Disney Villains 6: Das Geheimnis der Schwestern - Walt Disney - E-Book
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Disney Villains 6: Das Geheimnis der Schwestern E-Book

Walt Disney

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Beschreibung

Wird jemals wieder etwas so sein wie vorher, wenn die Wahrheit über die verdrehten Schwestern ans Licht kommt? Seit jeher haben die drei Hexenschwestern Lucinda, Ruby und Martha die Schicksale der schlimmsten und größten Schurkinnen und Bösewichter nach ihrem Gutdünken gelenkt und beeinflusst. Aus Unschuldigen haben sie Monster gemacht, aus Engeln Teufel. Aber nun fordern ihre Opfer Gerechtigkeit und die Geheimnisse der teuflischen Schwestern drohen, enthüllt zu werden.

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Für Tom Waits

I will search every face for Lucinda’sAnd she will go off with me down to hellTom Waits, „Lucinda“

Prolog

Meine Mütter Lucinda, Ruby und Martha sind von Natur aus verdreht, und sie sind Schwestern. Identische Drillingsschwestern, um genau zu sein.

Im Laufe der Jahre haben sich viele über ihr Aussehen geäußert. Die Dunkle Fee, Maleficent, hielt sie für die bezauberndsten Kreaturen, die sie je gesehen hat. Andere verglichen die drei mit zerbrochenen, vernachlässigten Puppen, die zu lange Wind und Regen ausgesetzt waren, ausgeblichen und zersplittert. Aber die wohl aufmerksamste Beobachtung stammt von der schrecklichen Seehexe Ursula. Sie sagte, die Schönheit der verdrehten Schwestern sei so sehr aus dem Gleichgewicht geraten, dass es sie auf eine unwiderstehliche Art grotesk erscheinen lasse.

Ich habe sie schon immer wunderschön gefunden, selbst in ihrem Wahnsinn. Selbst dann, wenn sie mich zornig machten. Selbst jetzt noch, enttäuscht und mit gebrochenem Herzen angesichts ihrer Taten – jetzt, da ich weiß, wie grausam, zerstörerisch und bösartig sie wirklich sind. Ich liebe sie noch immer.

Durch die Tagebücher meiner Mütter haben Schneewittchen und ich erfahren, dass es keine lebendige Hexe gibt, die mächtiger ist als meine Mütter – mit einer Ausnahme. Mir.

Wenn ihr mit der Geschichte der verdrehten Schwestern vertraut seid, wisst ihr, dass sie vor langer Zeit noch eine weitere Schwester hatten: Circe, die auf tragische Weise ums Leben kam, als die Dunkle Fee an ihrem sechzehnten Geburtstag in einem Anfall von Wut das gesamte Feenreich zerstörte. Dieses Geheimnis hielten sie vor Maleficent verborgen. Lucinda, Ruby und Martha sehnten sich so verzweifelt danach, ihre kleine Schwester wieder zum Leben zu erwecken, dass sie die besten Teile ihrer selbst aufgaben, um eine neue Circe zu erschaffen. Einen Ersatz für die Schwester, die sie verloren hatten.

Mich.

Ich war nicht länger ihre Schwester, sondern ihre Tochter, eine Tochter, geboren aus Magie und aus Liebe. Meine Mütter würden alles tun, um mich zu beschützen – und das haben sie auch, immer wieder im Lauf der Jahre, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Sie haben verheerenden Schaden angerichtet, Chaos gestiftet, haben alles und jeden vernichtet, der sich ihnen in den Weg stellte, alles unter dem Vorwand, mich zu beschützen. Ihre Circe.

Mein ganzes Leben habe ich sie für meine Schwestern gehalten, und sie waren immer da, um ein Auge auf mich zu haben und mich zu beschützen, selbst vor den albernsten Kleinigkeiten. Ich dachte, sie wären einfach in mich vernarrt, übermäßig besorgte ältere Geschwister, weil sie gezwungen waren, mich wie ihre eigene Tochter aufzuziehen, nachdem unseren Eltern irgendetwas Furchtbares zugestoßen war. Etwas, was zu schrecklich war, um es mir zu erzählen. Während wir gemeinsam aufwuchsen, weigerten Lucinda, Ruby und Martha sich vehement, mir von unserer Mutter und unserem Vater zu erzählen. Sie sagten, sie würden mich nur vor der Wahrheit beschützen. Aber in Wahrheit waren sie meine Mütter.

Es war nicht immer einfach, mit so über alle Maßen besorgten Müttern aufzuwachsen. Aber ihre beständige Liebe und Bereitschaft, mich in ihrer Zauberkraft zu unterweisen, ließen die Magie in mir aufblühen. Schon in einem jungen Alter konnte ich Zauber ausführen, an denen ältere Hexen scheiterten, und meine Mütter deuteten ständig an, dass meine Kräfte noch größer seien als ihre eigenen. Als ich älter wurde, begriff ich, dass sie damit wahrscheinlich recht hatten, denn immer öfter überraschte mich meine eigene Fähigkeit, zu zaubern und Magie mühelos einzusetzen. Das Problem ist, dass es mir gar nicht auffällt. Öfter, als ich zählen kann, musste man mich entweder daran erinnern, Magie einzusetzen, oder mich darauf hinweisen, dass ich gerade einen Zauber ausgeführt oder eine andere magische Fähigkeit genutzt hatte, ohne es zu bemerken. Aber meine Mütter waren immer für mich da, um mich daran zu erinnern und mich vor jeglichem Schaden zu bewahren, der mir möglicherweise zustoßen könnte.

Erst später, als ich älter war und mich in den Biest-Prinzen verliebte, wurde der Beschützerinstinkt meiner Mütter brutal und rachsüchtig. Der Prinz hatte mir das Herz gebrochen, und meine Mütter wollten ihn im Gegenzug vernichten.

Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem ich ihnen erzählte, dass ich mich verliebt hatte, und wie sie in Panik gerieten. Sie überredeten mich, bei einer List mitzuspielen, die mich überzeugen sollte, dass der Prinz meiner nicht würdig war. Ich ließ mich darauf ein, denn ich vertraute darauf, dass er mir vollkommen ergeben war, und war bereit, alles zu tun, um meinen Schwestern seine ehrlichen Absichten zu demonstrieren. Und so verkleidete ich mich als die Tochter eines Schweinebauern, gesellte mich zu den kleinen Biestern und wartete darauf, dass mein Prinz mich fand. Doch am Ende sollte er sich als das Biest herausstellen. Er reagierte genau so, wie die verdrehten Schwestern es erwartet hatten. Er war angewidert von meiner Erscheinung und verweigerte mir seine Liebe. Er benahm sich mir gegenüber so gemein und so grausam, dass ich ihn mit einem Fluch belegte.

Jede böse Tat, die er beging, sollte sich auf seinem Gesicht verewigen. Wenn er aber einen anderen Weg einschlug, sollte der Fluch sein Antlitz verschonen. Ich gab ihm eine verzauberte Rose aus seinem eigenen Garten, um ihn an die Liebe zu erinnern, die wir einmal füreinander empfunden hatten. Wenn das letzte Blatt von der Rose fiel, sollte er für immer in der Gestalt verbleiben, die er selbst erschaffen hatte.

Wie schon so viele Hexen und Feen vor mir gab ich ihm die Möglichkeit, den Fluch dadurch zu brechen, dass er die wahre Liebe findet und erwidert. Ich hielt das nur für gerecht. Ich glaubte, ihm eine Chance gegeben zu haben, sich zu rehabilitieren. Aber die verdrehten Schwestern hatten andere Pläne. Sie trieben ihn in den Wahnsinn und lockten ihn bei jeder Gelegenheit auf den Pfad der Zerstörung, stellten sicher, dass er zu dem schrecklichen Biest wurde, das sie schon immer in ihm gesehen hatten. All das hätte ich ihnen noch verziehen, wenn sie nicht Prinzessin Tulip Morningstar und Belle mit hineingezogen hätten. Mit ihren ständigen Quälereien brachten meine Mütter das Biest um den Verstand. Es behandelte Prinzessin Tulip so abscheulich und mit einer solchen Grausamkeit, dass sie sich von den schroffen Klippen stürzte – direkt hinein in die Tentakel der Seehexe. Im Gegenzug für ihre Schönheit und ihre Stimme verschonte Ursula ihr Leben. Ich konnte der armen Prinzessin beides zurückbringen, indem ich es gegen Ursulas Muschelkette eintauschte, die meine Mütter Triton durch einen Zauber entwendet hatten. Ich konnte ihnen nicht verzeihen, dass sie Tulips Leben in Gefahr gebracht hatten. Ebenso wenig konnte ich ihnen verzeihen, welche Schrecken die arme Belle erleiden musste, alles unter dem Vorwand, das Biest für seine Missachtung mir gegenüber zu bestrafen.

Dies war erst der Anfang einer ganzen Reihe von Enttäuschungen über die Taten meiner Mütter und der Beginn meiner neuen Aufgabe: Abbitte zu leisten für die Gräuel, die sie begangen hatten. Ich war so zornig, dass sie Tulips und Belles Leben in Gefahr gebracht hatten, dass ich fortging und mich ihren Rufen verweigerte. Ich verbarg mich auf jede nur erdenkliche Art vor ihren Blicken. Das war meine einzige Möglichkeit, sie zu bestrafen: ihnen meine Liebe vorzuenthalten, in der Hoffnung, dass sie ihr Verhalten ändern würden.

In ihrer Panik baten meine Mütter Ursula um Hilfe. Sie war eine mächtige Hexe, und sie glaubten, sie könne ihnen helfen, mich zu finden. Sie wussten nicht, dass Ursula mich entführt und zu einer bloßen Hülle meiner selbst degradiert hatte, die sie in ihrem dunklen Garten aufbewahrte, zusammen mit den restlichen Seelen, die sie über die Jahre hinweg an sich gerissen hatte. Ursula willigte ein, meinen Schwestern zu helfen, und nahm ihnen das Versprechen ab, einen Zauber voller Hass zu schmieden, der ihren Bruder König Triton vom Thron stürzen sollte. Ursula hatte einen rechtmäßigen Anspruch auf den Thron ihres Bruders. Ihr Vater hatte den Thron seinen beiden Kindern vermacht, und Tritons Verhalten Ursula gegenüber war einfach schrecklich. Wäre Ursula mit ihrem Anliegen zu mir gekommen, hätte ich mich ihrer Sache wahrscheinlich sogar angeschlossen. Aber ich hätte mich niemals in Hass an einen Zauber binden lassen und mit Sicherheit nicht zugelassen, dass Tritons jüngste Tochter Arielle verletzt wird.

Maleficent, die alte Freundin meiner Mütter, warnte die drei davor, sich in Ursulas Angelegenheiten verwickeln zu lassen. Sie riet ihnen, Ursula nicht zu vertrauen. Aber sie hörten ihr nicht zu – wie sie es so selten tun – und ignorierten die vielen deutlichen Anzeichen, dass Ursula nicht mehr die Hexe war, die sie im Laufe der vielen Jahre ihrer Freundschaft lieben gelernt hatten. Geblendet von ihrer Besessenheit, mich zu finden, ließen sie sich in Ursulas wahnsinnigen Plan einspannen, Triton zu vernichten. Und auch das hätte ich ihnen verzeihen können, wenn sie nicht versucht hätten, Arielle zu töten.

Als meine Mütter herausfanden, dass Ursula sich meiner Seele bemächtigt und mich in ihren Garten gesteckt hatte, waren sie außer sich vor Zorn. Sie kehrten den Zauber um, den sie in ihrem Hass erschaffen hatten, richteten ihn gegen Ursula, brachten ihr den Tod und zerstörten das Land und beinahe sich selbst in ihrem Versuch, mich zu retten. Aber sie hatten nicht damit gerechnet, welchen Preis sie dafür zahlen müssten. Sie konnten nicht vorhersehen, dass dieser Kraftakt ihre Körper in undurchdringlichem Schlummer unter der Glaskuppel im Wintergarten von Schloss Morningstar betten und ihre Seelen in das Reich der Träume verbannen würde. Dort verweilen sie bis zum heutigen Tag.

Das Ausmaß ihres Zaubers brachte Maleficent nach Morningstar. Sie war auf der Suche nach jemandem, mächtig genug, um ihr dabei zu helfen sicherzustellen, dass es Prinz Phillip misslang, den Fluch zu brechen, mit dem sie ihre Tochter Aurora am Tag ihrer Taufe belegt hatte. Der Fluch sollte an ihrem sechzehnten Geburtstag in Kraft treten, und dieser Tag rückte mit raschen Schritten näher. Maleficent befürchtete, dass Aurora an ihrem sechzehnten Geburtstag auf dieselbe Art und Weise in Besitz ihrer Macht gelangen würde wie sie selbst, in einem Anfall von Wut und Feuer. Sie fürchtete um das Leben ihrer Tochter und wollte ihr den Schmerz ersparen, alles und jeden zu vernichten, den sie je geliebt hatte – so, wie es Maleficent ergangen war.

Mir war nicht bewusst, wie nah meine Mütter Maleficent standen und dass sie die Dunkle Fee bereits gekannt und geliebt hatten, als sie noch viel jünger war. Ich wusste nicht, dass sie ihr geholfen hatten, ein Kind zu erschaffen: Aurora, Maleficents leuchtender Stern. Mit einem Zauber, der sich als Maleficents Untergang erweisen sollte, wie er auch den Ruin meiner Mütter bedeutet, da sie mich auf dieselbe Art erschaffen haben. Und so entschied ich, meine Mütter im Reich der Träume gefangen zu halten, bis ich herausgefunden hätte, wie ich weiter vorgehen soll. Alles, was ich von ihnen verlangte, war, dass sie still abwarteten und sich nicht weiter einmischten. Ich musste mir Zeit verschaffen, um mit dem Nachspiel von Ursulas und Maleficents Tod fertigzuwerden und dabei zu helfen, die Zerstörung rückgängig zu machen, die die beiden Hexen mit der Hilfe meiner Mütter über das Land gebracht hatten.

Aber sie gaben sich nicht damit zufrieden zu warten. Gaben sich nicht damit zufrieden, tatenlos herumzusitzen, während ich ihre Schneise der Zerstörung beseitigte. Wieder einmal brachten sie ihre Finger ins Spiel, dieses Mal bei Gothel, einer Freundin aus Kindheitstagen, die ihre Hilfe benötigte. Gothel war eine Hexe, die im Wald der Toten zu Hause war, zusammen mit ihren Schwestern Primrose und Hazel und ihrer mächtigen Mutter Manea. Als ich Gothels Geschichte im Buch der Märchen las, erfuhr ich mit jeder neuen Seite, die ich aufschlug, mehr über das Wesen meiner Mütter. Ich sah sie als junge Hexen voller Potenzial und mit der Fähigkeit zu loyaler Freundschaft – bis sie ihre kleine Schwester Circe verloren, das Mädchen, das einmal ich war. Das war der Auslöser ihrer Veränderung. Sie konzentrierten all ihre Energie darauf, dieses Mädchen wieder zum Leben zu erwecken. Ihre Bemühungen waren schließlich von Erfolg gekrönt. Aber die Magie, von der sie Gebrauch machten, veränderte sie. Sie hat auch mich verändert.

Sie trieb die drei in den Wahnsinn.

Danach verschrieben sie sich mit jeder Faser ihres Körpers der Aufgabe, mich zu beschützen. Sie weigerten sich schlichtweg, mich ein weiteres Mal zu verlieren.

Sie benutzten Gothel und hielten sie hin, gaukelten ihr vor, dass sie in ihr eine weitere Schwester sahen. Sie stahlen die Zauberbücher von Gothels Mutter aus dem Wald der Toten und benutzten sie für ihre eigenen Zwecke. Als Gothels Schwestern bei einem Angriff ihrer eigenen Mutter ums Leben kamen, versprachen meine Mütter, ihr zu helfen, die beiden aus dem Reich der Toten zurückzuholen. Meine Mütter tauchten wie aus dem Nichts mit Versprechungen auf, die einzuhalten sie nie vorhatten – da bin ich mir sicher. In Wahrheit heckten sie einen Plan aus, wie sie Gothels magische Rapunzel für sich behalten konnten. Sie wollten Maleficent von den negativen Auswirkungen des Zaubers heilen, mit dem sie ihr geholfen hatten, Aurora zu erschaffen. Derweil bin ich mir sicher, dass sie Gothel für meinen Zorn verantwortlich machen, weil ich sie wieder einmal dabei erwischt habe, wie sie sich in anderer Leute Leben einmischen.

Aber in Wahrheit liegt die Schuld nicht bei Gothel und auch nicht bei Maleficent, Ursula, dem Biest oder Grimhilde. Die Wahrheit ist, dass ich genug habe von der Zerstörung und dem Schmerz, den meine Mütter verursachen.

Als ich versuchte, das verworrene Netz der Ereignisse zu entschlüsseln, indem ich jede Geschichte im Buch der Märchen verfolgte, ist mir ein Muster aufgefallen. Meine Mütter tun stets das, was sie für gerecht und richtig halten – aber nur, wenn es darum geht, mich zu beschützen. All jene, die sich ihnen dabei in den Weg stellen, ereilt das Unheil. Ich möchte ihnen so gerne vergeben, denn ich weiß, dass sie von ganzem Herzen überzeugt sind, das Richtige zu tun. Und wer würde nicht alles daransetzen, sein Kind zu beschützen? Aber was ich ihnen nicht verzeihen kann, ist ihr furchtbarer Mangel an Mitgefühl für all diejenigen, die sie vernichten wollten, nur weil sie ihnen zufällig im Weg waren. Tulip. Belle. Maurice. Und Schneewittchen.

Wie sehr sie Schneewittchen hassen. Die schrecklichen Dinge, die sie ihr als Kind angetan haben. Wie sie ihr im Wald Angst eingejagt und sie mit der Androhung von Zauberei gequält haben. Und dann noch der Spiegel, den sie Grimhilde geschickt haben, besessen von dem Geist ihres grausamen Vaters, mit dem sie die Königin in den Wahnsinn trieben und sie anstachelten, ihre eigene Tochter zu töten. Das ist unverzeihlich. Und obwohl sie Grimhilde letztlich in denselben Spiegel gesperrt haben, den ihr Vater einst heimsuchte, sind sie noch immer nicht befriedigt. Ihr Hass auf Schneewittchen ist ungebrochen.

Bis zum heutigen Tag ist mir der Grund für ihren Hass ein Rätsel.

Also sitze ich hier und schreibe selbst in die Tagebücher meiner Mütter, füge ihrem Buch der Schatten eine neue Seite hinzu und frage mich, wie ich hier gelandet bin und wie es dazu kam, dass ich in meiner Cousine Schneewittchen eine so treue Freundin gefunden habe. Ich weiß nicht, wie ich auch nur eine einzige der Offenbarungen der letzten Tage ohne sie überstanden hätte. Ohne sie hätte ich nie den Mut aufgebracht, meine Mütter als das zu sehen, was sie wirklich sind.

Schneewittchen hat mir einen Spiegel vorgehalten und mich geleitet, während ich zusah, wie sie sich von ihrer eigenen zerstörerischen Mutter distanzierte. Einer Mutter voller Kummer und Verzweiflung darüber, was sie ihrer Tochter angetan hat. Einer Mutter, die ihre Tochter für den Rest ihrer Tage um Vergebung anfleht. Schnee trägt die Last der Bürde, ihrer Mutter ihre Missetaten nachzusehen, so wie ich die Last über den Verrat meiner Mütter trage.

Es war ein Segen für uns beide, dass wir einander gefunden haben. Mit Schneewittchen an meiner Seite fühle ich mich stärker und bin bereit, mich der Suche nach der Wahrheit über meine Vergangenheit und der meiner Mütter zu stellen.

Und so ist dies ebenso meine Geschichte wie die von Lucinda, Ruby und Martha. Denn wir sind eins. Unsere Schicksale sind durch einen feinen Silberfaden miteinander verflochten. Blut, Magie und eine gefährliche, allumfassende Liebe binden uns aneinander.

Ich sitze hier im Haus meiner Mütter und grüble darüber nach, was ich als Nächstes tun soll. Lasse ich meine Mütter im Reich der Träume, um sie für ihre Verbrechen zu bestrafen? Oder entfessele ich ihren Zorn auf die vielen Königreiche, nur um dann zusehen zu müssen, wie sie noch mehr Leben zerstören, alles im Namen der Liebe?

Noch während ich diese Zeilen schreibe, kenne ich die Antwort bereits. Mir ist in den vergangenen Tagen schmerzlich bewusst geworden, dass ich für all die schrecklichen Taten meiner Mütter verantwortlich bin. Und es gibt nur einen einzigen Weg, daran etwas zu ändern.

Ich muss nur noch den Mut aufbringen, mich dieser Aufgabe zu stellen.

KAPITEL I

Die Hexe hinter den Spiegeln

Die verdrehten Schwestern waren gefangen in niemals endendem Dämmerlicht.

Im Reich der Träume bestand alles aus Chaos, Rhythmus und Magie. Ihre verspiegelte Kammer kam ihnen kleiner und beengter vor, jetzt, wo Circe all ihre Spiegel in ein tiefes Schwarz getaucht hatte. Dies war ihre Bestrafung, sowohl für die Rolle, die sie in Gothels Geschichte gespielt hatten, als auch für den Tod von Maleficent, Ursula und Königin Grimhilde.

Die verdrehten Schwestern befürchteten, dass ihre Tochter ihnen dieses Mal nicht so leicht vergeben würde, wie sie es in der Vergangenheit oft getan hatte. Sie hatten die Grenze einmal zu oft überschritten. Hatten den Überblick über die vielen Gründe verloren, aus denen Circe sie in die Dunkelheit verbannt hatte und ihnen ihre Liebe vorenthielt. Und es brach ihnen das Herz, ließ sie auf dem schmalen Grat zwischen Panik und Wut hin und her wanken. Erinnerte Lucinda an das Versprechen, das sie ihren Schwestern gegeben hatte: alles zu zerstören, was Circe am Herzen lag.

Für die drei Schwestern hatte das Reich der Träume seine Magie verloren. Sie waren nicht länger imstande, den Rhythmus im Chaos zu erkennen. Sie konnten den Code nicht mehr entschlüsseln und sich seine Magie zunutze machen. Die Magie steckte in den vielen Spiegeln, aber die Spiegel hatten sich ihnen verschlossen. Dafür hatte Circe gesorgt. Die verdrehten Schwestern waren hilflos, gefangen und allein mit ihrem Wahnsinn, der sie auf den altbekannten Pfad des Ruins und der Verzweiflung führte.

Martha und Ruby saßen schluchzend auf dem Boden ihrer Kammer. Sie trugen noch immer ihre zerfetzten, blutbeschmierten Kleider, in denen sie die Blutzeremonie abgehalten hatten, um mit Maleficent kommunizieren zu können, während diese mit Prinz Phillip kämpfte. Es kam ihnen vor, als wäre es bereits eine Ewigkeit her, dabei war es gerade erst geschehen. Ihnen war jedoch kaum genug Zeit geblieben, um ihre geliebte kleine feenhafte Drachenhexe zu betrauern, da sie von Gothels Kapriolen abgelenkt wurden.

„Verflucht sei Gothel!“, schrie Lucinda, während sie mit hektischen Schritten an den Wänden der Kammer entlanghastete. „Wenn sie nicht gewesen wäre, hätte Circe uns bestimmt vergeben!“ Martha und Ruby weinten einfach weiter und achteten nicht auf Lucindas wütendes Gebrabbel. „Und was geschieht, wenn sie die Wahrheit herausfindet? Was wird sie dann von uns denken?“ Lucinda sah auf ihre Schwestern herab. Die drei hatten sich immer wie eine einzige Person gefühlt. Immerzu gleich. Aber für den Bruchteil einer Sekunde kamen Lucinda ihre Schwestern plötzlich fremd vor. Beinahe verdreht und unnatürlich, so anders und seltsam getrennt von ihr selbst. Das Gefühl traf sie vollkommen unvorbereitet. In diesem Moment verstand sie mit einem Mal, wie Circe sie dieser Tage sehen musste.

„Seid still! Hört mit dem Geheul auf!“ Lucinda brauchte Ruhe. Sie musste nachdenken. Sie musste einen Weg aus dieser Kammer finden, damit sie sich an der Guten Fee und ihrer lästigen Schwester Nanny dafür rächen konnte, dass sie ihnen ihre Circe weggenommen hatten. „Ich kann bei eurem endlosen Geheul nicht denken! Ich schwöre euch, Schwestern, dass wir einen Weg finden werden, alles zu vernichten, was Circe am Herzen liegt! Wir müssen versuchen, Maleficent zurück ins Leben zu locken, damit sie uns in dieser Sache helfen kann! Sie hasst die Feen genauso sehr wie wir!“