Dschinns - Böse Geister - Claudia Wädlich - E-Book

Dschinns - Böse Geister E-Book

Claudia Wädlich

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Beschreibung

Rory McKenzie, der Leadsänger und Gitarrist der schottischen Band " The Misfires " flieht vor seinen Eheproblemen nach Afrika, zum Gilf Kebir. Seiner Expeditionsgruppe gehört die deutsche Malerin Maja Hesterkamp an. Beide werden von al Quaida entführt. Dann überschlagen sich die Ereignisse und eine Parforcejagd beginnt, die Rory und Maja nicht nur in eine tragische Liebesgeschichte führt, sondern über mehrere Kontinente in die Fallstricke des Netzwerkes des Terrors und seiner Bekämpfung, dem "Global war on terrorism". Dieser internationale Politthriller mit seiner spanungsgeladenen Handlung hält sich an aktuelle Gegebenheiten.

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Eigentlich hätte Rory McKenzie seine tour mit seiner Rockband >The Misfires< noch unendlich gerne fortgeführt, nur um seinem Zuhause fernbleiben zu können.

Denn was seine Jungs nach drei Monaten anstrengender Auftritte Nacht für Nacht sehnsüchtig herbeisehnten, die Familie, London, erzeugte in ihm ein widerwilliges Gefühl von Fremdheit, verbunden mit dem Wunsch nach Flucht und Entzug.

>>Alter<<, stieß ihn sein langjähriger drummer Peter Dorsey an, >>jetzt freu Dich mal ein bisschen. Elaine wird Dir schon nicht den Kopf abreißen. Stress gibts doch in jeder Beziehung. Das ist doch normal nach so vielen Jahren!<<

Rory blinzelte missmutig durch das kleine Fenster des Airbus, der den exotisch klingenden Namen einer asiatischen Fluggesellschaft trug.

Die Morgensonne am Horizont blendete ihn. Erzeugte in ihm nur maßlose Bilder seiner inneren Unruhe. Panik stieg in ihm auf, wenn er an Zuhause dachte.

In den bequemen Sesseln der ersten Klasse des Langstreckenfliegers hatten sie kurz nach ihrem gig Singapur in der Nacht verlassen und setzten in der harten Wirklichkeit eines frühen grauen Morgens auf der heimischen Scholle von Heathrow auf.

Eine unangenehme Vorahnung beschlich Rory während der Passkontrolle und des endlosen Wartens am Laufband der Gepäckausgabe.

>>Sie wird ihn doch wohl abholen?<<

Seine band drehte nach Stunden des Schlafs an Bord erneut auf. Die Jungs spähten aufgeregt durch die ständig aufgehenden Türen zu ihren dort vermuteten, wartenden Angehörigen. Jemand aus ihrer Umgebung musste ausposaunt haben, daß sie um diese Zeit heimkehren würden, denn draußen blockierten Trauben von jubelnden Fans die Ausgänge .

>>Geht es denn auch mal ohne sie ab?<< bemerkte Clive Forsythe, die Bassgitarre, aufgekratzt. >>Jetzt hab` ich aber Feierabend!<<

Er setzte sich mit einer Männlichkeitspose vor die vor Begeisterung kreischenden Teenies in Szene, küßte seine gegenwärtige Flamme und verschwand mit ihr in der Menge.

>>Get your heart under my skin!<< skandierten nun die Fans den berühmtesten song der Misfires in der Eingangshalle.

Rory sang die Lautstärke in den Ohren. Er trug seine Ohrstöpsel nur auf der Bühne. Hier kam er nicht so leicht davon. Hilflos bahnte er sich mit seinen Armen einen Zickzackweg durch aufdringliche Leiber weiblicher Fans, die alle auf einmal nach Autogrammen schrien und hielt verzweifelt Ausschau nach Elaine und seiner Tochter Sarah. Gleichzeitig war er gezwungen, sich pausenlos auf irgendwelchen hingehaltenen Zetteln und Körperteilen zu verewigen. An ein Durchkommen war hier kaum zu denken.

Obwohl >The Misfires< auf eine dreißigjährige Karriere zurückblicken konnten, war die Faszination ihrer großen Hits auf die übernächste Generation übergeschwappt. Zwei Bandmitglieder befanden sich in einem Alter, in dem sich andere bereits um ihre Enkelkinder kümmerten.

Andrew Simms, sein keyboarder, blieb als einziger unerschütterlich an seiner Seite. Andrew lebte allein, widmete sich in seiner knappen Freizeit seinen Jazzkompositionen und trat außerdem mit kleineren Projekten öffentlich in Erscheinung. Auch er hatte Mühe, sich aufrecht zu halten.

>>Sag` mal, hat nicht Elaine heute einen Termin bei Guitar`s World in der Denmarkstreet? Deine Prachtstücke von Gitarren benötigen dringend zarte Pflege!<< grinste er ihn aufmunternd an.

Rory versetzte die Bemerkung einen Stich.

>>Sie wird ihn doch wohl nicht im Stich lassen?<<

Ein unbekannter Mann am Ausgang schien ihn ernsthaft zu mustern. Rory war versucht, ihm die Zunge rauszustrecken, unterließ es aber im rechten Moment.

Wer war dieser Mann? Unverwandt schien er ihm nachzustarren... .

Rory schob auf Anhieb seine Ängste beiseite. Dabei half ihm die Ablenkung auf seiner Suche nach einem Taxi in den dunklen Tunnelstraßen des Heathrower Flughafens. Elaines Fernbleiben hatte in seinem Hirn nur Luftschlösser erzeugt. In der Art, dass der sprichwörtliche Londoner Verkehr sie aufgehalten oder sie keinen Parkplatz in der Nähe der Ankunft gefunden hatte.

Nach einigem Hin und Her gelang es ihnen, in den Fond eines typisch englischen Taxis zu springen. Ihren Rattenschwanz von Fans ließen sie enttäuscht und ernüchtert zurück.

Rory hing augenblicklich wieder seinen schalen Gedanken nach. Elaines bittersüßer Ausdruck im Gesicht, als er ohne sie vor seinem Abflug zum airport gefahren war, hatte Bände gesprochen.

Er kannte jede ihrer Regungen, aber dieses Mal hatte sie ihn buchstäblich überrascht. In ihren Worten hatte ein Zug von Kälte und Abstand mitgeschwungen.

Er konnte sich an diese letzte Aussprache nicht mehr erinnern, nur an ihren Widerwillen in ihrer Physiognomie, der ihm so endgültig erschien.

Bei ihren Auftritten rund um den Globus in anonymen, sich gleichenden Hallen kam ihm fortwährend ihr Gesicht in den Sinn, während er mit seinen psychedelischen riffs seine Gitarre traktierte und ins Mikro hauchte.

Sie war es leid mitanzusehen, wie er langsam aber sicher abbaute, seinen Frust über ausbleibende zündende Songideen an ihr ausließ.

Bei jeder Gelegenheit zu explodieren pflegte, wenn sie es wagte, ihn zu erinnern, den Müll rauszutragen oder in der Einkaufsmall ihre Zigaretten nicht zu vergessen.

Die sie dann eine nach der anderen genüßlich auf der Terrasse zu rauchen pflegte, während er sich in seinem Studio an seiner Gitarre quälte.

Ihr war nicht entgangen, dass er ausgebrannt war, was eigentlich niemand erfahren durfte, weder seine band, noch die danyrecords, und vor allem nicht sein Publikum.

Seine Tochter Sarah befand sich in der Pubertät, hatte Schulprobleme. Ihr fiel es schwer, über ihren ersten Liebeskummer hinwegzukommen.

Aber Rory schien ihr Familienleben nicht mehr wahrzunehmen, schwänzte die gemeinsamen Mahlzeiten und zog sich immer mehr in sein Studio zurück. Sarah beschwerte sich nicht mehr über ihren Vater, schaute ihn nur vorwurfsvoll an, wenn sie ihn mal zu Gesicht bekam, knallte aber ihre Zimmertüre vor seinen Augen zu.

Elaine hatte Rory über die Jahre nach außen abgeschirmt. Mangels eigener Interessen war es ihr gleichgültig gewesen, einem Beruf nachzugehen, als sie Rory in den stürmischen Jahren ihrer Jugend in den Achtzigern kennengelernt hatte.

So erschien es ihr ganz natürlich, ihren Mann in seiner Karriere zu unterstützen, um ihrer Langeweile zu entgehen, dem mehr oer wenigen schleppenden Leerlauf ihrer lustlosen Gedanken.

Die Geburt Sarahs hatte sie zusammengeschweißt.

Wie selbstverständlich erlebten sie Jahre des Glücks, denn Rory war monogam und stieg nicht mit seinen weiblichen Fans ins Bett, sondern schrieb einen Hit nach dem anderen und erholte sich zuhause von seinem anstrengenden Tourleben mit seiner band.

Doch die monatelangen Tourneen in aller Welt hinterließen Spuren in ihrer Beziehung. Elaine fing an, ihren eigenen Pfaden nachzugehen. Ihre verletzten Gefühle suchten sich ein neues Ventil. So vergingen die Jahre und kaum, dass sie es wahrhaben wollten, hatten sie sich spürbar auseinandergelebt.

Maja Hesterkamp stöhnte, als sie oben auf der Leiter stand und vergeblich versuchte, ihr 2x2 Meter großes Ölgemälde für die kommende Ausstellung zu hängen.

>>Verflixt, kann mir mal einer von Euch fauler Bande behilflich sein?<<

Drei ihrer anwesenden Künstlerfreunde lachten sich scheckig.

>>Pass` auf, liebe Maja, sonst bekommst Du noch Übergewicht!<< rief ihr Johannes augenzwinkernd zu und verkniff sich ein ups, als es beinahe um sie geschehen war.

>>Na wartet, ich helf` Euch gleich!<< gab sie zur Antwort, >>herumstehen und Maulaffen feilhalten, während sich hier die arbeitende Bevölkerung abschuftet.<<

>>Arbeitende Bevölkerung?<< Monika und Thomas blickten sich gegenseitig überrascht an.

>>Nun mach mal piano, liebe Maja. Willst Du noch`nen Kaffee?<< fragte Thomas sie lachend. >>Die Presse kommt erst in einer Stunde. Dir steht noch genügend Zeit zur Verfügung!<<

Maja blickte in Richtung Teeküche, in der Tobias gerade beschäftigt war, die Kaffeepads in die Maschine einzulegen. Er wirkte ernst und angespannt, bedachte Maja nur mit einem kurzen Seitenblick.

Sie konnte es immer noch nicht fassen, was Tobias ihr keine zwei Stunden zuvor eröffnet hatte. Dass er zu alt sei, die Galerie weiterzuführen und jeden Monat eine neue Ausstellung vorzubereiten. Ja, das wäre ja angesichts der zwölf ständigen Mitglieder der Galerie halt so usus.

Dass er im Begriff sei, seinen Umzug ins Alterheim Abendruh anzugehen und sie sich einen neuen Partner suchen solle. Er könne die Beziehung nicht mehr aufrechterhalten. Er sei einfach nur noch müde und wolle seine Ruhe haben. Natürlich könnten sie Freunde bleiben, hatte er ihr ein wenig mitleidsvoll angetragen.

Maja traf diese Neuigkeit wie ein Paukenschlag. Sie hatte mit Tobias` Entschluss nicht gerechnet und musste sich erst einmal ablenken.

Bilder hängen war da jetzt die richtige Beschäftigungstherapie, um ihre widerstreitenden Gedanken zu ordnen.

>>Wie kann er mir das nur antun?<< fragte sie sich bitter. >>Wir sind doch glücklich oder etwa nicht?<<

Vom Boden aus betrachtete sie zufrieden ihr Kunstwerk. Auf einem großen tableau Höhlenmenschen, angedeutet in kurzer, knapp gesetzter Strichtechnik.

Wieder war es ihr gelungen, Moderne und paläontologische Symbole zu einer Symbiose zu gestalten.

Zumindest war sie künstlerisch noch auf der Höhe, wenngleich sie sich privat fühlte, als habe sich der Boden aufgetan und sie in einen Abgrund gestürzt. Und sie immer noch fiel und fiel ... .

Johannes riss sie aus ihren Gedanken hoch.

>>Sag` mal<<, von hinten mit einer Broschüre vor ihren Augen wedelnd, >>wolltest Du Dich nicht schon immer mal in die Sahara aufmachen und vor Ort die Felsmalereien studieren?<<

Majas überraschter Blick durchbohrte ihn förmlich.

>>Bin durch Zufall über einen Freund in UK auf diesen Touranbieter gestoßen, der sich nicht zu schade ist, auch auf die ausgefallensten Wünsche einer professionellen Künstlerin einzugehen... . Auf den Spuren von Ladislaus Almassy... .<<

>>Ach Du!<< schnitt ihm Maja das Wort ab. >>Musst Du mir immer ironisch kommen?<<

>>Habe vorhin Euer kleines Gespräch halb mitbekommen<<, verfiel Johannes jetzt in einen vertraulich mitleidigen Ton.

>>Wäre doch die Gelegenheit, um mal in aller Ruhe über Dein weiteres Leben nachzudenken und Tobias eventuell seine Entscheidung revidieren zu lassen.

Was meinst Du dazu?<<

Majas Miene hellte sich sichtlich auf.

>>Natürlich, das wäre die Lösung! Vielleicht sollten sie beide wirklich erst einmal Abstand voneinander nehmen<<, versuchte sie sich vorzustellen.

Die Aussicht auf baldigen Tapetenwechsel ließ ihr Herz höher schlagen. Ihr Zwiespalt, Tobias zurücklassen zu müssen, schmälerte ihre Freude, als er mit einigen Kaffeetassen schwankend, den Ausstellungsraum betrat und sie unbekümmert anlächelte.

Rory McKenzie saß stumm auf seinem Bett und starrte vor sich hin. Das Haus erschien ihm trostlos. An der Wand tickte eine antiquierte Uhr im Takt seiner Einsamkeit. Sein Fuß wippte automatisch mit. Tränen der Bitterkeit flossen ihm übers Gesicht. Sein getrübter Blick heftete sich an das wiegende Laub der Bäume im Garten. Die Natur lebte ihren eigenen Rhythmus, unabhängig von den Verpflichtungen der Menschen.

Und das warme Frühjahr ließ die Blätter sprießen. Nur in ihm schien nichts mehr zu blühen.

Elaines Schränke standen weit offen und gähnten ihn leer an. Wo einst seine wertvollen Gitarren hingen, die er sich im Laufe der Jahre zugelegt hatte, sah man nur noch dunkle Schatten an der Wand. Überhaupt schien das leere Haus ein Ort der Schatten, der Geister der Vergangenheit zu sein. Wo einstmals sein Familienleben stattgefunden hatte, das er für selbstverständlich hielt. Zu seiner zweiten Haut geworden war, in die er nach langen Tourneen schlüpfen konnte. Sein Kraftort, an den er sich zurückziehen konnte, wann immer ihn die Musik auslaugte. Der ihm ermöglicht hatte, seine wunderbaren songs zu schreiben. Nun kam ihm dieser Ort wie ein verlorene Insel des Glücks vor.

Und seine kleine Sarah? Wie schnell sie gewachsen war, fast schon eine junge Dame. Sie hatte ihre Siebensachen mitgenommen. Wie Skelette wirkten auf ihn die zurückgelassenen Möbelstücke ihres Jugendzimmers.

Warum hatte er nie Zeit gefunden, sich mehr um sie zu kümmern? Immer drängte sich ein Termin der band vor, wenn er Sarah zu ihren Aktivitäten fahren wollte.

Sie quittierte es mit einem enttäuschten Gesicht und permanenten Schweigen.

>>Zahl` es ihm doch mal heim!<< hatte er einmal ein Gespräch mit Sarahs Freund belauscht und sich nichts anmerken lassen, als beide Sarahs Zimmer verließen.

Nun war es zu spät.

Es gab kein Zurück. Tief in seinem Innern wusste er es. Vor diesem Tag hatte er sich immer gefürchtet.

Sein Schmerz über Elaines endgültigen Entschluß lähmte ihn, ließ ihn keinen klaren Gedanken mehr fassen. So saß er Stunden, starrte in den Garten, nahm die Schreie der Krähen wahr, der Elstern. Sah den ziehenden Wolkenschiffen nach, überhörte die Anrufe auf seinem handy, die eingehenden Faxnachrichten und das Klingeln an seiner Haustüre.

Als das Trommeln und Schellen immer lauter wurde, schien sein inneres Ohr ein wenig auf das Sturmgewitter zu reagieren. Er saß noch immer im Auge seines familiären hurricaine and konnte nur mühsam reagieren.

Nachdem er lahm die Türe zu öffnen begann, stürmte Peter Dorsey herein.

>>Sag` mal, was ist denn mit Dir los? Deine band und die danyrecords versuchen Dich seit Stunden zu erreichen, Du...!<<

Abrupt stoppte er seinen Redeschwall, als er Rorys tränenverschmiertes Gesicht bemerkte. Binnen einer Sekunde begriff er die Lage, Rory musste ihm nichts mehr mitteilen.

>>Oh Mann<<, bedauerte er ihn aufrichtig. >>Das ist aber ein gekonnter Schlag in die Magengrube!<<

Rory schwieg, ließ sich mit halber Kraft auf einem Stuhl nieder.

>>Was willst Du denn jetzt unternehmen?<< drang er hilflos in ihn ein.

>>Na, was wohl!<< reagierte Rory ärgerlich. >>Weiß ich doch auch nicht! Möchte mal wissen, was sie mit meinen wertvollen Gitarren anstellen will. Die kann sie doch nicht einfach zu Geld machen. Sie fällt auf, wenn sie Jimi Hendrix` Gitarre auf dem freien Markt anbieten läßt. Das macht doch keinen Sinn!<<

Peter Dorseys Miene nahm das geknickte Aussehen seines bandleader an.

>>Aber verletzen kann sie Dich mit ihrer Wegnahme<<, gab Peter zu bedenken. >>Vielleicht solltest Du Dir einfach mal eine Auszeit nehmen, um Deinen Kummer zu vergessen<<, schlug er ihm vor.

>>Wie denn?<< entgegnete Rory bissig. >>Wir sind mittendrin in der Aufnahme unseres neuen Albums.

Außerdem muss ich noch mindestens drei weitere songs schreiben. Julia hat mir schon vierundzwanzig neue lyrics zugeschickt, inspirierende in alle Richtungen gehende Texte, und ich eiere hier immer noch mit meiner Komposition herum. Die keys habe ich schon, aber die Spuren für Gitarre, bass und drums krieg` ich nicht auf die Reihe. Und jetzt dies. Das darf doch alles nicht wahr sein!<< schrie er auf.

Peter trommelte mit seinen Fingern auf dem Tisch herum, an den er sich gerade gesetzt hatte. Er überlegte hin und her. Wie gerne würde er seinem Freund aus der Patsche helfen, aber auch er hatte auf Anhieb keine Lösung parat.

So schwiegen sich beide eine Zeit lang aus. Peter schaute auf die Uhr und dachte an das gig, das heute abend stattfinden sollte.

Er liebte percussions, und ausgerechnet heute würde sein langjähriger Freund Mohammed Avesir aus seinem Album >Antilopes leaps< exzessiven groove hinlegen, zudem noch vor großer >audience< in einer bekannten Londoner Clubszene.

>>Oh yeah!<<

Schon bei dem Gedanken sprang er selbst innerlich durch die Savanne.

Rory fand Peters Trommeln auf der Tischplatte wenig anregend.

>>Kannst Du damit nicht mal aufhören?<< herrschte er ihn missgelaunt an.

>>Sorry<<, entgegnete Peter kleinlaut. Konnte sich aber ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

Rory übersah Peters wechselndes Mienenspiel. Er war gewohnt, dass sein drummer seine inneren Rhythmen in seinen Gesichtsausdruck zu übertragen pflegte. In Peters ausdruckstarker Physiognomie konnte er jede Regung lesen. Für ihn war er ein offenes Buch.

>>Nun rück` schon heraus, wo Du heute abend hingehst<<, versuchte Rory einen versöhnlichen Ton anzuschlagen.

Peters Gesicht hellte sich wieder auf.

>>Zu Mohammed Avesir in den african percussion club<<, erwähnte er voller Vorfreude. >>Willst Du mitkommen?<<

Rory zögerte.

>>Ich stelle Dich ihm vor<<, versuchte Peter ihm den Mund wässrig zu machen. >>Du weißt doch, dass er aus dem nördlichen Tchad stammt. Aus einer Gegend mit vielen Felsmalereien, ähnlich denen um den Gilf Kebir.<<

Bei Rory schien etwas zu klingeln. Der Gilf Kebir!

Diese drei Worte hatten für ihn etwas Magisches. Sie klangen nach der Weite der Wüste, nach Hitze, nach Wadis, Klippen, schroffen Felsen und Höhlen. Ganz zu schweigen von den fantastischen Malereien, den Zeugnissen der Hirten aus dem Abstand unermesslicher, versunkener Zeiten, ihrer verschwundenen Herden..., die ihn da erwarteten... . Sie klangen einfach nur nach unendlichem Horizont... .

Peter hatte es geschafft, ihn zu elektrisieren.

>>Ich komme mit<<, entgegnete er ihm knapp. Eine halbe Stunde später quälten sie sich Stoßstange an Stoßstange durch Londons berühmt berüchtigter rush hour.

Mohammed Avesir ließ seine afrikanische Perkussionsrhythmik in gewaltigen drums mit emotionsgeladenen Klangerruptionen eines sehr bekannten Pianisten zu enthusiastischen Höhen anwachsen. Die Welle der Begeisterung seitens seiner Fans kannte kaum noch Grenzen. Zwanzig Minuten lang wollten der lautstarke Beifall, die Pfiffe und Rufe nicht abebben.

Rory war wie vom Donner gerührt, als ein Mann auf ihn zutrat und ihn ansprach. Es war jene mysteriöse Gestalt, die ihn am heutigen Morgen in Heathrow gemustert hatte. Er stellte sich zunächst als ein Bewunderer seiner band vor, kam aber sehr schnell auf den Punkt seines Anliegens zu sprechen. Er organisiere, von ihm höchst persönlich, kompetent geführte Touren durch die Sahara und habe von Peter Dorsey gehört, dass sich Rory für die Wüste interessiere. Da er noch auf der Suche nach zwei weiteren Interessenten sei, um die Mindestanzahl für eine tour zu erreichen, habe er spontan an ihn gedacht. Peter lächelte nur süffisant dazu.

Rory traute seinen Ohren nicht. Schaute Peter fragend an. Wieso trat dieser Mann ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt an ihn heran, als sein Leben im Begriff war, den Bach hinunterzugehen?

Edward ( Eddy ) Hyde versuchte nach allen Regeln der public relations seinen potentiellen Kunden davon zu überzeugen, sich unbedingt seiner tour anzuschließen. Sie würde ihn zwei Wochen durch vier Länder führen.

Ausgangspunkt ihrer Expedition sei Kairo in Ägypten. Mit mehreren landcruisers gedachten sie über den Fayoum das Wadi Rian und das Wadi Heitan mit seinen Funden an fossilen Knochen des Erdzeitalters anzusteuern und nach Baharija zur Weißen Wüste zu fahren... .

Der weitere Verlauf würde sie dann über das New Valley mit den Oasen Bahariya, Farafra und Dachla führen. Durch das Große Sandmeer zum Gilf Kebir Plateau und weiter südlich zum Dschebel Uweinat mit weiteren Felsmalereien.

Ergo würde die Expedition das Dreiländerdreieck von Ägypten, Libyen und den Sudan ansteuern. Auf ihrer Route planten sie zum Abschluss einen uralten Karawanenweg über die El Kharga Oase in Richtung Nag Hammadi, Ägypten, zu queren.

Eine Komfortreise sei das nicht, dozierte Eddy Hyde.

Rory müsse schon einiges an Kondition aufweisen, wovon in seinem Fall auszugehen sei.

Aufs Haare waschen habe er auch einige Tage zu verzichten, waschen nur bedingt, und beim Kochen draußen auf einem Holzfeuer mitzuhelfen und gegebenenfalls im Sand steckengebliebene Fahrzeuge anzuschieben und beim Zeltaufbau behilflich zu sein. In den Oasen ständen ihm natürlich wieder Hotels der einfachen Klasse zur Verfügung.

Dafür sei das Erlebnis Wüste allerdings mit nichts an Großartigkeit in der Natur zu vergleichen. Ebenso die Betrachtung der Felsmalereien im Gilf Kebir und im Dschebel Uweinat. Die über Jahrmillionen veränderten Zeiträume und Klimazonen der Sahara seien hautnah zu erleben. Eine einmalige Erfahrung, die jeden Expeditionsteilnehmer in ihren Bann schlagen würde.

Denn die Region weiter nördlich, des ehemals großen, nun aber weitestgehend ausgetrockneten Tchadsees, sei eine der bizzarsten Landschaften in der Jahrmillionen umfassenden Menschheitsgeschichte.

Abseits der Zivilisation wären sie natürlich nur über GPS und Satellitentelefon mit der Außenwelt verbunden. Er müsse sich darauf einstellen, zwei Wochen lang ohne band, Familie und musiclabel auszukommen.

Rory hatte den Ausführungen andächtig gelauscht und mußte zugeben, dass er beeindruckt war. Die Aussicht, den heißen Sand unter seinen Sohlen zu spüren, den weiten Horizont zu ahnen und zudem sein permanent gestresstes Hirn durch die unendliche Leere der Wüste entlasten zu können, hatte für ihn etwas zutiefst Reizvolles und Magisches, dessen er sich nur schwerlich entziehen konnte.

Dennoch misstraute er diesem Mann. Irgendetwas schien mit ihm nicht zu stimmen. Peter Dorsey trug in dieser Angelegenheit seine Unschuldsmiene zur Schau. Eine innere Stimme warnte Rory, sich leichtfertig hier und heute zu entschließen. Mittlerweile steuerte nach der Pause erneut die Perkussionsrhythmik auf einen Höhepunkt zu. Rory klangen die Ohren.

Die drums wurden immer härter gesetzt, schienen mit starker Wucht auf ihn einzuwirken, ihn zu hypnotisieren. Vor seinen Augen flimmerte Afrika wie die Fata Morgana einer reizvollen, tanzenden Frau unter tausend Schleiern. Ein Trugbild, das in dem Moment vor seinen Augen platzte, als ihm Elaine wieder in den Sinn kam.

Ernüchtert entgegnete er seinem Gesprächspartner, er wolle sich das Ganze nochmal durch den Kopf gehen lassen. Jetzt und hier könne er noch keine Entscheidung treffen und entschuldigte sich in Richtung Herrentoilette.

Rory schreckte einige Junkies hoch, stieß die Türe mit voller Wucht auf und eilte zum nächsten Waschbecken, wo er seinen Kopf unter einen Strahl kaltes Wasser hielt. Er mußte erst einmal wieder zu Sinnen kommen. Was an diesem Tag auf ihn eingestürmt war, überstieg das Maß seiner Kräfte.

Der Tourveranstalter war verschwunden, als Rory in den Saal zurückkehrte. Mittlerweile war das gig beendet und Mohammed Avesir unterhielt sich angeregt mit seinem alten Kumpanen und Kollegen Peter Dorsey.

>>Sag` mal Peter, kennst Du diesen Herrn?<< unterbrach Rory abrupt ihr Gespräch.

Peter reagierte auf seine wütende Anfrage nicht, stellte ihm stattdessen erst einmal Mohammed Avesir vor, der lange geflochtene Haare trug und ihn unverwandt anstrahlte.

>>Freut mich, Dich mal persönlich kennenzulernen, Mann<<, lächelte Mohammed, und Rory erwiderte seinen festen Händedruck.

>>Habe gehört, Du willst in meine Heimat, Alter? Yeah, das find` ich aber höchst abgefahren!<<

Mohammed pfiff dabei anerkennend durch die Zähne.

>>Wenn ich Dir dabei behilflich sein kann, Rory, immer gerne.<<

Rory bedankte sich freundlich bei Mohammed und wandte sich sichtlich verärgert an seinen drummer.

>>Peter, was soll das? Ich habe noch nicht ja gesagt.

Wieso glaubt hier jeder, ich solle jetzt London verlassen, da ich gerade erst gelandet bin und hier einige Dinge zu klären habe. Ich weiß nicht, wo Elaine ist.

Vielleicht geradewegs zu ihrer Mutter nach Aberdeen. Und ob sich meine Tochter ebenfalls auf den Weg nach Schottland befindet oder sich bei diesem x-beliebigen Freund aufhält, kann mir auch niemand sagen. Ich tappe nur noch im Dunkeln, und Ihr entscheidet einfach über meinen Kopf hinweg. Ich frage Dich noch einmal, Peter. Was soll das, wollt Ihr mich loswerden?<<

Peter starrte auf seine Zehenspitzen, während er die Tirade seines bandleader über sich ergehen ließ. Sein muskulöser Körper verspannte sich zusehends. Mit einer abwehrenden Handbewegung konterte er in eisigem Ton:

>>Wenn Du immer noch nicht verstanden hast, dass wir, Deine band, uns Sorgen um Deinen Zustand machen und alles daran setzen, dass Du wieder zu Deiner alten Form zurückfindest, dann tust Du mir aufrichtig leid. Zu vermuten, dass wir Dich loswerden wollen, ist ja wohl das Letzte. Und jetzt lasse mich mit meinem Freund Mohammed den Abend genießen. Vielleicht ist es für uns alle besser, wenn Du jetzt allein nach Hause fährst und Dich meldest, wenn es Dir wieder besser geht!<<

Er kehrte ihm den Rücken und prostete Mohammed mit seinem Bierglas zu.

Rory war wie vor den Kopf geschlagen, drehte sich ohne ein Wort des Abschieds um und tauchte erst einmal für Tage unter.

Elaine rekelte sich zufrieden in dem Bett ihres lover.

Wie lange sie schon die Aufmerksamkeit eines Mannes vermisst hatte, konnte sie sich nicht entsinnen.

Mit unglaublicher Zartheit tastete er ihre Wirbelsäule ab, spielte auf der Klaviatur ihrer Lust das ganze Spektrum seiner Leidenschaft, ließ sie einen tiefen Blick in seine Gefühlswelt werfen und von seinem muskulösen Körper kosten. Sie trank von seinem heißen Blut, ließ ihn tiefer und tiefer in ihr Sein eindringen, schob ihre Bedenken beiseite. Gewissensbisse plagten sie nicht mehr.

Ihr neuer Zustand war wie eine Befreiung und nicht mehr jener stete latente Selbstmord, den sie in den Jahren des Niedergangs ihrer Liebe zu Rory empfunden hatte. Ihre unermessliche aufgestaute Wut, die seelischen Grausamkeiten, die ihr ihr Nochehemann zugefügt hatte, wurden von dem befriedigenden Erlebnis dieser Nacht beiseite gewischt. Innerlich hatte sie ihre Ehe bereits endgültig abgeschlossen.

>>Und?<< fragte sie ihn leise, >>fliegt er nach Afrika?<<

>>Er wird, Elaine, da bin ich mir sicher. Es bleibt ihm wohl auch nichts anderes übrig. Entschuldige mich bitte, ich muss noch einmal an meine drums. Mir ist gerade was eingefallen.<<

Die vernissage war eine Katastrophe. Tobias hatte mit Maja kaum ein Wort gewechselt, widmete sich ausschließlich seinen geladenen Gästen. Mit einem Sektglas in der Hand stand Maja allein am Fenster und sah draußen den Wind die Blätter aufrollen, heulend in den Windfang der Galerie fahren und die Schirme der vorübereilenden Passanten in der Fußgängerpassage im Handumdrehen umknicken. Passender hätte man ihren Gefühlszustand nicht beschreiben können.

Kaum einer betrachtete die gehängten Gemälde in der unteren und oberen Ebene.

In Trauben sah man einige Eiferer zusammenstehen, die sich am Büffet dillektierten und versuchten, sich gegenseitig die Aufmerksamkeit abzujagen. Sich den Anstrich eines allwissenden Experten gaben, spezialisiert auf die eigene Entdeckung noch unbekannter trendsetter. Der Rest erzählte seinen anwesenden Bekannten von der Familie, den Kindern und ihren einhergehenden Sorgen.

Wie Falschgeld versonnen und in sich gekehrt, wanderte Johannes mit einem Glas in der Hand von einer Ecke zur anderen und langweilte sich. Als er Maja ins Grüne starren sah, steuerte er entschlossen auf sie zu.

>>Nicht das Gelbe vom Ei heute<<, versuchte er sie aufzumuntern. >>Anscheinend spielen wir heute das Wohnzimmer anderer Leute. Habe bis jetzt noch keine Interessenten für meine Bilder.<<

Als der einzige Kunstfotograf unter den Mitgliedern der Galerie konnte er Majas Frust nachempfinden.

>>Dir ergehts auch nicht besser als mir?<< kommentierte sie bitter und nahm einen großen Schluck aus ihrem Glas. Draußen regnete und stürmte es weiterhin cats and dogs.

>>Wird Zeit zu gehen<<, meinte sie.

>>Höchste Zeit<<, fügte er hinzu. Beider Blicke trafen sich kurz.

>>Soll ich mit Dir fliegen?<< fragte er sie leise, die Augen auf das lehmbraune Parkett geheftet.

>>Nein, Johannes, lieber nicht. Ich muss wirklich mal Abstand von der Galerie gewinnen, von allem. Das ist nicht böse gemeint. Du verstehst, was ich meine?<<

Sie schaute ihn flehentlich an.

>>Ja sicher<<, erwiderte er kurz, aber es klang nicht überzeugend. >>Ich bin Dir nicht böse.<<

Mit hängenden Schultern drehte er sich wieder den Gästen zu.

Maja war in Gedanken schon weit weg. Für übermorgen war ihr Flug angesetzt.

Eddy Hyde scharrte sein bunt zusammengewürfeltes Grüppchen aus Briten, zwei Italienern und einer Deutschen in der belebten Eingangshalle des International Terminal von Kairo um sich, nachdem er sie einzeln, dank seines hochgehobenen Schildes, aus den verschiedenen Ausgängen der Gepäckausgabe herangewunken hatte.

Die Maschine aus Rom war als vorletzte gelandet. Die Boeing der Egypt Air aus Düsseldorf via München traf anschließend ein. Seine wartende Schar britischer Schafe, die mit ihm aus London schon vor Stunden eingeflogen war, hatte sich an einem Stand mit kühlen Getränken schadlos gehalten, um noch einmal zivilisatorische Genüsse zu sich nehmen zu können, bevor die Wüste ihre Standfestigkeit in Sachen Kargheit und Verzicht herausfordern würde.

Gelassen schlenderten groß gewachsene, freundlich lächelnde Araberinnen an ihnen vorbei, die weitestgehend den Terminal vor ihrem Heimflug zurück in die Golfstaaten bevölkerten. In lebhafter Konversation miteinander verbunden, promenierten sie, mit ihren Kindern an der Hand, die zahlreichen Ladenpassagen entlang.

Rory McKenzie fand es reizvoll, sich ihre außergewöhnliche Schönheit unter ihren farbigen Schleiern vorzustellen. Ihm waren auf seinen Welttourneen schon die verschiedensten couleurs an weiblicher Schönheit in aller Welt begegnet, aber die hochgewachsenen, arabischen Frauen, die wie models wirkten, begeisterten selbst reisende Europäerinnen, die neidlos zugaben, von soviel noblesse, beauty und Eleganz geblendet zu sein.

Nun wurde es aber höchste Zeit für Eddys Gruppe, den Bus in Richtung Giseh zu besteigen und sich eine Stunde lang von Heliopolis Flughafen durch den zähen und hupenden Kairoer Verkehr zu quälen.

Nach einer Übernachtung in einem kleineren Hotel auf der Pyramidenstraße sollte es am nächsten Morgen frühzeitig im aufgetankten Geländewagen Richtung Süden in den Fayoum gehen, vorbei an den Pyramiden von Abusir, Meidum und Illahun.

Maja Hesterkamp hatte lang` am Gepäckband auf ihre verschiedenen Rucksäcke warten müssen. Nun zählte sie verzweifelt nach, ob auch alle drei von dem Fahrer und seinem Helfer in den Bauch des Busses ordentlich verstaut wurden.

Das war das erste Mal, dass Rory amüsiert hinter seiner Sonnenbrille die grazile blonde Frau aus Germany wahrnahm, während er sein Kaugummi im Mund rotieren ließ.

Ihre Höhlenmenschen waren ihm ein Begriff. Wer sich mit dem Thema Felsmalereien in der Sahara beschäftigte, musste zwangsläufig auf ihre außergewöhnliche Kunst stoßen. Er hatte aber nicht vor, sie das wissen zu lassen.

>>Hauptsache Ordnung, sonst geht doch Eure Welt unter<<, kommentierte er mit scharfzüngigem Sarkasmus ihre Anweisungen an den Gepäckträger.

Maja betrachtete ihn konsterniert. Musterte ihn durch ihre dunkle Sonnenbrille von oben bis unten. Irgendwie kam er ihr bekannt vor.

>>Was Sie nicht sagen!<< erwiderte sie knapp.

Daraufhin drehte sie ihm demonstrativ den Rücken zu.

Im Bus nach einem Platz Ausschau haltend, fragte er lächelnd, ob es erlaubt sei, sich neben sie zu setzen.

Maja zuckte bloß mit den Schultern und versenkte sich in ihre zerknitterte Lektüre, die sie aus ihrer prall gefüllten Handtasche gezogen hatte. Rory grinste sie über beide Backen breit an.

>>Was lesen Sie denn da?<< fragte er sie ungeniert.

>>Nichts, was für Sie von Interesse sein könnte<<, entgegnete sie kühl.

>>Darf man trotzdem erfahren, um was es sich handelt?<< ließ er sich nicht abspeisen. Maja richtete sich kerzengerade auf.

>>Sie lassen wohl nie locker<<, und schaute ihm herausfordernd in die Augen.

>>Bin eben ein neugieriger Mensch<<, gab er ihr amüsiert zur Antwort. >>Oder ist das bei Ihnen in Germany auch verboten?<<

Maja grinste zu so viel Impertinenz.

>>Sie sind auch nicht gerade der Diplomat in Ihrer Majestät`s Diensten, habe ich recht oder?<<

>>Nein, brauche ich auch nicht zu sein<<, erwiderte er. >>Ich hab` Ferien<<, fügte er noch gähnend hinzu.

>>Entspreche auch nicht irgend so einem Beamtentyp. Nun alles klar für Sie?<<

Und versuchte, ein Nickerchen vorzutäuschen.

Maja schüttelte nur den Kopf.

>>Was sind Sie dann? Reisender in Sachen britischer Charme?<<

>>So was Ähnliches<<, gab er ihr wiederum gähnend zur Antwort. >>Ich bin Rockmusiker.<<

>>Aha, eine bekannte Größe?<< fragte sie jetzt neugierig, ließ sich nicht anmerken, daß sie ihn erkannt hatte.

>>Wenn der Name der Rockband >The Misfires< bis zu Ihrem Kaff vorgedrungen ist? Ich bin der frontman und Gitarrist Rory McKenzie. Angenehm.<<

>>Maja Hesterkamp, bildende Künstlerin, guten Tag.<<

Ihr Ton wurde eindringlicher.

>>Kaff? Haben sie gerade meine Heimatstadt Oberhausen mit Kaff bezeichnet? Sie hat 212.000 Einwohner. Auch wenn mir Ihre band bekannt ist, so haben Sie noch lange nicht das Recht, meine Stadt als Kaff zu bezeichnen!<<

>>Doch, das kann ich, habe letztes Jahr dort getourt.

War abends nicht viel los in dieser City, Madam. Lauter Misfits!<<

Maja war wie vom Donner gerührt.

>>Sie waren nur einmal dort und erlauben sich schon ein Urteil?<<

Er grinste sie breit an.

>>Ihr Weg hat sie wohl kaum in unsere Galerie geführt, die zu den Bedeutendsten im nahen Umkreis zählt<<, verfiel sie jetzt in einen dozierenden Ton.

>>Dank vieler herausragender Künstler, die Mitglied sind. Zum Beispiel Johannes Maro, der ein international bekannter artfotographer ist, falls Sie seine Kunst zu schätzen wissen.

Und meine Wenigkeit dürfte auch in ihrem Inselreich nicht gerade unbekannt sein, oder leben Sie nicht sogar zeitweise am Arschder Welt? So dass mein Kunstschaffen Ihrer Aufmerksamkeit entgangen sein dürfte?

Habe gehört, Sie besitzen so eine Hütte im Pazifik.

Oder war es in der Antarktis? Wenn man den Gazetten Glauben schenken kann.<<

Rory kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, ließ ihren Wortschwall über sich ergehen und amüsierte sich köstlich.

>>Die hat es aber in sich<<, dachte er, >>genau mein Typ und auch noch kratzbürstig!<<

Eddy Hyde, der neben dem Busfahrer Platz genommen hatte, missfiel die kontroverse Konversation der beiden.

>>Mrs. Hesterkamp und Mr. McKenzie<<, wandte er sich über das Mikrofon an sie, >>ich bitte Sie inständig, Ihren Disput zu beenden.<<

Rory zuckte mit den Schultern.

>>Wir streiten uns doch nicht!<< erwiderten Maja und Rory fast gleichzeitig.

Und waren sich zum ersten Mal einig.

Im Hotel angekommen, bewegte Rory den operator, ihm eine Leitung zu Allen Harris aufzubauen, zu seinem Vertrauensmann in der Musikindustrie. Es ging um wichtige Details zu seinem neuen Album. Außerdem hatte die Gerüchteküche über Elaines Auszug Ausmaße in den Gazetten angenommen, die seinem image zum Schaden gereichen könnte. Mit Allen wollte er sich kurz über den Fall beraten. Da beide loyal als langjährige Freunde zueinander standen, erhoffte er sich von ihm ungeschminkten Rat. Nach kurzem Hin und Her meldete sich Allen am anderen Ende der Leitung. Seine Stimme klang besorgt.