Disney Villains 11: Fangt das Biest! - Walt Disney - E-Book
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Disney Villains 11: Fangt das Biest! E-Book

Walt Disney

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Beschreibung

Das elfte Buch der New York Times-Bestseller-Reihe Villains verfolgt den Untergang von Disneys raffiniertem, schnellem und schlauen Bösewicht Gaston! Die Geschichte »Die Schöne und das Biest« hat mehr als nur einen Bösewicht! Der junge Gaston lebt stets im Schatten seines Freundes, des Prinzen. Er stimmt den Ideen des Prinzen zu, setzte dessen Pläne um und versteckt seine eigenen Talente, damit sein bester Freund glänzen kann. Aber der Prinz zahlt einen Preis für seine bösen Taten. Als er immer biestiger wird und die Welt beginnt, ihn zu vergessen, ist Gaston nicht mehr gezwungen, sich zu verstellen. Er ist entschlossen, nie wieder nur der Zweitbeste zu sein ... Die New-York-Times-Bestsellerautorin Serena Valentino bringt den Lesern die Geschichte von der Schönen, dem Biest und dem Mann, der wirklich vergessen wurde, zurück. Und natürlich spielen auch die Verdrehten Schwestern wieder eine Rolle ...

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Veröffentlichungsjahr: 2024

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Meinen unendlich wohlwollenden Leserinnen und Lesern in Liebe gewidmet.Ich schätze euch unsagbar. Habt großen Dank.

Prolog

Aus dem Buch der Märchen

Ihr glaubt vielleicht, ihr kennt Gastons Geschichte. Vielleicht erinnert ihr euch an den unerschrockenen selbst ernannten Helden, der durch die Sage des Biests stürmt, seine Muskeln anspannt, sein Kinn mit dem Grübchen vorstreckt und eine Ode an sich selbst trällert, als wäre er der König des Popo-Kinn-Lands. Aber manchmal gibt es mehr als einen Bösewicht in einem Märchen. Und täuscht euch nicht, sowohl Gaston als auch das Biest waren die Bösewichte dieser Geschichte, auch wenn das Biest sich am Ende reingewaschen hat.

Manche sagen sogar, dass wir die wahren Schurkinnen sind, die über diesen Seiten lauern, die Fäden des Schicksals ziehen und diese Märchen nach unseren eigenen Vorstellungen weben. Die manipulierenden, intriganten, teuflischen Hexen all dieser Märchen: die Verdrehten Schwestern. Und sie könnten recht haben.

Als Autorinnen des Buches der Märchen können wir mit magischer Autorität sagen, dass dies ein Buch wie kein zweites ist. Es jagt dahin und ist so wechselhaft wie die Schicksale derjenigen, deren Geschichten wir niedergeschrieben haben. Und obwohl die Ereignisse, die Gastons Leben und Ableben geprägt haben, schon lange zurückliegen, spiegelt unsere Erzählung alles wider, was vor seiner Zeit und danach geschehen ist. Ihr fragt euch vielleicht, wie das möglich ist. Es ist ganz einfach: Wir sehen die Dinge aus unserem neuen Zuhause in der Unterwelt bei Hades viel klarer. Wir sehen alles. Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

Wenn ihr die Legende des Biests im Buch der Märchen gelesen habt, dann wisst ihr, warum wir geholfen haben, ihn zu verfluchen. Er war ein selbstsüchtiger, eitler und grausamer Mann, der das Herz unserer Tochter Circe brach. Wir sagen Tochter, weil sie das ist. Doch vor langer Zeit, zur Zeit dieser Ereignisse, haben wir unsere Tochter belogen und ihr gesagt, sie sei unsere Schwester. Unsere kleine Schwester, für die wir alles tun würden, um sie zu beschützen, einschließlich der Freundschaft mit Gaston, damit wir uns am Biest-Prinzen rächen konnten. Und obwohl ihr glaubt, Gastons Rolle in diesem Märchen zu kennen, gibt es immer mehr als eine Version einer Geschichte. Dies ist die von Gaston.

Ob sie eine Geschichte der Erlösung ist oder nicht, bleibt euch überlassen. Es ist die Geschichte von zwei Jungen, die sich wie Brüder liebten, bevor sie erbitterte Feinde wurden.

KAPITEL I

Blutsbrüder

Gaston wuchs in einem malerischen Königreich auf, dessen Schloss auf einer hoch aufragenden Felseninsel thronte, die eine lange Steinbrücke mit den Ländereien auf dem Festland verband. Es war ein wunderschönes und architektonisch einzigartiges Schloss, das aus vielen Ebenen bestand, wobei jede mit einer eigenen Treppe und eigenem Garten ausgestattet war. Die Schlosstürme – und von ihnen gab es viele – glichen spitzen Hexenkappen, die majestätisch in den Himmel ragten. Gaston konnte sich im Schloss und in den umliegenden Ländereien frei bewegen. Zusammen mit dem Prinzen des Königreichs verbrachte er seine Tage damit, jeden Winkel des Schlosses und der ausgedehnten Wälder des Königreichs zu erkunden.

Gaston und der Prinz waren die besten Freunde, seit sie die erste Entdeckungsreise auf dem Schlossgelände unternommen hatten. Ihre Mütter standen sich sehr nah und liebten es, ihre Söhne zusammen aufwachsen zu sehen. Sie waren wilde, abenteuerlustige, ungestüme Jungen, ständig auf der Suche nach neuen Wagnissen. Und sie mussten nie lange suchen.

Zu ihren Spielen gehörte, die ältesten Bäume und die am stärksten überwucherten Wege zu finden. Sie fanden verlassene, baufällige Gebäude und ausgehöhlte Eichen, die zu unterirdischen Tunneln führten. Entdeckten einen uralten und verfallenen Friedhof, der anscheinend schon existiert hatte, lange bevor die Familie des Prinzen über das Land herrschte. An manchen Tagen ritten die beiden Jungen stundenlang auf ihren Pferden, übersprangen Bäche und Zäune und forderten sich gegenseitig heraus, sich so weit wie möglich aus dem Königreich des Prinzen zu entfernen. Ihr Traum war es, fremde Länder zu erkunden, von deren Existenz sie bislang nur aus Büchern wussten, die sie in der Schlossbibliothek aufgestöbert hatten. An anderen Tagen blieben sie in der Nähe ihres Zuhauses, lasen Geschichten und träumten davon, wie ihr Leben aussehen würde, wenn sie alt genug waren, um das zu tun, was sie wollten.

Eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen im Schloss war es, sich in die Bibliothek zu schleichen und dort alle möglichen Bücher zu suchen – darunter auch einige über die Geschichte der Vielen Königreiche. Diese Bücher waren mit üppigen Illustrationen von Wesen gefüllt, die seit Hunderten von Jahren nicht mehr gesehen worden waren, wie die großen Herren des Waldes, die einst über all die Länder geherrscht hatten, auf denen die Vielen Königreiche erbaut sind. Sie wussten nicht, dass die Herren des Waldes in nicht allzu ferner Zukunft aus ihrem langen Schlummer erwachen würden, um ihren Platz in der Welt wieder einzunehmen.

Der Bibliothekar des Schlosses, Monsieur Biblio, war ein mürrischer und spießiger Mann, der sehr darauf bedacht war, dass die Bücher die Bibliothek nicht verließen, obwohl sie rechtmäßig dem Prinzen gehörten – oder zumindest eines Tages gehören würden. Monsieur Biblio bewachte die Bücher wie ein Drache seinen Schatz. Manchmal knurrte er sogar, wenn er feststellte, dass eines fehlte. Die beiden Jungen waren sich einig, dass Monsieur Biblio eher wie ein Maulwurf als wie ein Drache aussah. Er war ein untersetzter Mann mit einer runden Glatze und kleinen Augen, die durch seine dicke Brille stark vergrößert wurden. Gaston und der Prinz liebten es, sich heimlich in die Drachenhöhle – wie sie sie nannten – zu schleichen, während Monsieur Biblio seinen Pflichten nachging. Meist ging der Prinz unter dem Vorwand hinein, Informationen von Monsieur Biblio zu erfragen. Diese hatten in der Regel mit einem Thema zu tun, von dem sie wussten, dass es den Bibliothekar besonders interessierte und er ausführlich und lange darüber sprechen würde.

Die Jungen hatten herausgefunden, dass Monsieur Biblio sich besonders für die Geschichte und den Bau der verschiedenen Schlösser in den Vielen Königreichen interessierte. Besonders beeindruckten ihn die Protokolle in den Haushalten der einzelnen Schlösser. Doch sein größtes Interesse galt den Hütern von Büchern, die vor ihm gelebt hatten, und ihre Art und Weise, Bibliotheken zu führen. Der Durchschnittsmensch war sich nicht bewusst, dass der Aufgabenbereich des königlichen Bibliothekars weit über die sichere Aufbewahrung der königlichen Bücher hinausging. Der Schlossbibliothekar war auch derjenige, der am besten über das Schloss, seine Besitztümer und diejenigen Bescheid wusste, die im Laufe der Jahrhunderte in seinen Mauern gelebt haben. Er war auch Historiker. Der Prinz musste Monsieur Biblio also nur eine Frage über das Haus stellen oder fragen, wer auf einem bestimmten Porträt abgebildet war, und Monsieur Biblio begann, endlos davon zu erzählen. Das gab Gaston die Gelegenheit, sich einzuschleichen und ein paar Bücher in seine Tasche zu stecken. Hinterher lachten die Jungs sich tot, weil sie den spießigen alten Monsieur Biblio wieder einmal überlistet hatten, und brachten ihre Schätze in ihr Baumhaus, wo sie ungestört in ihnen stöbern konnten.

Gaston und der Prinz liebten nichts mehr, als prachtvolle Bücher voller spannender Abenteuergeschichten in die Hände zu bekommen. Gaston sah sich mit Vorliebe die Zeichnungen an, während der Prinz die Geschichten laut vorlas. So verbrachten sie mitunter Stunden in dem Baumhaus, das Gastons Vater nicht weit von dem Cottage entfernt, in dem Gaston mit seinem Vater lebte, für sie gebaut hatte. Er war der einzige Erwachsene, der von dem geheimen Baumhaus wusste, denn die Bewohner des Schlosses besuchten das Cottage nur selten. Und er hatte versprochen, es niemandem zu verraten. Das Versteck war der größte Schatz der Jungen – mit seinen großen runden Fenstern und einer Falltür, die sie schlossen, wenn sie drinnen waren. Es lag hoch oben in den starken Ästen einer massiven und ehrwürdigen Eiche versteckt, und nachts hatten die Jungen das Gefühl, ganz nah bei den Sternen zu sein. Im Baumhaus gab es Sitzkissen und Stapel von Büchern aus der Bibliothek zum Darinschwelgen. Hier waren sie umgeben von allen möglichen interessanten Dingen, die sie auf ihren Abenteuern gefunden hatten. Es war ihr geheimer Ort. Eine Welt, in der es nur die Jungen und ihre Geschichten gab.

„Welches Buch liest du uns heute Abend vor? Geht es um Drachen?“, fragte Gaston und warf ihre hölzernen Schwerter und Schilde in eine Ecke des Baumhauses.

Sie trugen noch ihre Ritterkostüme vom Abenteuer am Vormittag, als sie in den Katakomben tief unter dem Schloss auf der Suche nach Drachen herumgelaufen waren. Natürlich hatten sie keine echten Drachen gefunden, aber viel Spaß dabei gehabt, die Drachen in ihrer Fantasie zu töten.

Nach einem Tag voller Drachentötungen machten sie es sich nun auf einem Kissenberg bequem – die Kissen hatten sie aus dem Schloss stibitzt –, um sich in die Seiten eines ihrer Lieblingsbücher zu vertiefen.

Glücklicherweise schien niemand die diversen Dinge zu vermissen, die aus dem Schloss verschwunden und in ihrem Baumhaus gelandet waren – außer den Büchern, die sie aus der Bibliothek mitgehen ließen.

„Es ist eine weitere Geschichte über den Totenwald“, antwortete der Prinz und hielt ein altes dickes Buch in der Hand: das Buch der Märchen.

„Das sind meine Lieblingsmärchen! Ich hoffe, darin kommt eine Schlacht mit all diesen toten Soldaten vor!“

„Die gibt es! Es geht um Sir Jacob, erinnerst du dich an ihn? Die Geschichte handelt von seinem Leben, bevor er starb, und erzählt davon, wie er dazu kam, den Königinnen des Waldes der Toten zu dienen.“

„Wow! Ich habe mich immer gefragt, wie er dort gelandet ist.“ Gaston hoffte, es würde eine gute Beschreibung von Sir Jacob geben. Er liebte das Buch der Märchen. Es enthielt alles, was er am liebsten mochte: spannende Geschichten, die in die Geschichte der Vielen Königreiche eintauchten. Und natürlich schadete es auch nicht, dass es in vielen Geschichten um Drachen, gigantische sprechende Bäume, untote Soldaten, Hexen und Magie ging.

„Glaubst du, wir könnten eines Tages in den Wald der Toten gehen, Kingsley?“

„Nur wenn du einer von Jacobs untoten Soldaten werden willst“, erwiderte der Prinz lachend. „Aber wir können ins Königreich Morningstar reisen. Es ist ein langer Ritt, aber nicht so weit, dass wir es nicht schaffen würden, vor dem Abendessen zurückzureiten, wenn wir früh genug starten.“

„Meinst du, unsere Väter würden es uns erlauben?“

„Wir sollten ihnen keine Gelegenheit geben, Nein zu sagen.“

Das liebte Gaston an seinem Freund. Der Prinz war immer bereit, sich auf ein Abenteuer einzulassen, ohne sich um die Regeln zu scheren. Wäre er ein Prinz, der sich an die Regeln hält, dann wären sie nicht befreundet und würden nicht so viele Streiche aushecken. Und sie hätten nicht all die Schätze, die sie bei ihren Abenteuern gesammelt haben.

Einige dieser Schätze wirkten ganz banal, wie interessant aussehende Tannenzapfen, bunte Steine oder Eicheln mit eigenartigen Symbolen, die in sie geritzt waren. Sie besaßen auch Krähenfedern, zerbrochene Stücke von Grabsteinen des Friedhofs und kleine Knochen, die sie auf dem Waldboden gefunden hatten. Egal wie klein, jeder Schatz erzählte eine andere Geschichte, war eine Erinnerung an das Abenteuer des jeweiligen Tages. Aber ihr wertvollster Schatz war das kleine Jagdmesser, mit dem sie sich in die Handflächen geschnitten hatten, um Blutsbrüder zu werden. Dabei war natürlich keine Magie im Spiel gewesen. Solche Dinge kannten die beiden nur aus den Märchen, die der Prinz vorlas. Sie wollten einfach unbedingt Brüder sein, und eine Blutsbrüderschaft kam einer echten Bruderschaft am nächsten.

Wenn es nach Gaston und dem Prinzen ginge, würden sie den ganzen Tag und bis tief in die Nacht hinein in ihrem Baumhaus bleiben, über ihren Lieblingsbüchern brüten und die fantastischen Geschichten darin diskutieren. Und das taten sie manchmal tatsächlich, bis Gastons Vater nach ihnen rief, um den Prinzen daran zu erinnern, dass er zum Abendessen oder zum Unterricht bei seinem Tutor Monsieur Willowstick im Schloss erwartet wurde. Gaston begleitete den Prinzen gewöhnlich zurück zum Schloss, wo sich ihre Wege trennten. Der Prinz ging in den Speisesaal und Gaston zu Mrs. Potts unten in die Küche oder in ihr Wohnzimmer. Wenn das Abendessen beendet war, brachen beide Jungen gewöhnlich zu einem neuen Abenteuer auf, die Taschen gefüllt mit Leckereien von Mrs. Potts.

Eine weitere Lieblingsbeschäftigung der beiden war das Herumschleichen in Bereichen des Schlosses, die für sie verboten waren. Sagte ihnen jemand, dass etwas nicht erlaubt war, wirkte das wie ein direkter Befehl auf die beiden Jungen, das Verbot zu übergehen.

Auf ihren Streifzügen durch die verbotenen Bereiche des Schlosses hatten sie so versteckte Wandtüren gefunden, die zu Gängen zwischen den Burgmauern führten, die sie direkt zu den Küchen im Keller brachten. Diese waren im Grunde kein Geheimnis, sondern dem Personal wohlbekannt, da sie einen direkteren Weg für die Dienerschaft darstellten, die Mahlzeiten in den Speisesaal zu bringen und ihren anderen Pflichten nachzugehen, ohne die königliche Familie zu stören. Doch die Jungen hatten andere Gründe für diese Geheimgänge erfunden – wilde Geschichten, die ihre Fantasie anregten. Sie liebten es, sich hinter den Geheimtüren zu verstecken und plötzlich herauszuspringen, wenn sie jemand auf der anderen Seite hörten, um dem Unglücklichen einen gehörigen Schrecken einzujagen. Allerdings achteten sie sorgfältig darauf, dies auf keinen Fall mit Cogsworth zu tun. Die Jungen wollten ihm keinen Grund geben, böse auf sie zu sein. Genauer gesagt wollten sie ihm nicht noch mehr Gründe geben, wütend auf Gaston zu sein, denn Cogsworth schien ihn nicht zu mögen.

Ganz anders verhielt es sich mit Mrs. Potts oder den meisten anderen Bediensteten. Sie alle mochten Gaston, gönnten den Jungs ihren Spaß und ließen sie in dem Glauben, sie hätten eine neue Entdeckung gemacht, indem sie überrascht taten, wenn die beiden unerwartet in der Küche erschienen. Dann bettelten die beiden Freunde um Leckereien, die Mrs. Potts immer zur Hand hatte.

Fast alle Bediensteten behandelten Gaston und den Prinzen wie Brüder. Nicht, dass sie wirklich Brüder waren, aber sie hatten in etwa das gleiche Alter und hielten sich stets in der Gesellschaft des anderen auf. Außerdem hatten sie erklärt, dass sie Blutsbrüder seien – und wer sollte ihnen das ausreden?

Gastons Vater Grosvenor war der Gärtner des Königs und der königliche Jagdaufseher. Es war seine Aufgabe, die Stallknechte zu beaufsichtigen, die die Pferde und Hunde versorgten, genau wie diejenigen, die sich um den Wald, der das Schloss umgab, kümmerten. Vor allem aber organisierte er die königlichen Jagden für den König und seine königlichen Gäste.

Und obwohl Gaston im Schloss umhertollen durfte, ging er abends nach Hause in das steinerne Häuschen, in dem er mit seinem Vater auf dem Gelände lebte – weit weg vom Trubel des Schlosses, so wie es sein Vater bevorzugte. Grosvenor war nicht immer damit zufrieden gewesen, sich in seiner Hütte zu verkriechen. Früher hatte er die Gesellschaft der anderen Angestellten genossen. Aber heutzutage zog er seine eigene Gesellschaft der aller anderen vor – außer Gastons, den er von ganzem Herzen liebte.

Gaston liebte seinen Vater, aber das Leben mit ihm in ihrem Haus im Wald konnte auch einsam sein. Grosvenor war ein guter Mann, der stolz auf seine Arbeit war und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, sein Handwerk an seinen Sohn weiterzugeben. Er war ein gütiger und liebevoller Vater, aber Gaston spürte, dass es eine tiefe Wunde im Herzen seines Vaters geben musste. Eine geheime Wunde, die sein Vater schützte und die ihn manchmal sehr melancholisch werden ließ. Grosvenor saß oft stundenlang vor ihrem Haus und betrachtete den Sternenhimmel. Gaston war immer willkommen, seinem Vater dabei Gesellschaft zu leisten und auf dem Stuhl neben seinem Platz zu nehmen. Gelegentlich saßen sie gemeinsam schweigend da und beobachteten die Sterne, die sich vom dunklen Vorhang der Nacht abhoben. Gaston wusste, wer die Gedanken seines Vaters beherrschte: seine Mutter.

Gastons Mutter Rose starb, als er noch sehr jung war. Er hatte keine wirklichen Erinnerungen an sie, nur die Geschichten, die ihm die Bediensteten und sein Vater erzählt hatten. Es schien, als wäre sie von allen geliebt worden. Mrs. Potts hatte ihr ganz besonders nahegestanden. Die beiden waren schnell Freundinnen geworden. Gemeinsam stiegen sie auf. Mrs. Potts wurde Chefhaushälterin und Rose Zofe und Begleiterin der Königin. Die beiden Frauen verbrachten viel Zeit zusammen, wenn sie nicht ihren Pflichten nachgingen, und sie waren füreinander da, als sie heirateten. In jenen Tagen nahmen Grosvenor und Rose ihre Mahlzeiten im großen Haus zusammen mit den anderen Bediensteten ein. Großes Haus – so nannten sie das Schloss. Gemeinsam erzählten sie sich Geschichten über ihre Tage, lachten und blieben manchmal bis in die Morgenstunden auf, weil sie ihre gegenseitige Gesellschaft so genossen. Und so blieb es auch bis zu Rose’ Tod.

Laut Mrs. Potts hatte nie irgendjemand schlecht über Rose geredet, und jeder im Haus war untröstlich gewesen, als sie starb. Die Königin soll sogar in einen Zustand tiefster Trauer gefallen sein, als Rose so unerwartet von ihnen genommen wurde. Sie hatte darauf bestanden, sie auf dem Anwesen zu begraben, damit die Königin die Ruhestätte ihrer Freundin oft besuchen und ihr eigenhändig Blumen auf das Grab legen konnte. Niemand wollte Gaston erzählen, wie seine Mutter gestorben war, aber er wusste, dass es auf tragische Weise geschehen sein musste, denn es wurde nur in gedämpftem Ton und mit betroffenem Gesichtsausdruck darüber gesprochen. Eine Sache glaubte Gaston zu wissen: Das Gesicht seines Vaters trug die Narben von dem, was in jener Nacht geschehen war. Aber sie waren nichts im Vergleich zu den Narben auf dem Herzen seines Vaters. Daher verstand Gaston, warum sein Vater manchmal stundenlang nicht sprach und die Abgeschiedenheit seines kleinen Steinhauses im Wald liebte.

Auch wenn die Verantwortung von Gastons Vater gegenüber der Krone groß war und er oft ohne Vorwarnung in stille Melancholie verfiel, fand er immer Zeit für Gaston und achtete darauf, seinem Sohn alles zu zeigen, was dieser wissen musste, um eines Tages seinen Platz als königlicher Jäger einnehmen zu können. Es war eine gute Position, besonders für jemand, der es liebte, draußen zu sein, zu jagen und Abenteuer zu erleben. Doch obwohl Gaston diese Liebe mit seinem Vater teilte und ihn und seine Stellung respektierte, wollte er mehr. Er wollte lesen und schreiben lernen und mehr über die Welt und ihre Geschichten erfahren. Er wollte die gleiche Bildung erhalten wie der Prinz. Er war glücklich, wenn der Prinz ihm Geschichten vorlas, aber noch lieber wollte er sie selbst lesen. Als er dies seinem Freund erzählte, bestand der Prinz darauf, dass Gaston mit ihm zusammen lernte, aber sein Lehrer Monsieur Willowstick verweigerte das. Er meinte, Gaston würde den Prinzen nur ablenken. Als Gaston seinen Vater fragte, ob er die Dorfschule besuchen dürfe, entgegnete dieser, er sehe keinen Grund dafür, da Gaston noch so viel zu lernen habe, um später der königliche Jäger zu werden. Schließlich gab Gaston auf und lernte, was er konnte, aus den Büchern, die er zusammen mit dem Prinzen las – allerdings immer mit dem Gefühl, dass ihm etwas fehlte.

Dies war ein weiteres Beispiel dafür, dass er dem Prinzen nicht wirklich ebenbürtig war, wie sehr der Prinz auch darauf bestehen mochte.

Seit Rose’ Tod kümmerte sich Mrs. Potts hingebungsvoll um Gaston. Sie war immer da, um ihm einen Rat zu geben oder mahnend den Finger zu erheben, je nachdem, was die Situation erforderte. Gaston durfte jederzeit in Mrs. Potts’ Wohnzimmer vorbeischauen, wo sie die meiste Zeit damit verbrachte, ihre verschiedenen Aufgaben zu erledigen. Wenn sie sich nicht in ihrem Wohnzimmer aufhielt, beaufsichtigte sie das Küchenpersonal und die Dienstmädchen oder leistete dem Koch Gesellschaft, während sie selbst backte – was eine ihrer Lieblingsbeschäftigungen war.

Cogsworth, der etwas spießiger war, befand es nicht für gut, dass Gaston der unbegrenzte Zugang zum Schloss gewährt wurde. Wenn er schimpfte oder murrte, ging es meistens um Gaston, vor allem wenn er und der Prinz nach einem ihrer Abenteuer mit schlammverschmierten Stiefeln ins Schloss stapften. Cogsworth ließ keine Gelegenheit aus, Gaston daran zu erinnern, dass er das Schloss nicht durch die Vordertür betreten solle, sondern von hinten durch den Eingang der Bediensteten. Der Prinz winkte jedes Mal ab und sagte, so etwas sei nicht wichtig, aber es war schließlich Cogsworths Aufgabe, den Standard des Hauses aufrechtzuerhalten – und dazu gehörte auch, Sorge dafür zu tragen, dass Gaston seinen Platz kannte. Zumindest sah Cogsworth es so. Gaston war der Sohn eines Dieners, und Diener betraten das Schloss durch den Hintereingang. Und obwohl dem König und der Königin die Freundschaft ihres Sohns mit Gaston nichts auszumachen schien, betonte Cogsworth, dass diese Freundschaft nicht bis ins Erwachsenenalter andauern konnte. Natürlich gab es Geschichten von Aristokraten und ihren Dienern, die die große Kluft überwanden und wahre Freunde wurden, aber sie waren äußerst selten. Und obwohl es eine solche wunderbare Freundschaft bereits zwischen der Königin und Gastons Mutter gegeben hatte, missbilligte Cogsworth diese Dinge.

Als Rose noch lebte, bestand die Königin nach Gastons Geburt darauf, dass er tagsüber im Schlosskindergarten betreut werden sollte, anstatt dass Rose jemanden aus dem Dorf fand, der auf ihn aufpasste, während sie ihren beruflichen Pflichten nachging. Die Königin erwartete selbst bald ein eigenes Kind, und die beiden Frauen liebten die Vorstellung, dass ihre Kinder gemeinsam aufwachsen würden. Cogsworth war mit diesem Verhalten überhaupt nicht einverstanden. Er war ein Anhänger der alten Schule und keinesfalls das, was man einen Modernisten nennen würde. Aber da die Königin es so wollte, konnte er nichts dagegen tun.

Cogsworths eher schwerfällige Art führte viele Jahre lang zu lauten Diskussionen zwischen ihm und Mrs. Potts, während derer die anderen Bediensteten in alle Richtungen wegstoben, besonders wenn Mrs. Potts entnervt mit Teetassen warf.

Eines Tages, als die Jungen etwa sieben Jahre alt waren, hatten Cogsworth und Mrs. Potts mit einer ihrer Streitereien alle aus der Küche vertrieben. Sie war in der Küche und besprach das Menü mit Chefkoch Bouche, während sie selbst ein wenig backte, als Cogsworth murrend in die Küche stapfte. Mrs. Potts verbrachte die meiste Zeit in der Küche, wenn sie nicht gerade ihren Pflichten in ihrem Wohnzimmer nachging. Sie mochte die Gesellschaft von Chefkoch Bouche und den Küchenmädchen sowie das geschäftige Treiben der Diener, die ein und aus gingen und Witze rissen. Sie genoss es sogar, wenn Cogsworth auf einen kleinen Plausch oder eine Tasse Tee hereinkam. Aber dieses Mal sah sie an seinem Gesichtsausdruck, dass der Haushofmeister nicht gut gelaunt war.

„Ich weiß nicht, wie oft ich diesem Jungen Gaston noch sagen muss, durch den Dienstboteneingang zu gehen! Sie hätten den Schlamm sehen sollen, den er in der Vorhalle verteilt hat. Als hätten wir nicht schon genug Arbeit mit den Vorbereitungen für die Rückkehr des Königs und der Königin von ihrer Reise.“

Cogsworths Schnurrbart zuckte vor Ärger, und Mrs. Potts schüttelte den Kopf und seufzte, während sie sich weiter ihren Keksen widmete. Streng genommen gehörte das Backen nicht zu ihren Aufgaben. Sie war die oberste Haushälterin und Cogsworth direkt unterstellt. Aber es war eher eine Partnerschaft – zumindest sah sie es so. Tatsache war, dass sie gern backte, und anstatt Chefkoch Bouche darum zu bitten, zusätzliche Leckereien für den Prinzen, Gaston und ihre eigenen Kinder – von denen sie viele hatte – zu zaubern, tat sie es selbst, denn sie liebte nichts mehr, als Kinder zu verwöhnen.

„Und ich nehme an, der Prinz hat gar nichts mit diesem Schlamm zu tun.“ Mrs. Potts strich eine Haarsträhne weg, die es geschafft hatte, unter ihrer Mütze hervorzukommen, als sie den Teig mit einem großen Ausstecher in Form eines Piratenschiffs bearbeitete, wobei sie Cogsworth einen schiefen Blick zuwarf.

„Er ist der Prinz. Er kann tun, was immer er will. Gaston ist der Sohn eines Dieners!“

Cogsworth vertrat stets denselben Standpunkt. In seinen Augen konnte der Prinz nie etwas falsch machen. Gaston dagegen war eine andere Geschichte.

„Warum müssen Sie den armen Kerl immer in die Schranken weisen, Cogsworth? Nehmen Sie einen Keks. Vielleicht macht Sie das weniger mürrisch“, schlug sie vor und lächelte ihn an.

„Es ist erfrischend zu hören, dass Sie glauben, Gaston habe überhaupt einen Platz in diesem Schloss, Mrs. Potts! Sie behandeln die Jungen, als wären sie Brüder. Aber Sie tun Gaston keinen Gefallen, wenn Sie ihn behandeln, als wäre er dem Prinzen ebenbürtig.“

„Sie lieben sich wie Brüder, Cogsworth, und warum sollten sie es auch nicht tun? Man kann die Jungs nicht auseinanderbringen, selbst wenn man es versuchen würde.“

„Als ob ich das nicht wüsste! Und wie, glauben Sie, soll es funktionieren, wenn sie beide erwachsen sind und Gaston der Haushofmeister ist?“, fragte Cogsworth. Mrs. Potts vermutete, dass er unter anderen Umständen und mit anderen Jungen mit seinem Einwand vielleicht recht gehabt hätte. Aber sie kannte den Prinzen und Gaston besser als Cogsworth. Sie kannte ihre Herzen.

„Gaston wird der königliche Jäger sein, Cogsworth. Der König und die Königin scheinen nichts gegen die Freundschaft der beiden zu haben, also wüsste ich nicht, warum Sie es haben.“

„Der König und die Königin sind zu beschäftigt, um es zu bemerken.“ Diese Meinung überraschte Mrs. Potts. So etwas sagte man nicht laut, auch wenn es aus der Sicht der Dienerschaft tatsächlich so aussah. Der König und die Königin waren oft unterwegs, und wenn sie im Schloss weilten, waren sie zu beschäftigt, um Zeit mit ihrem Sohn zu verbringen. Aber Mrs. Potts wusste, dass die Königin ihren Sohn liebte und ein besonderes Interesse an Gaston hatte. Sie freute sich, dass die beiden Freunde waren.

„Ich sage, lassen Sie es gut sein, Cogsworth. Denken Sie doch nur, wie einsam der Prinz ohne Gaston wäre. Denken Sie an den Ärger, den er sich ohne Gastons Freundschaft einhandeln würde, besonders mit Leuten wie Ihnen, die ihm versichern, dass er tun und sagen darf, was er will. Und was soll schon sein, wenn sie auch als Erwachsene Freunde bleiben? Welchen Schaden kann das anrichten? Ihr wisst, wie nahe die Königin und Gastons Mutter sich standen. Die Königin hat Rose wie eine Schwester geliebt.“

„Egal, wie sehr die Königin Rose liebte, sie war immer noch ihre Dienerin und kannte ihren Platz im Schloss. Selbst ich, der Haushofmeister dieses großen und angesehenen Anwesens, kenne meinen Platz. Und als solcher obliegt es mir, ein wachsames Auge auf den Prinzen zu haben“, erklärte er aufgebracht mit den Händen auf die Hüften gestützt.

Mrs. Potts wusste, dass ihn nichts von seiner Sturheit abbrachte, wenn er diese Haltung einnahm. „Nun, Sie behalten ihn auf Ihre Art im Auge, und ich werde das Gleiche auf meine Art tun“, beendete sie die Diskussion und reichte einem Küchenmädchen ein Backblech mit Keksen, das in den Ofen geschoben werden sollte.

„Indem Sie ihnen Süßigkeiten backen und sie beide wie kleine Prinzen behandeln“, brummte Cogsworth.

„Und wennschon! Und jetzt gehen Sie besser nach oben und sorgen dafür, dass alles für die Rückkehr des Königs und der Königin bereit ist. Ich habe genug damit zu tun, das Willkommensfest zusammen mit Chefkoch Bouche zu organisieren, ohne dass Sie hier reinstürmen und alle aus der Küche verscheuchen.“ Mrs. Potts bemerkte, dass ihre Stimme schriller wurde wie ein Teekessel, der zu kochen begann. Was bei dem weiter plappernden Cogsworth auch kein Wunder war, der ihrer Meinung nach ein ziemlicher Snob war.

„Nun gut. Sagen Sie dem Prinzen, dass ich ihn unten erwarte, um seine Eltern zu begrüßen, sobald sie ankommen – ohne Gaston im Schlepptau!“

„Ticktack, Cogsworth! Der König und die Königin werden im Handumdrehen hier sein“, bemerkte Mrs. Potts und deutete auf die Uhr.

Mit einem Zucken seines Schnurrbarts machte Cogsworth auf dem Absatz kehrt und verließ die Küche. Er sah aus wie ein General im Krieg, der auf dem Weg war, die Festung zu sichern. Als er weg war, hörte Mrs. Potts Kichern und Fußgetrappel hinter der verborgenen Tür, die zum Durchgang führte, der die Küche mit dem Esszimmer verband. Sie fragte sich, wie viel die beiden Jungen von dem Gespräch mitbekommen hatten.

„Ihr könnt jetzt rauskommen, er ist weg“, rief sie. „Ich nehme an, ihr habt alles mitgehört. Fürs Protokoll, damit das klar ist. Ich liebe euch beide gleich stark. Hört nicht auf den spießigen alten Cogsworth. Denkt nicht weiter über ihn nach. Habt ihr verstanden?“ Sie sah Gaston an, der ein wenig traurig wirkte. Es brach ihr das Herz, ihn entmutigt zu sehen. Mrs. Potts tat immer ihr Bestes, um ihn aus solchen Stimmungen herauszuholen. Es war ein Versprechen, das sie sich nach dem Tod von Gastons Mutter gegeben hatte: sich um ihn zu kümmern, als wäre er ihr eigener Sohn.

„Es würde mir nichts ausmachen, wenn Gaston mein Bruder wäre. Im Gegenteil!“, sagte der Prinz strahlend und stolz, als er neben seinem Freund stand. Was für ein Paar sie doch waren, wie sie beide schlammverschmiert von ihren Abenteuern vor ihr standen. Jeder von ihnen war dem anderen so verbunden.

„Ich weiß, dass es dir nichts ausmachen würde, mein Lieber. Du bist ein liebenswerter Junge“, erwiderte Mrs. Potts und lächelte den Prinzen an. „Und ich nehme an, ihr habt im Wald Ritter gespielt? Habt irgendeine Kreatur getötet, vielleicht ein Schlammmonster?“

„Jeder weiß, dass es so etwas wie Schlammmonster nicht gibt, Mrs. Potts! Nein, wir haben Drachen gejagt im …“

„Pssst, Gaston!“, rief der Prinz und stieß ihn mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Verrate nicht all unsere Geheimnisse.“

Der Prinz brachte Mrs. Potts oft zum Lachen. Die Vorstellung, dass sie etwas vor ihr geheim halten konnten, war einfach zu drollig. „Glaubt ihr ernsthaft, ich weiß nicht, was ihr Jungs so treibt? Ihr habt Cogsworth gehört. Geht nach oben und macht euch bereit, deine Eltern zu begrüßen. Ich will nicht, dass ihr mit Schlamm bedeckt seid, wenn sie kommen. Hier …“ Sie reichte jedem von ihnen einen Keks, auf dem ein Klecks von etwas unappetitlich Aussehendem lag, das Zuckerguss sein konnte.

„Was ist das für ein graues Zeug?“, fragte Gaston, beäugte den Keks und schnupperte misstrauisch an ihm.

„Probiere mal, Schatz. Das sind nur zerbröselte Kekse, gemischt mit Pudding und Sahne. Ich verspreche, es ist köstlich“, erklärte sie und schüttete noch mehr von der Masse in eine Puddingschale.

Der Prinz mampfte seinen Keks und schien Mrs. Potts zuzustimmen. Er nahm freudig die Schale entgegen, die sie ihm anbot.

„Komm schon, Gaston, iss etwas davon, es ist wirklich köstlich.“ Der Prinz stupste Gaston mit dem Ellenbogen an. „Und dann können wir zurück in unser Baumhaus gehen“, fügte er lächelnd hinzu.

„Heute nicht. Ich behalte Gaston hier bei mir und trinke einen Tee mit ihm, mein Lieber. Du gehst jetzt und machst dich für die Ankunft deiner Eltern bereit.“ Mrs. Potts, die im Gegensatz zu Cogsworth nie auf Zeremonien bestand, machte sich nicht die Mühe, den Prinzen mit seinem königlichen Titel anzusprechen. Den Prinzen schien das nicht zu stören, aber er sah griesgrämig aus, weil Mrs. Potts ihm nicht erlaubte, sich mit Gaston in ihr Baumhaus zu verziehen, sondern er sich stattdessen für seine Eltern zurechtmachen sollte.

„Hier, nimm die“, sagte sie und gab ihm einen Stapel in Stoff eingewickelter Kekse und einen Kuss auf die Wange. Nachdem der Prinz aus dem Zimmer geschlüpft war, legte Mrs. Potts ihre Hand auf die von Gaston. Es war offensichtlich, dass ihn etwas beschäftigte.

„Was ist los, mein Schatz?“

„Ich wünschte, wir wären Brüder“, seufzte er.

„In eurem Herzen seid ihr Brüder. Und das bedeutet noch mehr, als gemeinsame Eltern zu haben“, erklärte sie ihm und stupste mit ihrer Hand sanft sein Kinn an, damit sich ihre Blicke begegneten.

„Aber was ist, wenn Cogsworth recht hat? Wenn der Prinz nicht mehr mein Freund sein will, wenn wir älter sind?“

„Tief in meinem Herzen weiß ich, dass er das nicht tun wird, Liebes. Das verspreche ich dir. Komm schon, Kopf hoch. Ich habe eine Nachricht an deinen Vater geschickt, dass ihr beide heute Abend mit uns im Bedienstetensaal zu Abend esst“, sagte Mrs. Potts und bemerkte, dass Chefkoch Bouche zu ihnen kam.

„Wirklich? Ist das denn erlaubt?“, fragte Gaston.

„Natürlich ist es erlaubt, mein Junge“, erwiderte Chefkoch Bouche. „Und zur Feier des Tages werden wir ein prächtiges Festmahl veranstalten. Es ist schon zu lange her, dass dein Vater mit uns zu Abend gegessen hat.“ Er klopfte Gaston auf die Schulter.

„Aber wird Cogsworth nichts dagegen haben?“, wollte Gaston wissen.

„Überlass Cogsworth nur mir, Liebes“, antwortete Mrs. Potts. „Das Essen gibt es erst am späten Abend, nachdem wir oben das Dinner serviert haben. Hier …“ Sie reichte ihm einen Teller mit Sandwiches. „Iss diese zu deinem Tee, bevor du gehst. Ich möchte nicht, dass du hungrig bist, wenn du so lange auf das Abendessen warten musst.“

„Danke, Mrs. Potts“, sagte Gaston und fragte sich, was er getan hatte, um ein solches Glück zu verdienen.

Nach dem Tee und den Sandwiches nahm Gaston den Weg durch den Durchgang zwischen den Mauern des Schlosses. Er hoffte, dass der Prinz dort auf ihn warten würde, dass er beschlossen hatte, die Begrüßung seiner Eltern ausfallen zu lassen. Gaston hatte sogar ein paar Sandwiches beiseitegelegt für den Fall, dass sein Freund etwas essen wollte, bevor er das vornehme Essen im Speisesaal zu sich nehmen musste. Doch zu seiner Enttäuschung wartete der Prinz nicht in dem Gang auf ihn. Er vermutete, dass er tatsächlich tat, was man ihm aufgetragen hatte, und sich auf die Heimkehr seiner Eltern vorbereitete. Also aß Gaston die Sandwiches allein auf und machte sich auf den Weg durch den Korridor.

Er wünschte sich, der Prinz wäre bei ihm. Sie liebten diese geheimen Orte und kannten sie alle auswendig. Er wählte den Weg, der zu einem Tunnel führte, der ihn hinunter zum Gelände brachte, ohne die Brücke überqueren zu müssen. Dort angekommen, bahnte sich Gaston seinen Weg durch den Wald, der zu dieser Tageszeit wunderschön war. Es war der Moment, in dem Tag und Nacht aufeinandertrafen, den Himmel orange färbten und die Bäume und Gebäude wie schwarze Papierausschnitte aussehen ließ. Der Friedhof sah aus wie die Seiten eines Pop-up-Buches, an das er sich aus der gemeinsamen Zeit mit dem Prinzen im Kindergarten erinnerte. Mit seinen Grabsteinen, Mausoleen und knorrigen Bäumen, die sich gegen den perfekten Himmel abhoben, kam er Gaston unwirklich vor. Genauso wenig real erschien es ihm, dass dies der Ort war, an dem seine Mutter zur ewigen Ruhe gebettet worden war. Seine Mutter war nichts weiter als eine Geschichte für ihn. Wie eine Figur aus einem Buch oder einem der Märchen, die der Prinz ihm immer vorlas. Gaston vermutete, dass er sie liebte, so sehr, wie jemand jemanden lieben konnte, den er nicht kannte. Er wünschte sich mehr als alles andere, dass er sie besser gekannt hätte, nicht nur um seinetwillen, sondern auch wegen seines Vaters, der sie von ganzem Herzen geliebt hatte und bis heute vermisste. Als er nun dort stand und zusah, wie der Tag zur Nacht wurde, wie sich das Licht veränderte und die Schatten der Äste über den Friedhof streiften, fragte er sich, wie sein Leben wohl verlaufen wäre, wenn seine Mutter noch lebte. Oder wenn er und der Prinz wirklich Brüder wären. Er dachte den ganzen Weg über darüber nach, durchquerte den Wald, den er wie seine Westentasche kannte, und kam schließlich bei der steinernen Hütte an, in der er mit seinem Vater lebte.

Es war eine wirklich schöne Hütte. Größer als die meisten Cottages auf dem Anwesen. Sein Vater hatte gesagt, sie hätten ein derart großes Quartier bekommen, weil seine Mutter sehr beliebt gewesen war. Aber es war Gaston schon als Junge immer so vorgekommen, als ob sein Vater nie seinen eigenen Wert erkannt hätte. Obwohl er der Beste in allem war. Er war der beste Jäger, Pirschjäger und Fährtenleser. Er kannte die Namen aller Bäume, Blumen und Sträucher. Er wusste, welche Pflanzen, Pilze und Beeren giftig waren und welche man essen konnte, kannte die Namen aller Lebewesen einschließlich der verschiedenen Vogelarten, die in dem riesigen Wald lebten, dessen Hüter er war. Und er wusste, wie man kranke Tiere pflegte, worauf Gaston besonders stolz war, denn er bewunderte das umfassende Wissen und die Erfahrung seines Vaters in der Tierpflege. Gelegentlich brachte er sogar ein verletztes Tier nach Hause, um es wieder gesund zu pflegen. Oder er blieb die ganze Nacht mit den Pferdepflegern auf, um ein krankes oder verletztes Pferd oder einen Hund zu versorgen. Gaston hielt seinen Vater für einen großartigen Mann. Aber er glaubte nicht, dass dieser ein Gefühl für seine eigene Größe hatte. Er wusste nicht, dass er der Beste war. Aber wenn er es gewusst hätte, wäre er wiederum nicht derselbe Mensch gewesen. Und Gaston liebte seinen Vater, so wie er war.

Als Gaston zum Haus kam, sah er Rauch aus dem steinernen Schornstein aufsteigen. Sein Vater saß wahrscheinlich schon bequem in seinem Lieblingssessel am Feuer. Gaston hatte gehofft, er würde vor seinem Vater eintreffen, damit dieser keine Zeit mehr hatte, sich nachtfertig zu machen. Sein Vater arbeitete hart, und wenn er nach Hause kam, war er froh, einfach nur am Feuer zu sitzen und sich zu entspannen. Ob er wohl glücklich wäre, wenn er erfuhr, dass sie heute Abend einen Ausflug zum Schloss machen würden?

„Ich hörte, wir essen heute Abend im großen Haus. Ist das dein Werk? Hast du eine Einladung von Mrs. Potts ergattert?“, fragte sein Vater, als Gaston das Haus betrat. Wie Gaston vermutet hatte, saß er bereits in seinem hölzernen Lieblingsstuhl neben dem großen Steinkamin und streichelte geistesabwesend ihre schildpattfarbene Katze, die auf ihrem Kissen neben Gastons Vater ruhte.

„Nein, Vater, sie hat es mir gerade erst erzählt“, erwiderte Gaston und bemerkte, wie die Katze ihm mit ihren großen gelben Augen zublinzelte. „Wie ich sehe, bist du nach Hause gekommen“, sagte er zu ihr und kniete sich hin, um ihr das Kinn zu kraulen. „Ich frage mich, was du gemacht hast, als du so lange weg warst.“

„Ach, du weißt doch, wie sie ist. Sie ist wie du, Gaston, immer auf ein Abenteuer aus. Und genau wie du mache ich mir nie Sorgen, dass sie nicht mehr nach Hause kommt, egal wie lange sie weg ist“, sagte Gastons Vater lächelnd. „Ich nehme an, wir müssen beide baden und uns vernünftig für dieses große Ereignis kleiden?“

„Es ist kein Ereignis, Vater. Es ist nur ein Abendessen mit dem Personal“, erklärte Gaston und hoffte, sein Vater würde die Einladung von Mrs. Potts nicht noch ablehnen.

„Ich esse lieber bei mir zu Hause, Gaston. Hier fühle ich mich wohl. Aber ich nehme an, es ist dir zu einsam, jeden Abend nur in der Gesellschaft deines alten Vaters zu verbringen?“

„Das würde ich nie sagen.“

„Vielleicht nicht mir gegenüber, aber ich nehme an, du hast es zu Mrs. Potts gesagt.“

„So schlimm wird es doch nicht sein, oder? Ich habe gehört, dass ihr früher immer im großen Haus gegessen habt, als Mama noch lebte. Und ich weiß, du magst Mr. und Mrs. Potts.“

„Das tue ich, mein Sohn. Also gut. Wem will ich etwas vormachen? Ich werde die Einladung von Mrs. Potts auf keinen Fall ausschlagen. Sie würde aus allen Wolken fallen.“ Er lachte sein tiefes, warmes Lachen. „Und ich nehme an, du und der Prinz, ihr wart heute in der Küche. Mrs. Potts hat schon genug zu tun mit all ihrer Arbeit und ihren eigenen Kindern, ohne dass du und der Prinz sie noch zusätzlich wegen Leckereien belästigen müsst.“

„Es macht ihr nichts aus.“

„Das glaube ich auch. Sie hatte schon immer ein großes Herz, diese Mrs. Potts. Dann sollten wir uns besser schick machen, nicht wahr? Wir dürfen nicht zu spät zum Abendessen kommen. Wir wollen dem alten Cogsworth doch keinen Grund geben, dass sein Schnurrbart unseretwegen zuckt“, sagte Grosvenor und brachte Gaston damit zum Lachen.

„Du hast recht. Ich hatte für heute schon genug Schnurrbart-Zucken.“

KAPITEL II

Seid unsere Gäste

Sowohl Gaston als auch sein Vater sahen umwerfend aus in dem, was Gastons Vater ihre Sonntagskleidung nannte. Die anderen Diener trugen natürlich immer noch ihre Uniformen, was alles in allem eine ziemlich schicke Kleidung war, da es sich um die Uniformen der Bediensteten eines königlichen Haushalts handelte. Gastons Vater wusste, dass es unpassend wäre, seine normale Kleidung zu tragen, also beschloss er, seinen besten Anzug anzuziehen, und bat Gaston, dasselbe zu tun. Sie sahen sehr gut aus, als sie gemeinsam den Dienersaal betraten, beide mit ihrem dunklen Haar, den blauen Augen und den eindrucksvollen Gesichtszügen. Gaston sah aus wie eine Miniaturausgabe seines Vaters, bis auf die lange Narbe, die diagonal über Grosvenors Gesicht verlief. Aber diese Narbe schmälerte sein gutes Aussehen in keiner Weise, eher ließ sie ihn noch besser aussehen. In Gastons Augen ließ sie ihn stark und mutig erscheinen – und auch ziemlich geheimnisvoll, denn sein Vater wollte nie darüber sprechen, wie er zu der Narbe gekommen war.

Als die beiden den Saal der Bediensteten betraten, waren alle bereits auf dem Weg zu ihren Plätzen am langen hölzernen Esstisch in der Mitte des Raums. Mrs. Potts entdeckte Grosvenor sofort und schlang ihre Arme fest um ihn. Er lachte und drückte sie herzlich an sich. Mrs. Potts sah winzig aus in den Armen dieses großen Mannes, und jeder sah, dass ihr Tränen in den Augen standen, weil sie so überglücklich war, dass er ihre Einladung angenommen hatte.

„Ich bin so froh, dass Sie gekommen sind, Grosvenor! Es ist schon viel zu lange her, dass Sie mit uns zu Abend gegessen haben. Aber ich erfahre wenigstens von Gaston, wie es Ihnen ergeht“, sagte sie und lächelte den Jungen an.

„Ich hoffe, er belästigt Sie nicht, Mrs. Potts“, erwiderte er und wuschelte Gaston durch sein dunkles Haar.

„Machen Sie Witze, Grosvenor? Mrs. Potts ist völlig vernarrt in Ihren Jungen!“ Es war Mr. Potts, der seinem lieben Freund auf die Schulter klopfte und lachte. „Es ist wie in alten Zeiten, Sie hier bei uns zu sehen“, fügte er hinzu und zog einen Stuhl heran, damit Grosvenor Platz nehmen konnte.

„Gaston, warum gehst du nicht in die Küche?“, schlug Mrs. Potts vor. „Ich habe einen Korb für dich zusammengestellt, den du nach dem Essen mit nach Hause nehmen kannst. Geh und sieh dir an, was Chefkoch Bouche und ich für dich und deinen Vater eingepackt haben, während wir Erwachsenen uns unterhalten.“

Gastons Vater sah zu, wie sein Sohn aufgeregt in die Küche rannte. Er musste lächeln, als er Gaston so glücklich und unbeschwert unter den anderen Bediensteten sah. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er sich genauso gefühlt hatte, und es fühlte sich auch in diesem Moment wieder gut an, unter ihnen zu weilen. Er war nicht sicher, warum er so lange damit gewartet und sich in seine eigene kleine Welt zurückgezogen hatte. Doch er wusste nur zu gut, wie es angefangen hatte. Er hatte es nicht ertragen, im Schloss zu sein und in ihre Gesichter zu sehen. Das alles erinnerte ihn an Rose und daran, wie sehr er sie vermisste. Er hatte es verabscheut, dass sein eigener Schmerz sich in ihren trauernden Gesichtern widerspiegelte. Aber inzwischen waren fast acht Jahre vergangen. Das war sicher genug Zeit. Wenn nicht um seiner selbst willen, dann Gaston zuliebe. Es war an der Zeit, wieder unter seinen Freunden zu sein.

„Sie sind zu liebenswürdig, Mrs. Potts. Ich hoffe nur, Gaston kommt nicht auf dumme Gedanken.“