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Oscar Wildes "Die wichtigsten Werke von Oscar Wilde" ist eine Sammlung seiner berühmtesten Werke, die das Herz des viktorianischen Zeitalters erfassen. Wilde, bekannt für seinen scharfen Witz und seine brillante Satire, präsentiert in diesem Band Werke wie "Das Bildnis des Dorian Gray", "Lady Windermeres Fächer" und "Ein idealer Gatte". Sein literarischer Stil zeichnet sich durch eine elegante Sprache, pointierte Dialoge und eine tiefe psychologische Sichtweise aus, die die gesellschaftlichen Normen und Konventionen der Zeit in Frage stellt. Diese Werke sind zeitlose Klassiker, die bis heute relevant sind und den Leser zum Nachdenken anregen.
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Seitenzahl: 1498
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Books
Roman
Das Bildnis des Dorian Gray
Erzählungen
Das Gespenst von Canterville
Lord Arthur Saviles Verbrechen: Eine Studie über die Pflicht
Der Modellmillionär: Ein Zeichen der Bewunderung
Die Sphinx ohne Geheimnis: Eine Radierung
Märchen
Der glückliche Prinz
Die Nachtigall und die Rose
Der selbstsüchtige Riese
Der ergebene Freund
Die vornehme Rakete
Der junge König
Der Geburtstag der Infantin
Der Fischer und seine Seele
Das Sternenkind
Drama
Salome
Essays
Der Sozialismus und die Seele des Menschen
Aus dem Zuchthaus zu Reading
Aesthetisches Manifest
Zwei Gespräche von der Kunst und vom Leben
Aphorismen
Autobiografische Schriften
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorbekenntnis
Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Fünftes Kapitel
Sechstes Kapitel
Siebentes Kapitel
Achtes Kapitel
Neuntes Kapitel
Zehntes Kapitel
Elftes Kapitel
Zwölftes Kapitel
Dreizehntes Kapitel
Vierzehntes Kapitel
Fünfzehntes Kapitel
Sechzehntes Kapitel
Siebzehntes Kapitel
Achtzehntes Kapitel
Neunzehntes Kapitel
Zwanzigstes Kapitel
Inhaltsverzeichnis
Der Künstler ist der Schöpfer schöner Dinge.
Kunst zu offenbaren und den Künstler zu verbergen, ist die Aufgabe der Kunst.
Ein Kritiker ist, wer seinen Eindruck von schönen Dingen in eine andere Form oder in einen anderen Stoff zu übertragen vermag.
Die höchste wie die niederste Form der Kritik ist eine Art Autobiographie.
Wer in schönen Dingen einen häßlichen Sinn findet, ist verderbt, ohne anmutig zu sein. Das ist ein Fehler.
Wer in schönen Dingen einen schönen Sinn findet, hat Kultur. Er berechtigt zu Hoffnungen.
Das sind die Auserwählten, für die schöne Dinge lediglich Schönheit bedeuten.
Ein moralisches oder unmoralisches Buch gibt's überhaupt nicht. Bücher sind gut oder schlecht geschrieben. Sonst nichts.
Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen den Realismus ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel erblickt.
Die Abneigung des neunzehnten Jahrhunderts gegen die Romantik ist die Wut Calibans, der sein eigenes Gesicht im Spiegel nicht sieht.
Das sittliche Dasein des Menschen liefert dem Künstler einen Teil des Stoffgebietes, aber die Sittlichkeit der Kunst besteht im vollkommenen Gebrauch eines unvollkommenen Mittels.
Kein Künstler empfindet das Verlangen, etwas zu beweisen. Selbst Wahrheiten können bewiesen werden.
Kein Künstler hat ethische Neigungen. Eine ethische Neigung beim Künstler ist eine unverzeihliche Manieriertheit des Stils.
Kein Künstler ist an sich krankhaft. Der Künstler kann alles aussprechen.
Gedanken und Sprache sind für den Künstler Werkzeuge einer Kunst.
Laster und Tugend sind für den Künstler Stoffe einer Kunst.
Was die Form betrifft, so ist die Kunst des Musikers die Urform aller Künste. Was das Gefühl betrifft, so ist der Beruf des Schauspielers diese Urform.
Alle Kunst ist gleichzeitig Oberfläche und Symbol.
Wer unter der Oberfläche schürft, tut es auf eigene Gefahr.
Wer das Symbol herausdeutet, tut es auf eigene Gefahr.
In Wahrheit wird der Betrachter und nicht das Leben abgespiegelt.
Meinungsunterschiede über ein Kunstwerk beweisen seine Neuheit, Vielfältigkeit und Lebenskraft.
Sind die Kritiker uneinig, so ist der Künstler einig mit sich selbst.
Man kann einem Menschen verzeihen, daß er etwas Nützliches schafft, solang er es nicht bewundert. Die einzige Entschuldigung für den, der etwas Nutzloses schuf, besteht darin, daß es äußerst bewundert wird.
Alle Kunst ist völlig nutzlos.
Inhaltsverzeichnis
Das Atelier schwamm in einem starken Rosendufte, und wenn der leichte Sommerwind die Bäume im Garten wiegte, so floß durch die offene Tür der schwere Geruch des Flieders herein oder der zartere Duft des Rotdorns.
Aus der Ecke seines Diwans mit persischen Satteltaschen, auf dem Lord Henry Wotton lag und wie gewöhnlich unzählige Zigaretten rauchte, konnte er gerade noch den Schimmer der honigsüßen und honigfarbigen Blüten eines Goldregenstrauches wahrnehmen, dessen zitternde Zweige nur seufzend die Last einer so flammenden Schönheit zu tragen schienen, und dann und wann huschten die phantastischen Schatten vorbeifliegender Vögel über die langen bastseidenen Vorhänge, die vor das große Fenster gezogen waren. Das gab einen Augenblick lang eine Art japanischer Stimmung und ließ den Lord an die bleichen, nephritgelben Maler der Stadt Tokio denken, die mit Hilfe einer Kunst, die notwendigerweise erstarrt genannt werden muß, das Gefühl von Schnelligkeit und Bewegung hervorzubringen suchen. Das tiefe Gesumme der Bienen, die ihren zweifelnden Flug durch das hohe, ungemähte Gras nahmen oder mit eintöniger Zähigkeit um die bestaubten Goldtrichter des wuchernden Geißblattes kreisten, ließ die Stille noch drückender scheinen. Das dumpfe Brausen Londons murrte dazu wie die Baßtöne einer fernen Orgel.
In der Mitte des Gemaches stand auf einer hoch aufgestellten Staffelei das lebensgroße Bildnis eines außerordentlich schönen Jünglings, und ihm gegenüber, ein paar Schritte entfernt, saß sein Schöpfer, der Maler Basil Hallward, dessen plötzliches Verschwinden vor einigen Jahren bei der Menge so viel Aufsehen gemacht und zu so vielen seltsamen Vermutungen Anlaß gegeben hatte.
Während der Maler die anmutige und liebenswürdige Gestalt betrachtete, die seine Kunst so prachtvoll wiedergespiegelt hatte, huschte ein freudiges Lächeln über sein Gesicht und schien dort verweilen zu wollen. Plötzlich aber fuhr er auf, schloß die Augen und preßte die Lider mit den Fingern zu, als fürchte er, aus einem absonderlichen Traume zu erwachen, und als suche er ihn im Gehirn einzuschließen.
»Es ist dein bestes Werk, Basil, das beste, was du jemals gemacht hast«, sagte Lord Henry schläfrig-müde. »Du mußt es nächstes Jahr unbedingt ins Grosvenor schicken. Die Akademie ist zu groß und zu gewöhnlich. Jedesmal, wenn ich hinging, waren entweder so viele Leute da, daß ich die Bilder nicht sehen konnte, und das war schlimm, oder so viel Bilder, daß ich die Leute nicht sehen konnte, und das war noch schlimmer. Das Grosvenor ist der einzig richtige Platz.«
»Ich denke überhaupt nicht daran, es auszustellen«, antwortete der Maler und warf den Kopf in jener merkwürdigen Art zurück, über die schon oft seine Freunde in Oxford gelacht hatten. »Nein, ich will es nirgends ausstellen.«
Lord Henry hob die Augenbrauen und sah den anderen erstaunt durch die dünnen blauen Raucharabesken an, die in so abenteuerlichen Wirbeln von der starken opiumgetränkten Zigarette aufstiegen. »Nirgends ausstellen? Ja warum, mein Lieber? Hast du einen Grund dafür? Was ihr Maler doch für Käuze seid! Ihr tut alles in der Welt, um euch einen Namen zu machen. Habt ihr ihn endlich, so wollt ihr ihn scheinbar wieder loswerden. Das ist albern von dir, denn es gibt nur ein leidiges Ding auf Erden, das peinlicher ist als in aller Leute Munde zu sein, und das ist: nicht in aller Leute Munde zu sein. Ein Porträt wie das da höbe dich weit über alle jungen Leute in England empor und würde die Alten vor Neid platzen lassen, soweit alte Leute überhaupt noch einer Empfindung fähig sind.«
»Ich weiß, du wirst mich auslachen,« entgegnete er, »aber ich kann es wahrhaftig nicht ausstellen. Es steckt da zuviel von mir selbst drin.«
Lord Henry streckte sich auf dem Diwan aus und lachte.
»Ja, ich habe das gewußt; es bleibt aber doch wahr, ganz sicher.«
»Zuviel von dir soll darin sein? Auf mein Wort, Basil, ich hätte nie geahnt, daß du so eitel bist; ich kann wirklich nicht die blasseste Ähnlichkeit entdecken zwischen dir mit deinem groben, eckigen Gesicht und deinem kohlschwarzen Haar und diesem jungen Adonis, der so aussieht, als sei er aus Elfenbein und Rosenblättern erschaffen. Nein, mein lieber Basil, es ist ein Narziß, und du – natürlich hast du ein geistvolles Gesicht und so weiter. Aber Schönheit, wirkliche Schönheit hört da auf, wo der geistvolle Ausdruck anfängt. Geist ist an sich eine Art Übermaß und zerstört das Ebenmaß jedes Gesichts. Im Moment, wo man sich ans Denken begibt, wird man ganz Nase oder ganz Stirn oder sonst etwas Greuliches. Sieh dir doch mal alle die Männer an, die in gelehrten Berufen etwas geleistet haben. Sind sie nicht alle ausgesprochen häßlich? Natürlich die Männer der Kirche ausgenommen. Aber in der Kirche denken sie eben nicht. Ein Bischof sagt mit achtzig Jahren noch unveränderlich dasselbe, was ihm als achtzehnjährigem Bengel beigebracht wurde, und infolgedessen sieht er immer entzückend aus. Dein geheimnisvoller junger Freund, dessen Namen du mir nie verraten hast, dessen Bild mich aber tatsächlich bezaubert, denkt niemals. Davon bin ich felsenfest überzeugt. Es ist irgendein hirnloses schönes Geschöpf, das wir im Winter immer bei uns haben sollten, wenn es keine Blumen zum Anschauen gibt, und im Sommer, wenn wir etwas zur Abkühlung unseres Geistes gebrauchen. Schmeichle dir also nicht, Basil: du siehst ihm ganz und gar nicht ähnlich.«
»Du verstehst mich gar nicht, Henry«, antwortete der Künstler. »Natürlich sehe ich ihm nicht ähnlich. Das weiß ich selbst. In Wirklichkeit wäre ich sogar traurig, sähe ich ihm ähnlich. Du brauchst nicht mit den Achseln zu zucken. Ich sage dir die Wahrheit. Jede körperliche und geistige Besonderheit umschwebt eine gewisse Tragik; so eine Tragik etwa, wie sich das Schicksal der Könige auf ihren Irrwegen in der Weltgeschichte an die Füße zu heften scheint. Es ist besser, nicht anders zu sein als die Nebenmenschen. Die Häßlichen und die Dummen haben das beste Leben der Welt. Sie können ruhig dasitzen und das Spiel sorglos begaffen. Sie wissen zwar nichts von Siegen, aber dafür bleibt ihnen auch die Bekanntschaft mit den Niederlagen erspart. Sie leben dahin, wie wir es alle sollten: ungestört, gleichgültig und ohne Mißbehagen. Sie bringen anderen kein Unheil und empfangen es auch nicht von fremder Hand. Dein Stand und dein Reichtum, Harry, mein Geist, soviel ich davon habe, meine Kunst, soviel sie wert ist, Dorian Gray für sein schönes Aussehen – wir müssen alle für die Geschenke der Götter leiden, schrecklich leiden.«
»Dorian Gray? Heißt er so?« fragte Lord Henry und ging durch das Atelier auf Basil Hallward zu.
»Ja, so heißt er. Ich wollte dir's eigentlich nicht sagen.«
»Aber warum nicht?«
»Oh, ich kann's nicht so erklären. Wenn ich einen Menschen sehr, sehr lieb habe, verrate ich an niemand seinen Namen. Das käme mir so vor, als lieferte ich damit einen Teil von seinem Selbst aus. In mir hat sich allmählich eine förmliche Liebe zu Geheimnissen entwickelt. Das scheint noch die einzige Art zu sein, das Leben unserer Zeit mysteriös und wunderbar zu machen. Die gewöhnlichste Begebenheit wird reich an Schönheit, wenn man sie verbirgt. Ich sage auch nie, wohin ich reise, wenn ich mal die Stadt verlasse. Wenn ich's täte, wäre meine ganze Freude daran hin. Das mag eine alberne Gewohnheit sein, aber sie bringt doch irgendwie ein bißchen Romantik ins Leben. Du denkst jetzt gewiß, ich bin furchtbar närrisch?«
»Nicht im geringsten,« antwortete Lord Henry, »nicht im geringsten, mein lieber Basil. Du scheinst zu vergessen, daß ich verheiratet bin, und daß der Hauptreiz der Ehe darin liegt, daß sie beiden Teilen ein Leben der Täuschung zur Notwendigkeit macht. Ich weiß nie, wo meine Frau ist, und meine Frau weiß nie, was ich tue und treibe. Wenn wir beisammen sind – wir sind gelegentlich beisammen, wenn wir zu einem Diner eingeladen sind oder zum Herzog aufs Land fahren – so erzählen wir uns die verrücktesten Geschichten mit dem ernsthaftesten Gesicht. Meine Frau versteht das vorzüglich, ohne Frage besser als ich. Sie verwickelt sich bei den Tatsachen nie in Widersprüche, und bei mir kommt es beständig vor. Wenn sie mich aber ertappt, macht sie mir nie eine Szene. Ich wünschte manchmal, sie täte es. Aber sie lacht mich nur aus.«
»Ich kann die Art nicht leiden, wie du über deine Ehe sprichst«, sagte Basil Hallward und ging langsam auf die Tür zu, die in den Garten führte. »Ich glaube, du bist in Wirklichkeit ein ganz guter Ehemann und schämst dich nur immer über diese Tugend. Du bist überhaupt ein sonderbarer Kauz: du sagst nie was Moralisches und tust nie was Schlechtes. Dein Zynismus ist nichts als Pose.«
»Natürlichkeit ist immer eine Pose, und zwar die ärgerlichste Pose, die ich kenne«, rief Lord Henry lachend aus, und die beiden jungen Männer gingen zusammen in den Garten und ließen sich auf einer langen Bambusbank nieder, die im Schatten eines hohen Lorbeerbusches stand. Das Sonnenlicht flirrte tanzend über die glatten Blätter. Im Grase zitterten weiße Gänseblümchen.
Nach einer Weile zog Lord Henry seine Uhr: »Ich fürchte, ich muß gleich fort, Basil,« brummte er, »aber bevor ich gehe, mußt du mir noch unbedingt die Frage beantworten, die ich vorhin an dich gerichtet habe.«
»Was war das?« sagte der Maler, die Augen fest zu Boden gerichtet.
»Na, du weißt doch.«
»Sicher nicht, Harry.«
»Gut, dann will ich's dir nochmals sagen. Du sollst mir erklären, warum du Dorian Grays Porträt nicht ausstellen willst. Ich bestehe darauf, den wirklichen Grund zu wissen.«
»Ich habe dir den wirklichen Grund schon gesagt.«
»Nein, das hast du nicht getan. Du hast nur gesagt, weil zuviel von dir selbst in dem Bilde stecke. Das ist aber kindisch.«
»Harry,« sagte Basil Hallward und sah dem anderen gerade ins Gesicht, »jedes Porträt, das mit Gefühl gemalt ist, ist ein Porträt des Künstlers, nicht des Modells. Das Modell ist nur der Anlaß, die Gelegenheit. Nicht dies wird vom Maler enthüllt; nein, der Maler offenbart auf der farbigen Leinwand eher sich selbst. Ich will also dies Bild darum nicht ausstellen, weil ich fürchte, ich habe das Geheimnis meiner eigenen Seele darin aufgedeckt.«
Lord Henry lachte. »Und worin bestünde das?« fragte er.
»Ich will es sagen«, antwortete Hallward; aber in sein Gesicht trat ein Ausdruck von Ratlosigkeit.
»Ich bin äußerst gespannt, Basil«, fuhr sein Gefährte mit einem Blick nach ihm fort.
»Oh, es ist wirklich nicht viel zu berichten, Harry,« entgegnete der Maler, »und du verstehst es wohl kaum, wie ich fürchte. Vielleicht auch glaubst du mir nicht einmal.«
Lord Henry lächelte und bückte sich dann, um ein rosa angehauchtes Gänseblümchen aus dem Grase zu pflücken, das er betrachtete. »Ich werde dich ganz gewiß verstehen,« erwiderte er, die Blicke aufmerksam auf die kleine, goldene, weißgefiederte Blütenscheibe gerichtet, »und was das Glauben angeht, so kann ich alles glauben, vorausgesetzt, daß es unwahrscheinlich genug ist.«
Der Wind schüttelte ein paar Blüten von den Bäumen, und die schweren, vielgesternten Traubendolden der Fliederbüsche bewegten sich in der schwülen Luft. Eine Grille begann an der Gartenmauer zu zirpen, und wie ein blauer Faden huschte eine lange, dünne Wasserjungfer auf ihren braunen Gazeflügeln vorbei. Lord Henry glaubte Basil Hallwards Herz pochen zu hören und war neugierig, was wohl kommen möchte.
»Die Geschichte ist einfach die«, sagte der Maler nach einer Weile. »Vor zwei Monaten ging ich mal zu einem der Massenempfänge bei Lady Brandon. Du weißt, wir armen Künstler müssen uns von Zeit zu Zeit in der Gesellschaft zeigen, um das Publikum daran zu erinnern, daß wir keine Wilden sind. Du sagtest mir einmal: in Frack und weißer Binde kann selbst ein Börsenmensch in den Verdacht von Bildung kommen. Nun also, ich war etwa zehn Minuten da und redete mit korpulenten, aufgeputzten, vornehmen Witwen und platten Akademikern, da merkte ich plötzlich, daß mich jemand anblickte. Ich drehte mich halb um und sah zum ersten Male Dorian Gray. Ich spürte, wie ich blaß wurde, als sich unsere Blicke begegneten. Ein seltsames Angstgefühl überkam mich. Ich wußte, ich stand einem Menschen Aug-in-Auge gegenüber, dessen bloße Erscheinung so bezaubernd auf mich wirkte, daß sie, wenn ich sie gewähren ließe, meine ganze Natur, meine ganze Seele, ja selbst meine Kunst an sich reißen müßte. Ich bedurfte nie in meinem Leben irgendwelcher Einwirkung von außen her. Du weißt ja selbst, Harry, wie unabhängig ich von Haus aus bin. Ich bin immer mein eigener Herr gewesen; war es wenigstens so lange, bis ich Dorian Gray traf. Dann – aber ich weiß nicht, wie ich dir das begreiflich machen soll. Irgend etwas schien mir im voraus zu sagen, daß ich an einem schrecklichen Wendepunkt in meinem Leben stand. Ich hatte die eigentümliche Empfindung, das Schicksal halte für mich die ausgesuchtesten Freuden und die ausgesuchtesten Schmerzen in Bereitschaft. Ich bekam Furcht, und ich wandte mich zum Gehen. Das Gewissen trieb mich nicht dazu: es war eine Art Feigheit. Ich bilde mir nichts darauf ein, daß ich diese Flucht versuchte.«
»In Wirklichkeit sind Gewissen und Feigheit ein und dasselbe. Gewissen lautet nur die eingetragene Firma. Weiter gar nichts.«
»Ich glaube das nicht, Harry, und ich glaube, du wohl auch nicht. Einerlei aber, aus welchem Grunde es geschah – es mag auch Stolz gewesen sein, denn ich war schon immer sehr stolz – jedenfalls eilte ich der Türe zu. Natürlich prallte ich dabei mit Lady Brandon zusammen. ›Sie wollen doch nicht etwa schon davonlaufen, Herr Hallward?‹ kreischte sie auf. Du kennst ja ihre schrille Stimme.«
»Ja, sie ist ein Pfau in allem, bis auf die Schönheit«, sagte Lord Henry und zerrupfte das Gänseblümchen zwischen seinen langen nervösen Fingern.
»Ich konnte sie nicht loswerden. Sie zerrte mich zu den königlichen Hoheiten hin, zu den Leuten mit Orden und Sternen und zu den ältlichen Damen mit riesenhaften Diademen und Papageiennasen. Sie nannte mich dabei ihren besten Freund. Ich hatte sie nur ein einziges Mal vorher gesehen, aber sie setzte es sich in den Kopf, aus mir den Löwen des Tages zu machen. Ich glaube, damals hatte gerade ein Bild von mir großen Erfolg gehabt, wenigstens hatten die Zeitungen allerhand Geschwätz darüber gebracht, und das ist ja im neunzehnten Jahrhundert das Eichungsmaß der Unsterblichkeit. Plötzlich stand ich dem jungen Manne gegenüber, dessen Äußeres mich vorhin so merkwürdig erschüttert hatte. Wir standen ganz nahe beieinander und berührten uns beinah. Unsere Blicke trafen sich wiederum. Es war leichtsinnig von mir, aber ich bat Lady Brandon, mich ihm vorzustellen. Vielleicht war es aber doch alles in allem nicht so leichtsinnig. Es war einfach nicht zu umgehen. Wir hätten auch ohne Vorstellung miteinander gesprochen. Ich bin dessen gewiß. Dorian sagte es mir nachher. Auch er fühlte, daß unsere Bekanntschaft Schicksalsfügung war.«
»Und wie hat Lady Brandon den wunderbaren Jüngling beschrieben?« fragte sein Gefährte. »Ich weiß, es ist ihre Manier, von jedem ihrer Gäste eine kleine Skizze zu geben. Ich erinnere mich, wie sie mich mal einem schrecklichen, alten Herrn mit puterrotem Gesicht vorstellte, dessen Brust mit Orden und Bändern beklext war, und mir in einem tragischen Flüsterton, der für jedermann im Zimmer hörbar war, die erstaunlichsten Einzelheiten über ihn ins Ohr zischelte. Ich mußte einfach davonlaufen. Ich entdecke die Leute gerne von mir selbst aus. Aber Lady Brandon behandelt ihre Gäste genau so, wie ein Auktionator seine Waren. Sie erklärt sie einem entweder so lange, bis nichts mehr davon übrigbleibt, oder sie sagt alles, gerade mit Ausnahme dessen, was man wissen will.«
»Die arme Lady Brandon! Du bist hart gegen sie«, sagte Hallward zerstreut.
»Mein guter Junge, sie wollte einen Salon gründen und hat es nur bis zu einem Restaurant gebracht. Wie soll ich sie da bewundern? Aber sage nun endlich, was sie über Herrn Dorian Gray erzählt hat?«
»Oh, so irgend was wie ›Entzückender junger Mensch – seine arme Mutter und ich ganz unzertrennlich – vergaß ganz was er treibt – fürchte fast – gar nichts – ach ja, spielt Klavier – oder war es die Geige, lieber Herr Gray?‹ Wir mußten beide lachen und wurden sofort Freunde.«
»Lachen ist wohl lange nicht der schlechteste Anfang für eine Freundschaft, und gewiß ihr schönstes Ende«, sagte der junge Lord und pflückte sich noch ein Gänseblümchen.
Hallward schüttelte den Kopf. »Du hast ja keine Ahnung, was Freundschaft ist, Harry,« murmelte er, »und ebensowenig, was Feindschaft ist. Du hast alle Welt gern; mit anderen Worten: dir sind alle gleichgültig.«
»Wie grausam ungerecht von dir!« rief Lord Henry, stieß seinen Hut in den Nacken und sah zu den Lämmerwolken empor, die gleich verwirrten Knäueln glänzendweißer Seide über das türkisfarbene Gewölbe des Himmels dahinschifften. »Ja, grausam ungerecht von dir. Ich unterscheide die Leute sehr scharf. Ich wählte meine Freunde nach ihrem guten Aussehen, meine Bekannten nach ihrem guten Charakter und meine Feinde nach ihrem guten Verstande. Der Mensch kann nicht vorsichtig genug sein in der Wahl seiner Feinde. Ich habe keinen einzigen, der ein Narr ist. Es sind sämtlich Leute von einer gewissen geistigen Höhe, und daher schätzen sie mich auch alle. Bin ich sehr eitel? Ich glaube, es ist ein bißchen eitel.«
»Ich glaube auch, Harry. Aber nach deiner Einteilung zählte ich nur unter deine Bekanntschaften.«
»Mein lieber, alter Basil, du bist weit, weit mehr als ein Bekannter.«
»Und weit weniger als ein Freund! Wohl so eine Art Bruder?«
»Pah, Bruder! Bleibe mir mit Brüdern vom Halse. Mein ältester will nicht sterben, und meine jüngeren tun scheinbar nichts anderes.«
»Harry!« rief Basil mit gerunzelter Stirne.
»Mein lieber Junge, ich meine es nicht so ernst. Aber ich kann mir nicht helfen, ich verabscheue meine Verwandten. Ich vermute, das schreibt sich daher, daß kein Mensch bei einem anderen seine eigenen Fehler vertragen kann. Ich verstehe durchaus die Wut der englischen Demokraten auf die sogenannten Laster der oberen Stände. Die Massen fühlen, daß Trunkenheit, Dummheit und Unsittlichkeit zu ihren Vorrechten gehören sollten, und daß jeder von uns, der sich darin bloßstellt, gewissermaßen auf ihrem Gebiete wildert. Als damals der Scheidungsprozeß des armen Southwark spielte, war ihre Entrüstung wirklich prachtvoll. Und trotzdem lebt meiner Überzeugung nach nicht der zehnte Teil des Proletariats der Sitte gemäß.«
»Ich stimme keinem einzigen deiner Worte bei, und, was mehr ist, Harry, du selbst glaubst ja auch nicht im mindesten daran.«
Lord Henry strich seinen braunen Spitzbart und stieß mit dem zierlichen Spazierstock aus Ebenholz gegen die Kappe seines eleganten Lackstiefels. »Wie englisch du bist, Basil! Du machst heute zum zweitenmal diesen Einwurf. Wenn man einem richtigen Engländer eine Idee mitteilt – an sich schon immer eine Unüberlegtheit –, so fällt es ihm nicht im Traum ein, zu erwägen, ob die Idee richtig oder falsch ist. Das einzige, was ihm von Belang scheint, ist das, ob der Sprecher selbst daran glaubt. Aber der Wert einer Idee hat nicht das geringste mit der Aufrichtigkeit dessen zu schaffen, der sie ausspricht. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die Idee um so geistreicher sein, je unaufrichtiger der Mann ist, weil sie in diesem Fall weder die Färbung seiner Bedürfnisse noch seiner Wünsche noch seiner Vorurteile annehmen wird. Indes habe ich nicht die Absicht, politische, soziale oder metaphysische Diskussionen mit dir zu führen. Mir sind Menschen lieber als Grundsätze und grundsatzlose Menschen überhaupt das Liebste auf Erden. Erzähle mir mehr von Dorian Gray. Wie oft siehst du ihn?«
»Jeden Tag. Ich wäre unglücklich, wenn ich ihn mal einen Tag nicht sähe. Er ist für mich einfach ein Bedürfnis.«
»Wie merkwürdig! Ich glaubte immer, du kümmertest dich um nichts anderes als um deine Kunst.«
»Er ist für mich jetzt meine ganze Kunst«, sagte der Maler ernsthaft. »Manchmal glaube ich, Harry, daß es nur zwei wichtige Epochen in der Weltgeschichte gibt. Die erste ist das Auftreten einer neuen Kunsttechnik und die zweite die Erscheinung einer neuen Persönlichkeit in der Kunst. Was die Erfindung der Ölmalerei für die Venezianer war, das war das Gesicht des Antinous für die spätgriechische Bildhauerkunst, und das wird eines Tages für mich das Gesicht Dorian Grays sein. Worauf es dabei ankommt, ist nicht, daß ich ihn male, zeichne, skizziere. Natürlich hab' ich das alles getan. Aber er ist weit mehr für mich als ein Modell oder ein Mensch, der mir sitzt. Ich will gewiß nicht behaupten, daß ich unzufrieden mit dem bin, was ich nach ihm gemacht habe, oder daß seine Schönheit derart ist, daß sie die Kunst nicht ausdrücken könne. Es gibt überhaupt nichts, was die Kunst nicht ausdrücken kann, und ich weiß: was ich gemacht habe, seitdem ich Dorian Gray kenne, ist gute Arbeit, ja, die gelungenste Arbeit meines Lebens. Aber auf irgendeine seltsame Weise – ich glaube kaum, daß du das verstehen wirst – hat mir seine Persönlichkeit eine vollständig neue Art der Kunst, einen durchaus neuen Stil offenbart. Ich sehe die Dinge anders, ich denke darüber anders. Ich kann jetzt das Leben auf eine Art festhalten, die mir früher nicht gegeben war. ›Ein Traum von Form in unseren Tagen des Denkens‹: wer war es, der so sagte? Ich hab's vergessen; aber das bedeutet Dorian Gray für mich. Die bloße sichtbare Gegenwart dieses Knaben – denn für mich ist er kaum mehr als das, wenn er auch schon über die Zwanzig – seine bloße sichtbare Gegenwart – ach! ich glaube nicht, daß du einen Begriff davon hast, was sie für mich bedeutet! Ohne es selbst zu wissen, enthüllt er mir die Linien einer neuen Schule, einer Schule, in der enthalten ist die ganze Leidenschaft der Romantik und die ganze Vollkommenheit des griechischen Geistes. Die Harmonie von Seele und Leib, wieviel ist das doch! Wir in unserer Verblendung haben die beiden voneinander gerissen und haben uns einen Realismus erfunden, der gewöhnlich ist, und einen Idealismus, der leer ist. Harry! wenn du wissen könntest, was mir Dorian Gray ist! Erinnerst du dich an die Landschaft von mir, für die mir Agnew ein so wahnsinniges Geld angeboten hat und von der ich mich doch nie trennen wollte? Es ist sicher eins der besten Stücke, die ich je gemacht habe. Und warum? Weil Dorian Gray neben mir saß, während ich sie malte. Irgendein ganz feines Fluidum strömte von ihm zu mir, und zum erstenmal in meinem Leben entdeckte ich in der simpeln Waldlandschaft das Wunder, nach dem ich immer gesucht und das ich nie gefunden hatte.«
»Basil, das ist ja eine ganz außerordentliche Geschichte. Ich muß Dorian Gray kennenlernen.«
Hallward schnellte von der Bank auf und ging im Garten hin und her. Nach einer Weile kam er zurück.
»Harry,« sagte er, »Dorian Gray, ist für mich nichts als ein künstlerisches Motiv. Vielleicht fändest du gar nichts in ihm. Ich finde alles in ihm. Er ist in Wirklichkeit nie mehr in meiner Arbeit lebendig, als wenn kein Schatten von ihm darin ist. Er ist für mich, wie ich sagte, die Anregung zu einem Stil. Ich finde ihn in den Schwingungen gewisser Linien wieder, in der Lieblichkeit und Zartheit gewisser Farben. Das ist alles.«
»Warum aber willst du dann sein Bild nicht ausstellen?« fragte Lord Henry.
»Weil ich, ohne es zu wollen, einen gewissen Ausdruck all dieser ganz merkwürdigen Künstlervergötterung hineingelegt habe, von der ich natürlich nie zu ihm sprechen wollte. Er hat von alledem keine Ahnung. Er soll nie etwas davon ahnen. Aber die Welt könnte es erraten; und ich will meine Seele ihren seichten, spähenden Augen nicht entblößen. Mein Herz sollen sie nie unter ihr Mikroskop bekommen. Es ist zu viel von mir selbst in dem Dinge, Harry – zu viel von mir selbst.«
»Dichter nehmen's nicht so genau wie du. Die wissen, wie einträglich es ist, Leidenschaft zu veröffentlichen. Ein gebrochenes Herz bringt es heutzutage zu einer ganzen Reihe von Auflagen.«
»Ich finde sie darum eben abscheulich!« rief Hallward aus. »Ein Künstler soll Schönes schaffen, aber er soll nichts von seinem eigenen Leben hineintragen. Wir leben in einer Zeit, wo die Menschen aus der Kunst eine Art Autobiographie zu machen wünschen. Wir haben eben den klaren Begriff für Schönheit verloren. Eines Tages will ich der Welt zeigen, was sie ist, und deshalb soll die Welt mein Bild Dorian Grays niemals sehen.«
»Ich glaube, du hast unrecht, Basil, aber ich will mit dir nicht streiten. Nur die geistig Entkernten streiten sich gern. Sag' mir, hat dich Dorian Gray sehr lieb?«
Der Maler dachte ein paar Augenblicke nach. »Er hat mich gern«, antwortete er nach einer Weile; »sicher hat er mich gern. Natürlich schmeichle ich ihm fürchterlich. Ich finde eine ganz besondere Lust daran, ihm Dinge zu sagen, die mir später leid tun, wie ich ganz genau weiß. In der Regel ist er auch reizend zu mir, und wir sitzen dann im Atelier und schwatzen von tausend Dingen. Dann und wann ist er allerdings greulich gedankenlos und scheint große Freude darin zu finden, mir wehe zu tun. Dann, Harry, habe ich das Gefühl, daß ich jemand meine ganze Seele überantwortet habe, der sie behandelt wie eine Blume für das Knopfloch, wie ein kleines Ehrenzeichen, mit dem man seine Eitelkeit befriedigt, wie einen Zierat für einen Sommertag.«
»Sommertage, Basil, pflegen manchmal lange zu währen«, murmelte Lord Henry. »Vielleicht wirst du seiner früher müde, als er deiner. Es ist sehr traurig, daran zu denken, aber es ist ohne Zweifel wahr, daß das Genie die Schönheit überlebt. Das erklärt auch die Tatsache, daß wir uns soviel Mühe geben, uns mit Bildung vollzupfropfen. In dem wilden Existenzkampfe ums Dasein wollen wir alle etwas Dauerhaftes haben, und so füllen wir unser Gehirn mit Plunder und Tatsachen an, in der dummen Hoffnung, dadurch unseren Platz zu behaupten. Der durch und durch unterrichtete Mann – das ist das moderne Ideal. Und das Gehirn dieses durch und durch unterrichteten Mannes hat etwas Fürchterliches. Es gleicht einem Kuriositätenladen, in dem es lauter Ungeheuerlichkeiten voll Staub gibt, und wo jeder Gegenstand über seinen wahren Wert hinaus ausgezeichnet ist. Immerhin, ich glaube, du wirst zuerst müde werden. Eines Tages wirst du deinen jungen Freund anschauen und finden, daß er etwas verzeichnet ist, oder du wirst an seiner Farbe etwas auszusetzen haben oder irgend so etwas. Du wirst ihm dann in deinem Herzen bittere Vorwürfe machen und ganz ernsthaft überzeugt sein, daß er sich recht schlecht gegen dich benommen hat. Wenn er dich dann das nächstemal besucht, wirst du völlig kühl und gleichgültig gegen ihn sein. Das wird sehr schade sein, denn es wird dich selbst verändern. Was du mir da erzählt hast, ist völlig ein Gedicht, eine Romanze der Kunst möchte man es nennen, und das Schlimmste beim Erleben von Gedichten ist nur, daß es einen so ganz unpoetisch zurückläßt.«
»Harry, ich bitte, sprich nicht so. Solang' ich lebe, wird mich die Persönlichkeit Dorian Grays beherrschen. Du kannst meine Empfindung nicht nachfühlen. Du wandelst dich zu oft.«
»Ah, mein lieber Basil, gerade darum kann ich sie nachempfinden. Die treuen Menschen kennen nur die triviale Seite der Liebe; die Treulosen allein erfahren die Tragödien der Liebe.« Und Lord Henry zündete an einem zierlichen silbernen Büchschen ein Streichholz an und begann eine Zigarette zu rauchen, mit jener so selbstbewußten, zufriedenen Miene, als hätte er den Sinn der ganzen Welt in einen Satz zusammengefaßt. Man hörte ein leises Rauschen von zirpenden Sperlingen in den grünen, wie mit glänzendem Lack überzogenen Efeublättern, und die blauen Wolkenschatten jagten wie Schwalben über das Gras. Wie reizend war es doch in dem Garten und wie entzückend waren die Gefühlsregungen anderer Leute! – weit entzückender als ihre Gedanken, so schien es ihm. Des Menschen eigene Seele und die Leidenschaft seiner Freunde – das sind die fesselnden Dinge des Lebens. Er stellte sich mit geheimem Vergnügen das langweilige Frühstück vor, das er durch seinen langen Besuch bei Basil Hallwald versäumt hatte. Wäre er zu seiner Tante gegangen, hätte er dort sicher Lord Goodbody getroffen, und das ganze Gespräch hätte sich mit der Armenernährung und der Notwendigkeit von Musterwohnhäusern beschäftigt. Menschen jedes Standes hätten die Wichtigkeit gerade jener Tugenden gepredigt, für die sie in ihrem eigenen Leben gar keine Verwendung hatten. Der Reiche hätte von dem Werte der Sparsamkeit geredet, und der Träge mit wahrhafter Beredsamkeit über die Würde der Arbeit. Es war reizend, all dem entgangen zu sein. Als er an seine Tante dachte, schien ihm etwas einzufallen. Er wandte sich zu Basil und sagte: »Mein lieber Junge, ich erinnere mich jetzt.«
»Woran erinnerst du dich, Harry?«
»Wo ich den Namen Dorian Grays gehört habe.«
»Wo war das?« fragte Hallward mit leichtem Stirnrunzeln.
»Schau' doch nicht so böse drein, Basil. Es war bei meiner Tante, Lady Agatha. Sie erzählte mir, sie sei einem wunderhübschen jungen Menschen begegnet, der ihr im East-End helfen wolle, und er heiße Dorian Gray. Ich muß zugeben, sie hat mir nie etwas darüber gesagt, daß er so hübsch sei. Frauen haben kein Verständnis für Schönheit, wenigstens gute Frauen nicht. Sie sagte, daß er sehr ernst sei und eine edle Seele habe. Ich stellte mir natürlich sofort ein Wesen mit Brille und wallendem Haar und gräßlich vielen Sommersprossen vor, das auf riesigen Füßen umherstapfe. Ich wünsche jetzt, ich hätte gewußt, daß er dein Freund ist.«
»Ich bin sehr froh, daß du es nicht gewußt hast, Harry.«
»Warum?«
»Ich will nicht, daß du ihn kennenlernst.«
»Du willst nicht, daß ich ihn kennenlerne?«
»Nein.«
»Herr Dorian Gray ist im Atelier«, sagte der Diener, der in den Garten hinaustrat.
»Jetzt mußt du mich vorstellen!« rief Lord Henry lachend. Der Maler wandte sich zu seinem Diener, der blinzelnd in der Sonne dastand: »Bitten Sie Herrn Gray, zu warten, Parker; ich komme in ein paar Minuten.« Der Mann verbeugte sich und ging ins Haus.
Dann sah der Maler Lord Henry an. »Dorian Gray ist mein teuerster Freund«, sagte er. »Er hat eine schlichte und edle Seele. Deine Tante hatte ganz recht mit dem, was sie über ihn sagte. Verdirb ihn mir nicht. Versuche nicht, Einfluß auf ihn auszuüben. Dein Einfluß wäre verderblich. Die Welt ist groß, und es gibt eine Menge köstlicher Menschen auf ihr. Raube mir nicht den einzigen Menschen, der meiner Kunst ihren ganzen Zauber verleiht, den sie hat: mein Leben als Künstler hängt von ihm ab! Denke daran, Harry, ich vertraue dir.« Er sprach sehr langsam, und die Worte schienen sich ihm gegen seinen Willen zu entringen.
»Was für Unsinn du redest!« sagte Lord Henry lächelnd, nahm Hallward unter den Arm und führte ihn in das Haus.
Inhaltsverzeichnis
Als sie eintraten, erblickten sie Dorian Gray. Er saß am Klavier, mit dem Rücken ihnen zu, und blätterte in einem Notenbande mit Schumanns Waldszenen. »Die mußt du mir leihen, Basil!« rief er aus. »Ich möchte sie spielen lernen. Sie sind geradezu entzückend.«
»Das hängt ganz davon ab, wie du mir heute sitzen wirst, Dorian.«
»Ach, ich habe das Sitzen lange satt, und ich will gar kein lebensgroßes Bild von mir«, antwortete der Jüngling und schwang sich in dem Musikstuhl auf eine eigensinnige, launische Knabenart herum. Als er aber Lord Henry erblickte, stieg für einen Augenblick ein schwaches Rot in seine Wangen, und er sprang auf. »Ich bitte um Entschuldigung, Basil, ich wußte nicht, daß jemand bei dir ist.«
»Das ist Lord Henry Wotton, Dorian, ein alter Freund von Oxford her. Ich habe ihm gerade erzählt, wie musterhaft du sitzen kannst, und jetzt hast du alles verdorben.«
»Mir haben Sie das Vergnügen, Ihre Bekanntschaft zu machen, nicht verdorben, Herr Gray«, sagte Lord Henry, ging auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. »Meine Tante hat oft von Ihnen gesprochen. Sie sind einer ihrer Lieblinge und, wie ich fürchte, auch ihrer Opfer.«
»Ich stehe zur Zeit auf Lady Agathas schwarzer Liste«, antwortete Dorian mit einem komisch reuigen Gesichtsausdruck. »Ich hatte ihr versprochen, sie letzten Dienstag nach einem Klub in Whitechapel zu begleiten, und ich habe dann die Abmachung vergessen. Wir sollten da miteinander vierhändig spielen – drei Stücke, glaube ich. Ich weiß nun nicht, was sie mir dazu sagen wird. Ich habe Angst, ihr einen Besuch zu machen.«
»Oh, ich werde Sie mit meiner Tante versöhnen. Sie ist Ihnen äußerst zugetan. Und ich glaube auch, es schadet nichts, daß Sie nicht dort waren. Die Zuhörer haben sicher angenommen, es sei vierhändig gespielt worden. Wenn sich Tante Agatha ans Klavier setzt, macht sie für zwei Personen reichlich Lärm.«
»Sie sprechen sehr schlecht von ihr, und mir machen Sie auch gerade kein Kompliment damit«, antwortete Dorian lachend.
Lord Henry sah ihn an. Ja, er war wirklich wunderbar schön, mit seinen feingeschwungenen dunkelroten Lippen, seinen offenen blauen Augen und seinem gewellten, goldblonden Haar. In seinem Gesicht war ein Ausdruck, der sofort Vertrauen erweckte. Aller Glanz der Jugend lag darin und ebenso all die leidenschaftliche Reinheit der Jugend. Man fühlte, daß er bisher noch nicht von der Welt befleckt war. Kein Wunder, daß ihn Basil Hallward anbetete.
»Sie sind viel zu hübsch, um sich mit Wohltätigkeit abzugeben, Herr Gray – viel zu hübsch!« Und Lord Henry warf sich auf den Diwan und öffnete seine Zigarettendose.
Der Maler hatte inzwischen eifrig seine Farben gemischt und seine Pinsel zurechtgemacht. Er sah etwas gequält aus, und als er Lord Henrys letzte Bemerkung hörte, blickte er zu ihm hin, sann einen Augenblick nach und sagte dann: »Harry, ich möchte das Bild heute fertig kriegen. Fändest du es sehr grob von mir, wenn ich dich jetzt bäte, uns allein zu lassen?«
Lord Henry lächelte und sah Dorian Gray an. »Soll ich gehen, Herr Gray?« fragte er.
»Oh, bitte, nein, Lord Henry. Ich sehe, Basil hat wieder einen seiner schlechten Tage, und ich kann ihn nicht vertragen, wenn er so brummt. Außerdem möchte ich von Ihnen erfahren, warum ich mich nicht mit Wohltätigkeit befassen soll?«
»Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das sagen soll, Herr Gray. Es ist ein so langweiliges Thema, daß man schon ernsthaft darüber reden müßte. Aber jetzt geh ich auf keinen Fall, nachdem Sie mir erlaubt haben, dazubleiben. Du hast doch nichts im Ernst dagegen, Basil? Du hast mir oft genug gesagt, daß es dir angenehm sei, wenn deine Modelle mit jemand plaudern können.«
Hallward biß sich auf die Lippe. »Wenn es Dorian wünscht, wirst du natürlich dableiben. Dorians Launen sind Gesetze für jedermann, außer für ihn selbst.«
Lord Henry nahm seinen Hut und seine Handschuhe. »Trotz deiner dringenden Aufforderung, Basil, fürchte ich, gehen zu müssen. Ich habe mit jemand eine Verabredung im Orleans-Klub. Adieu, Herr Gray! Bitte, besuchen Sie mich doch mal eines Nachmittags in Curzon Street. Um fünf Uhr treffen Sie mich fast immer. Schreiben Sie mir, bitte, wann Sie kommen. Es täte mir sehr leid, wenn Sie mich verfehlten.«
»Basil,« rief Dorian Gray, »wenn Lord Henry Wotton geht, dann gehe ich auch. Du bringst ja beim Malen nie die Lippen auseinander, und es ist furchtbar ermüdend, auf einem Podium zu stehen und sich anzustrengen, freundlich auszusehen. Bitte ihn, dazubleiben. Ich bestehe darauf.«
»Bleib, Harry, du machst Dorian damit ein Vergnügen und auch mir«, sagte Hallward, ohne von seinem Bilde aufzublicken. »Er hat ganz recht, ich spreche nie ein Wort während der Arbeit und höre ebensowenig zu, und das muß sehr langweilig für meine unglücklichen Modelle sein. Ich bitte dich also, bleib.«
»Was fange ich aber mit meinem Mann im Orleans an?«
Der Maler lachte. »Ich glaube, damit wird es keine Schwierigkeit haben. Setz dich nur wieder, Harry. Und jetzt, Dorian, geh auf das Podium und bewege dich nicht zuviel und achte auch nicht auf das, was Lord Henry sagt. Er hat einen sehr bösen Einfluß auf alle seine Freunde, nur mich ausgenommen.«
Dorian Gray bestieg das Podium mit der Miene eines jungen griechischen Märtyrers und stieß, zu Lord Henry gewandt, der ihm gleich gut gefallen hatte, einen kleinen drolligen Seufzer aus. Dieser Mann war so ganz anders als Basil. Die beiden bildeten einen entzückenden Gegensatz. Und er hatte ein so schönes Organ. Nach ein paar Augenblicken sagte Dorian zu ihm: »Haben Sie wirklich einen so bösen Einfluß, Lord Henry? Ist es so arg, wie Basil sagt?«
»Es gibt keinen sogenannten guten Einfluß, Herr Gray. Jeder Einfluß ist unmoralisch – unmoralisch vom wissenschaftlichen Standpunkt aus.«
»Wieso?«
»Weil jemand beeinflussen soviel ist wie ihm die eigene Seele leihen. Er denkt dann nicht mehr seine natürlichen Gedanken und brennt nicht mehr in seinem natürlichen Feuer. Seine Tugenden sind gar nicht seine Tugenden. Seine Sünden, wenn es so etwas wie Sünden gibt, sind nur ausgeborgte. Er wird ein Echo für die Töne eines anderen, Schauspieler einer Rolle, die nicht für ihn geschrieben wurde. Der Sinn des Daseins ist: Selbstentwicklung. Die eigene Natur voll zum Ausdruck zu bringen – diese Aufgabe hat jeder von uns hier zu lösen. Heutzutage haben die Menschen Angst vor sich. Sie haben ihre heiligste Pflicht vergessen, nämlich die gegen sich selbst. Natürlich sind sie wohltätig. Sie nähren den Hungernden und kleiden den Bettler. Aber ihre eigenen Seelen darben und gehen nackt. Der Mut ist unserem Geschlecht abhanden gekommen. Vielleicht haben wir ihn nie wirklich besessen. Die Furcht vor der Gesellschaft als der Grundlage der Sittlichkeit, und die Furcht vor Gott, als dem Geheimnis der Religion – das sind die zwei Dinge, die uns beherrschen. Und doch –«
»Dorian, dreh den Kopf mal ein wenig mehr nach rechts, sei so gut«, sagte der Maler, der ganz in sein Werk vertieft war, aber doch gemerkt hatte, daß in des Jünglings Gesicht ein Ausdruck getreten war, den er vorher nie darin gesehen hatte.
»Und doch,« fuhr Lord Henry mit seiner tiefen musikalischen Stimme fort, während er die Hand in der anmutigen Art bewegte, die er schon seinerzeit in Eton gehabt hatte, »ich glaube, wenn die Menschen nur ihr eigenes Leben voll, bis auf den letzten Rest ausleben würden, jedes Gefühl Gestalt bekommen lassen, jeden Gedanken ausdrücken, jeden Traum in Dasein umsetzen wollten – ich glaube, dann käme in die Welt ein solcher Schwung von neuer Freudigkeit, daß wir alle die Krankheiten des Mittelalters vergäßen und zum hellenischen Ideal zurückkehrten, ja wir kämen vielleicht zu etwas Feinerem und Reicherem, als das hellenische Ideal war. Aber selbst der Tapferste unter uns hat Angst vor sich selber. Die Selbstverstümmelung der Wilden hat ihr tragisches Überbleibsel in der Selbstverleugnung, die unser Leben verstümmelt. Wir büßen für unsere Entsagungen. Jeder Trieb, den wir zu ersticken suchen, frißt im Innern weiter und vergiftet uns. Der Körper sündigt nur einmal und hat sich durch die Sünde befreit, denn Tat ist immer eine Art Reinigung. Nichts bleibt davon zurück als die Erinnerung an ein Vergnügen oder die schmerzliche Wollust der Reue. Der einzige Weg, eine Versuchung zu bestehen, ist, sich ihr hinzugeben. Widerstehen Sie ihr, und Ihre Seele erkrankt vor Sehnsucht nach der Erfüllung, die sie sich selber verweigert hat, erkrankt vor dem Verlangen nach dem, was ihre ungeheuerlichen Gesetze ungeheuerlich und ungesetzmäßig gemacht haben. Es ist wohl gesagt worden, die großen Ereignisse der Welt gingen im Gehirn vor sich. Im Gehirn und ganz allein im Gehirn werden auch die großen Sünden der Welt begangen. Sie, Herr Gray, Sie selbst mit Ihrer rosenroten Jugend und Ihrer rosenblassen Knabenunschuld, Sie haben schon Leidenschaften erlebt, die Ihnen Angst einjagten, haben Gedanken gehabt, die Sie in Schrecken setzten, haben wachend und schlafend Träume gehabt, deren bloße Erinnerung Ihre Wangen schamrot werden ließ –«
»Hören Sie auf,« stammelte Dorian Gran, »hören Sie auf, Sie machen mich ganz wirr. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Es gibt eine Antwort darauf, aber ich kann sie nicht finden. Sagen Sie nichts mehr! Lassen Sie mich nachdenken. Oder vielmehr, lassen Sie mich versuchen, nicht nachzudenken.«
Etwa zehn Minuten stand er bewegungslos da, mit halboffenen Lippen und seltsam leuchtenden Augen. Er war sich dumpf bewußt, daß ganz neue Einflüsse in ihm arbeiteten. Und doch schien es, als kämen sie in Wirklichkeit aus seinem eigenen Innern. Die paar Worte, die Basils Freund zu ihm gesagt hatte – ohne Zweifel zufällig hingeworfene Worte voll absichtlicher Paradoxie – hatten eine geheime Saite seiner Seele berührt, die vordem nie berührt worden war, die er aber nun zittern und in seltsamer Wildheit schluchzen hörte.
Musik hatte ihn so ähnlich aufgewühlt. Musik hatte ihn oft in Aufruhr gebracht. Aber Musik war etwas Unbestimmtes. Sie bringt keine neue Welt in uns hervor; schafft eher ein neues Chaos in uns. Worte! Bloße Worte! Wie schrecklich die waren! Wie klar und lebendig und grausam! Man konnte ihnen nicht entrinnen. Und doch, welch tiefer Zauber steckte in ihnen! Sie schienen die Kraft zu haben, formlosen Dingen eine greifbare Gestalt zu geben, und schienen eine Musik in sich zu bergen, so süß wie die der Geige oder der Laute. Bloße Worte! Gab es denn irgend etwas so Wirkliches wie Worte?
Ja; es hatte in seiner Knabenzeit Dinge gegeben, die ihm unbegreiflich geblieben waren. Jetzt verstand er sie. Plötzlich bekam das Leben für ihn lodernde Farben. Nun schien es ihm, als sei er mittenhin durch Feuer gewandelt. Warum hatte er es nie gemerkt?
Lord Henry beobachtete ihn mit einem feinspürenden Lächeln. Er verstand sich gut auf jenen psychologischen Moment, in dem man kein Wort sagen darf. Er fühlte sich sehr stark interessiert. Die jähe Wirkung seiner Worte machte ihn erstaunen; nun entsann er sich eines Buches, das er mit sechzehn Jahren gelesen und das ihm viel bis dahin Unbekanntes enthüllt hatte, und er fragte sich, ob Dorian Gray jetzt wohl eine ähnliche Erfahrung erlebe. Er hatte nur einen Pfeil ins Blaue geschossen. Hatte er das Ziel getroffen? Wie anziehend doch dieser Junge war!
Inzwischen malte Hallward in jenen wundervollen, kühnen Zügen weiter, die das Zeichen aller wahren Feinheit und Vollkommenheit sind, denn die kann der Kunst nur aus der Kraft werden. Er merkte die wortlose Stille gar nicht.
»Basil, ich habe jetzt genug von dem Stehen!« rief Dorian plötzlich aus. »Ich muß hinaus und mich im Garten hinsetzen. Die Luft hier ist zum Ersticken.«
»Mein Bester, das tut mir wirklich leid. Wenn ich male, kann ich an nichts anderes denken. Aber du hast nie besser Modell gestanden. Du warst ganz ruhig. Und ich habe endlich den Ausdruck herausgebracht, den ich gesucht habe – die halb offenen Lippen und den Glanz in den Augen. Ich weiß nicht, was Harry dir erzählt hat, aber sicher hat er es bewirkt, daß du den prachtvollsten Ausdruck hast. Ich vermute, er hat dir Komplimente gemacht. Du darfst ihm nur kein einziges Wort glauben.«
»Er hat mir nicht das kleinste Kompliment gemacht. Vielleicht ist das der Grund, daß ich wirklich kein Wort von dem glaube, was er gesagt hat.«
»Sie wissen selbst, daß Sie jedes Wort davon glauben«, erwiderte Lord Harry, der ihn mit seinen weichen, träumerischen Augen ansah. »Wir wollen zusammen in den Garten gehen. Es ist furchtbar heiß hier im Atelier. Basil, laß uns irgendein Eisgetränk geben, irgendwas mit Erdbeeren darin.«
»Gern, Harry. Klingle nur selbst, und wenn Parker kommt, will ich ihm sagen, was Ihr haben wollt. Ich muß erst den Hintergrund hier noch fertig machen und komme dann später nach. Halte mir Dorian aber nicht zu lange fest. Ich war nie in besserer Malstimmung als heute. Dies Porträt wird mein Meisterwerk. Wie es da steht, ist es schon mein Meisterwerk.«
Lord Henry ging in den Garten hinaus und fand dort Dorian Gray, wie er sein Gesicht hinter den großen, kühlen Blütenbüscheln der Fliedersträuche versteckte und fieberhaft ihren Duft einsog, als tränke er Wein. Er trat nahe an ihn heran und legte ihm die Hand auf die Achsel. »Sie haben ganz recht, so zu tun«, sagte er leise. »Nichts hilft der Seele besser als die Sinne, sowie den Sinnen nichts besser als die Seele helfen kann.«
Der Jüngling schreckte auf und trat einen Schritt zurück. Er war ohne Hut, und das Blattgewirr hatte seine widerspenstigen Locken aufgewühlt und ihre goldblonden Strähnen in Unordnung gebracht. In seinen Augen lag ein Ausdruck von Furcht, wie ihn Menschen haben, die man jäh aus dem Schlaf reißt. Seine zartgeformten Nasenflügel bebten, und ein geheimer Nerv zuckte leis an den scharlachroten Lippen, so daß sie beständig zitterten.
»Ja,« fuhr Lord Henry fort, »das ist eines der großen Geheimnisse des Daseins – die Seele durch die Sinne und die Sinne durch die Seele heilen können. Sie sind ein wunderbares Menschenkind! Sie wissen mehr, als Ihnen bewußt ist, gerade wie Sie weniger wissen, als Ihnen dienlich ist.«
Dorian Gray runzelte die Stirn und wendete den Kopf weg. Ein unwiderstehlicher Reiz zog ihn zu diesem großen, anmutigen jungen Mann hin, der da neben ihm stand. Sein romantisches, olivenfarbiges Gesicht und der müde Ausdruck darin fesselten ihn. Es war etwas in dem müden Ton seiner Stimme, was völlig in Bann schlug. Auch seine Hände, kühl, weiß und blumenhaft, zogen an. Sie bewegten sich bei seinen Worten, begleiteten sie wie Musik und schienen ihre eigene Sprache zu reden. Aber er hatte auch Angst vor ihm und schämte sich dieser Angst. Warum hatte ein Fremder kommen müssen, um ihn sich selber zu offenbaren? Er kannte Basil Hallward nun seit Monaten, aber diese Freundschaft hatte ihn niemals verwandelt. Jetzt war plötzlich jemand in sein Leben getreten, der ihm des Lebens Mysterium enthüllt zu haben schien. Und doch, wovor sollte er sich fürchten? Er war kein Schulknabe und kein kleines Mädchen. Es war töricht, Angst zu haben. »Kommen Sie und setzen wir uns in den Schatten«, sagte Lord Henry. »Parker hat uns was zu trinken gebracht, und wenn Sie noch länger in solcher Sonnenglut stehenbleiben, werden Sie sich Ihren Teint verderben, und Basil wird Sie nie mehr malen. Sie dürfen sich wirklich nicht von der Sonne verbrennen lassen. Es würde Ihnen schlecht stehen.«
»Was läge weiter daran?« rief Dorian Gray und lachte, als er sich auf eine Bank am Ende des Gartens setzte.
»Alles sollte Ihnen daran liegen, Herr Gray.«
»Wieso?«
»Weil Sie die wundervollste Jugend haben, und Jugend ist das einzige, dessen Besitz einen Wert hat.«
»Ich empfinde das nicht, Lord Henry.«
»Nein, jetzt empfinden Sie es nicht. Später einmal, wenn Sie alt, runzlig und häßlich sind, wenn das Denken Furchen in Ihre Stirne gegraben und die Leidenschaft Ihre Lippen mit ihrem schrecklichen Feuer verbrannt hat, dann werden Sie es empfinden, furchtbar empfinden. Jetzt können Sie hingehen, wo Sie wollen, und Sie berücken die ganze Welt! Wird das immer so sein?... Sie haben ein wundervoll schönes Gesicht, Herr Gray. Runzeln Sie nicht die Stirn. Sie haben es. Und Schönheit ist eine Form des Genies – steht in Wahrheit noch höher als das Genie, da sie keinerlei Erklärung bedarf. Sie ist eine der großen Lebenstatsachen, wie das Sonnenlicht oder der Lenz oder wie in dunkeln Gewässern der Widerschein der Silbermuschel, die wir Mond nennen. Sie kann nicht bestritten werden. Sie hat ein göttliches, erhabenes Recht.
Wer sie hat, den macht sie zu einem Prinzen. Sie lächeln? Oh, wenn Sie sie verloren haben, lächeln Sie nicht mehr... Die Leute sagen manchmal, Schönheit sei nur etwas Äußerliches. Mag sein. Aber zum mindesten ist sie nicht so äußerlich wie das Denken. Für mich ist Schönheit aller Wunder Wunder. Nur die Hohlköpfe urteilen nicht nach dem Äußeren. Das wahre Geheimnis der Welt ist das Sichtbare, nicht das Unsichtbare... Ja, Herr Gray, die Götter haben es gut mit Ihnen gemeint. Aber was die Götter schenken, rauben sie bald wieder. Sie haben nur ein paar Jahre, wo Sie wahrhaftig vollkommen, restlos leben können. Wann Ihre Jugend verrauscht ist, nimmt sie die Schönheit mit, und dann werden Sie plötzlich entdecken, daß Ihrer keine Siege mehr warten, oder daß Sie sich mit jenen traurigen Siegen werden begnügen müssen, die Ihnen die Erinnerung an die Vergangenheit bitterer machen wird als Niederlagen. Jeder Monat, der dahingeht, bringt Sie näher einem schrecklichen Ziele. Die Zeit ist eifersüchtig auf Sie und kämpft gegen Ihre Lilien und Rosen. Sie werden fahl und hohlwangig, und Ihre Augen werden sich trüben. Sie werden unsäglich leiden... Ach! leben Sie Ihre Jugend, solange sie da ist. Vergeuden Sie das Gold Ihrer Tage nicht, leihen Sie Ihr Ohr nicht den Philistern, mühen Sie sich nicht, hoffnungslose Verhängnisse zu verbessern, geben Sie Ihr Leben nicht den Unwissenden, Niedrigen, den gemeinen Leuten hin! Das sind die kranken Ziele, die falschen Ideale unserer Zeit. Leben Sie! Leben Sie das wunderschöne Leben, das in Ihnen ist! Lassen Sie sich nichts verloren sein! Suchen Sie rastlos nach neuen Sinneseindrücken! Fürchten Sie nichts ... Ein neuer Hedonismus – der täte unserem Jahrhundert not. Sie könnten sein sichtbares Symbol werden. Mit Ihrer Persönlichkeit können Sie alles wagen. Die Welt gehört Ihnen einen Sommer hindurch... Im Augenblick, da ich Sie sah, merkte ich, daß Sie keine Ahnung davon haben, was Sie wirklich sind, was Sie wirklich sein könnten. So viel in Ihnen entzückte mich, daß ich förmlich gezwungen war, Ihnen etwas über Ihre Natur zu sagen. Ich dachte mir, welche Tragik darin läge, wenn Sie vergebens lebten. Denn Ihre Jugend währt nur so kurze Zeit – so kurze Zeit. Die alltäglichen Wiesenblumen welken, aber sie blühen wieder. Der Goldregen wird im nächsten Juni genau so gelb sein wie heute. In einem Monat setzt die Klematis purpurne Sterne an, und Jahr für Jahr umhüllt die grüne Nacht ihrer Blätter solche Purpursterne. Aber wir Menschen bekommen unsere Jugend nie wieder. Die Freude, die den Puls des Zwanzigjährigen peitscht, läßt nach. Unsere Glieder versagen, die Sinne werden seicht. Wir verkommen und werden greuliche Verpuppungen, werden verfolgt von den Erinnerungen an die Leidenschaften, vor denen wir zurückgeschreckt sind, und an die reizenden Versuchungen, denen zu erliegen wir nicht den Mut hatten. Jugend! Jugend! Es gibt in der Welt nichts weiter als Jugend!«
Dorian Gray hörte zu, mit aufgerissenen Augen und staunend. Der Fliederzweig, den er in der Hand hielt, fiel auf den Kies. Eine Biene in ihrem Pelzkleid schoß her und umsummte ihn einen Augenblick. Dann krabbelte sie eifrig auf den kleinen Blumensternen herum. Er beobachtete sie mit dem seltsamen Interesse an gewöhnlichen Dingen, das wir in uns heranzubilden suchen, wenn wir uns vor entscheidenden Dingen fürchten, oder wenn uns ein neues Gefühl erschüttert, für das wir noch keine Formel haben, oder wenn ein schrecklicher Gedanke das Hirn umklammert und verlangt, daß wir uns ihm ausliefern sollen. Nach einer Weile schwirrte die Biene weg. Er sah sie in den bunten Trompetentrichter einer lyrischen Winde kriechen. Die Blume schien zusammenzuzucken und bewegte sich dann mit Grazie hin und her.
Plötzlich erschien der Maler unter der Tür des Ateliers und forderte sie mit kurzen wiederholten Zeichen auf, hereinzukommen. Sie sahen einander an und lächelten.
»Ich warte!« rief er. »Kommt herein! Das Licht ist ganz prächtig, und ihr könnt eure Gläser mitbringen.«
Sie standen auf und schlenderten den Weg zurück. Zwei grünlichweiße Schmetterlinge flatterten an ihnen vorüber, und in dem Birnbaum an der Gartenecke begann eine Drossel zu flöten.
»Es freut Sie, mich kennengelernt zu haben, Herr Gray?« fragte Lord Henry und blickte ihn an.
»Ja, jetzt bin ich erfreut darüber. Ich weiß nicht, ob ich's immer sein werde!«
»Immer! das ist ein schreckliches Wort. Ich schaudere, wenn ich es höre. Die Frauen haben es so gern. Sie zerstören sich jedes Abenteuer, indem sie ihm Ewigkeit verleihen wollen. Außerdem ist es ein sinnloses Wort. Der einzige Unterschied zwischen einer Laune und einer Leidenschaft, die ein Leben lang dauert, ist, daß die Laune ein bißchen länger dauert.«
Als sie ins Atelier traten, legte Dorian Gray seine Hand auf Lord Henrys Arm. »Lassen Sie also unsere Freundschaft eine Laune sein«, sagte er leise und errötete über seine eigene Kühnheit. Dann bestieg er das Podium und nahm wieder seine Stellung ein.
Lord Henry warf sich in einen bequemen Korbsessel und beobachtete ihn. Das Hin- und Herfahren des Pinsels auf der Leinwand war das einzige, die Stille unterbrechende Geräusch, nur manchmal hörte man den Schritt Hallwards, wenn er zurücktrat, um sein Werk aus der Entfernung zu prüfen. In den schrägen Sonnenstrahlen, die durch die offene Tür fluteten, tanzte der Staub in goldenen Schuppen. Über allem lagerte der schwere Duft der Rosen.
Als etwa eine Viertelstunde vergangen war, hörte Hallward zu malen auf, betrachtete Dorian lange Zeit, sah dann lange auf das Bildnis, nagte an dem Stiel eines seiner großen Pinsel und runzelte die Stirn. »Ganz fertig«, rief er endlich, bückte sich und schrieb in großen grellroten Lettern seinen Namen in die linke Ecke der Leinwand.
Lord Henry trat heran und betrachtete das Bild mit Kennerblick. Es war in der Tat ein wunderbares Kunstwerk und auch wunderbar ähnlich.
»Lieber Junge,« sagte er, »ich wünsche dir herzlich Glück. Es ist das beste Porträt unserer ganzen Zeit. Herr Gray, kommen Sie und sehen Sie selbst!«
Der Jüngling schrak wie aus einem Traume auf. »Ist es wirklich fertig?« murmelte er, als er vom Podium herabstieg.
»Ganz fertig«, antwortete der Maler. »Und du hast heute glänzend Modell gestanden. Ich bin dir sehr, sehr dankbar.«
»Das ist nur mein Verdienst«, warf Lord Henry ein. »Nicht wahr, Herr Gray?«
Dorian gab keine Antwort, sondern trat, ohne hinzuhören, vor sein Bild und wandte sich dem Werke zu. Als er es sah, zuckte er zusammen, und seine Wangen röteten sich einen Augenblick vor Vergnügen. Ein Ausdruck der Freude blitzte in seinen Augen, als erkenne er sich selbst jetzt zum ersten Male. Bewegungslos und in Staunen versunken, stand er da und merkte dumpf, daß Hallward zu ihm sprach, ohne daß er den Sinn der Worte erfaßte. Das Gefühl seiner eigenen Schönheit kam über ihn wie eine Offenbarung. Er hatte es nie vorher empfunden. Basil Hallwards Komplimente hatte er nur für liebenswürdige Übertreibungen der Freundschaft gehalten. Er hatte sie gehört, über sie gelacht und sie vergessen. Sein Wesen hatten sie niemals beeinflußt. Dann war Lord Henry Wotton gekommen mit seinem sonderbaren Hymnus auf die Jugend, seiner schrecklichen Warnung von ihrer Flüchtigkeit. Das hatte ihn rechtzeitig aufgerüttelt, und als er jetzt dastand und das Abbild der eigenen Schönheit betrachtete, durchdrang ihn die volle Wirklichkeit jener Schilderung. Ja, der Tag mußte kommen, da sein Gesicht verrunzelt und verwelkt, die Augen trüb und farblos, die Anmut seiner Gestalt geknickt und entstellt sein würde. Das Scharlachrot der Lippen würde verblassen, der Goldglanz des Haares sich wegstehlen. Das Leben, das von seiner Seele gebildet wurde, zerstörte seinen Körper. Er würde häßlich, abscheuerregend und formlos werden.
Als er daran dachte, durchfuhr ihn ein scharfer Schmerz wie ein Messerstich und ließ die feinsten Nerven seines Ichs erbeben. Seine Augen verdunkelten sich zu Amethysten, und ein Tränenflor umschleierte sie. Es war, als hätte sich ihm eine eiskalte Hand aufs Herz gelegt.
»Gefällt es dir nicht?« rief endlich Hallward, ein wenig gereizt durch das Schweigen des Jünglings, dessen Grund er nicht begriff.
»Natürlich gefällt's ihm«, sagte Lord Henry. »Wem würde es nicht gefallen? Es gehört zu den größten Werken der modernen Kunst. Ich gebe dir jeden Betrag dafür, den du verlangst. Ich muß es haben.«
»Es gehört nicht mir, Harry.«
»Wem denn?«
»Dorian natürlich«, antwortete der Maler.
»Da hat er Glück...«
»Wie traurig!« flüsterte Dorian und hielt die Augen noch immer fest auf das Bild gerichtet. »Wie traurig! Ich werde alt werden und häßlich und widerlich. Aber dies Bild wird immer jung bleiben. Es wird nie über den heutigen Junitag hinaus altern... Wenn es nur umgekehrt sein könnte! Wenn ich ewig jung bliebe und dafür das Bild altern könnte! Dafür – dafür – gäbe ich alles! Ja, nichts in aller Welt wäre mir dafür zuviel! Ich gäbe meine Seele dafür!«
»Dieser Tausch würde dir schwerlich passen, Basil«, rief Lord Henry lachend. »Das wäre schlimm für dein Bild.«
»Ich würde mich ernstlich dagegen wehren, Harry«, sagte Hallward.
Dorian Gray wandte sich zu ihm und sah ihn an. »Ich bin davon überzeugt, Basil. Die Kunst ist dir mehr als deine Freunde. Ich bedeute für dich nicht mehr als eine grüne Bronzefigur. Vielleicht kaum so viel, müßte ich sagen.«
Der Maler war starr vor Erstaunen. So zu sprechen sah Dorian gar nicht ähnlich. Was war geschehen? Er schien ganz erregt. Sein Gesicht war gerötet, und die Wangen brannten.
»Ja,« fuhr er fort, »ich bin dir weniger als dieser Hermes aus Elfenbein oder der silberne Faun da. Die wirst du immer liebbehalten. Wie lange wirst du mich liebhaben? Vermutlich bis die erste Runzel mein Gesicht entstellt. Ich weiß jetzt, wenn man erst seine Schönheit verliert, hat man alles verloren. Dein Bild hat mich dies gelehrt. Lord Henry Wotton hat ganz recht. Jugend ist das einzige, was Wert hat auf der Welt. Sowie ich entdecke, daß ich alt werde, bringe ich mich um.«
Hallward wurde bleich und faßte ihn bei der Hand. »Dorian, Dorian!« rief er, »sage so etwas nicht. Ich habe nie einen Freund gehabt wie dich und werde nie wieder so einen haben. Du bist doch nicht auf leblose Dinge eifersüchtig? Du, der schöner ist als irgendeines von ihnen.«
»Ich bin eifersüchtig auf jedes Ding, dessen Schönheit nicht stirbt. Ich bin eifersüchtig auf das Bild, das du von mir gemalt hast. Warum darf es behalten, was ich verlieren muß? Jeder Augenblick, der verfliegt, raubt mir etwas und schenkt ihm etwas. Oh, wenn es doch umgekehrt wäre! Wenn sich das Bild verändern und ich immer bleiben könnte, wie ich jetzt bin! Warum hast du es gemalt? Es wird mich dereinst verhöhnen – furchtbar verhöhnen!« Die heißen Tränen traten ihm in die Augen, er zog seine Hand weg, warf sich auf den Diwan und vergrub sein Gesicht in den Kissen, als betete er.
»Das ist dein Werk, Harry«, sagte der Maler bitter.
Lord Henry zuckte die Achseln. »Es ist der wahre Dorian Gray – sonst nichts.«
»Das ist er nicht.«
»Wenn er es nicht ist, was habe ich damit zu schaffen?«
»Du hättest weggehen sollen, als ich dich darum bat«, grollte er.
»Ich blieb, als du mich darum batest«, war Lord Henrys Erwiderung.
»Harry, ich kann nicht auf einmal mit meinen beiden besten Freunden Streit anfangen, aber ihr beide habt schuld, daß ich das beste Stück, das mir je gelungen ist, hassen muß, und ich werde es vernichten. Ist es schließlich mehr als Leinwand und Farbe? Ich will es nicht eingreifen lassen in drei Leben und sie zerstören.«