinen Ruhm zu steigern und eines Tages die Hauptmannschaft an sich zu reißen. Er war dünnlippig, braunhäutig und hatte ein Indianerprofil.
„Wollen wir nicht lieber das Räuberlied singen?“ fragte Oldshatterhand.
Da knöpfte der König der Luft energisch den untersten Knopf seines Röckchens zu, reckte das gelbe Heftchen zur Decke und rief: „Die bleiche Gräfin!“
„Räuberlied!“ brüllten die anderen.
„Also, also Räuber —, also Räuber — Räuberlied!“ rief schnell und sich überstürzend der König der Luft und stand im Ausfall, die Faust geballt. Der Rockknopf sprang ab, sein Hals schoß wagerecht vor, und das Gesicht stand senkrecht. Er mahlte mit den Zähnen und preßte die Lippen schief zusammen. Seine tiefe Stirnfalte entstand. So hub er an zu singen, und die Räuber hörten zu.