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In seiner unnachahmlichen Sprache und seinem trockenen Humor berichtet Franz E. Schlachter von seiner Reise ins alte London im 19. Jahrhundert. Er schreibt vom segensreichen Wirken seiner Zeitgenossen Moody, Sankey und Spurgeon und spart nicht mit Reiseeindrücken und Erlebnissen mit seinen Gastgebern und Reisegefährten. Mit spitzem Humor zeichnet er uns die Personen in ihren Eigenheiten und die damalige Situation, ohne auf geistlich tiefgründige Beurteilungen zu verzichten. So bekommt der Leser einen Eindruck von der geistlichen Situation und der Erweckung, die durch Spurgeon und Moody ausgelöst wurde. Aber auch von dem Reiz einer Englandreise am Ende des 19. Jahrhunderts. Dieses eBook gewährt einen ungewöhnlichen Blick in die Persönlichkeit des Bibelübersetzers Franz Eugen Schlachter.
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Seitenzahl: 63
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Ein Besuch in London
Ein Reisebericht aus dem 19. Jahrhundert
Franz E. Schlachter
© eBook-Ausgabe 1. Auflage 2021 ceBooks.de im Folgen Verlag, Langerwehe
1. Neuauflage der Druckausgabe 2005 im Eigenverlag Freie Brüdergemeinde Albstadt
© 2005 Karl-Hermann Kauffmann, Albstadt
Erstmals 1892 veröffentlicht in der Zeitschrift „Brosamen von des Herrn Tisch“
Autor: Franz E. Schlachter
Cover: Caspar Kaufmann
ISBN: 978-3-95893-276-0
Verlags-Seite und Shop: www.ceBooks.de
Kontakt: [email protected]
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Ein Besuch in London
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Franz Eugen Schlachter war Prediger der Evangelischen Gesellschaft in Bern und Biel bzw. der Freien Evangelischen Gemeinde in Bern. Er war Schriftsteller, Verfasser verschiedenster Bücher und Broschüren, Herausgeber der „Brosamen“, einer erwecklichen evangelischen Volkszeitung und der Übersetzer der „Miniaturbibel.
Das Bild zeigt Franz Eugen Schlachter in jungen Jahren, ca. Mitte 20, als Prediger der Evangelischen Gesellschaft des Kantons Bern
Geprägt war er von der Heiligungsbewegung, mit der er in jungen Jahren in Berührung kam und von seiner Ausbildung an der Evangelischen Predigerschule in Basel unter Inspektor Wilhelm Arnold-Rappard, einem Schwager von Carl-Heinrich Rappard. An dieser Schule kam er vor allem mit dem Gedankengut von Johann Tobias Beck in Berührung, dem großen Prediger und Theologen aus Tübingen, der in Balingen, Württ., als Sohn eines Seifensieders geboren wurde.
Schon frühzeitig, als ich mich mit dem Leben und Wirken von Franz Eugen Schlachter befasste, stieß ich auf seine Londonreise. Ich hatte auch einen kleinen Auszug aus seiner Zeitschrift „Brosamen von des Herrn Tisch“ von 1892 vorliegen. Allerdings bekam ich die drei Fortsetzungsartikel der „Brosamen Nr 10-12 von 1892 erst kürzlich vom Staatsarchiv in Bern zugesandt.
Ich war sehr gespannt auf diese wichtigen Artikel und wurde nicht enttäuscht.
Wir erfahren in diesem Bericht – in der unnachahmlichen Sprache und dem trockenen Humor Schlachters – nicht nur etwas vom segensreichen Wirken Moodys, Sankeys und Spurgeons, sondern auch von Schlachters Reiseeindrücken, seinen Gastgebern und seinen Mitreisenden.
Mit spitzem Humor zeichnet er uns die Personen in ihren Eigenheiten und die damalige Situation, ohne auf geistlich tiefgründige Beurteilungen zu verzichten.
So bekommt der Leser einen Eindruck von der geistlichen Situation und der Erweckung, die durch Spurgeon und Moody ausgelöst wurde. Aber auch von dem Reiz einer Englandreise am Ende des 19. Jahrhunderts. Außerdem lernen wir Franz Eugen Schlachter näher kennen.
Den Stil habe ich unverändert gelassen und nur leichte Korrekturen angebracht, bzw. erklärende Fußnoten eingefügt. Der prägnante Stil Schlachters sollte erhalten bleiben.
Ich wünsche dem Leser Gottes Segen beim Lesen dieser wunderschönen Reiseerzählung.
Albstadt, den 18. Juli 2005
Karl-Hermann Kauffmann
Am Ostermontag des Jahres 1884 feierte der christliche Sängerbund sein erstes Fest in Bern. Während die Gesangschöre und die Zuhörer von allen Seiten in die Stadt strömten, dampfte ich nach England ab. Ich wollte vor der Abreise meine Angehörigen noch grüßen, und wählte deshalb den Weg über Basel. Der Abschied von Weib und Kind fiel mir gar nicht schwer, denn ich hatte damals weder das eine noch das andere. In meiner Vaterstadt wollte ich noch meine lieben Eltern grüßen, die seitdem bald nacheinander eine größere Reise angetreten haben1 als ich, und zwar beide, ohne sich noch verabschieden zu können; ich sollte auch dort bei einem in England wohlbekannten Herrn noch allerlei Ratschläge einholen für meine Reise.
Um 9 Uhr abends entführte mich das Dampfross in eiligem Fluge der Heimat. Man glitt wie auf glatter Eisbahn so leicht und gefällig durch den Jura, über die nachmals so traurig berühmt gewordene Birsbrücke2 bei Mönchstein, ohne Aufenthalt bis Delsberg. Dort wurden unserem Zug die von Bern kommenden Transitwagen angehängt und wieder ohne Aufhalten glitt unser Schnellzug weiter bis zur Grenzstation. Bekanntlich sind für die Reise nach England durchgehende Wagen in Gebrauch. Diese fahren natürlich nicht bis London, aber doch bis zum Meer nach Calais. Aussteigen muss der Reisende nur in Delle. Dort wird man aus den ersten vormitternächtlichen Schlafversuchen aufgeweckt und ins Zollbüro geschickt. Alles Gepäck der Reisenden wird hier aus den Wagen zusammengetragen; wohl oder übel muss mans öffnen; guckt nichts Verdächtiges heraus, so erhält der Koffer eine geheimnisvolle Hieroglyphe3 in Gestalt eines Kreidestrichs und ist damit für ganz Frankreich von jeder weiteren Zollrevision befreit.
Meine Reisegesellschaft bot mir bald Gelegenheit zu Studien über den Unterschied des englischen und des französischen Charakters. In Basel nahmen mit mir im selben Coupé ein Herr und eine Dame Platz. Den Angelsachsen erkannte man in dem Herrn schon an seiner langen Gestalt und seinem ernsten Gesicht. Das Paar kam von Davos, wo sie zusammen den Winter zugebracht [hatten]; jetzt, in den Frühlingstagen reisten sie in die Heimat zurück. Das erfuhr ich freilich erst am andern Morgen; denn während der ganzen Nacht wechselten wir kein Wort. Der Engländer setzte sich in die eine Ecke des Divans und zog seine Reisekappe tief ins Gesicht hinab, seine Frau nahm die andere Ecke, und ich die dritte in Beschlag. So versuchten wir uns alle drei in derselben Kunst und hätten gewiss darin mehr Erfolg gehabt, hätten nicht einige französische Eindringlinge unsere Anstrengungen vereitelt. Zwei junge Pärchen, die irgendwo über die Ostertage ihr Vergnügen gesucht hatten, erstiegen in Delle unser Coupé um mit dem Nachtzug nach Hause zurückzukehren. Diese zeichneten sich nun nicht, wie die Engländer, durch Schweigen aus, sondern verrieten bald, wie ihnen der Schnabel gewachsen war. Kaum saßen sie im Wagen, so ging ein lebhaftes Kartenspiel los, wobei die Zungen nicht langsamer waren als die Finger. Mein Engländer machte seinem Missbehagen durch lautes Blasen Luft, das wohl auch dem Alkoholgeruch galt, den diese ungeladenen Gäste verbreiteten. Zum Glück dauerte der Besuch nicht allzu lange; der Zug hatte Belfort bald erreicht, wo die jungen Leute uns wieder verließen.
Auf der ganzen weitern Fahrt störten uns nur noch die Eisenbahnbeamten, welche bei jeder Stadt, wo der Zug anhielt, die Chauffpieds4 wechselten, die in den französischen Wagen die Öfen vertreten. Mit Tagesanbruch rieb ich mir den Schlaf aus den Augen, um die Gegend zu beobachten. Ist das ein flaches Land, dieses Frankreich, wenigstens in den nördlichen Teilen, die wir durchfuhren. Wie eintönig diese weiten, beinahe baumlosen Ebenen, verglichen mit unsern malerischen Landschaften, wo alle paar Schritte wieder ein Hof und alle Viertelstunde ein Weiler5 oder ein Dörfchen kommt, umrahmt von Tannen oder Buchenwald. Von alle dem erblickte ich in Frankreich nichts, wenigstens nicht in den weiten Strecken, die unser Zug durchschnitt. Da sieht man nur Dörfer und Felder, die letzteren an den Rändern spärlich mit etwas Gebüsch eingefasst.