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Der große österreichische Schriftsteller Robert Schindel als Dramatiker voller Poesie, leidenschaftlich und weise. Wir sind eingeladen in ein elegantes Wiener Wohnzimmer. Der soignierte Privatier Joseph Herzog wird sechzig. Sein treuer Freund Konstantin - Leporello - hat einen Rat für den alternden, zweifelnden Don Juan: "Suche dir von allen, die du, die dich geliebt, die Wichtigsten, die Schwierigsten, die Wachesten heraus." Und dann beginnt das Fest, zu dem sie alle kommen werden. Die große Party für den Jubilar. Oder ist es eine Höllenfahrt? Auf knappen 80 Seiten erfahren wir mehr über das Leben und die Liebe als in so manchem Roman. Faszinierend heutige Dialoge und lebendige Erinnerungen an Paris, Berlin und Prag verschmelzen zu einem Kammerstück des Aufbegehrens gegen das Altern.
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Seitenzahl: 48
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Robert Schindel
DON JUAN WIRD SECHZIG
Heiteres Drama
Mit Zeichnungen vonE.R.Denk
In Kooperation mit dem DON JUAN ARCHIV WIENwww.donjuanarchiv.at
Gedruckt mit freundlicher Unterstützung von:MA 7 – Kulturabteilung der Stadt WienBundeskanzleramt
Umschlagbild und Illustrationen: E.R.DenkAlle Rechte vorbehalten.© HOLLITZER Verlag, Wien 2015www.hollitzer.at
ISBN 978-3-99012-166-5 hbkISBN 978-3-99012-167-2 pdfISBN 978-3-99012-168-9 epub
VORWORT
Robert Schindels Don Juan wird sechzig ist ein literarischer Text der – obwohl für die Bühne geschrieben – so ausdrucksstark, unterhaltsam und flüssig zu lesen ist, dass er vom Lesepublikum mit Vergnügen wie ein Roman rezipiert werden kann. Für den Hollitzer Verlag war es ein Glücksfall, als dieses heitere Drama im Sommer 2013 über Vermittlung einer gemein samen Bekannten, Käthe Springer von der Redaktion Tagbau, den Weg ins Don Juan Archiv Wien fand. In diesem Archiv, einer Wiener Forschungsinstitution, die sich der Geschichte und Rezeption des Don-Juan-Stoff es bis zu Lorenzo da Pontes und Wolfgang Amadé Mozarts Don Giovanni widmet, wurde das Libretto zunächst einmal katalogisiert und – gelesen. Ab diesem Zeitpunkt war klar: Dieses Stück ist ein literarischer Schatz, welcher der Öffentlichkeit nicht länger vorenthalten werden sollte.
Wir hoffen, mit dieser Veröffentlichung dazu beizutragen, dass es in naher Zukunft auch zur Uraufführung der vollständig als zeitgenössische Oper von Dirk D’Ase komponierten Fassung kommt.
Wien, im Januar 2015
Michael HüttlerVerlagsleiter Hollitzer Verlag undvormaliger Direktor des Don Juan Archiv Wien
Robert Schindel
DON JUAN WIRD SECHZIG
Heiteres Drama
BESETZUNG
JOSEPH (JOSCHI) HERZOG(Privatier, reicher Erbe, Jahrgang 1944, schlank, soigniert)
Hoher Bariton
KONSTANTIN(Journalist, 52 Jahre, Jahrgang 1951, bester Freund des Herzog seit vielen Jahrzehnten)
Tenor
JULIANE (JULI)(Hausfrau, früher Philosophielehrerin, Jahrgang 1946, erste Liebe des Herzog)
Sopran
KATHARINA(Maklerin, Jahrgang 1950, große Liebe des Herzog in der 68er-Zeit, Mutter seines Sohnes)
Sopran
DEBORAH(Filmemacherin, Jahrgang 1968, Eltern flüchteten 1968 mit ihr im Mutterleib aus Prag nach Wien)
Mezzosopran
YASSIR-CHÉ(Sohn von Herzog und Katharina, drogenkrank, Jahrgang 1968)
Tenor
JEAN-PAUL SARTRE(Philosoph und Schriftsteller, Jahrgang 1905)
RUDI DUTSCHKE(Studentenführer, Jahrgang 1940)
RABBI LÖW(Rabbiner zu Prag, Jahrgang 1512, angeblicher Schöpfer des Golem, Retter der Prager Juden, wegen seines guten Einvernehmens mit Rudolf II.)
Bass-Bariton
*
SIMONE DE BEAUVOIR(Philosophin und Schriftstellerin, Jahrgang 1908)
MAYA(besonders attraktiv, Jugend und Reife verkörpernd)
Mezzosopran
**
SILVIA(Privateuse, Jahrgang 1948, alte, beste Freundin von Herzog)
Sopran(Chorsolistin)
Passanten, Studenten, Polizisten, Demonstranten, Geburtstagsgäste
Chor
Komparsen
Spielt in Wien, Paris, Berlin und Pragin den Jahren 1962, 1967, 1989 und um 2004
ERSTER AKT
ERSTE SZENE
Joschi Herzog, allein, später Konstantin
2004: In der Wohnung von Joschi Herzog. Er sitzt neben einem Teetisch vor einem offenen Kamin in einem Ohrensessel, trägt einen eleganten Schlafrock. Das Wohnzimmer ist sehr eklektizistisch eingerichtet. Alte Möbel neben modernen etc. Gegenüber dem Kamin sind die Kommunikationsmaschinen angehäuft: Flachbildfernseher, DVD- und Videorecorder. Im Hintergrund ist ein Fenster, draußen ist es dunkel.
HERZOG:
Es ist im Schneegehunds die WinterspurDie Flocken fallen träge ins Gebell.
Da stapf ich durch. Nachtfrost beschweigt mein HaarNur fort. Geschritten fort und fort.
Da hin, alsdort sich nun mein KreisSich bindet an den Herzakkord.
Er steht auf, geht zum Fenster, hernach dreht er den Fernseher auf, man hört die Signation zu den österreichischen Nachrichten. Noch bevor ein Sprecher am Bildschirm erscheint, dreht er den Apparat wieder ab, wandert durch das Zimmer.
Wohin ich schau und was ich weiß,Verweht ist es und nicht mehr dort,Sodass, was werden sollt, auch nicht geschah.
Es ist im Schneegehunds die GreisenspurUnd eiserstarrt bin ich und bald zur Stell.
Setzt sich wiederum in den Sessel.
Es bleibt vom Stapfen leises Echo nurNachtfrost beschweigt mein HaarMein allerletzter bellender Gesell.
Steht wieder auf, holt sich eine Karaffe und ein Rotweinglas. Wieder zurück beim Teetisch will er sich ein Glas Rotwein einschenken, da läutet das Telefon, welches auf dem Teetisch steht.
Moment
Er legt den Hörer auf den Tisch schenkt sich den Rotwein ein, setzt sich, macht einen Schluck, dann nimmt er den Hörer.
Was gibt’s?
—
Servus Silvia.
—
Das ist ja ganz reizend von dir. Aber ich hab ja noch gar nicht Geburtstag
—
Ah dann bist du nicht da, deswegen willst du mir jetzt heut ––
—
Das bringt aber Unglück.
—
Ob abergläubisch oder nicht.
Dieser Geburtstag läutet mein Unglück einVielmehr setzt es fort.
—
Kind, ich bin nicht depressivIch weiß bloß, was es nunGeschlagen hat. Du tust jaGut daranAn meinem Fest nicht teilzunehmenBin nicht beleidigtDass meine liebste FreundinAn diesem Geburtstag in den DolomitenSchifahren muss. Ich sehsAls einen FingerzeigDass ich das ganze Fest nichtHätte machen sollen.
—
Nein Silvia, du gehst nicht stornierenWünsche dir besten PulverschneeUnd einen Himmel mit den WolkenbildernWie einst in Puchenstuben über unsAdieu.
Er legt auf. Macht einen tiefen Schluck.
Sie sollten fern mir bleiben alle, alle.
Ich sag die ganze Party abUnd fahr nach Puchenstuben ganz alleinWerde vergnügt zwischen den TannenMein Alter äußerln führenUnd am AbendVon keiner Frau begleitetIns HotelAuf Du und Du mit meinem neuen FreundDem Nachtfrost
Es läutet. Herzog geht hinaus, schaltet dabei den CD-Player ein. Das Zimmer ist leer, wir hören Musik, bis Herzog mit Konstantin das Zimmer betritt.
KONSTANTIN:
Was spielst du da?
HERZOG:
Ach einen von den Supermodernen, wie du hörst.
KONSTANTIN:
Nett.
HERZOG:
Das ist nicht nett, das ist doch KunstWie Meister Brecht zu sagen pflegte.