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Dieser Band enthält folgende Titel:Einsam sind die Tapferen (Pete Hackett)Dakota (Pete Hackett)Ein Sieg für Sunset (George Owen Baxter)Der ehemalige Scout Broken Feather findet auf dem Heimweg eine brennende Ranch mit mehreren Toten. In einer Buschgruppe liegt allerdings ein unversehrtes Kleinkind. Broken Feather nimmt den Jungen, Jim Logan, mit zu seinem Stamm, den Dakotas, und erzieht ihn als seinen Sohn. Ungefähr zwanzig Jahre später erzählt Broken Feather dem jungen Mann seine Geschichte, denn in der Zwischenzeit hat er die Identität der Mörder und Brandstifter - mittlerweile haben alle sich ein Leben in Wohlstand in der Stadt Sheridan aufgebaut - herausgefunden. Jim zögert nicht lange und macht sich auf den Weg, um Rache an den Mördern seiner Familie zu nehmen.
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Drei Western Band 1012
Copyright
Einsam sind die Tapferen
Dakota
Ein Sieg für Sunset
Dieser Band enthält folgende Titel:
Einsam sind die Tapferen (Pete Hackett)
Dakota (Pete Hackett)
Ein Sieg für Sunset (George Owen Baxter)
Der ehemalige Scout Broken Feather findet auf dem Heimweg eine brennende Ranch mit mehreren Toten. In einer Buschgruppe liegt allerdings ein unversehrtes Kleinkind. Broken Feather nimmt den Jungen, Jim Logan, mit zu seinem Stamm, den Dakotas, und erzieht ihn als seinen Sohn. Ungefähr zwanzig Jahre später erzählt Broken Feather dem jungen Mann seine Geschichte, denn in der Zwischenzeit hat er die Identität der Mörder und Brandstifter - mittlerweile haben alle sich ein Leben in Wohlstand in der Stadt Sheridan aufgebaut - herausgefunden. Jim zögert nicht lange und macht sich auf den Weg, um Rache an den Mördern seiner Familie zu nehmen.
Ein CassiopeiaPress Buch CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von
Alfred Bekker
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Western von Pete Hackett
Über den Autor
Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.
Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung."
Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.
Ein CassiopeiaPress E-Book
© by Author www.Haberl-Peter.de
© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress
www.AlfredBekker.de
»Du spielst falsch, Mosley!«
Wie Hammerschläge fielen diese vier Worte im Desert Inn in Big Bow. Der Mann, der sie ausgestoßen hatte, war um die fünfzig, klein und schmächtig. Sein Name war Slim Butler. Ihm gehörte die Futtermittelhandlung im Ort.
Er sprang auf, sein Stuhl wurde umgeworfen.
Mark Mosley legte seine Karten verdeckt auf den Tisch. In seinen Augen spiegelte sich das Licht der Laterne, die von der Decke hing. Düster fixierte er Butlers vom Zorn gerötetes Gesicht.
»Sag das noch einmal, Butler!« In jeder Silbe schwang die unverhohlene Drohung mit.
Slim Butlers Lippen klafften auseinander. »Du hast falsch gespielt, Mosley!«, fauchte er. »Ich habe es ganz genau gesehen. O verdammt, kein Wunder, dass ich Haus und Hof verliere.«
Mark Mosleys Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln. Eisig musterte er Butler. Jäh überkam den kleinen Mann die Ernüchterung. Er verdammte plötzlich seinen Jähzorn. Hättest du doch den Mund gehalten und das Spiel beendet, Slim!, durchfuhr es ihn. Das Geld hättest du verschmerzen können. Sieh nur - in den Augen dieses Strolches flackert die nackte Mordlust.
Butlers Blick irrte ab. Furcht ergriff ihn. Es war ein unvermitteltes, schwindelerregendes Gefühl. Hilfesuchend schaute er in die Runde. Viele der Anwesenden sahen schnell weg.
Slim Butler erschauerte. Er war in dieser Minute der einsamste Mensch auf der Welt. Unwillkürlich dachte er an seine Frau. Fast dreißig Jahre waren er und Laila verheiratet …
Mosleys frostiges Grinsen holte Butler wieder in die bittere Realität zurück. »Hör zu, Mosley«, stieß er hastig hervor, als befürchtete er, dass seine Worte zu spät kommen könnten. »Möglich, dass ich mich getäuscht habe. Wenn es so ist, dann bitte ich um Verzeihung. Yeah, das mache ich. Zuerst aber ziehst du die Jacke aus.« Butlers Stimme hatte an Sicherheit gewonnen. »Wenn du keine Karten im Ärmel hast, ist die Sache vergessen.«
Das hämische Grinsen in Mark Mosleys Zügen erlosch. »Ich werde meine Jacke nicht ausziehen, Butler. In meinem Ärmel befinden sich keine Karten. Mein Wort muss dir genügen.« Seine Lider zuckten in die Höhe. »Wenn du einen Mann des Falschspiels bezichtigst, dann musst du es ihm auch beweisen können, Großmaul. Du kannst nicht verlieren, Butler, das ist alles. Du solltest dich nicht mehr an den Pokertisch setzen. Sicher kennst du die Antwort auf die Art von Unterstellung, wie du sie mir an den Kopf geschleudert hast.«
Butler schluckte trocken. Es war, als würgte ihn eine unsichtbare Hand.
Wie beiläufig zog Mosley seine Hände zurück. Sie fielen von der Tischkante auf seine Oberschenkel. Das kalte Grinsen zog wieder in sein Gesicht ein. Doch konnte es nicht über die erwartungsvolle, drohende Spannung hinwegtäuschen, die im Schankraum lastete. Der Wille, Slim Butler nicht ungeschoren davonkommen zu lassen, war Mark Mosley vom Gesicht abzulesen — diesem Gesicht, das ein lasterhaftes Leben geprägt hatte und in dem sich ein Ausdruck von Verworfenheit und Brutalität vereinte.
»Well, Butler, entschuldige dich jetzt bei mir!«, röhrte Mosley. »Jeder hier soll hören, dass du mich zu Unrecht verdächtigst. Andernfalls …« Er brach viel sagend ab.
Die beiden anderen Mitspieler erhoben sich schnell. Sie vermieden es, Slim Butler anzusehen, murmelten irgendetwas und verdrückten sich zur Theke.
Die Gäste drängten plötzlich auseinander. Es geschah wie auf ein lautloses Kommando. Kurze Zeit war nichts anderes zu hören als das Scharren von Schritten, gepresstes Atmen, ein Raunen und Murmeln.
Auf Slim Butlers Stirn perlte Schweiß. Die bleierne Stille zerrte an seinen Nerven. Er war nun bleich wie ein Leinentuch. Die Falten in seinem Gesicht schienen sich vertieft zu haben. Die Muskeln in seinem Gesicht zuckten.
»Mein Gott, Mosley, warum reden wir nicht wie erwachsene Männer miteinander?«, röchelte Butler. Schweiß lief ihm in den Kragen. Er griff in den Ausschnitt seiner Jacke …
Mosley riss den Colt aus dem Halfter. Der Lauf flirrte hoch. Eine Feuerzunge stach aus der Mündung. Das Donnern des Schusses ließ die Wände des Saloons erbeben. Pulverrauch zog über den Spieltisch.
Die Kugel stieß Slim Butler zurück. Das jähe Entsetzen weitete seine Augen. Seine Lippen formten tonlose Worte. Über der Brust färbte sich sein weißes Hemd rot. Seine Beine knickten ein. Er sank auf die Seite und rollte auf den Rücken. Seine Augen brachen, in ihnen erschien die grenzenlose Leere des Todes.
Slim Butlers Hand rutschte unter der Jacke hervor. Kraftlos fiel sie neben dem schlaffen Körper auf den Boden. Sie hielt ein Taschentuch. Die wächsern anmutenden Finger hatten sich darum verkrampft.
Ein Stöhnen ging durch den Saloon. Jeder konnte es sehen. Mark Mosley begriff augenblicklich. Wie von einer Tarantel gebissen fuhr er in die Höhe. Ein lästerlicher Fluch entrang sich ihm. Verstört schaute er in die Runde. Er sah es in den fassungslosen, erschütterten Gesichtern ringsherum arbeiten. Mosley stand da wie ein sprungbereites Raubtier.
Eine heisere, zornerstickte Stimme schrie: »Bei allen Heiligen! Slim wollte sich nur den Schweiß abwischen. Dieser verdammte Bastard hat ihn umgelegt. Bei Gott, Mosley, dafür wirst du baumeln!«
Die Worte trafen Mark Mosley wie Peitschenhiebe. Sie dröhnten durch seinen Kopf wie klirrendes Eisen. Es war, als rissen sie alle anderen Anwesenden aus ihrer Erstarrung. Auch von Mark Mosley fiel die Lähmung ab wie eine zweite Haut. Um seinen Mund erschien plötzlich ein hässlicher Zug. Er schwenkte den Revolver über die Front der Männer an der Theke.
»Rührt euch nicht, ihr Narren!«, zischte er. Schritt für Schritt schob er sich um den Tisch herum. »Ich knalle jeden nieder, der versucht, mich aufzuhalten!«, warnte er. Rückwärtsgehend näherte er sich dem Ausgang. Er erreichte ihn, warf einen schnellen Blick über die Schulter nach draußen, dann drückte er mit seinem Körper die Türflügel auseinander.
Auf der anderen Straßenseite rannte ein hagerer, langbeiniger Mann. Die harten Absätze seiner Stiefel hallten weithin auf den Gehsteigbohlen. An seiner linken Brustseite schimmerte matt der Sheriffstern. Wie hineingeschmiedet lag in seiner Faust der Sechsschüsser.
Mark Mosley war auf dem Vorbau geduckt herumgefedert. Er feuerte einen Schuss auf den Sheriff ab. Der Gesetzeshüter sprang in die Deckung einer Tür.
Gehetzt schaute Mosley sich um. Am Holm standen einige Pferde. Zu beiden Seiten der Tür hing jeweils eine Petroleumlampe. Der Lichtschein umriss Mark Mosleys gekrümmte Gestalt. Wieder schickte Mosley einen Schnappschuss über die Straße. Er war wie von Sinnen. Aus dem Saloon erreichte erregtes Gebrüll sein Gehör. Schritte trampelten. Einer plötzlichen Eingebung folgend riss Mosley eine der Laternen vom Haken. Er schleuderte sie über die Pendeltür in den Schankraum. Es klirrte und schepperte. Sofort warf er die andere Lampe hinterher. Dann jagte er zwei Schüsse in die Lamellen der Schwingtür, dass die Flügel wild schlugen. Die Kugeln trieben die Männer zurück, die zum Ausgang drängten.
Auf der anderen Straßenseite schmetterte der Colt des Sheriffs. Aber Mosley war von den Pferden am Holm gedeckt. Er drängte sich zwischen sie. Mit fliegenden Fingern leinte er das erstbeste Tier los. Er warf sich in den Sattel, jagte seine letzte Kugel aus dem Colt, riss das Pferd unbarmherzig auf der Hinterhand herum, gab ihm den Kopf frei und drosch ihm unerbittlich die Sporen in die Seiten. Das Tier streckte sich. Mosley zerrte es in eine finstere Gasse. Die Dunkelheit verschlang Pferd und Reiter. Trommelnder Hufschlag hallte durch die nächtliche Stadt. Er entfernte sich schnell - rasend schnell.
*
Über den Fußboden im Saloon zuckten bläuliche Flammen. Die Gäste drängten ins Freie. Einige von ihnen hatten ihren Revolver in der Faust. Mark Mosley jedoch war in der Gasse untergetaucht. Verwünschungen wurden ausgestoßen. Im Schankraum brüllte jemand entsetzt: »Der Saloon wird gleich in hellen Flammen stehen! Wir müssen löschen, verdammt, sonst brennt die halbe Stadt nieder!«
Sheriff Matt Hastings stapfte über die Straße. Seine Gestalt warf einen langen Schatten. Er sah die Reflexe des Feuers aus dem Inn über den Gehsteig und in die Main Street spülen, diesen geisterhaften Wechsel von Licht und Schatten, und meinte trocken: »Habt ihr nicht gehört! Wir müssen verhindern, dass das Feuer sich ausweitet. Steht nicht herum wie die Ölgötzen.«
Die Türpendel flogen krachend auseinander. Der Salooner stürzte mit zwei Eimern in den Händen auf den Vorbau. Hinter ihm knackte, prasselte und knisterte es. Der Geruch von Petroleum schien ihm anzuhaften. Sein Gesicht war verzerrt, eine Maske des Schreckens und der Angst.
Matt riss ihm die Kübel aus den Händen. Er hastete ein Stück die Straße hinunter zum Tränketrog vor dem Mietstall. Das entsetzte Gekreische des Salooners folgte ihm, der die Männer auf dem Vorbau brüllend aufforderte, entweder zu löschen oder zu verschwinden. Die kopflose Schar spritzte auseinander.
»Den Pumpenwagen - holt den Pumpenwagen!«, kreischte ein Mann.
Schritte trampelten. Die Besonnenheit griff um sich. Plötzlich schien jeder zu wissen, was zu tun war. Der Salooner hetzte zurück in den Schankraum. Sein Blick erfasste den toten Slim Butler. Mit einem Schlag überkam ihn Ernüchterung. Er lief zu der reglosen Gestalt, fasste unter ihre Achseln und schleifte sie zum Ausgang. Die Hitze trieb ihm den Schweiß aus den Poren. In einer Wolke von dunklem Qualm taumelte er auf den Vorbau. Seine Bronchien rasselten. Seine Augen tränten.
Der Sheriff schleppte zwei volle Eimer. Er verschwand im Saloon. Er stellte einen der Eimer ab und beförderte den Inhalt des anderen schwungvoll in die züngelnden Flammen. Sie leckten bereits an Tisch- und Stuhlbeinen in die Höhe. Es zischte und dampfte, schwarzer Qualm stieg unter die Decke. Matt schüttete den zweiten Eimer aus.
Auf der Straße herrschte ein wildes Durcheinander. Von der Schießerei angelockt schien sich die gesamte Einwohnerschaft von Big Bow auf der Main Street vor dem Desert Inn einzufinden. Der Pumpenwagen wurde von einer Handvoll Männer aus einer Seitenstraße geschoben. Die Eisenräder gruben sich tief in den Staub ein. Die Achsen quietschten durchdringend in den Naben. Ein Mann brüllte heisere Befehle.
Schnell begriffen die Menschen die Bedrohung ihres Ortes durch das Feuer. Jemand schrie nach Eimern. Der Schrei setzte sich fort. Und dann bildete sich eine Menschenkette. Plötzlich waren alle möglichen Behältnisse vorhanden. Der Pumpenwagen rollte heran. Zwei Mann begaben sich an die Pumpe. Einer rannte mit dem Schlauch zum Saloon. Die beiden Männer fingen an zu pumpen. Ein saugendes Geräusch, dann schoss ein Wasserstrahl aus der Düse.
Sie hatten das Feuer sehr schnell unter Kontrolle. Die Rauchschwaden verzogen sich. Die Männer wischten sich Schweiß und Ruß aus den erhitzten Gesichtern.
»Geschafft!«, stieß einer zwischen zwei keuchenden Atemzügen hervor. »Dieser elende Hundesohn!«
»Was ist geschehen?« Matt Hastings kauerte neben dem toten Slim Butler auf den Absätzen. Er blickte schräg nach oben in die von Betroffenheit gezeichneten Gesichter der Menschen, die sich um ihn herum scharten.
Ein Mann bahnte sich einen Weg durch die Menge. Neben dem Toten warf er sich auf die Knie. »Mein Gott, Slim!« Er stöhnte und griff sich an den Kopf. Noch einmal brach es erschüttert über seine blutleeren, zuckenden Lippen. »Slim, Bruder …«
Jemand sagte abgehackt: »Mark Mosley hat ihn niedergeknallt, nachdem Slim ihn des Falschspiels bezichtigte. Slim wollte nur das Taschentuch aus der Jacke holen, um sich den Schweiß abzuwischen. Da hat Mosley gezogen und geschossen.«
Zustimmendes, aber auch unheilvolles, drohendes Geraune ging durch die Ansammlung.
Matt erhob sich langsam. »Also hat Mosley Slims Griff unter die Jacke falsch gedeutet. - Ruhig, Leute, ganz ruhig. Wir holen uns Mosley. Aber das letzte Wort wird der Richter haben. Ich hoffe, wir verstehen uns.«
Slim Butlers Bruder richtete sich auf. Er knirschte mit den Zähnen. Seine Hände öffneten und schlossen sich. Seine Lippen sprangen auseinander. Mit zerrissener Stimme stieß er hervor: »Es war Mord, Sheriff. Brutaler und niederträchtiger Mord. Worauf warten Sie noch? Wollen Sie nicht auf die Banditenranch der Mosleys reiten und den Mörder meines Bruders verhaften?«
»Natürlich, Cash, sicher. Mark Mosley wird sich vor Gericht verantworten müssen.« Hastings legte dem Mann mit den grauen borstigen Haaren beruhigend die Hand auf den Arm. »Aber Mord — ich weiß nicht. Wie ich …«
Abrupt schüttelte Cash Butler die Hand des Sheriffs von sich ab. Er trat einen halben Schritt zurück. Hass brannte in seinen Augen, durchflutete ihn in giftigen Wogen.
»Es war Mord!«, zischte er. »Und Mosley wird dafür hängen.« Sein Kopf flog herum, sein lodernder Blick zuckte über die Leiberfront hinweg. »Wer kommt mit mir? Räuchern wir das Nest dieser Banditen aus.«
»Zum Teufel mit Ihnen, Cash!« Matt überschrie das erneut anschwellende Geraune mit Donnerstimme. Fast körperlich glaubte er die Gefahr zu spüren, die in der Luft lag. Ja, hier bahnte sich etwas an, das gefährlich werden konnte. Matts Stimme sank herab, als er weitersprach: »Wir bilden eine Posse, gewiss. Und wir reiten auf die Mosley Ranch. Wer mitreitet, soll sich in einer Viertelstunde mit seinem Pferd vor dem Office einfinden.« Er schaute Cash an. »Mir wäre es lieb, wenn Sie nicht mitkämen, Cash«, murmelte er. »Sie sind völlig außer sich, und wenn Sie dem Mann gegenüber stehen, der Ihren Bruder auf dem Gewissen hat …« Matt schob die Unterlippe vor. »Nun, es wäre nicht gut. Kümmern Sie sich um Laila. Ich denke, die bedarf am meisten des Trostes und Beistandes.«
»Slim war mein Bruder! Er wurde ermordet. Sein Mörder läuft frei herum.« Cash Butler wischte sich über die Augen, als wollte er so das Bild seines toten Bruders vertreiben, an das er immer wieder schmerzlich denken musste. Seine Hand zitterte wie die eines Schwerkranken. Seine Stimme kam nur noch als heiseres Geflüster, als er fortfuhr: »Mosley ist der Mörder. Er gehört an den Strick. Es war kein Unfall. Mosley schoss aus niedrigen Beweggründen und mit Vorsatz.«
Matts Gestalt straffte sich. Mit harter und glasklarer Stimme sagte er: »Wenn Sie versuchen sollten, Cash, auf eigene Faust den Mörder Ihres Bruders zu bestrafen, müssen Sie zuerst an mir vorbei. Ich warne Sie. Nehmen Sie Vernunft an. Ich werde mit einem Aufgebot zum Sandy Arroyo Creek reiten und Mark Mosley verhaften. Ich werde ihn anklagen, und das Gericht wird zu einem Urteil kommen. Und Sie, Cash - Sie werden sich heraushalten. Habe ich mich klar und deutlich ausgedrückt?«
Sie starrten sich an. Ihre Blicke verkrallten sich förmlich ineinander. Plötzlich lachte Cash Butler auf. Es war ein giftiger Laut. »Schwätzer!«, knirschte er, warf sich herum und hastete davon.
*
Mit langen Schritten strebte Matt dem Sheriff's Office zu. Er war voller gemischter Gefühle. Cash Butler würde in Big Bow für Furore gegen ihn sorgen, wenn er Mark Mosley in die Stadt brachte. Die Butlers waren einflussreich und wohlhabend. Cash Butler hatte sogar im Bürgerrat einen Sitz inne. Sein Wort hatte Geltung.
Matt begab sich in den Pferdestall im Hof des Offices und sattelte seinen Fuchswallach. Er führte ihn auf die Straße und leinte ihn vor dem Office an den Hitchrack. Dann ging er hinein. Im Office brannte Licht. Der gelbe Lichtschein hüllte den Körper einer Frau ein, die am Schreibtisch lehnte und auf Matt gewartet zu haben schien.
»Rachel!«, entfuhr es ihm überrascht. Er drückte die Tür hinter sich ins Schloss.
Es war eine hübsche Frau. Das lange blonde Haar trug sie hochgesteckt. Ihr graziler Körper steckte in einem tief ausgeschnittenen Kleid aus rotem Samt. Der Ansatz ihrer voller Brüste war zu sehen. Ihr Hals war weiß und schlank, die Linie ihres weichen Kinns makellos. Ihre Lippen waren ein wenig geöffnet. Matt konnte ihre weißen Zähne schimmern sehen. Es war ein Gesicht, das nicht nur durch seine Regelmäßigkeit bestach, sondern auch durch seine frauliche Ausstrahlung.
»Ich war vorhin auf der Straße, Matt, und bin dir dann hierher gefolgt. Du warst hinten im Stall, und so wartete ich auf dich.«
Matt ging zum Gewehrschrank und entnahm ihm eine Winchester. Er öffnete den Ladeschlitz und prüfte die Ladung.
»Ich glaube, Matt, du hast dir soeben in Cash Butler einen Feind geschaffen. Vielleicht hättest du ihn …«
Matt unterbrach die Frau. »Wenn du gekommen bist, Rachel, um mir das zu sagen, dann hast du dich umsonst herbemüht. Ich reite jetzt mit einigen Männern hinaus zum Sandy Arroyo Creek und schnappe mir Mark Mosley. Ich bringe ihn nach Big Bow. Er wird nach den Buchstaben des Gesetzes verurteilt. Daran wird auch Butler nichts ändern.«
Er griff nach einem Päckchen Gewehrmunition und steckte es in die Taschen seiner Cordjacke.
»Warum so kühl, Matt?«, fragte Rachel und musterte ihn ernst.
»Du hast mir den Laufpass gegeben, Rachel. Soll ich mich dafür bei dir bedanken?« Er vermied es, ihrem forschenden Blick zu begegnen.
»Wir haben uns auseinander gelebt, Matt. Wenn sich ein Mann und eine Frau nichts mehr zu sagen haben, dann sollten sie die Konsequenzen daraus ziehen.«
»All right. Wir haben sie gezogen. Du hast dein Leben - ich lebe meines.« Etwas geringschätzig musterte er sie. »Dein Leben dreht sich nur um die Tanzhalle und die Mädchen, die du beschäftigst. Ich aber bin der Sheriff in dieser Stadt. Wir hätten niemals heiraten dürfen, Rachel.«
Es sah aus, als wollte sie einen Schritt auf ihn zugehen. Aber sie besann sich. Ihre Schultern sanken herab. Um ihren Mund erschien ein herber Ausdruck. Spröde gab sie zu verstehen: »Joshua Mosley und Marks Brüder werden nicht zusehen, wenn du Mark in die Stadt zurückschleppst. Du kennst diese Sippe zur Genüge, Matt. Es sind verkommene Subjekte, und ihre Ranch ist nichts als Tarnung. Ich verwette einen Monatsumsatz gegen ein Hemd voll Sandflöhe, dass sie auf Raubzug gehen, wenn sie oft wochenlang verschwunden sind.«
Matt nickte. »Wahrscheinlich hast du recht. Aber soll ich deswegen Mark Mosley ungeschoren lassen? Er hat einen Mann erschossen - Slim Butler! Slim trug keine Waffe, und es ist in meiner Stadt geschehen.«
»Nicht nur die Mosleys werden dir Ärger bereiten, Matt.«
Er zuckte mit den Achseln. »Die Hitzköpfe in der Stadt werden sich wieder beruhigen.«
Rachel schaute skeptisch. Dann stieß sie sarkastisch hervor: »Ein Mann mit eisernen Grundsätzen, der Sheriff von Big Bow. In der Tat. Hoffentlich schützen deine verrückten Ansichten dich auch vor herumfliegenden Kugeln, Matt.«
Draußen erklang Hufschlag.
»Lass dir meinetwegen keine grauen Haare wachsen«, versetzte Matt, und es kam schärfer aus seinem Mund, als er es beabsichtigt hatte. »Ich komme schon zurecht.«
»Sicher«, murmelte Rachel spröde. »Matt Hastings kommt immer zurecht.« Sie schritt zur Tür. In ihren blauen, unergründlich anmutenden Augen brach sich das Licht. Die Tür schwang auf. Rachel blieb noch einmal stehen und sagte über die Schulter: »Jetzt sind diese Männer noch voll Zorn, und sie denken, dass sie mit Matt Mosley leichtes Spiel haben werden. Aber sie werden verdammt schnell die Segel streichen, wenn ihnen das heiße Blei der übrigen Mosleys um die Ohren fliegt. Dann wird sich jeder von denen selbst der Nächste sein, Matt.«
»Ich werde es nicht ändern können«, antwortete er.
Die Frau warf ihm noch einen versonnenen Blick zu, den Matt nicht zu deuten wusste, dann verließ sie das Office.
Der Hufschlag war vor dem Office verstummt. Matt legte sich die Winchester auf die Schulter, löschte das Licht und ging ebenfalls hinaus. Sieben Reiter warteten auf ihn. Rachel war auf dem Gehsteig stehen geblieben. Das Licht, das eine Straßenlaterne in die Main Street streute, erreichte die Frau nicht. Sie beobachtete, wie Matt sein Pferd losleinte und die Winchester in den Sattelschuh stieß und wie er sich auf den Pferderücken schwang. In ihrer Brust verkrampfte sich etwas, weil er an der Spitze der Männer wegritt, ohne ihr noch einen Blick zu gönnen.
Rachel fragte sich, ob es nicht doch falsch gewesen war, ihn vor die Wahl zu stellen. Du hättest wissen müssen, Rachel, peitschte eine harte Stimme durch ihr Bewusstsein, dass er zu stolz ist, um sich das Messer auf die Brust setzen zu lassen. Du hättest es wissen müssen, aber du hast es trotzdem versucht. Jetzt hast du ihn, wie es aussieht, verloren – und zwar für immer.
*
Das Aufgebot hielt sich nicht mit Spurensuche auf. Matt und die Männer der Posse waren davon überzeugt, dass Mark Mosley nach Hause floh. Dort waren sein Vater und seine beiden Brüder, dort war die Ranch - dort versprach er sich Schutz.
Die Nacht war wolkenverhangen. Der Lärm der wirbelnden Hufe rollte vor dem Pulk her durch die Finsternis. Die Lichter der Stadt waren längst hinter den Hügeln versunken. Bis zum Sandy Arroyo Creek waren es fast zehn Meilen. Die Ranch lag im Dreieck der Mündung des Sandy Arroyo Creek in den North Fork Cimarron River.
Sie ritten schweigend, ohne Ordnung, die kalte Entschlossenheit in den Gemütern, Mark Mosley nach Big Bow zurückzubringen, um ihn für der Mord an Slim Butler zur Rechenschaft zu ziehen. Cash Butler, der Bruder des Getöteten, war nicht mitgeritten. Vom Fenster seines Hauses aus hatte er den Abzug der Posse beobachtet. In seinem Herzen brannten mörderischer Hass und Vergeltungssucht. Er sah Rachel Hastings die Straße überqueren, nachdem die Reiter an seinem Haus vorbeigezogen waren, aber er registrierte es nur unterbewusst. Sein ganzes Denken kreiste ausschließlich um seinen toten Bruder und dessen Mörder. Er würde keinerlei Argumenten zugänglich sein.
*
Währenddessen fegte Mark Mosley wie von Furien gehetzt durch die Nacht. Er kam gerade vier Meilen weit, als das Pferd, das er in Big Bow gestohlen hatte, zu lahmen begann. Vor Marks Blick hing die Nacht wie ein schwarzes Tuch, pechig und bedrohlich. Hinter ihm lag tödlicher Verdruss. Ja, er hatte falsch gespielt. Zur Hölle, er verstand es, mit den Karten zu zaubern. Warum musste dieser alte Narr Augen haben wie ein Luchs? Und warum, in drei Teufels Namen, musste er unter seine Jacke greifen?
Verdammter Gaul! Mark saß ab. In ihm steckte die Angst. Matt Hastings würde kommen, um ihn in die Stadt zurückzubringen. Einen kompromissloseren Mann als Hastings hatte er, Mark, nie zuvor in seinem Leben kennen gelernt. Hölle, kaum dass sich der erste Schreck gelegt hatte, schrie einer der Kerle im Saloon schon nach einem Strick. Unwillkürlich griff Mark sich an den Hemdkragen, als würde ihm unvermittelt der Hals eng.
Er lauschte hinter sich. Da war nur das Säuseln des Windes zwischen den Hügeln, das Rascheln der Blätter der Büsche. Mark untersuchte im vagen Licht eines Streichholzes den lahmenden Huf. Das Tier musste sich bei seinem anfänglichen wilden Ritt das Bein vertreten haben. Mark spürte eine Verhärtung über dem Kronbein des vorderen linken Hufes. Bitterlich fluchte er in sich hinein.
Noch sechs Meilen bis zur Ranch. Zu Fuß, in den hochhackigen Reitstiefeln, würde er fast drei Stunden brauchen. Und dann würde ihm wahrscheinlich die Haut in Fetzen von den Fersen und Zehen hängen. Außerdem stob mit Sicherheit ein Aufgebot durch die Nacht, um ihn zu schnappen.
Mark blieb in der Hocke und dachte nach. Plötzlich stand er auf. Er nahm das Gewehr aus dem Scabbard. Es war eine Winchester, Modell 66, »Yellow Boy« genannt, weil sie einen Systemkasten aus Messing besaß.
»Ihr kriegt mich nicht!«, knirschte Mark Mosley. »Es war ein Unfall, yeah, eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich dachte, er greift nach einem Colt unter der Jacke. Jeder im Schankraum hat es gesehen. Kein Richter auf der ganzen Welt kann mich dafür an den Galgen schicken.«
Mark erzitterte kurz wie unter einem Kälteschauer. Eine eisige Faust schloss sich um seinen Magen und presste ihn gnadenlos zusammen. Einmal in seinem Leben hatte er einen lynchwütigen Mob erlebt. Es war in Abilene. Ein schießend durch die Stadt reitender, betrunkener Cowboy aus Texas hatte versehentlich ein kleines Mädchen erschossen. Auch ihn hätte kein Gericht zum Tode verurteilt. Und trotzdem wurde er gehenkt.
Mosley versetzte dem Pferd einen Schlag auf die Kruppe. Das Tier warf den Kopf in den Nacken, wieherte fanfarenhaft und humpelte dann schnaubend in die Dunkelheit hinein. Mark Mosley schlug sich in die Hügel, die sich schwarz, wie riesige, hingeduckte, urzeitliche Ungeheuer vor ihm erhoben.
Er verkroch sich unter dichtem Gestrüpp. Über ihm war die Wolkendecke aufgerissen. Ein einzelner Stern funkelte dort oben. Die Kälte der Nacht schien aus dem Boden und durch seine Kleidung zu kriechen. Fledermäuse zogen ihre lautlosen Bahnen.
Dumpfer, rumorender Hufschlag verkündete, dass die Posse kam. Er näherte sich unaufhaltsam und schlug bald an die Ohren Mosleys wie eine böse Verheißung. Dann war das Dröhnen und Pochen ganz nah. Unwillkürlich hielt Mark Mosley den Atem an. Härter umkrampften seine schweißnassen Hände die Winchester.
Aber das Aufgebot zog vorbei. Rasselnd stieß Mosley die Luft wieder aus. Der Hufschlag versank nach und nach, und schließlich konnte er ihn überhaupt nicht mehr vernehmen. Er stand auf. Nun hatte er Zeit. »Gut«, murmelte er, »du wirst also laufen, Mark. Du kannst große Pausen einlegen. Notfalls kannst du die Stiefel ausziehen. Sie werden unverrichteter Dinge umkehren müssen.« Er lachte hohnvoll vor sich hin, obwohl ihm nach Lachen keineswegs zumute war.
Mark Mosley stiefelte los. Wenn er die Ranch am Morgen erreichte, würden der Sheriff und seine Leute bereits wieder in Big Bow sein. Mit seinem Vater und seinen Brüdern konnte er überlegen, was zu tun war. Vielleicht verschwand er für einige Zeit aus der Gegend, bis genügend Gras über alles gewachsen war. Schließlich war es kein Mord gewesen.
*
Es war Mitternacht vorbei, als die Posse am Ufersaum des Sandy Arroyo Creek anhielt. Die riesigen, alten Pappeln, zwischen deren Stämmen dichtes, ineinander verfilztes Gestrüpp wucherte, schwankten im Wind und knarrten. Träge wälzten sich die Fluten des Flusses nach Südosten. Nicht weit entfernt mündete er in den North Fork Cimarron River. Dort lag die Ranch der Mosleys. Nirgends war ein Licht zu sehen. Nichts deutete darauf hin, dass auf der anderen Seite des Flusses Menschen wohnten.
»Reiten wir einfach mal hinüber«, knurrte Matt.
»Und wenn sie nur darauf warten, dass wir ihnen vor die Gewehre reiten«, gab ein Mann zu bedenken.
»Dafür gibt es keinen Grund. Wenn Mark seinem Vater die Geschichte erzählt hat, dann weiß der Alte, dass sein Sohn allenfalls wegen Totschlags verurteilt werden kann. Und er ist klug genug, sich deswegen nicht auf eine Schießerei mit einem Sheriff und einer vereidigten Posse einzulassen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr«, erwiderte der Mann zweifelnd.
Auch die anderen wollten Matts Zuversicht nicht teilen.
»Vorwärts!« Matt trieb sein Pferd ins Wasser. Das Tier scheute ein wenig und gebärdete sich störrisch. Aber der Mann setzte seinen Willen durch. Die anderen Reiter schlossen sich an. Das Wasser plätscherte. Es reichte den Pferden gerade bis unter die Bäuche. Dann trieben sie die Tiere am jenseitigen Ufer an Land.
»Well, zieht euch auseinander«, ordnete Matt an, als sie das Ufergebüsch durchbrochen hatten. »Nehmt eure Waffen zur Hand. Sicher ist sicher.«
Verschwommen waren die Gebäude durch die Finsternis auszumachen. Wie ausgestorben lag die Ranch da. Ein Windrad drehte sich leise klappernd im Nachtwind.
Gewehre rutschten aus den Scabbards, Colts glitten aus den Futteralen. Ein hartes, metallisches Geräusch durchlief die Front der Reiter, als sie repetierten oder die Hähne spannten. Klickend drehten sich Revolvertrommeln um eine Kammer weiter.
Sie fächerten auseinander und ritten auf die Ranch zu. Die Konturen der Gebäude wurden klarer. Die Sinne der Männer arbeiteten mit doppelter Schärfe. Ein jeder von ihnen war angespannt bis in die letzte Nervenfaser.
Sie ritten zwischen die Gebäude und verhielten in den Schlagschatten.
»Mosley — Joshua Mosley!«, gellte Matts raue Stimme über den Ranchhof. »Hörst du mich?«
Die Frage verhallte. Im Haus blieb es still. Staubwirbel trieben über den Hof.
Matt rief noch einmal: »Joshua Mosley! Antworte! Sicher weißt du, weshalb wir hier sind. Zeig dich, und mach alles nicht noch schlimmer, als es sowieso schon ist.«
Nervös rutschten die Männer aus Big Bow in den Sätteln herum. Jeder wartete darauf, dass etwas geschah, etwas, das die fast schmerzliche Anspannung von ihnen nahm.
Sie zuckten zusammen, als auf der Ranch knarrend ein Blendladen aufgestoßen wurde. Eine schlaftrunkene Stimme ertönte: »Was ist los, beim Satan? Wer brüllt hier zu dieser unchristlichen Stunde herum wie ein Verrückter?«
»Bist du es, Joshua?«, rief Matt.
»No, hier befindet sich nur Bill Collins. Wer ist da draußen?«
»Der Sheriff von Big Bow mit einem Aufgebot.«
»Das hört sich ja nicht gerade erfreulich an. Wen sucht ihr?«
»Mark Mosley. Er muss kurz vor uns hier angekommen sein. Er hat in Big Bow einen Mann erschossen.«
»Heiliger Rauch!« Der Stimme Bill Collins' war es anzuhören, dass der Mann überrascht war. Als Collins sich von seiner Betroffenheit erholt hatte, rief er: »Mark ist hier nicht aufgetaucht. Ich wüsste es. Sein Vater und seine Brüder sowie Hobson und Hogan sind gestern am Nachmittag hinauf nach Garden City geritten. Das sind vierzig Meilen. Sie werden nicht vor drei — vier Tagen zurückkehren. Ich bin alleine auf der Ranch. Und wenn Mark angekommen wäre, hätte ich ihn zumindest gehört.«
Einen Augenblick lang war Matt ziemlich ratlos. Dann erschallte wieder seine Stimme: »Können wir nachsehen, Bill?«
»Gewiss. Wartet, ich komme mit einer Laterne hinaus.«
»Nicht nötig, wir haben Fackeln dabei.«
»Auch gut. Ihr könnt jeden Stein auf der Ranch umdrehen. Von Mark werdet ihr nichts finden. Wen hat er überhaupt erschossen?«
»Slim Butler.«
»Oh, verdammt …«
Streichhölzer flammten auf. Die Fackeln rußten und rauchten, dann flackerten sie unruhig. Der Lichtschein warf zuckende Reflexe auf die gestrafften Gesichter. Zwischen den Gebäuden lösten sich die Schatten der Nacht auf. Der Widerschein der Lichter tanzte geisterhaft an den Holzwänden der Ställe und Scheunen auf und ab.
»Durchsucht jeden Winkel!«, kommandierte Matt und rutschte vom Pferd. Laut sagte er: »Ich hoffe für dich, Collins, dass du uns nicht anlügst.«
»Käme mir niemals in den Sinn, Sheriff«, maulte der Bursche, und irgendwie mutete es Matt ein wenig hohnvoll an.
Zehn Minuten später wussten sie, dass Bill Collins nicht gelogen hatte. Mark Mosley war nicht auf der Ranch.
»Was nun?«, wollte einer der Männer des Aufgebots wissen.
»Wir reiten in die Stadt zurück«, versetzte Matt ruhig. »Es hätte wenig Sinn, das Land nach Mark abzusuchen.«
»Du willst ihn doch nicht laufen lassen, Sheriff?«
»Natürlich nicht.«
Sie saßen auf. Die Fackeln hatten sie ausgetreten. Die Finsternis umgab sie. Sie ritten davon. Bill Collins zog den Blendladen wieder zu. Er sagte sich, dass Mark Mosley mehr Ärger am Hals hatte, als er verkraften konnte.
*
Der Morgen graute. Aus den Gräsern stieg der Nebel wie weißer Rauch. Nebelbänke hingen über den Flüssen. Mark Mosley taumelte durch das Ufergestrüpp. Die Blasen an seinen Füßen waren aufgegangen und brannten höllisch. Das Gesicht des Burschen war eingefallen und bleich, unter seinen Augen lagen dunkle Ringe. Seine Beine trugen ihn kaum noch. Er hatte viele und lange Pausen eingelegt - dennoch war er am Ende.
Er sank nieder, stöhnte auf und riss sich die Stiefel von den schmerzenden Füßen. Er hielt die Füße ins Wasser. Es war kalt. Das Brennen ließ augenblicklich nach. Mark Mosley empfand es wie eine Wohltat. Ein befreiendes Gurgeln kämpfte sich in seiner Brust hoch und brach über seine rissigen Lippen.
Er spähte über den Fluss. Aus dem Grau schälten sich die Gebäude der Ranch. Nichts rührte sich dort. Mark wusste, dass das Aufgebot wieder in die Stadt zurückgeritten war. Dennoch waren seine Gefühle gemischt. Sein Vater würde toben. Sein oberstes Gebot war, in der Gegend, in der sie zu Hause waren, kein Aufsehen zu erregen. Und nun hatte er, Mark, dem Alten den Sheriff und ein Aufgebot auf die Ranch gelockt.
Nun, er wird sich wieder beruhigen. Und er wird nicht zulassen, dass mich Hastings in die Stadt schleppt. Niemals. Eher bläst er diesen großmäuligen Sternschlepper auf den Mond.
Er zog die Füße aus dem Wasser und schlüpfte wieder in die Stiefel. Sein Gesicht verzerrte sich, denn da waren wieder die glühenden Schmerzen, als ob ihm jemand Löcher in die Fersen gebrannt hätte. Er nahm die Winchester, die er weggelegt hatte, dann schnallte er seinen Revolvergurt ab und warf ihn sich über die Schulter. Das Halfter mit dem Colt hing vor seiner Brust. Mark watete in den Fluss hinein. In der Flussmitte reichte ihm das Wasser bis zu den Hüften. Er spürte die Kälte. Seine Zähne schlugen aufeinander. Der Untergrund war schlammig. Der Fluss hatte fast keine Strömung. Dann war Mark drüben. Okay, Mark, noch zweihundert Yards. Du wirst dir die nassen Fetzen herunterreißen und den Ofen einheizen, dass die Platte glüht. Und du wirst deine Füße in einen Eimer mit kaltem Wasser stellen …
Auf tauben Beinen stolperte er auf die Gebäude zu, die im ersten Licht des Tages einen verwahrlosten Eindruck vermittelten. Er wankte in den Ranchhof, in dem Moment, als aus einem flachen Bau Bill Collins trat. Collins hatte nur seine Hose an. Sein Oberkörper war nackt. Über seiner Schulter hing ein Handtuch.
»Du lieber Himmel, Mark!«, rief Collins und kniff die Augen zusammen.
Mark erreichte den Brunnen und setzte sich auf den Rand. Er lehnte das Gewehr gegen die Einfassung und fuhr sich mit den gespreizten Fingern durch die Haare. »Ihr wisst sicher Bescheid!«, entrang es sich ihm, und es war nur ein mühsames Krächzen, das über seine Lippen kam. »Wie hat Dad es aufgenommen?«
Collins näherte sich ihm langsam. »Dein Dad ist nicht hier, Mark«, erklärte er. »Er, deine Brüder, Hobson und Hogan sind gestern Nachmittag nach Garden City geritten. Joshua war ziemlich sauer, weil du dich drei Tage lang nicht mehr blicken ließest.«
Mark spuckte in den Staub. »Verdammt, was treibt sie ausgerechnet jetzt nach Garden City?« Sein erschöpftes Gesicht zeigte jähe Unruhe.
»Du steckst ziemlich in der Klemme, Junge, wie?«, murmelte Collins.
»Das kann man wohl sagen.« Er starrte vor sich hin. Sein Kinn war auf die Brust gesunken. Plötzlich riss er den Kopf hoch. »Ich muss verschwinden, Bill!«, presste er hervor. »Sattle mir einen Gaul. Ich zieh mich nur um. Nimm den Pinto. Er ist zäh und ausdauernd.«
»Wo willst du denn hin?« Der Cowboy schien skeptisch.
»Nach Garden City - zu Dad.«
Bill Collins rührte sich nicht vom Fleck. »Das Aufgebot ist in die Stadt zurückgeritten. Im Moment bist du hier sicher. Schlaf dich zuerst einmal aus, Mark. Und dann können wir gemeinsam …«
»Du sollst mir den Gaul satteln, verdammt!«, schrie Mark unbeherrscht und sprang vom Brunnenrand. »Ich reite nach Garden City.« Seine Stimme wurde leiser. »Du kennst Matt Hastings. Der kommt bis spätestens Mittag her, um mich festzunehmen. In Big Bow erwartet mich der Strick.«
Collins zuckte zusammen. »Erzähl mir die verdammte Geschichte, Junge«, forderte er Mark auf. »Ich weiß nur, dass du Slim Butler eine Kugel verpasst hast. Der Sheriff …«
Mark Mosley warf sich herum. »Keine Zeit!« stieß er hervor. Er humpelte zum Ranchhaus und verschwand gleich darauf im Flur.
Als Mark in den Hof zurückkehrte, war der Pinto fix und fertig gesattelt. Er stand vor dem Haupthaus. Im Sattelschuh steckte das Gewehr, das Mark mitgebracht hatte. Bill Collins hatte sich inzwischen ein Hemd übergestreift. Er saß auf dem Verandageländer, den Rücken gegen einen der Stützpfeiler der Überdachung gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Überleg es dir noch einmal, Junge«, murmelte Collins. »Irgendwann musst du zurückkehren. Und dann gehörst du Hastings.«
Mark schwang sich unbeeindruckt in den Sattel. Er hatte sich trockene Kleidung angezogen. Um seine Hüften lag der Revolvergurt. Er trug nun einen Hut. »Wir werden sehen, was Dad dazu meint«, stieß er hervor, nahm die Zügel, zog das Pferd herum und wollte anreiten.
Da sah er Matt Hastings. Der Sheriff stand breitbeinig in dem Durchlass zwischen Pferdestall und Remise und zielte aus der Hüfte mit dem Gewehr auf ihn. Mark war wie hypnotisiert, jeglichen Willens, jeglichen Gedankens beraubt. Und dann kam jenes fürchterliche, schwindelerregende Gefühl, dieser Rausch, der ihn die Kontrolle über sich verlieren ließ. Seine Rechte zuckte zum Colt.
Das metallische Organ Matts sprang ihn an: »Du willst doch nicht sterben, Mark?«
Marks Verstand hohe die reflexartige Bewegung zum Revolver ein. Seine Hand blieb dicht über dem Knauf in der Luft hängen.
*
Bill Collins war vom Vorbaugeländer geglitten. Er starrte Matt Hastings an wie einen Geist. Mark Mosley saß wie aus Stein gehauen auf dem Pferd. Langsam kam der Sheriff näher. Er fixierte Mark mit einem klaren Blick, in dem sich Unnachgiebigkeit und Härte paarten. Die blauen, stechenden Augen des Sheriffs sagten Mark Mosley, dass er einen Mann mit eisernem Willen vor sich hatte.
»Ich dachte, Sheriff, Sie sind in der Nacht nach Big Bow zurückgeritten«, ächzte Collins, als es ihm gelang, seine Lähmung zu überwinden.
Matt lächelte düster. »Bin ich nicht, mein Freund«, knurrte er. »Warum sollte ich den Weg zweimal machen? Heh, Mark, ich glaube, es bedarf keiner langen Erklärungen. Du weißt, weshalb ich auf dich gewartet habe und wie es weitergeht.«
Auch Mark konnte seine Bestürzung abstreifen. »Höllenfeuer, Sheriff, man hat dir sicherlich erzählt, dass es ein Unglücksfall war. Butler griff unter die Jacke, ich dachte, er will einen Colt ziehen und wehrte mich.«
»Erzähl es der Jury und dem Richter, Mark«, rief Matt ungeduldig. Die Härte in seinem Blick hatte sich ein wenig gemildert. »Runter vom Pferd! Und dann schnall ab. Aber keine Dummheiten. Ich will dich nicht niederschießen müssen.«
Deutlich konnte Mark aus seiner Stimme den Unterton von Sicherheit und Entschlossenheit entnehmen. Er zerbiss einen Fluch zwischen den Zähnen, weil er keinen Ausweg sah.
Bill Collins stand dabei und rührte sich nicht. Sein Mund war schmal und hart.
»Wird's bald!« Matts Ton war schneidend.
Aller Kampfgeist verließ Mark. Langsam hob er die Hände bis in Schulterhöhe. Er schwang das rechte Bein über das Sattelhorn und rutschte vom Pferd. Schmerzhaft verzog er das Gesicht, weil sich die blutig gelaufenen Füße wieder meldeten.
»Collins!«
Der Mann zuckte zusammen. »Was - was ist?«
»Mein Pferd steht im Ufergebüsch versteckt. Bei den drei zusammenstehenden Pappeln. Du wirst es holen. Klar?«
Der Cowboy nickte. »Sicher, Hastings.« Steifbeinig setzte Collins sich in Bewegung.
»Weg vom Pferd und abschnallen, Mark!«, stieß Matt hart und ungeduldig hervor.
Langsam nahm Mark die Hände herunter. Er trat zwei Schritte vom Pferd weg. »Mein Vater und meine Brüder werden mich herausholen, Hastings!«, fauchte er. Er öffnete die Schnalle des Patronengurts, ließ den Gürtel an sich hinunter in den Staub gleiten.
Matt nickte gleichgültig. »Möglich«, erwiderte er fast schleppend und ging zu dem Pinto, der ruhig stand und mit den Ohren spielte. Über den leeren Sattel hinweg begegnete sein Blick dem Mark Mosleys. Matt glaubte so etwas wie panische Angst darin zu erkennen. Mit einem Griff hatte er die Winchester aus dem Scabbard gezogen. Er schleuderte sie fort. Staub wallte hoch, wo sie aufschlug. Er kam um das Pferd herum. Den Kolben des Gewehres hatte er unter die Achsel geklemmt. Er hielt das Gewehr nur noch mit der rechten Hand. Der Zeigefinger lag gekrümmt um den Abzug.
»Ich rate dir, vernünftig zu sein, Mark«, warnte er. »Die Sache mit Butler wird dir allenfalls ein paar Jahre im Zuchthaus einbringen. Kein Grund, etwas herauszufordern.«
Matt holte aus der Jackentasche Handschellen. Das leise Klirren ließ Mark zusammenzucken. Bill Collins führte Matts Pferd heran. Lose schlang er die Zügel um den Holm vor dem Haupthaus.
»Fessle ihn!«, befahl Matt und hielt dem Cowboy die Handschellen hin.
»Du verlangst viel von mir, Hastings!«, fauchte Collins. »Joshua wird …«
Matt wischte seinen Einwand mit einer unduldsamen Handbewegung vom Tisch. »Tu, was ich dir sage, Collins. Vorwärts!«
Collins knirschte mit den Zähnen, nahm die Handschellen und presste zornig die Lippen zusammen. »Gib mir deine Hände, Mark«, murmelte er dann und trat zwischen den Sheriff und Mark Mosley.
»Aus der Schusslinie!«, peitschte Matts schneidendes Organ.
Mark nutzte den Vorteil, der sich ihm so unvermittelt bot, voll aus. Blitzartig bückte er sich nach dem Colt zu seinen Füßen und riss ihn aus dem Halfter. Ein Schuss peitschte. Matts Instinkte hatten im selben Moment reagiert. Er feuerte zwischen Collins' Beinen hindurch und traf Mark ins Knie. In das Schmettern des Schusses hinein brüllte Mark Mosley Schmerz und Schock hinaus. Das Bein knickte ein. Mark fiel gegen Bill Collins, der von den Ereignissen förmlich überrollt worden war.
Matt hatte repetiert. Er trat blitzschnell zwei Schritte vor. Hart bohrte er Mark die Gewehrmündung in die Seite. Mark schnappte nach Luft. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren. Der Schmerz, der von seinem zerschossenen Knie bis unter seine Gehirnschale hochspülte, verdunkelte seinen Blick und trieb ihm die Tränen in die Augen.
»Lass fallen!«, sprang ihn Matts kalte Stimme an.
Marks Hand öffnete sich. Der Colt fiel auf die Erde und versank halb im Staub. Mark stöhnte auf. Blut lief sein Bein hinunter. Der Hosenstoff färbte sich dunkel. Hätte Bill Collins Mark nicht festgehalten, wäre er sicher gestürzt. Der Schmerz verzerrte sein Gesicht und trieb ihm den kalten Schweiß auf die Stirn.
»Das hast du dir selbst zuzuschreiben, Narr!«, presste Matt hervor. »Und nun leg ihm die Fesseln an, Bill.«
»Zur Hölle, Sheriff, du hast ihm das Bein zerschossen. Er wird verbluten.«
»Er bekommt Hilfe. Vorher aber fesselst du ihm die Hände. Mark gehört nämlich zu den Unbelehrbaren. Er wird es immer wieder versuchen.«
Ein bitterer Fluch quoll über Bill Collins' Lippen. Dann aber Schloss er die Handschellen um Marks Handgelenke. Er führte Mark zur Vorbautreppe. »Setz dich hin, Mark«, murmelte er. »Ich hole Verbandszeug.«
»Dafür wirst du büßen, Hastings!«, knirschte Mark unter Schmerzen. Blut tropfte in den Staub. Er legte sich zurück und spürte Übelkeit in sich aufsteigen. Seine entzündeten Lider fielen halb über die Augen. Er atmete gepresst und rasselnd.
Collins kam zurück. »Joshua wird dich teeren und federn, Sheriff.«
»Joshua wird sich still verhalten«, versetzte Mark lakonisch.
Collins lachte höhnisch. Er schnitt die blutgetränkte Hose auf und starrte auf die Wunde. »Das Knie ist wahrscheinlich kaputt«, erklärte er. Dann begann er, die Wunde zu versorgen.
Es war inzwischen heller Tag. Der warme Wind zerpflückte die Nebelschwaden und leckte den Tau von den Gräsern. Sonnenlicht ergoss sich in den Ranchhof. Wortlos beobachtete Matt, wie Bill Collins den Verwundeten versorgte. Schließlich war der Cowboy fertig.
»Hilf ihm aufs Pferd!«, kommandierte Matt ohne jede Gemütsregung. Er hatte kein Mitleid mit Mark. Denn der hätte ihn ohne mit der Wimper zu zucken getötet.
»Reite nach Garden City, Bill!«, quälte es sich aus Marks Mund. Mit Hilfe des Cowboys kam er ächzend und stöhnend hoch. »Dad muss sofort kommen. Verstehst du, Bill, sofort.« Seine schmerzverzerrte Stimme klang beschwörend. Er humpelte, auf Bill Collins gestützt, zu seinem Pferd, Die Kette, die die beiden Handschellen um seine Handgelenke verband, rasselte.
Dann saß Mark Mosley auf dem Pferd. Collins trat zurück. Matt löste die Leine vom Holm und schwang sich auf den Fuchswallach. Er ritt zu Mark und sagte dumpf: »Vorwärts, Mark, reiten wir. Je eher wir in Big Bow sind, desto schneller kriegst du ärztliche Hilfe.«
»Oder einen Strick um den Hals!«, krächzte Mark entsetzt.
»Ich werde Joshua und deine Brüder verständigen, Mark!«, giftete Bill Collins mit einem bösen Blick auf Matt. »Ich werde den Sattel heißreiten, mein Junge, yeah. Und dann werden wir Big Bow an allen vier Ecken gleichzeitig anzünden, schätze ich.«
»Ihr werdet euch die Köpfe blutig rennen!«, rief Matt unerschrocken und unbeeindruckt. »Vorwärts, Mark, wir reiten. Zehn Meilen bis Big Bow. Du wirst es überstehen.«
*
»Ich — ich kann nicht mehr!«, röchelte Mark Mosley, nachdem sie etwa die Hälfte der Strecke in die Stadt zurückgelegt hatten. »Mein Bein - der Schmerz …« Er sank nach vorn auf den Pferdehals. Der Pinto blieb von selbst stehen.
Matt, der halbrechts hinter Mosley ritt, holte auf. Er sah den Verband um Mosleys Knie. Er war vom Blut durchtränkt. Sein Blick wanderte hoch in Mosleys Züge. Blutverlust und Schmerz hatten tiefe Spuren hineingegraben. Dazu kam die Erschöpfung nach einer schlaflosen Nacht und einem Marsch von sechs Meilen. Mark Mosleys Augen blickten stumpf und trübe.
»All right«, murmelte Matt. »Machen wir eine Pause. Ich werde den Verband wechseln. Dort, im Schatten der Zedern. Vorwärts, Mark, es sind nur ein paar hundert Yards.«
»Ich — ich schaffe es nicht …« Mark rutschte seitlich am Pferdehals vorbei. Im letzten Moment konnte Matt ihn festhalten. Mosleys Lider zuckten wie im Fieber. Seine Lippen waren trocken und rissig.
»Klammere dich an den Pferdehals. — Gut so.« Schnell saß Matt ab. Der Fuchswallach fing sofort an, am Gras zu rupfen. Matt hob Mark aus dem Sattel und legte ihn auf den Boden. Mark wimmerte leise. Benommenheit brandete gegen sein Bewusstsein an. Unzusammenhängendes Gestammel wand sich über seine Lippen. Speichel rann aus seinem Mundwinkel.
Matt nahm aus seiner Satteltasche eine flache Flasche, die mit Brandy gefüllt war. Er zog mit den Zähnen den Korken heraus, ging zu Mark und beugte sich über ihn. »Hier, trink. Der Schnaps wird deine Lebensgeister wieder wecken.«
Mit zitternden Händen griff Mark nach der Flasche. Er setzte sie sich an die Lippen. Die scharfe Flüssigkeit brannte. Matt holte Verbandszeug. Er schnitt den durchbluteten Verband auf. Die Wunde sah übel aus. Matt konzentrierte sich darauf, Mark Mosley einen frischen Verband anzulegen. Von einem Mann in Mark Mosleys Zustand konnte kaum Gefahr ausgehen. Ein Blick in das eingefallene, schweißnasse Gesicht mit den tief in ihren Höhlen liegenden Augen machte die große Not des Mannes deutlich und die Qualen erahnen, denen er ausgesetzt war.
Aber da war auch die Angst. Würde der Sheriff verhindern können, dass ihn ein hängelüsterner Mob am nächsten Baum aufknüpfte?
Mark atmete keuchend. Mit sicheren Griffen legte Matt Hastings ihm den Verband an. Der Brandy hatte seinen Widerstandswillen geweckt. Er stemmte mit den Ellenbogen seinen Oberkörper hoch. Die Kette zwischen den Handschellen spannte sich über seinem Bauch. Zwischen seinen Lidschlitzen erschien ein tückisches Funkeln. Matt schoss einen Blick in sein Gesicht ab und nahm den starren, reptilienhaften Blick Marks unter den gesenkten Lidern wahr. Jäh schlugen Warnsignale in Matt an, und da schoss auch schon Marks gesundes Bein auf ihn zu.