Die Vergessenen Schriften 6 - Markus Heitz - E-Book

Die Vergessenen Schriften 6 E-Book

Markus Heitz

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Beschreibung

SPIEGEL-Bestsellerautor Markus Heitz führt alle Fans der Albae in neue Abenteuer und enthüllt die Geschichten, die in den Romanen noch nicht erzählt wurden - Geheimnisse werden gelüftet, Schicksale geklärt und von legendären, vergessenen Taten der dunklen Geschöpfe berichtet.

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Vollständige E-Book-Ausgabe 1. Auflage 2013

ISBN 978-3-492-96246-9

© Piper Verlag GmbH 2013 © 2013 Markus Heitz vertreten durch: AVA international GmbH Autoren- und Verlagsagentur www.ava-international.de Umschlaggestaltung: Guter Punkt, München Datenkonvertierung: CPI – Clausen & Bosse, Leck

Albae-Anthologie

DIE LEGENDEN DER ALBAE

- Die Vergessenen Schriften -

VI

Dies sind die Vergessenen Schriften.

Sie erzählen von den bekannten und unbekannten Helden meines Volkes.

Von den größten Geschichtenwebern, den herausragendsten Künstlern.

Aber auch von den schrecklichsten Feinden und den innigsten Freunden.

Legenden, Geschichten, Märchen, Gedichte, Lieder

– sie wurden von mir gesammelt, dem Untergang entrissen und bewahrt, damit sie nicht gänzlich verloren gehen.

Wir Albae mögen unsterblich sein, und doch können wir vergessen werden.

Du, der diese Werke liest, schließe sie in dein Herz und halte sie. Halte sie sicher, trage sie weiter.

Verkünde sie und lasse sie erklingen.

DAS ist wahre Unsterblichkeit!

aus den Vergessenen Schriften,

gesammelt und aufgezeichnet von

Carmondai

dem Meister in Bildnis und Wort

Von Elben, Botoikern und einem Ghaist

der Geschichte erster Teil

Die Erwähnung ihrer Namen löst epische Bilderfluten aus, monumentale Geschichten entfalten sich ungefragt in den Köpfen derer, die den Klang vernehmen:

Sinthoras und Caphalor.

Auch wenn sie unterschiedlicher nicht sein können, so hielten die beiden Albae meist zusammen wie Geschwister.

Sie erlebten Höhen und Triumphe wie die Wenigsten unseres Volkes, aber sie durchlitten auch Tiefen, die man sich kaum vorzustellen vermag. Der Verlust von Ansehen und Titel mag dabei noch das geringste aller Schrecknisse sein.

Und doch endete ihr Schicksal nicht mit dem ersten Einfall nach Tark Draan.

Vieles, was später geschah, geriet in Vergessenheit, da ihre Zeit als Nostaroi alles überstrahlte.

Anderes wiederum wird gelegentlich erzählt, da auch manch kleineres Abenteuer von Bedeutung ist.

Wie dieses, von dem ich nun berichten möchte.

Carmondai

Meister in Bildnis und Wort

Tark Draan (Geborgenes Land), Menschenkönigreich Urgon, 4372. Teil der Unendlichkeit (5202. Sonnenzyklus), Herbst

»Wir sollten es uns genau überlegen. Denn die Schwäche der Horden wird nicht von Dauer sein.« Fürstin Artaina aus dem Haus Aeghor, eine junge Frau von hübscher Gestalt und mit einer Vorliebe für kostspielige Kleider aus rotem Samt, sah über die Handvoll Männer und Frauen hinweg zum großen Rundfenster hinaus, wo die Ausläufer des urgonischen Gebirges begannen. »Ein Heer wäre die rechte Antwort. Ich würde mich selbst in den Kampf stürzen.«

Die Versammelten am eckigen, aus hellem Holz gefertigten Tisch stießen Laute der Verwunderung und der Ablehnung aus, die in der schmucklosen Halle leise nachklangen und das Knistern des Feuers im großen Kamin überlagerten. Sämtliche Adelshäuser von Rang hatten sich auf die Einladung von Artaina hin eingefunden, um zu beraten – wenn auch der eigentliche Grund ein anderer war als die Überfälle der Scheusale.

Das dachte ich mir. Ihr Zauderer. Artainas Gedanken den Männern und Frauen gegenüber waren ohne Vorwurf, nur voll erfüllter Befürchtungen. Ihre graublauen Augen blieben auf das Land gerichtet, das sich jenseits der großen Fenster sanft geschwungen erstreckte.

Ihre kleine Fürstinnenburg, in der sie sich eingefunden hatten, lag im südöstlichen Teil des Reiches, in der Nähe des Nachbarn Idoslân. Hier gab es nur eine Ahnung der schroffen Massive, die sich nördlicher erhoben und in denen sich Trolle eingenistet hatten.

»Ein Heer«, erwiderte Brewart grummelnd. Er war der älteste der Männer, von gedrungenem Wuchs und haarlos. »Wie stellt Ihr Euch das vor, Artaina?« Er nestelte an seinem dunkelbraunen Gewand. »Unsere Häuser sandten bereits die besten Kämpfer gegen die Eindringlinge aus dem Jenseitigen Land, und da sichern sie immer noch.«

»Habt Ihr diese riesigen Bestien schon einmal zu Gesicht bekommen?«, warf Herton ein. »Es müsste ein gewaltiges Heer sein.« Er sah beifallheischend in die Runde, erntete jedoch nur Schweigen. Beleidigt langte er nach seinem Weinpokal.

Er ist so kräftig und stark, doch sein Gemüt passt zu dem einer zaudernden Jungfer. »Die Trolle sind ebenfalls Eindringlinge aus dem Jenseitigen Land. Oja, ich sah sie!« Artaina nickte und warf ihren langen, braunen Zopf mit einer energischen Bewegung zurück. »Meine Soldaten und ich stellten eine der Bestien, nicht weit von hier, als sie ein Gehöft überfiel. Ich vermute, dass es sich um einen Späher gehandelt hatte.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Versteht doch: Die Trolle werden früher oder später versuchen, ihr Gebiet zu erweitern! Weisen wir sie jetzt nicht in die Schranken, dann …«

»Sind es wahrlich diese Ungeheuer, über die wir uns Sorgen machen sollten, oder nicht eher die Vorgänge westlich von uns?«, warf der blonde Tarslok ein, der ebenso dünn wie gewieft war. Das hellgraue Gewand betonte seine Dürre. Artaina mochte ihn nicht sonderlich, weil er sich auf das Ränkeschmieden zu seinen Gunsten außergewöhnlich gut verstand. »Das vereinte Heer schlug einen Angriff von Orks zurück, die sich auf dem Weg nach Süden befanden.«

»Möge Elria den Menschen dort beistehen.« Brewart vollführte ein Schutzzeichen mit der rechten Hand.

»Das ist mehr eine Sache der Zauberkundigen. Mir wurde berichtet, dass sie einen magischen Schild in Gauragar errichtet haben, um ein Vordringen des Dämons zu verhindern«, warf Markîl ein, der das kleinste Fürstentum führte. Er war nicht besonders schlau, aber treu und vor allem standhaft, wenn eine Entscheidung gefallen war. »Damit halten sie auch die Veränderung des Landes auf.«

»Aber ihre versprengten Truppen ziehen marodierend durch unsere Heimat, und das ist Urgon«, rief Herton wütend. »Ich brauche jeden Mann, jedes Schwert, um sie von meinen Vasallen fernzuhalten.« Er sah Artaina an. »Vergebt mir, aber ich kann nicht noch mehr Krieger auf einen wagemutigen Ausflug in tiefes Gebirge senden, um gegen die Trolle zu kämpfen.«

»Sie sind uns dort ohnehin überlegen«, steuerte Brewart bei und wischte sich Schweißtröpfchen von der Glatze. Ihm war sichtlich unangenehm heiß. »Lassen wir sie dort einfach sitzen und töten sie, sobald sie unseren Städten zu nahe kommen. Oder wir umgeben die Berge mit Pflanzen, die so dicht wuchern und Stacheln haben, dass nichts sie durchdringen kann?«

Artaina beherrschte sich, um nicht zu schreien. Sie haben nicht begriffen, um was es geht. »Wenn wir die Trolle gewähren lassen, werden sie …«

»Fürstin«, unterbrach sie Walunbert, der zum ersten Mal die Stimme erhob. Er war der Vermittler zwischen den Häusern, ein besonnener Geist und dabei kaum älter als Artaina. Seine blauen Augen und die schwarze Kleidung hatten eine beruhigende Ausstrahlung. »Wir wissen, wie sehr Euch das Vorhaben am Herzen liegt, aber wir können keinen einzigen Kämpfer entbehren. Der magische Schild ist noch zu schwach. Bis diese Sicherung uns nicht vor den Horden aus dem Jenseitigen Land bewahrt, können wir keine weiteren Soldatenleben mehr gegen die Trolle aufs Spiel setzen. Wir müssen die Siedlungen unserer eigenen Hausgebiete beschützen.« Er nickte ihr freundlich zu, eine braune Locke rutschte ihm in die Stirn. »Versteht uns, bitte.«

Auch er? Dann werden meine Worte nicht fruchten. Sie seufzte. »Ihr denkt zu kurz, aber ich kann Euch nicht umstimmen. Das habe ich begriffen.« Artaina legte eine Hand an die Silberkette um ihren Hals, spielte mit dem Anhänger: ein stilisierter Bergluchsschädel, das Zeichen ihres Hauses. »Doch danke ich für Eure wertvolle, kostbare Aufmerksamkeit.«

»Macht Euch nicht lustig«, bat Walunbert versöhnlich. »Wir würden sofort ein Heer aufstellen, doch wir haben keine Leute. Und mit Bauern? Gegen diese Ausgeburten Tions?« Er schüttelte den Kopf. »Kommen wir zu dem, weswegen wir uns eigentlich einfanden: die Wahl des nächsten Königs.« Er sah in die Runde. »Der Herrscher lehnte es ab, vor uns zu erscheinen und sich unserem Votum zu stellen. Er …«

Der lange, dünne Tarslok erhob sich wie eine fahlweiße Schranke. »König Lanfried von Urgon beruft sich auf die Kriegszeit, in der wir uns befinden«, führte er den Satz um Erstaunen aller fort und zog einer Schriftrolle aus einer Mantelfalte. »Er machte mich zu seinem Vertreter.« Walunbert nahm sie entgegen und überflog sie. »Ich handele und spreche in seinem Auftrag.«

»Das hätten wir uns denken können, dass Ihr einmal mehr das Mäntelchen nach dem Wind hängt.« Brewart lachte böse. »Und was bekommt Ihr dafür? Wer von uns muss Land an Euch abtreten?«

Die Versammlung fiel in seine bittere Heiterkeit ein – bis auf Artaina.

Sie kannte Tarslok gut. Ränkespiele liegen ihm, aber nicht das offene Widersetzen gegen eine Übermacht. Was ihn geritten hatte, sich unverhohlen auf die Seite des Königs zu schlagen, vermochte sie nicht abzuschätzen, aber es musste etwas Bedrohliches sein.

Tarslok blieb ungerührt. Er hatte offensichtlich mit Spott und Feindseligkeit gerechnet. »König Lanfried von Urgon beruft sich auf das Recht der Beständigkeit, das besagt, dass ein Herrscher so lange auf dem Thron verweilt, bis die Gefahr für das Reich beendet ist.«

»Das kann dauern«, murmelte Brewart und tupfte mit dem Ärmel auf der Glatze herum. »Wie selbstlos obendrein.«

Herton runzelte die Stirn, die Armmuskeln zuckten, als würde er gleich sein Schwert ziehen wollen. »Denkt er allen Ernstes, dass wir das hinnehmen?«

Tarslok atmete tief ein und musterte die Adligen. »Von seiner Seite aus ist es beschlossene Sache. Sollte die Versammlung jedoch einen neuen König oder eine neue Königin einsetzen wollen, wird es gemäß der Statuten unseres urgonischen Gesetzes als Verrat betrachtet werden und eine entsprechende Ahndung nach sich ziehen.«

Für die Dauer etlicher Herzschläge lauschte Artaina lediglich dem Entrüstungssturm, der um sie herum losbrach. Lanfried ist ein Idiot. Er war schon immer machtgierig, aber dass er die Zeit der Not dazu nutzt, sich an den Thron zu klammern, ist schäbig. Sie war gespannt, ob die Adligen nun plötzlich Soldaten entbehren konnten, um den alten König aus dem Amt zu jagen. Ich werde mich nicht für ihn aussprechen.

Ende der Leseprobe