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Echsistenzen. Lyrische Bilanzen Schon in unserem ersten Lyrik-Band - federn und federn lassen - haben wir erlebt, wie bereichernd das Aufeinanderprallen von Bild und Text sein kann. Diese Erfahrung haben wir jetzt mit Echsistenzen - Lyrische Bilanzen ein zweites Mal gemacht. Zunächst ist Florian Söll in seiner Wahlheimat Schweden rund om den Mälarsee den Bildern des spätmittelalaterlichen Malers Albertus Pictor begegnet. Pictor hat in seine Wandmalereien Tier- und Teufelsdarstellungen eingestreut, die biblisches Denken bebildern und zur moralischen Warnung vor dem Bösen dienen. Söll hat Pictors Bildideen aufgegriffen und Kreaturen gemalt, die in ihrer bösartigen Hässlichkeit - vorsichtig gesagt - eher unsympatisch daherkommen: gerüsselte Stachelschweine, katzenartige Teufelswesen, Echsen, Schlangen, Insekten. Jochen Hering hat sich von diesen Bildern anziehen lassen, Bösartiges und Bedenkliches, aber Liebenswertes und Gelungenes in Ihnen gefunden und in Gedichtform festgehalten. Sarah Hruschka hat als Grafikering die Begegnung von Text und Bild gestaltet. Die Pastelltöne der Seiten sind ihr quasi ironischer Kommentar zum Inhalt. Die Anziehungskraft der Bilder war kein Zufall. Wer genau hinschaut, entdeckt sich selbst und vielleicht auch Andere seiner Umgebung in Mimik, Gestik und Bewegung dieser Kreaturen wieder. Denn das Böse ist ja nicht - nur - außerhalb. Es steckt auch in uns, wir haben Anteile daran. Wer hat noch nicht versucht, andere zu etwas zu verführen? Wer noch nicht seinen Vorteil gesucht und nur aufs Eigene geschaut? Zum nachdenklichen Blick auf Figuren und Rollenträger der Gegenwart (uns selbst eingeschlossen) laden Bilder und Gedichte ein. Halten wir uns nicht für besser als die anderen! Aber bleiben wir auf Abstand und seien wir vorsichtig gegenüber dem scheinbar Selbstverständlichen. Dann bleibt uns als Freiheit ein Stück Einsicht in Verstrickungen, auch in die eigenen. Jochen Hering / Florian Söll
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Seitenzahl: 16
Lebenslauf in uns’rer Zeit, Nichts als leere Flüchtigkeit! Nicht mal die Trauer ist von Dauer.
Echsistenzen
LYRISCHE BILANZEN
Karrieren und Entwürfe
Der Rebell
Das Insekt
Digger, leicht ungeschliffen
Klimawandel
Idyllisch
Das Standbein
Der Kernige
Leben satt
Entwischt
Flittrige Lebensfreude
Laufsteg
Kassensturz
Im Unterwegs
Wie ungerecht
Nicht mit mir
Kaltes Gefühl
Aussichten
Es geht voran
Freie Bahn
Hygiene
Dabei sein
Abgesang
Tierisches Alphabet
Wer nordwestlich von Stockholm die Gegend um den Mälarsee bereist und einige der Kirchen dort besucht, wird an den Wänden auf Kalkbilder von Drachen, wilden Tieren und verkleideten Teufeln stoßen. Gemalt hat diese Bilder vor über 500 Jahren Albertus Pictor. Seine Wandbilder veranschaulichen biblische Geschichten. Die in die Bilder eingestreuten Tierdarstellungen sind Anspielungen auf moralische Grundsätze, Werte, Regeln oder sie warnen vor dem Teufel in tierischer Verkleidung.
Die Wandmalereien Pictors haben mich zu einigen der Bilder in diesem Band inspiriert. Dass ich an diesen Bildern angeknüpft habe, ist ihrer modern anmutenden Flächigkeit, die an Comics erinnert, zu verdanken. Es ist die vereinfachte Darstellung, die sich nicht auf ein reales Modell aus der Natur stützt, der auch das Hörensagen ausreicht. Auch die Kontur passt technisch und stilistisch zu meiner Art der Gouachemalerei.
Die inhaltlichen Absichten von Albertus Pictor habe ich beiseite gelassen. Ich stelle keinen biblischen Kontext her, das Religiöse tritt völlig in den Hintergrund. Es ist ein bewusst nonchalanter und willkürlicher Umgang mit den Bildideen von Pictor. Anfangs habe ich einige seiner Darstellungen imitiert und aus ihrem Zusammenhang gerissen. Es ging zunächst darum, meinen eigenen Duktus für diese Bilder zu finden.
Die Bilder sind jeweils Darstellungen eines einzelnen Wesens, eines einzelnen Tier-Individuums. Der Bildaufbau ist simpel: Das Wesen steht im Mittelpunkt des Bildes, manchmal ist ein passender Lebensraum angedeutet: ein Baum,