Ein Augenblick für immer - Gabriele von Braun - E-Book
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Ein Augenblick für immer E-Book

Gabriele von Braun

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Beschreibung

Ein schrecklicher Unfall. Eine Frau auf der Suche nach sich selbst. Eine leidenschaftliche Begegnung in der Normandie.

Nach einem schweren Unfall reist Charlotte in die Normandie, um sich darüber bewusst zu werden, was sie von ihrem Leben erwartet. Sie ist einfach nicht mehr glücklich - weder mit ihrem Job noch in ihrer Ehe. Bei einem Spaziergang an der Küste trifft sie Pierre, einen erfolgreichen Maler aus Paris, der im malerischen Norden Frankreichs Ruhe sucht. Die beiden verstehen sich auf Anhieb - und erleben eine sehr intensive Zeit miteinander. Doch der Abschied ist unausweichlich.

Schweren Herzens beschließen sie, keine Kontaktdaten auszutauschen, zu viel spricht gegen die Verbindung: Denn sowohl Pierre als auch Charlotte sind verheiratet. Jedoch verabreden sie im Gefühlsrausch, dass sie sich in genau einem Jahr in dem kleinen Restaurant in der Normandie wiedertreffen werden, wenn sie noch immer aneinander denken müssen. Werden Charlotte und Pierre sich wiedersehen?

Ein herzerwärmender Roman über eine Frau, die zu sich selbst finden muss und erkennt, was wirklich wichtig ist im Leben. Ebooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



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Seitenzahl: 362

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Inhalt

Cover

Über dieses Buch

Über die Autorin

Titel

Impressum

Zitat

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Epilog

Über dieses Buch

Nach einem schweren Unfall reist Charlotte in die Normandie, um sich darüber bewusst zu werden, was sie von ihrem Leben erwartet. Sie ist einfach nicht mehr glücklich – weder mit ihrem Job noch in ihrer Ehe. Bei einem Spaziergang an der Küste trifft sie Pierre, einen erfolgreichen Maler aus Paris, der im malerischen Norden Frankreichs Ruhe sucht. Die beiden verstehen sich auf Anhieb – und erleben eine sehr intensive Zeit miteinander. Doch der Abschied ist unausweichlich.

Schweren Herzens beschließen sie, keine Kontaktdaten auszutauschen, zu viel spricht gegen die Verbindung: Denn sowohl Pierre als auch Charlotte sind verheiratet. Jedoch verabreden sie im Gefühlsrausch, dass sie sich in genau einem Jahr in dem kleinen Restaurant in der Normandie wiedertreffen werden, wenn sie noch immer aneinander denken müssen. Werden Charlotte und Pierre sich wiedersehen?

Über die Autorin

Gabriele von Braun brach ihr Soziologiestudium ab, um etwas absolut Ausgefallenes zu wagen: Sie studierte BWL. Doch es nützte nichts – sie landete auf direktem Weg »in den Medien«, wo sie u.a. als PR-Redakteurin tätig war, bevor sie zu SPIEGEL TV überlief. Inzwischen arbeitet sie im Programm-Marketing für eine Landesrundfunkanstalt. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

GABRIELE VON BRAUN

Ein Augenblickfür immer

beHEARTBEAT

Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Copyright © 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Clarissa Czöppan

Lektorat/Projektmanagement: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Nicole Meyer, designrevolte.de

Unter Verwendung von Motiven von © shutterstock: Fona | Rolau Elena | solarbird | NottomanV1

eBook-Erstellung: Olders DTP.company, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-5142-2

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

»Am Ende gilt doch nur, was wir getan und gelebt – und nicht, was wir ersehnt haben.«

1

»Für jeden Schneckenfreund die passende Schnecke –- die Schneckenwochen im Backhaus König. Ein noch dämlicherer Claim für die Aktion ist euch wohl nicht eingefallen? Warum muss ich mich überhaupt mit diesem Mist herumärgern?«, knurre ich ins Telefon. Mein Blick wandert über den Flyer-Entwurf, hin zu einer allzu niedlichen Schnecke mit riesigen Kulleraugen und langen Wimpern, die an verschiedenen Obstsorten vorbeikriecht. »Tommi, was soll diese Grafik? Fehlen nur noch dicke Schneckenbrüste. Sexismus at its best! Was für ein Dreck!«

»Charlotte, reg dich ab! Das Briefing kam von euch, von Herrn Zimmermann«, sagt Tommi.

Tommi und ich kennen uns schon ewig. Mein Vater hat seine kleine Werbeagentur vor Jahren für unser Backhaus König engagiert.

»Der Zimmermann! Diesen Typen mit Marketingaufgaben zu betrauen, hätte ich mir besser sparen sollen. Bloß gut, dass mein Vater das nicht zu Gesicht gekriegt hat.«

»Jetzt sei nicht so hart, der arme Mann ist doch erst seit einem Monat dabei.«

»Nachsicht finde ich in diesem Fall völlig unangebracht. Er hätte es mir zeigen sollen, bevor er dir die Freigabe erteilt. Der kann was erleben!« Unruhig rutsche ich in meinem Schreibtischsessel hin und her.

»Deswegen habe ich es dir ja geschickt. Ich war mir auch nicht sicher.«

»Alles muss man alleine machen! Der Flyer geht Montag früh in Druck. Was für ein Glück, dass du mich so gut kennst.«

»Für mich ist das nicht immer ein Glück. Aber ich schenke dir gern an einem Samstag meine wertvolle Zeit.«

Ich seufze. »Tommi, du bist nicht der Einzige, der heute arbeiten muss.«

»Schon gut, ich hätte mich sonst eh nur gelangweilt. Was willst du haben?«

»Lass mich kurz überlegen.« Ich krakele mit meinem Montblanc-Füller auf ein weißes Blatt Papier. »Der Begriff ›Schneckenwochen‹ ist leider seit Jahren gesetzt, da kommen wir nicht drum herum …«, murmle ich. In den sogenannten ›Schneckenwochen‹ bieten wir von der Streusel- über die Heidelbeer- oder Pudding- bis zur Rhabarberschnecke alle möglichen Sorten dieses Süßkrams an. »Gut, schreibe: ›Die majestätische Schneckenparade – Schneckenwochen im Backhaus König‹. Dann muss noch mit rein, dass drei köstliche Schnecken nur 3,33 Eurokosten. Und nicht zu vergessen: ›Wir backen, was Sie begehren‹. Setz der Schnecke eine Krone auf, mach die Augen kleiner und reiß ihr die Wimpern aus.«

»Zu Befehl. Aber ich weiß nicht, ob …«

»Tommi, so machen wir das jetzt!«

»Charlotte, du treibst mich noch in den Wahnsinn. Aber gut, bei den vielen Schneckenfreunden da draußen wird die Aktion bestimmt wieder ein Selbstläufer.«

Ich grinse. »Ja, das denke ich auch. Schnecken gehen immer.«

»Äh, und mit dem Claim bist du dir wirklich sicher, ja?«

»Keine Diskussion mehr!«

»Du bist die Chefin. Ich schicke dir den fertigen Entwurf nachher rüber.«

»Ich danke dir, bis dann.«

Ich zerknülle das vollgekrakelte Blatt Papier und pfeffere es in den Papierkorb.

Das Backhaus König wurde kurz nach dem Ersten Weltkrieg von meinem Urgroßvater eröffnet. Er hat sich damals hier in Hamburg einen Traum erfüllt, an dessen Fortbestand die nachfolgenden Generationen teilhaben dürfen. Müssen. Im Alter von siebenunddreißig Jahren stieg ich, Charlotte Hansen, geborene König, an die Spitze des Familienunternehmens auf. Das ist jetzt knapp drei Jahre her. Mein Vater hat sich damals nach einer Prostatakrebs-Erkrankung entschieden, sich zurückzuziehen. Aber das Loslassen ist nicht so seine Sache. Er mischt entweder von der fernen Insel Sylt oder auch hier von Hamburg aus rege mit. Für ihn – und zwangsläufig für mich auch – war seit meinem ersten Schrei klar, dass ich eines Tages ins Familienunternehmen einsteigen würde. So habe ich nach der Schule zunächst eine Bäckerlehre gemacht und anschließend BWL studiert.

Neben unserer Hauptfiliale, die sich seit über dreißig Jahren im gleichen Haus befindet wie die Büros, haben wir neunundvierzig Geschäfte, fünf in Hamburg und die weiteren Filialen über das nördliche Schleswig-Holstein verteilt. Mit über vierhundert Mitarbeitern und einer top ausgebauten Produktionsstätte am Rande der Hansestadt kämpfen wir jeden Tag aufs Neue gegen all die Aufbackstationen in den Discountern und Supermärkten an. Hauptsache billig, von Jahr zu Jahr wird das Geschäft schwieriger, da können wir noch so sehr auf Qualität setzen. Zudem poppen ständig interne Probleme auf. Ob ein hoher Krankenstand oder Hygienemängel – irgendwas ist immer.

Ich trinke angewidert meinen kalten Kaffee aus und überfliege den neuen Vertrag mit einem Zulieferer, unterschreibe diverse Schriftstücke und gehe dann runter ins Geschäft. Samstags haben wir bis dreizehn Uhr geöffnet. Ich schaue auf die Uhr, eine knappe Stunde bis Ladenschluss. Es herrscht noch immer reger Andrang, die vier Verkäuferinnen haben gut zu tun. Mein Blick bleibt an Frau Wildmann hängen. Sie ist Anfang sechzig und schon seit über dreißig Jahren Verkäuferin bei uns. Heute gefällt sie mir gar nicht. Kaputt sieht sie aus, ihr Teint ist so fad wie Mehl und ihr Blick grimmig. Wie ein Schatten stelle ich mich hinter sie. Sie dreht sich kurz zu mir um, während sie das letzte glutenfreie Hafer-Hirse-Walnussbrot in eine Papiertüte steckt.

»Liebe Frau Wildmann, ich weiß, dass es anstrengend ist. Geht es trotzdem ein bisschen freundlicher?«, raune ich.

»Aber … aber …«

»Nur noch eine knappe Stunde, dann haben Sie es geschafft!«

Eine Kundin reicht Frau Wildmann Kleingeld über den Tresen. Ich lächle falsch. Ich habe genug. Ich nicke den anderen Verkäuferinnen zu und mache, dass ich wegkomme.

Mein Magen knurrt vor Hunger. Ich schwinge mich auf mein Fahrrad und lege einen Zwischenstopp bei meinem Lieblings-Deli ein, wo ich eine Maishähnchen-Roulade verschlinge. Gut gesättigt radle ich entlang der Binnenalster über den Neuen Jungfernstieg bis zur Außenalster nach Harvestehude. Dort lebe ich mit Claas, meinem Mann, in einer geräumigen Fünf-Zimmer-Altbauwohnung.

Claas und ich sind seit elf Jahren verheiratet. Manchmal kann ich selber kaum glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Aus einer früheren Beziehung hat er einen sechzehnjährigen Sohn, Julius. Er lebt bei seiner Mutter in Hannover, aber einmal im Monat verbringt er das Wochenende bei uns. Unser Verhältnis ist nicht gerade von Herzlichkeit geprägt. Julius ist kein Pubertier, sondern ein fieses Pubermonster. Er tyrannisiert mich, wo er nur kann. Leider ist er an diesem Wochenende wieder zu Besuch. Aber von dem Gedanken an meinen hormongesteuerten Stiefnachwuchs lasse ich mir diesen wunderschönen Frühsommertag nicht kaputt machen. Die Sonne lugt hinter ein paar friedlichen Schäfchenwolken hervor, die sicher noch nie »Eybitchbistnichtmeinemutter« genuschelt haben.

Die Vögel zwitschern ausgelassen, und die Menschen, an denen ich vorbeifahre, sind im entspannten Wochenendmodus. Die haben es gut! Ein warmer Wind fährt mir durch die Haare. Die Hansestadt zeigt sich heute wirklich von ihrer schönsten Seite. Ich merke, wie sehr mir die vergangene Woche in den Knochen steckt, es ziept überall, und ich bin völlig erschöpft. Das ist quasi ein Dauerzustand bei mir. Am liebsten würde ich gleich ein Nickerchen machen. Aber das kann ich vergessen, wenn das Pubermonster zu Besuch ist.

Zigarettenrauch schlägt mir entgegen, als ich die Wohnungstür aufschließe. Wie ich das hasse!

Ich lasse meine Sachen auf den graugrünen Vintage-Zweisitzer von Ligne Roset fallen, der rechts neben der Tür in unserem großzügigen Entree steht, und registriere das Pochen meiner Halsschlagader. Reg dich nicht gleich wieder auf! Das ist leicht gesagt. Ich lasse meinen Blick über die Wand gleiten. Erst letztes Wochenende habe ich die Bildersammlung neu sortiert, nun in Petersburger Hängung. Dicht an dicht drängen sich die Rahmen mit Sprüchen und Schwarz-Weiß-Fotografien. Ein Neuzugang ist die motivierende Lebensweisheit C’est la fucking vie, die nun neben Happiness is the smell of a bakery hängt, einem Geschenk von Claas anlässlich meines Aufstiegs zur Chefin. Genug nicht aufgeregt! Ich falle ins Wohnzimmer ein.

Claas sitzt mit einer Flasche Bier in der Hand im Sessel, seine Beine liegen auf dem Tisch. Über den Fernsehbildschirm flimmert ein Fußballspiel.

»Es ist halb drei! Was soll das hier?«, töne ich. Meine Müdigkeit ist wie weggeblasen.

»Ach, Charlotte, hallo. Schön, dass du da bist.« Unbeeindruckt hebt er seine Hand zum Gruß.

»Wenn du schon unbedingt rauchen musst, dann auf dem Balkon, verdammt! Wie oft hab ich dich darum bereits gebeten?« Demonstrativ reiße ich ein Fenster auf.

»Entspann dich, Charly! Es war nur eine, aufs Wochenende sozusagen.«

»Draußen ist so schönes Wetter, und du machst hier einen auf Couchpotato! Wo ist eigentlich Julius?« Glaubst du, deine Schimpftirade macht irgendetwas besser?

»Charly, es ist Wochenende! Komm, setz dich. Möchtest du was trinken? Ein Glas Wein oder Champagner? Wir haben auch noch einen Rest Crémant im Kühlschrank.«

»Was solls, dann nehme ich ein Glas von dem, was wegmuss.« Widerwillig setze ich mich auf den flauschigen Teppich.

Claas verschwindet in der Küche und bringt mir ein Gläschen von dem Schaumwein. »Danke. Auf das Wochenende!«, sage ich.

»Zum Wohl, meine Liebe!« Claas prostet mir mit seiner Bierflasche zu.

»Wo ist denn nun dein reizender Sohn?«

»Er ist mit einem Freund verabredet und kommt erst heute Abend wieder.«

»Na, da habt ihr beiden ja richtig was voneinander.« Ich trinke noch einen Schluck. Ein Sonnenstrahl fällt ins Zimmer. »Komm, lass uns doch rausgehen bei dem schönen Wetter. Das haben wir ewig nicht gemacht. Dafür verzichte ich sogar auf meinen Nachmittagsschlaf.«

»Charly, das ist ein wichtiges Spiel.«

Ich stelle mein leeres Glas auf den Tisch. »Ja, na klar. Sag Bescheid, wenn du es dir anders überlegst.«

Claas’ Reaktion entgeht mir, denn es klingelt. Die Blumen! Wie jeden Samstag, pünktlich um fünfzehn Uhr, bringt mir der Lieferservice drei prächtige Sträuße vorbei. Einen platziere ich wie immer auf dem weißen Panton-Tulip-Table im Esszimmer, den zweiten auf dem Couchtisch im Wohnzimmer und den dritten auf dem Küchenboard. Ein behagliches Heim ist mir wichtig.

Ich gehe wieder zurück ins Wohnzimmer und setze mich in den neuen Designersessel, den ich erst letzten Monat gekauft habe. Von hier aus habe ich einen guten Blick auf Claas, der wie in Trance das dämliche Spiel verfolgt. Fülliger ist er geworden in letzter Zeit, aber das ist nicht verwunderlich bei seiner Lebensführung. Alkohol und Nikotin sind nun mal nicht die optimalen Fitness-Coaches.

Seine blonden Locken sind schütter geworden und verdecken nur noch ansatzweise seine Geheimratsecken. Unter seinem blauen Poloshirt zeichnet sich ein kleiner Schmerbauch ab. Er hat eine Hand darauf abgelegt. Das Bild hat kaum mehr etwas von dem des Mannes, in den ich mich vor vierzehn Jahren verliebt habe. Mit seiner Energie, dem klaren Blick, seinem Witz und Intellekt hat er mich damals sofort in seinen Bann gezogen. Noch dazu sah er aus wie ein Surferboy, so durchtrainiert und athletisch, wie er war. Inzwischen beschränken sich seine sportlichen Aktivitäten nur noch darauf, ab und zu mit Größen aus der Hamburger Gesellschaft golfen zu gehen. Claas ist Anwalt für Verkehrsrecht und hat sich einen hervorragenden Ruf in der Hansestadt aufgebaut. Ich weiß nicht, wie viele VIPs und Politiker er schon vor dem Führerscheinentzug bewahrt hat.

»Charly, hör auf, mich zu beobachten. Ich sehe das. Und ich mag es nicht.«

Ich verziehe das Gesicht. »Es gibt nun mal nichts Spannenderes für mich, als einen Bier trinkenden Mann vor dem Fernseher zu betrachten.«

Claas wirft mir ein Küsschen zu. »Ach komm, so schlimm ist es doch nun auch wieder nicht.«

Werbung flimmert über den Schirm. Claas steht auf und streckt seine Arme nach mir aus. Ich lasse mich von ihm hochziehen. Und jetzt? Er hebt mich hoch und wiegt mich wie ein Kind hin und her. Ich rieche das Eau de Toilette, das ich ihm zu Weihnachten geschenkt habe.

»Ich wusste gar nicht, dass du noch so viel Kraft hast«, sage ich.

»Du unterschätzt mich eben ständig.«

»Denkst du dran, dass Papa nächsten Samstag seinen Geburtstag feiert? Diesmal kommst du doch mit, oder?«

Claas setzt mich ab und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. »Wärst du sehr sauer, wenn ich hierbleibe?«

»Er wird fünfundsiebzig! Bitte spring doch einmal über deinen Schatten!« Ich lege meine Hände auf seine Schultern und schüttle ihn sanft.

»So einfach ist das nicht. Leif wird es verschmerzen, wenn ich nicht dabei bin.«

Leider ist das Verhältnis zwischen meinem Vater und seinem Schwiegersohn alles andere als optimal, worunter ich immer wieder leide. »Sein Name könnte nicht treffender sein. ›Your König for Leif – dein König fürs Leben‹«, sagt Claas gerne. Er wirft mir vor, dass ich mich stets und ständig meinem Vater unterordne und abrackere, um ihm alles recht zu machen.

Die Werbepause ist vorbei. Claas gibt mir einen Klaps auf den Po und kehrt auf seinen Platz zurück.

»Du kannst es dir ja noch mal überlegen«, sage ich, wohl wissend, dass das nicht passieren wird.

Ein Tor fällt. Claas jubelt. Ihm gelingt innerhalb kürzester Zeit das, was mir immer wieder schwerfällt: abschalten.

Ich tigere durch die Wohnung und lege die achtlos hingeworfenen Sachen von Julius auf einen Haufen. Da klingelt mein Telefon. Eltje ist dran, meine drei Jahre ältere Schwester. Wir telefonieren äußerst selten miteinander, es muss etwas Wichtiges sein.

»Was ist passiert?«, frage ich zur Begrüßung.

»Wie ich dich kenne, hast du doch sicher längst ein Geschenk für dein Papilein, oder?«

»Stimmt. Lass mich raten, du nicht?« Ich rücke ein gerahmtes Foto meiner Eltern im Flurregal gerade.

»Korrekt. Ich wollte ihm ein Zepter schnitzen, aber ich habe mich an der Hand verletzt, und deswegen wird nichts draus. Kann ich mich bei dir beteiligen?«

»Eltje! Was ist denn los?«

»Ich hätte besser nicht dieses japanische Kochmesser zum Schneiden von Apfelspalten verwenden sollen.«

»Autsch!«

»Danke für deine Anteilnahme. Was schenkst du ihm denn nun?«

»Eine Kiste australischen Shiraz, der gehört zu den besten Rotweinen der Welt.«

»Wie originell, Rotwein! Was kostet der?«

»Ähm …«

»Okay, ich will es gar nicht wissen. Schenk ihm deinen exquisiten Wein, Prinzessin, mir fällt schon noch was ein. Wenn ich nicht kurzfristig absage, sehen wir uns nächstes Wochenende auf der Insel.«

Blöde Kuh! »War es das jetzt?« Aber da hat Eltje bereits aufgelegt. Sie und mein Vater stehen sich nicht besonders nahe – und wir uns auch nicht. Meine Eltern haben anscheinend schon geahnt, dass wir nichts gemeinsam haben werden, als sie uns unsere Namen verpasst haben. Charlotte und Eltje harmonieren nicht miteinander, sie kommen aus völlig verschiedenen Welten. Wobei ich nur aus dem Grund nicht Stine oder Beeke heiße, weil meine Großmutter kurz vor meiner Geburt starb und es meiner Mutter gefiel, ihren Namen an mich weiterzugeben.

Im Gegensatz zu mir war Eltje ein rebellischer Teenager, der sich die Haare grün färbte und nichts sagen ließ. Ich hingegen war für sie nur die Streberin und Papileins Liebling. Mit neunzehn wurde sie das erste Mal schwanger, von einer Urlaubsbekanntschaft in Frankreich. Kind Nummer zwei folgte zwei Jahre später, diesmal gezeugt bei einem One-Night-Stand in Deutschland. Mit sechsundzwanzig heiratete sie Ferdinand, einen Obstbauern aus dem Alten Land. Sie bewirtschaften zusammen den Hof seiner Eltern. Viel kommt nicht rum dabei. Mit Ferdinand bekam sie noch zwei weitere Kinder, die heute zehn und vierzehn sind.

»Was bildet die sich ein?«, brabble ich, als ich an Claas vorbei in die Küche gehe, um mir etwas von dem Crémant nachzuschenken.

»Ist alles in Ordnung mit dir?«

»Sieht man das nicht?«

»Doch, doch.« Er mustert mich mit einem derartig ernsten Blick, dass ich lachen muss.

»Das war Eltje, oder?«

Ich nicke.

»Es wird Zeit, dass ihr euer krankes Verhältnis endlich klärt – oder euch endgültig in Ruhe lasst.«

Ich stütze meine Hände in die Hüften. »Kommst du mir jetzt etwa als Familientherapeut? Ausgerechnet du?«

»Warum nicht? Das war doch ein guter Anfang, oder?«

»Tsss … lasst mich doch alle in Ruhe!« Ich drehe mich um und stapfe in mein Zimmer. Tür zu!

Das ist wieder einer der Momente, wo ich besonders froh darüber bin, mein eigenes Reich zu haben. Da kann sich Claas noch so sehr über meine Mädchenzimmer-Macke, wie er es nennt, amüsieren. Jedes Jahr richte ich es mir neu ein. Diesen Grad an Veränderung ertrage ich gut, ansonsten habe ich es nicht so damit. Diesjähriges Motto: Bohemian Luxury. Seit ich für ein Wochenende in Marrakesch war, bin ich der Ethnowelle verfallen, und so kann ich meine Spontankäufe wie bunte Kelimteppiche und Kissen wenigstens noch verwerten. Ich lasse mich in den schwarzen Hängesessel fallen, den meine Freundin Sophie geknüpft hat, und rufe sie an. Mist, nur die Mailbox. Ich schreibe ihr eine Nachricht:

Ich bezahle den Babysitter, wenn du heute Abend mit mir essen gehst. C.

Es dauert nicht lange, bis die Antwort kommt: Ganz spontan schaffe ich es sogar ohne deine finanzielle Unterstützung. Torbens Schwester ist da! Dahinter hat sie zwei Sektgläser und eine Flasche gesetzt.

Ich tippe zurück: Großartig! Ich freue mich so auf dich!

Sophies Antwort in Form von fünf hochgestreckten Daumen und einem Restaurantvorschlag erreicht mich nur wenige Sekunden später. Ich lege meine Füße auf dem goldenen Beistelltisch ab, der vollgepackt ist mit Fach- und Frauenzeitschriften und sende Sophie einen Kussmund.

Um wie viel reicher wäre unser Leben wohl ohne diese infantilen Emojis, die uns zu viele Worte abnehmen?

2

Sophie und ich haben uns im Studium kennengelernt. Sie schmiss jedoch nach vier Semestern das BWL-Handtuch und sattelte auf Innenarchitektur um. Seit drei Jahren ist sie Mutter der kleinen Johanna. Vor einiger Zeit hat sie ihre Leidenschaft für Makramee entdeckt, diese orientalische Knüpftechnik. Angefangen hat alles mit Blumenampeln, inzwischen designt Sophie immer anspruchsvollere Objekte. Der Hängesessel, in dem ich sitze, ist eins davon. Torben, ihr Mann, ist fast zwanzig Jahre älter als sie und Schauspieler. Durch seine betont jugendliche Art wirkt er jedoch nicht so.

Die Vorfreude auf den Abend mit Sophie hat mich wieder etwas ruhiger werden lassen, und ich schaue bei Claas vorbei, um ihm von meiner Verabredung zu erzählen. Das ganze Zimmer ist nun von der Sonne geflutet. Die weißen Möbel und das helle Grau an den Wänden blenden mich regelrecht. »Läuft das Spiel etwa immer noch?«, frage ich.

»Das ist nur noch die Analyse. Wir haben gewonnen!« Claas reißt seine Arme nach oben.

»Wozu musst du dir dann noch eine Analyse ansehen?«

»Das verstehst du nicht.« Er hat recht. Wie er sich mit diesem Verein identifiziert, kann ich nicht nachvollziehen.

Ich schaue auf die Uhr. Es ist erst kurz nach vier. »Mach doch die Kiste aus, und lass uns draußen einen Kaffee trinken gehen! Das wird dir guttun, du Stubenhocker. Denk an deinen Vitamin-D-Speicher, der muss gefüllt werden.«

Claas blickt mich mit seinen treuen grünen Augen an. »Lieb von dir, dass du nicht lockerlässt, aber gleich spielen noch die Bayern.«

Ich rolle mit den Augen. »Ich sollte mir einen Hund anschaffen. Der fordert den Ausgang sogar ein.«

»Bitte nicht! Komm, als Kompromiss gehen wir eine Runde auf den Balkon.«

»Super, genau so habe ich mir unseren Spaziergang vorgestellt.«

Ich folge Claas nach draußen. Sofort steckt er sich eine Zigarette an.

»Es ist doch absurd, dass du nicht davon loskommst. Du warst Nichtraucher, als wir uns kennengelernt haben. Ich war die Nikotinabhängige.«

»Und ich habe es geschafft, dich davon wegzubringen.«

»Warum musstest du dann plötzlich damit anfangen? Und warum kriege ich dich nicht weg davon?«

Claas nimmt einen tiefen Zug und zuckt mit den Schultern. »Weil ich es liebe zu rauchen und weil ich es nicht aufgeben möchte.«

»Du liebst es, aha! So was Dummes habe ich lange nicht gehört«, murmle ich.

»Nur die Besten sterben jung.«

»Findest du das etwa witzig? Vor allem mach dir keine Illusionen, dafür bist du schon zu alt.« Ich suche mir ein rauchfreies Plätzchen und inhaliere tief die milde Luft. Dabei blicke ich auf den grünen Park auf der anderen Straßenseite. Kinderstimmen erschallen und lautes Lachen.

»Es ist schön hier draußen. Der Balkon hat mehr verdient als ein Dasein als Raucherecke.«

»Du hast ihn dazu stilisiert. Dabei ist so ein Balkon wesentlich flexibler«, sagt Claas und ascht in einen leeren Blumentopf. Wir schweigen. Früher konnten wir uns stundenlang unterhalten über Gott, die Welt und unsere Gefühle. Heute sind unsere Gespräche oberflächlicher. Wir reden kaum mehr über uns, sondern am liebsten über andere. Als ich Claas einmal darauf ansprach, meinte er nur, dass wir uns doch gut eingerichtet hätten in unserem Leben und warum ich klagen würde. Letztlich hat er wohl recht. Was erwarte ich noch? Wir sind gesund und können uns alles leisten. Herzlichen Glückwunsch, Charlotte! Aber du sehnst dich doch nach mehr Leichtigkeit und Leidenschaft, du möchtest öfter ausgehen, unbeschwert lachen, am Strand entlanglaufen … »Und Tango tanzen«, flüstere ich den purpurfarben blühenden Petunien in ihrem Kasten zu.

»Hast du was gesagt?«, fragt Claas.

»Nichts, was dich interessieren würde.«

»Sieh dir das an, da drüben läuft von Haubenstein mit seiner geliebten Ehefrau.« Er lacht abfällig. »Und heute Nacht fickt er wieder kleine Jungs.«

»Claas! Wie du redest!«

Konstantin von Haubenstein ist nicht nur ein Topmanager, sondern auch ein wichtiger Meinungsbildner in der Hansestadt, der immer wieder in der Presse zu Wort kommt. Ich sehe die sehr blonde Mittfünfzigerin und den hochgewachsenen Mann mit den weißen Haaren Hand in Hand über den Gehweg schlendern. Sie wohnen um die Ecke.

»Na, ist doch wahr. Was für eine Show! Wahrscheinlich lauert irgendwo ein Paparazzo.«

Claas hat Herrn von Haubenstein bereits mehrmals vertreten. Zuletzt wurde er nachts um zwei geblitzt, er war dreißig km/h zu schnell. Auf dem Beweisfoto sah man neben ihm einen augenscheinlich jungen Mann in Streetwear, da nutzte auch der Balken über den Augen nichts. Es ist von Haubensteins großes Geheimnis, dass er sich gern mit sehr jungen Männern trifft, was er Claas in angetrunkenem Zustand gebeichtet hat.

»Du bist widerlich. Ihr geht zusammen golfen, er vertraut dir!«

Claas beugt sich über die Brüstung und sieht ihm nach. »Stell dir vor, ich würde ihn damit erpressen. Das wäre doch mal ein Spaß.« Er kichert.

Ich schüttle den Kopf. »Du kannst wirklich so wahnsinnig lustig sein.«

»Mein Humor ist eine Grundsäule meines Erfolgs.« Claas drückt seine Zigarette aus.

»Früher fand ich ihn großartig. Doch irgendwann hat sich dein Sinn für Humor gewandelt. Ich gehe heute Abend übrigens mit Sophie essen. Du kannst dir dann mit Julius einen schönen Männerabend machen.«

»Wie du seinen Namen schon wieder aussprichst! Charly, sei nicht immer so empfindlich, wenn es um ihn geht. Der Junge ist mitten in der Pubertät, das sind die Hormone. Der meint es nicht so.«

»Ja, sicher. Er wäre ein interessanter Fall für die Wissenschaft, solange wie er bereits unter hormonbedingten Ausfällen leidet. Das geht doch locker seit acht Jahren so.«

»Ach komm schon, so schlimm ist er gar nicht.« Claas steckt sich eine neue Zigarette an.

»Ja, weil er es manchmal schafft, sich zusammenzureißen, wenn du dabei bist.«

»Siehst du, er verfügt durchaus über eine gewisse Sensibilität.«

»Männer!«

»Mach dir einen schönen Abend mit Sophie. Aber du verpasst dann den Pizza-Lieferservice, von dem wir uns heute Abend verwöhnen lassen.«

»Na, bei dieser Verlockung überlege ich mir natürlich noch mal, ob ich losziehe«, witzele ich und gehe rein. Tommi hat den neuen Entwurf für den Flyer geschickt. Ich gebe ihn frei und mache mich ausgehfertig.

Sophie treffe ich um sieben bei dem neuen In-Italiener, der praktischerweise direkt bei ihr um die Ecke liegt. Sie sitzt an einem Zweiertisch am Fenster und steht auf, als sie mich kommen sieht.

»Stell mir zuerst diese Tasche vor! Wir kennen uns noch nicht«, sagt Sophie zur Begrüßung und küsst mich auf die Wange.

»Hallo, Liebes.«

Sophie nimmt mir die Tasche von der Schulter und inspiziert sie. »Hallo, du gutes Stück. Hübsch bist du, wirklich.« Sie streichelt das weiche cognacfarbene Leder, bevor ihre Stimme schärfer wird. »Noch eine von Chloé, wie originell. Deine wievielte Tasche ist das?«

Ich hüstele. Was soll ich dazu sagen? Ein ganzes Regal ist voll mit Designertaschen, die in ihren feinen Staubbeuteln mit Logoaufdruck vor sich hin darben.

»Charlotte Hansen! Du bist kaufsüchtig! Es sind ja nicht nur die Taschen. Wir brauchen nicht über all die teuren Klamotten und deinen Möbeltick sprechen.«

»Hey, hör auf zu schimpfen! Shoppen ist nun mal eins der Dinge in meinem Leben, bei denen ich die Welt da draußen für einen Augenblick vergessen kann.«

Wir setzen uns. Auf dem Tisch liegt eine frisch gestärkte blütenweiße Tischdecke. Darauf ist akkurat das Besteck für Vorspeise, Hauptgang und Dessert angeordnet. Wein- und Wassergläser stehen auch schon bereit.

»Wie lange befriedigt dich das? Fünf Minuten? Oder lass mich raten: Es geht noch schneller vorbei.«

Ich rolle mit den Augen und ignoriere Sophies Worte. »Das war ein Wetter heute!«

»Charlotte! Ich weiß, dass du nicht glücklich bist. Du arbeitest eindeutig zu viel, und deine Ehe läuft alles andere als rund. Aber du kannst doch so nicht ewig weitermachen. Mit deinen Shoppingexzessen versuchst du doch nur, deinen Frust zu kompensieren!«

»Mir geht’s gut, Sophie. Ich hab mich so auf den Abend mit dir gefreut, bitte analysiere mich nicht kaputt!«

»Ich meine es nur gut mit dir. Du siehst abgespannt aus.«

»Ja, zu dumm, ich habe es mal wieder nicht geschafft, ins Spa zu gehen und ausreichend zu schlafen. Was erwartest du nach einer randvollen Woche?«

»Meine Güte, bist du gereizt.«

»Bin ich nicht!« Ich schiebe mit dem Messer die Gläser über die Tischdecke.

Der Kellner kommt an unseren Tisch, händigt uns die Speisekarten aus und erkundigt sich nach unseren Getränkewünschen. Wir ordern als Aperitif Campari Orange, das machen wir schon seit Jahren so, dazu stilles Wasser und eine Flasche Pinot Grigio.

»Du hast einen richtig leeren Blick, weißt du das?«

»Sophie, jetzt reicht es aber wirklich!« Ich tauche hinter der Speisekarte ab.

»Ich mache mir nur Sorgen um dich.«

»Das sagst du mir jedes Mal. Brauchst du aber nicht!«

»Stimmt, wir drehen uns im Kreis.«

»Dann fang nicht wieder damit an! Ich weiß es doch selber. Ich arbeite zu viel, gönne mir keinen Urlaub, mein Mann unternimmt nichts mehr mit mir …«

»Dabei sollte er dich auf Händen tragen.«

»Das ist doch albern. Wir sind seit vierzehn Jahren zusammen und seit elf Jahren verheiratet. Du bist mit Torben nicht mal halb so lange zusammen. Damals war das bei uns auch noch anders.«

»Das weiß ich, ich bin deine Trauzeugin. Und als diese kann ich es eben nur schwer mit ansehen, wie du fremdgesteuert und glücklos durch dein Leben huschst.«

»Was soll das denn heißen? Sehe ich aus wie Siri? Ich lasse mich nicht fremdbestimmen!« Vor allem klingt »glücklos« viel zu deprimierend.

»Doch, das tust du. Oder kannst du mir sagen, welche eigenen Ziele du im Leben noch hast?«

»Das wird ja immer besser! Ich habe eine feste Richtung, ich führe ein erfolgreiches mittelständisches Familienunternehmen. Das fordert mich immer wieder aufs Neue heraus.«

»Deine Ziele! Keine vorgegebene feste Richtung.«

»Dass alles weiterhin gut läuft.«

»Ja, ist schon klar.« Sophie verdreht die Augen. »Es hat keinen Sinn, mit dir darüber zu reden, du stures Etwas. Aber es tut mir nun mal in der Seele weh, dass von der einst so lebenslustigen Charlotte kaum mehr etwas übrig ist.«

Der Kellner bringt den Aperitif und das Wasser. »Haben Sie schon gewählt?«, fragt er.

Ich überfliege die Karte und entscheide mich für Erdbeersalat mit gerösteten Parmigiano-Haselnüssen und Balsamico sowie gespicktes Lammfilet auf Ratatouille. Sophie wählt lauwarmen Büffel-Ricotta auf Gemüsecreme und Tortelli mit Zackenbarsch in Safran- und Venusmuschelsoße.

Als der Kellner verschwunden ist, nimmt sie das Campari-Glas in die Hand und prostet mir zu. »Auf dich!«

»Nein, auf uns!«

Der Drink ist erfrischend und tut gut.

»Wie läuft es aktuell mit Claas?«

Ich stelle das fast leere Glas ab und zucke mit den Schultern. »Wie immer.«

»Das klingt schrecklich.«

»Was hast du erwartet?«

»Charlotte, das ist doch nicht normal, dass dein Mann über so lange Zeit kein Interesse daran hat, schöne Dinge des Lebens mit dir gemeinsam zu genießen.«

Ich lutsche einen Eiswürfel und sage nichts.

»Vielleicht ist er depressiv? Ich hab erst neulich wieder gelesen, dass …«

»Sophie, bitte! Hör auf zu spekulieren. Er leidet nicht unter Depressionen.«

»Wenn du meinst. Wann hattet ihr das letzte Mal Sex?«

»Puh!« Nun muss ich über Sophies Hartnäckigkeit schmunzeln. »Du nervst«, sage ich und winke den Kellner heran, um zu fragen, wo der Wein bleibt.

»Kommt sofort«, sagt er und räumt die leeren Campari-Gläser ab.

»Keine Ahnung. Das ist schon länger her.«

»In diesem Jahr?«

Ich schweige und poche mit dem Zeigefinger gegen das Wasserglas.

»Voriges Jahr?«

Endlich kommt der Kellner mit dem Wein und lässt mich probieren. Ich nicke, und er schenkt ein.

»Nich lang schnacken, Kopp in Nacken«, sage ich dann.

»Du Banausin, der gute Wein!«

»Egal.« Ich nehme einen großen Schluck. »Weißt du, Sex in der Ehe wird meiner Meinung nach komplett überbewertet. Wenn du es ganz genau wissen willst, wir hatten seit ungefähr zwei Jahren keinen mehr.« Ich räuspere mich. »Er fehlt mir nicht. Im Gegenteil, ich bin froh, wenn ich meine Ruhe habe.«

Sophies Augen drohen aus ihren Höhlen zu fallen. »Ich wusste ja, dass ihr nicht die Aktivsten seid. Aber zwei Jahre?! Das ist nicht dein Ernst!«

»Doch. Aber es ist nicht so, dass ich ständig darüber nachdenke, wie lange es schon her ist.«

»Und Claas nimmt das hin? Ich meine, kein Mann lebt freiwillig zwei Jahre lang enthaltsam. Hast du keine Bedenken, dass er sich seinen Spaß woanders holt? Eine Affäre, Prostituierte? Ist es dir egal?«

»Nein, natürlich ist es das nicht. Aber ich glaube nicht, dass er sich irgendwo anders vergnügt, dafür ist er nicht der Typ. Es gibt eben Menschen, denen ist das nicht so wichtig.« Zumindest rede ich mir das ein. Früher konnte Claas gar nicht genug von mir haben. Mit meinem rot lackierten Daumennagel ritze ich ein Zickzackmuster in die Tischdecke.

»Schon klar, das hat die Frau von diesem geschassten Hollywoodproduzenten sicher auch gedacht.«

»Bäh! Sophie!« Mich schüttelt es bei dem Gedanken daran.

»Wenn du nicht mit ihm schläfst, tut es eine andere, glaub mir.«

»Hör jetzt bitte auf damit!«

»Ja, gleich. Startet er überhaupt keine Annäherungsversuche mehr? Tut mir leid, aber ich kann das einfach nicht glauben. Ihr müsst doch darüber reden!« Sophie sieht mich so eindringlich an wie eine berühmte Talkshow-Moderatorin.

Das Zickzackmuster auf der Tischdecke wird immer länger. »Als ich das Thema einmal angeschnitten habe, hat Claas gleich abgeblockt.«

»Er ist impotent wegen seiner Depression.«

»Jetzt ist es aber wirklich gut!«

»Hast du mal versucht, ihn zu verführen?«

Ich lache schrill auf. »Was? Ich? Nein! Das ist doch lächerlich. Wie gesagt, ich denke über dieses Thema nicht ständig nach.«

»Stimmt, hatte ich ganz vergessen, es wird ja überbewertet … Ich werde euch einen Tantra-Gutschein zum Hochzeitstag schenken.«

Meine Augen verengen sich zu Schlitzen. »Was für eine prima Idee, liebe Sophie.«

Die Vorspeise wird serviert. Die sehr überschaubare Portion Erdbeersalat schmeckt köstlich.

»Was ist nur aus euch geworden?« Sophies Frage ist eher eine Feststellung.

Ich seufze. »Manchmal rede ich mir ein, dass das alles nur eine Phase ist, dass unser Glück schon irgendwann zurückkommt.« Ich mache eine Pause und lache gequält. »Verrückt, oder? Claas ist oft nur noch zynisch, da ist kaum mehr etwas da von seinem brillanten Humor von einst. Er wirkt so, als würde er nichts mehr erwarten von unserer Beziehung.« Ich vergrabe mein Gesicht in den Händen. Die Wahrheit ist selten ein Freund.

»Genau so wirkst du doch auch. Ihr solltet eine Ehe-Therapie machen!« Sophie schenkt Wein nach.

»Vergiss es, nie im Leben würde er sich dazu bereit erklären. Er würde ja noch nicht mal Hilfe in Anspruch nehmen, wenn seine Hämorrhoiden die Größe von Orangen hätten.«

Sophie verzieht angewidert das Gesicht. »Liebst du ihn noch?«

Für einen Moment halte ich inne. »Ich weiß es nicht. Verdammt! Sophie, wir waren doch mal so ein tolles Paar. Da ist doch sicher noch Liebe, oder?«

»Oh, oh! Das darfst du mich nicht fragen.«

Der Hauptgang kommt, aber mir ist der Appetit vergangen. Lustlos malträtiere ich das Lammfilet.

»Vielleicht täte dir eine Affäre gut.«

»Das ist doch endlich mal ein fundierter Tipp von meiner Trauzeugin.« Ich schiebe die Reste auf meinem Teller zusammen und lege das Besteck ab. Dann ziehe ich mir die Lippen nach. »Eine Affäre ist das Letzte, wonach mir der Sinn steht, abgesehen davon hätte ich gar keine Zeit dafür. So, und jetzt sprechen wir endlich über dich. Wie geht es dir und deinen Lieben?«

Sophie schluckt den letzten Bissen herunter. »Das ist langweilig und schnell erzählt. Bei uns ist derzeit wirklich alles bestens, es gibt nichts, worüber ich mich aufregen müsste. Torben feiert in zwei Wochen die große Premiere des neuen Stückes am Theater, das Geschäft läuft, ich liebe meinen Mann, ohne darüber nachdenken zu müssen, wir haben guten Sex, und Johanna entwickelt sich prächtig. Ach, da fällt mir doch noch was ein, worüber ich meckern kann: nasse Windeln am Morgen. Selbst mit drei Jahren ist Johanna nachts noch nicht trocken.«

»Wirklich, das ist schrecklich langweilig.«

Den Rest des Abends sprechen wir nicht mehr über Beziehungen. Wir plaudern locker über neue Trends und alte Zeiten. Als wir in Erinnerungen schwelgen, fühlt sich für einen Moment alles so leicht an wie früher, als wir kaum Verantwortung trugen und voller Neugier waren auf die Herausforderungen des Lebens. Kurz nach Mitternacht verabschieden wir uns voneinander.

»Das müssen wir wieder viel öfter machen«, sage ich.

»An mir soll es nicht liegen.«

Ich umarme Sophie und winke mir ein Taxi heran.

Claas ist bereits im Bett, als ich nach Hause komme. Aus Julius’ Zimmer höre ich Geräusche, Licht kriecht unter dem Türspalt hervor. Sicherlich hockt er noch vor einem seiner geliebten Computerspiele. Ich könnte mich bei ihm noch beliebter machen, indem ich ihm die Netzwerkverbindung kappe. Aber wie ich in all den Jahren lernen durfte: Seine Erziehung ist nicht meine Aufgabe. Zumindest ist dieses Wochenende mit ihm bisher erträglich, denn ich habe ihn noch nicht zu Gesicht bekommen. So könnte es meinetwegen immer laufen.

Weinselig gehe ich ins Bett. Der Abend mit Sophie hat mir trotz einiger schwieriger Wahrheiten gutgetan. Als ich neben Claas liege, tauche ich mit meinem Gesicht in seine Locken ein. Sie kitzeln mich. »Was geht nur in dir vor?«, flüstere ich. Er atmet gleichmäßig, ab und zu grunzt er. Ich drehe mich zum Schlafen auf die andere Seite.

Normalerweise ist meine innere Uhr so programmiert, dass ich jeden Morgen gegen sechs Uhr aufwache. An diesem Sonntagmorgen habe ich bis kurz nach sieben geschlafen, wie ich bei einem Blick auf den Wecker feststelle. Claas kann noch schlechter ausschlafen als ich. Seine Hälfte des Bettes ist bereits leer. Mit einem leichten Kopfschmerz finde ich den Weg aus dem Bett langsamer als sonst. Ich werfe mir einen Bademantel über, trinke einen Liter Wasser und schlucke eine Kopfschmerz-Tablette.

Claas sitzt mit einer Decke über den Schultern auf dem Balkon. Er blättert in der Sonntagszeitung und raucht.

»Guten Morgen! Es ist noch ganz schön frisch hier draußen.«

Claas schaut zu mir auf. »Hallo, Charly, diese Ruhe hier ist fantastisch. Hast du gut geschlafen?«

Ich nicke und reibe mir den Schlaf aus den Augen.

»Ich habe schon Brötchen geholt«, sagt Claas.

»Sehr gut, ich habe Hunger. Vor elf wird Julius sicherlich nicht aufstehen. Fangen wir ohne ihn an zu essen?«

»Ja. Wir können ja später noch einmal mit ihm zusammen frühstücken.«

Dass sich Claas jeden Sonntag um das Frühstück kümmert, genieße ich sehr. Er hat bereits eingedeckt. Auf dem Tisch bilden Marmelade, Käse und Wurst einen Kreis um den gut gefüllten Brotkorb. Unter der Woche esse ich nichts dergleichen, da kommt nur Superfood in meine Müslischale. Aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich so ein konventionelles Frühstück am Wochenende sehr genieße. Ich trinke einen großen Schluck Milchkaffee, schmiere mir ein noch lauwarmes Weißmehl-Brötchen und belege es dick mit Salami. Dabei ist es mir völlig egal, dass es von der Konkurrenz stammt. Köstlich!

»Wie war es gestern mit Sophie?«

»Wir hatten einen schönen Abend und konnten endlich mal wieder in Ruhe quatschen. Der Italiener lohnt sich, da sollten wir auch mal zusammen hingehen.«

Claas nickt und beißt in sein Marmeladenbrötchen. Dann wandern seine Augen zur Zeitung, die inzwischen gefaltet neben ihm auf dem Tisch liegt.

»Wie war euer Männerabend?«

»Wie erwartet. Die Pizza war übrigens hervorragend, da hast du wirklich was verpasst.«

»Und sonst so? Gibt es was Neues? Worüber habt ihr euch unterhalten?«

Claas wendet den Papierberg. Seine Sonntagszeitung ist ihm heilig, dagegen kommt keine App an. »Ach, über dies und das, nichts Aufregendes.«

»Aha.« Schweigen. »Gibst du mir einen Teil von der Zeitung?«

»Hm.« Er raschelt mit dem Papier und reicht mir das Feuilleton. Jeder von uns versinkt nun in seiner ganz eigenen Welt.

Kurz nach elf steht Julius picklig, schlaksig und stumm im Türrahmen.

»Guten Morgen, mein Junge. Wie war die Nacht?«, fragt Claas.

»Hi! Jo!«, grummelt sein Sohn nur und wirkt dabei so frisch wie ein Komposthaufen.

»Na, du hast wohl zu lange gezockt, was?«, sage ich.

»Was willst du denn?« Julius beäugt mich abfällig.

»Soll ich dir Rühr- oder Spiegeleier machen?«, frage ich. Niemand soll mir nachsagen, dass ich mich nicht bemühe.

Er verdreht die Augen. »Och nee, erzähl du mir nichts von Eiern. Davon hast du nun wirklich keine Ahnung.«

»Julius!«, mahnt Claas.

»Was denn?«

»Charlotte ist nur nett zu dir.«

Dabei würde sie dir am liebsten eine verpassen, du pickliger Terrorist! »Danke, Claas, aber du musst mich nicht verteidigen. Dann gibt es eben keine Eier, Julius.«

»Ist mir doch egal.« Er setzt sich seine riesigen, hässlichen Kopfhörer auf, fummelt an seinem Smartphone herum, und dann hören wir, dass er nichts mehr hört, so laut hämmern die Bässe. Er lässt sich auf den Stuhl fallen und isst, besser gesagt frisst. Ich kann nicht hinschauen.

»Wie kannst du das nur zulassen? Ein Mindestmaß an Tischmanieren sollte doch auch bei ihm vorhanden sein!«

»So selten, wie wir uns sehen, mache ich das Fass nicht auf. Das ist Sache seiner Mutter.«

»Sagst du das auch, wenn er eines Tages Amok läuft?«

»Charlotte! Was hast du nur für kranke Gedanken? Er ist ein intelligenter Junge, der weiß, was er tut.«

»Das dachte man vorher von diesen Typen auch, bevor sie herumgeballert haben.«

»Hör auf, ständig an meinem Sohn herumzukritisieren!«

Mehr hat Claas dazu nicht zu sagen. Ich ziehe mich in mein Zimmer zurück. Als Julius am frühen Nachmittag die Heimreise antritt, verabschiedet er sich wie meistens nicht von mir. Ich winke ihm nicht hinterher.

3

Eine Woche wie jede andere ist vergangen. Wieder musste ich mich viel zu oft ärgern, egal ob über den steigenden Butterpreis, durch den wir nicht um Preiserhöhungen herumkommen werden, den hohen Krankenstand oder die Unpünktlichkeit so mancher Mitarbeiter in der Produktion. Den Zimmermann habe ich mir wegen des grauenvollen Flyers richtig zur Brust genommen. Wieder habe ich jeden Tag mindestens elf Stunden gearbeitet, bin todmüde nach Hause gekommen und spätestens um zehn eingeschlafen. Die Worte, die ich mit Claas gewechselt habe, kann ich an einer Hand abzählen.

Heute ist der erste Samstag seit Langem, an dem ich nicht ins Büro gehe. Stattdessen sitze ich im Zug nach Westerland, auf dem Weg zu meinen Eltern. Claas hat sich nicht überreden lassen, doch noch mitzukommen zum Geburtstag meines Vaters. Ich lehne mich zurück und blättere Frauenzeitschriften durch. Die Vogue preist eine neue Tasche von Yves Saint Laurent an. Die muss ich haben! Und diese Schuhe von Christian Louboutin auch. Zwar weiß ich nicht, zu welcher Gelegenheit ich sie anziehen soll, aber sie sehen unglaublich aus.

Als der Zug über den gut elf Kilometer langen Hindenburgdamm auf die Insel Sylt zuckelt, schaue ich aus dem Fenster und lasse meinen Blick über die weite Landschaft streifen. Hier legt sich all der Stress der Woche für einen Moment. Wegen mir könnte es ewig so weitergehen. Doch da fährt der Zug auch schon in Westerland ein. Auf dem Bahnsteig sehe ich Eltje und Ferdinand. Wir waren im selben Zug und wussten es nicht. Wegducken bringt nichts, wir begegnen uns ohnehin gleich ganz offiziell bei unseren Eltern. Den gleichen Gedanken scheint auch Eltje zu haben, als sie mich erkennt. Wir steuern aufeinander zu.

»Moin, Charlotte. Was für ein Timing!« Meine Schwester scannt mich unverhohlen von oben bis unten. »Hast du heute noch etwas Besonderes vor?«

»Eltje, wie schön. Es ist Sommer, die Sonne scheint, und wir feiern Geburtstag. Was kann da besonderer sein? Hallo, Ferdinand.« Ich gebe ihrem Mann zur Begrüßung die Hand. Warum muss Eltje mich gleich wieder provozieren? Ich trage nudefarbene Pumps, ein weit schwingendes, hell gemustertes Sommerkleid, darüber eine leichte hellgraue Strickjacke und eine pastellfarbene Handtasche, nichts Auffälliges. Dazu habe ich einen Weekender von Louis Vuitton in der Hand. Auch in Stilfragen verbindet uns nichts. In ihrem sackartigen, knielangen Kleid in schreiendem Mausgrau passt sie eher in den November als in diesen strahlenden Tag im Juni. Dazu hat sie schwarze Strumpfhosen an und an den Füßen derbe Boots, die sie sicher bei Wind und Wetter auf ihrem Obsthof trägt. Sie ist ungeschminkt und hat ihre Haare zu einem Dutt geknotet.

»Du hast dich aber auch richtig in Schale geworfen. Ich schätze, dein Styling hat keine Minute gedauert«, sage ich.

»Spar dir das, und lass es uns hinter uns bringen.«

Wir gehen zum Ausgang. Nicht nur vom Kleidungsstil her, auch sonst weisen wir keinerlei Ähnlichkeit auf. Eltje hat blaue Augen, blondes Haar und schmale Lippen, meine sind voller und weicher, meine Augen grün und meine Haare dunkelbraun. Bis auf meine Blässe habe ich nichts Hanseatisches an mir. Als ich meine Eltern fragte, ob ich adoptiert sei, lachten sie nur und meinten, dass sich bei mir die Gene meiner Großmutter Charlotte durchgesetzt hätten. In der Schule wurde ich Schneewittchen genannt, alternativ von den Jungs auch Schneetittchen, aber nur, weil es so schön klang. Im Gegensatz zu Eltje war ich als Teenager so flach wie der Ostseestrand. Bis heute hat sich daran nicht viel geändert. Ich bin noch immer sehr schlank. Meine Haare trage ich überschulterlang, seit Neuestem etwas gestuft. Laut meiner Friseurin sieht das frischer aus, ändert aber nichts daran, dass ich auch sie an die Märchenfigur erinnere, wie sie mir jedes Mal sagt. Früher konnte ich diesen Schneewittchen-Vergleich nicht ausstehen, aber heute kann ich gut damit leben und weiß, dass es durchaus härtere Schicksale gibt.

Wir erreichen den Vorplatz, laufen an den windschiefen grünen Skulpturen mit dem vielsagenden Namen Reisende Riesen im Wind vorbei zum Taxistand.

»Wo hast du die Kinder gelassen?«, frage ich.

»Die haben heute andere Verpflichtungen.«